LVwG-300272/9/Fi/MH

Linz, 30.10.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Johannes Fischer über die Beschwerde des Herrn I.D.B., geb. x, x, vertreten durch Herrn RA Mag. Dr. E.R., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Februar 2014, GZ SV96-22-2012/Gr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG iVm § 20 VStG auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

 

 

II.       Nach § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag des Beschwerdeführers zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 100 Euro. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10. Februar 2014, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) durch Hinterlegung zugestellt am 14. Februar 2014, wurde über den Bf wegen einer Übertretung des § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslbG) eine Geldstrafe iHv 1.750,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 63 Stunden verhängt; ferner wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von 175,- Euro zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsbefugter der R.T. GmbH mit Sitz in A., x, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin zumindest am 1.2.2012 den rumänischen Staatsangehörigen Herrn O.V., geb. x, als Paketzusteller jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besaß.[…]“

 

2. Dagegen richtet sich die durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Beschuldigten vom 10. März 2014. Darin wird beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und das angefochtene Straferkenntnis wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen. Begründend führt der Bf aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Herrn V. nicht um eine Beschäftigung iSd AuslBG, sondern um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt habe, die aufgrund eines Werkvertrages durchgeführt wurde. Ein Dauerschuldverhältnis habe nicht vorgelegen, Herr V. sei in seiner Entscheidung, Transporte für das Unternehmen des Bf durchzuführen, völlig frei gewesen. Dieser alleine habe das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit getragen, es habe keine Weisungen oder Anordnungen gegeben, wie die Transportleistungen zu erbringen sind, die Durchführung der Transportfahrten sei nicht kontrolliert worden, es habe keine Berichtspflicht bestanden und der Vertragspartner konnte sich die Arbeit zeitlich und im Hinblick auf die Reihenfolge der Zustellung frei einteilen. Der Vertragspartner habe die komplette Organisation und Infrastruktur selbst beistellen müssen. Den eigens angemieteten Transport-Lkw habe er nicht privat verwendet. Der Vertragspartner habe für die erbrachten Leistungen Honorarnoten an das Unternehmen des Beschuldigten gelegt. Er habe über eine Gewerbeberechtigung für die Erbringung von Transportleistungen verfügt, sei bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft gemeldet gewesen und habe dort Beiträge einbezahlt. Weiters habe sich der Vertragspartner durch Dritte vertreten lassen und Hilfspersonal beschäftigen können. Das Ausmaß der Tätigkeit beim Unternehmen des Bf habe auch das Tätigwerden für andere Auftraggeber nicht verunmöglicht. Insgesamt habe der Vertragspartner ausreichend Dispositionsmöglichkeiten hinsichtlich der Durchführung der Transportleistungen gehabt. Daher ergebe sich bei wirtschaftlicher Betrachtung, dass Herr V. seine Leistungen als selbstständiger Unternehmer erbracht habe. Jedenfalls treffe den Bf kein Verschulden an einem allfälligen Verstoß: Er habe aufgrund der Tatsache, dass der Vertragspartner über eine Gewerbeberechtigung verfügt habe und dieser die unternehmerische Organisation zur Verfügung gestellt habe, ohne Zweifel davon ausgehen können, dass keine dem AuslBG unterworfene Beschäftigung vorliege.

 

3. Mit Schreiben vom 26. März 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde des Bf samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde abgesehen.

 

4. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

II.            1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf) und durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. September 2014.

 

2. Folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest:

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der R.T. GmbH mit Sitz in A., x. Dieses Unternehmen ist im Bereich des Gütertransports tätig. Das Unternehmen führt Paketzustell- und Paketabholdienste für die Firma x durch.

 

Unbestritten ist, dass der Zeuge V. am verfahrensgegenständlichen Tag, nämlich am 1. Februar 2012, Transporte für das Unternehmen des Bf durchgeführt hat, ohne dass vor Arbeitsantritt eine Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse erstattet worden ist.

 

Zum vertraglichen Verhältnis zwischen dem Zeugen V. und der R.T. GmbH:

Zwischen der R.T. GmbH und dem Zeugen V. wurde ein formeller „Subunternehmervertrag“ abgeschlossen, der auf Seiten der R.T. GmbH vom Bf unterfertigt wurde (Verhandlungsprotokoll Seite 2 sowie Subunternehmervertrag). Ein Tätigwerden für andere Unternehmen, die in Wettbewerb zur R.T. GmbH standen, war dem Zeugen V. gem § 9 Abs 2 des Subunternehmervertrags verboten, ebenso, dass er selbst solche Leistungen anbiete. Als Vergütung war ein Fixbetrag pro Stopp vereinbart, wobei der Betrag monatlich variierte und die Stopps mittels dem von x zur Verfügung gestellten Scanner registriert wurden. Hierzu hat der Zeuge V. Rechnungen an die Firma R. gelegt. Den Vertrag, der zwischen der R.T. GmbH und dem Zeugen V. abgeschlossen wurde, hat der Bf mustermäßig von seinem Vertrag mit x übernommen (Verhandlungsprotokoll Seite 3 sowie Niederschrift vom 1.2.2012). Nach § 5 Abs 5 des Subunternehmervertrags war die R.T. GmbH zu jederzeitigen Fahrzeug- und Tourenkontrollen sowie zur Identitätsprüfung berechtigt. Der Vertrag wurde gemäß § 10 Abs 1 des Subunternehmervertrags auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

 

Das Transport-Kfz, mit dem die Zustellungen durchgeführt wurden, hat der Zeuge V. vom Unternehmen des Bf gemietet. Der Mietpreis für den Peugeot Boxer mit dem Kennzeichen x betrug 800,- Euro netto monatlich, wobei Reparaturen und Wartungsarbeiten, Service, Haftpflichtprämie, Kfz-Steuer, Kasko-Versicherung (Selbstbehalt des Zeugen 900,- Euro) sowie 2.500 Kilometer monatlich inkludiert waren (weitere Kilometer wurden zu je 0,20 Euro netto verrechnet). Das Fahrzeug wurde ausschließlich für Aufträge der R.T. GmbH vermietet. Der Mietvertrag wurde seitens der R.T. GmbH vom Bf unterfertigt (siehe Verhandlungsprotokoll Seite 2 und Mietvertrag vom 1.2.2012).

 

Zur konkreten Tätigkeit des Zeugen V.:

Zunächst wurde der Zeuge von seinem „Vorgänger“ auf der von ihm zu absolvierenden Route eingeschult. Auch er hat wiederum am Ende der Tätigkeit seinen „Nachfolger“ Herrn P. eingeschult, wobei der Kontakt jeweils durch den Bf hergestellt wurde. Der Zeuge V. hat den gemieteten Transport-Lkw jeden Morgen beim Unternehmen des Bf abgeholt und abends nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder dort abgestellt. Der Zeuge V. war für die Zustelltour 303 (W.) verantwortlich (siehe Niederschrift vom 1.2.2012, Anlage 1 zum Subunternehmervertrag). An der Rampe des x-Lagers hat der Zeuge täglich seine Zustellliste, die von x erstellt wurde, von Mitarbeitern des x-Büros oder vom Bf bekommen. Diese Liste arbeite der Zeuge ab, wobei er nicht zwingend an die vorgegebene Reihenfolge gebunden war. Informationen über abzuholende Pakete oder zusätzliche Stopps erhielt der Zeuge im Wege des Scanners, der von x zur Verfügung gestellt wurde und dort täglich gelesen und geladen wurde. Die Absolvierung der Tour nahm einen ganzen Arbeitstag in Anspruch, der Zeuge V. führte die Tour Montag-Freitag täglich durch. Im Falle der Verhinderung gleich welcher Art musste sich der Zeuge seinen glaubhaften Aussagen nach nicht um Ersatz kümmern. Während seiner Tätigkeit für die R.T. GmbH war der Zeuge V. nicht für andere Unternehmen tätig. Am Transport-Lkw war weder die Firma des Bf noch jene des Zeugen ersichtlich, sondern ausschließlich die Marke x. Der Zeuge V. trug bei seiner Tätigkeit Kleidung, die erkennen ließ, dass er im Rahmen der Marke x tätig war. Diese Kleidung hat er vom Bf bekommen, der sie wiederum über x bezogen hat. Weiters führte der Zeuge V. bei seiner Tätigkeit einen Ausweis mit, den er zur Identifikation im x-Firmengelände und bei Kunden vorzeigen musste. Ansprechpartner betreffend die Firma x war für den Zeugen V. der Bf (siehe dazu Verhandlungsprotokoll Seiten 1-3). Bei der Tätigkeit für die Firma R. hatte der Zeuge V. die Richtlinien der R.T. GmbH einzuhalten. Die R.T. GmbH war berechtigt, im Bedarfsfall Ausnahmen aus dem vereinbarten Tourenbereich durch einseitige Erklärung gegenüber dem Zeugen vorzunehmen (§ 1 Abs 3 Subunternehmervertrag und Anlage 1 zum Subunternehmervertrag).

 

Zum Gewerbeschein des Zeugen V.:

Den Gewerbeschein hatte der Zeuge V. bereits vor Aufnahme seiner Tätigkeit für die R.T. GmbH inne, weil er zuvor (von August 2011 bis Jänner 2012) Zeitungen zugestellt hat. Die Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut „Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen Kraftfahrzeugen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ stammt vom 11.7.2011. Überdies war er bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft angemeldet (siehe Niederschrift vom 1.2.2012, Auszug aus dem Gewerberegister vom 27.7.2011 und Versicherungsdatenauszug).

 

Der Zeuge V. arbeitete bis Ende 2012 auf dieser Basis für das Unternehmen des Bf. Ab dem 1.1.2013 war der Zeuge V. im Unternehmen des Bf angestellt. An der Art seiner Tätigkeit änderte sich dadurch nichts. Seit September 2014 ist der Zeuge nicht mehr für die R.T. GmbH tätig (siehe dazu Verhandlungsprotokoll Seite 3).

 

III.           Beweiswürdigung:

1. Die Feststellungen zum Unternehmen des Bf ergeben sich aus Auszügen aus dem Firmenbuch und den Aussagen des Bf. Die Feststellungen zum Gewerbeschein des Zeugen V. ergeben sich aus dem Auszug aus dem Gewerberegister der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.7.2011 und den glaubwürdigen Aussagen des Zeugen.

 

2. Die Feststellungen zur Ausgestaltung der vertraglichen Verhältnisse zwischen dem Zeugen V. und der R.T. GmbH ergeben sich aus dem Subunternehmervertrag vom 1.2.2012 samt Anlagen, dem Mietvertrag vom 1.2.2012 betreffend das Transport-Kfz und den glaubhaften und schlüssigen Aussagen des Zeugen V. und des Bf in der mündlichen Verhandlung, die die vertraglichen Inhalte in wesentlichen Teilen übereinstimmend schilderten.

 

3. Die Feststellungen zur vom Zeugen V. zu absolvierenden Tour 303 ergeben sich aus den glaubwürdigen und widerspruchsfreien – vom Bf unwidersprochen gebliebenen – Aussagen des Zeugen V. in der mündlichen Verhandlung.

 

IV.          Rechtslage:

1. Gemäß § 3 Abs 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

2. Nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht in den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c), oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ (§ 41a NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 bis zu 50.000 Euro.

 

3. Gemäß § 32a AuslBG sind die Bestimmungen des AuslBG auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar (vgl auch VwGH 19.03.2014, Ro 2014/09/0007).

 

V.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierüber erwogen:

 

1. Zunächst ist festzuhalten, dass gegen den Beschwerdeführer aufgrund desselben zugrundeliegenden Lebenssachverhaltes ein weiteres Verfahren zu GZ LVwG-300273-2014 (nach dem ASVG) beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängig ist:

 

Aufgrund des engen thematischen Zusammenhanges gilt die Rechtsprechung zu beiden Rechtsgebieten (AuslBG und ASVG) – insbesondere die Frage nach der rechtlichen Beurteilung des abgeschlossenen Vertrages – für beide Rechtsgebiete gleichermaßen. Auch die höchstgerichtliche Rechtsprechung kann jeweils wechselweise zur Anwendung gebracht werden.

 

2.  Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5. die Berichterstattungspflicht;

6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9. die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zugutekommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, indem das unterschiedliche Gewicht einzelner Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

3. Auszugehen ist von § 2 Abs 2 lit b AuslBG und der zur Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes (VwGH 12.02.1986, 84/11/0234; VwGH 02.09.1993, 92/09/0332; VwGH 15.12.1994, 94/09/0085; VwGH 16.12.1997, 96/09/0328; VwGH 21.101998, 96/09/0185; VwGH 18.10.2000, 99/09/0011; VwGH 29.11.2000, 98/09/0153). Demnach ist nicht die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung (zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger) entscheidend, sondern die wirtschaftliche Unselbstständigkeit des „Arbeitnehmerähnlichen“, die darin zu erblicken ist, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist. Maßgebend ist dabei der „organisatorische Aspekt der wirtschaftlichen Unabhängigkeit“. In dieser Hinsicht bedarf es der Prüfung, ob das konkrete Gesamtbild der Tätigkeit des „Arbeitnehmerähnlichen“ so beschaffen ist, dass dieser trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, seine Arbeitskraft – insoweit er durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über seine Arbeitskraft gehindert ist – anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen. Bei dieser Beurteilung ist (in methodischer Hinsicht) zu beachten, dass nicht alle Kriterien, die in einem konkreten Einzelfall möglicherweise relevant sein können, als solche aber gar nicht erschöpfend erfassbar sind, verwirklicht sein müssen. Eine Person kann als arbeitnehmerähnlich auch beurteilt werden, hinsichtlich deren Tätigkeit das eine oder andere (relevante) Merkmal fehlt oder nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere Merkmale in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen. Einzelne Umstände, die für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, dürfen nicht isoliert voneinander, sondern müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl und Stärke (Gewicht) bewertet werden.

 

Zwar handelt es sich bei den dem Zeugen V. übergebenen Zustelllisten nicht um „Betriebsmittel“, sondern bloß um Aufzeichnungen, mit denen die Leistungspflicht des Ausländers konkretisiert wurde. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass die dem Zeugen V. übertragene Tätigkeit der Zustellung und Abholung von Paketen etc als eine einfache, im unmittelbaren Arbeitsablauf zu besorgende Tätigkeit zu qualifizieren war, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird. Solche Tätigkeiten, wie etwa das Einlegen von Werbematerial oder Aufkleben von Stickern (VwGH 27.10.1999, 98/09/0033 mwN), die Tätigkeit als Werbemittelverteiler (VwGH 29.11.2000, 98/09/0153), die Tätigkeit als Schneeräumer mit einem firmeneigenen Schneeräumgerät nach einem vorgegebenen Plan (VwGH 02.09.1993, 92/09/0322 VwGH 04.09.2003, 2001/09/0060), die Tätigkeit als Verpacker (VwGH 17.11.2004, 2001/09/0236), die Tätigkeit als Fleischzerleger und Entknocher (VwGH 02.10.2003, 2001/09/0067) oder auch die Tätigkeit als Verkäufer von Getränken als „Pächter“ eines Kiosks (VwGH 16.12.1997, 96/09/0328), wurden als arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten gewertet, die derart durch die Vorgaben des Auftraggebers vorbestimmt sind, dass sie als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren waren und auch in wirtschaftlicher Hinsicht für den Ausländer keine reale Möglichkeit bestand, von dem ihm vorbehaltenen Recht, Hilfspersonal einzusetzen, auch tatsächlich Gebrauch zu machen.

 

Den laut Vertrag vom „Subunternehmer“ beizustellenden eigenen Betriebsmitteln kommt kein bedeutendes Gewicht zu. Den Zustell-Lkw hat dieser formal von der R.T. GmbH mit Vertrag vom 1.2.2012 angemietet. Jedoch war der Zustell-Lkw nur für Aufträge der R.T. GmbH vermietet und wurde vom Zeugen täglich vor Beginn seiner Tätigkeit bei der R.T. GmbH abgeholt und nach Beendigung der Tätigkeit wieder dort abgestellt. Auch wurde die Erforderlichkeit der Verwendung eines eigenen Fahrzeuges bei der Verwendung von Ausländern für die Zustellung von Zeitungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht jedenfalls als ein entscheidendes Merkmal dafür gewertet, dass das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 AuslBG zu verneinen sei. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinen Erkenntnissen vom 22.02.2006, 2002/09/0187, vom 16.12.2008, 2008/09/0105, und vom 26.06.2012, 2012/09/0047, in Fällen, in denen der Ausländer notwendig ein eigenes Kraftfahrzeug zu benützen hatte, durchaus die Tätigkeit der Ausländer als Beschäftigung im Sinne des AuslBG qualifiziert. Eine sonstige unternehmerische Infrastruktur war nicht erforderlich – zumal auch die während der Tätigkeit zu tragende Kleidung dem Zeugen vom Bf zur Verfügung gestellt wurde.

 

Für das Vorliegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit spricht, dass der Ausländer seine Tätigkeit nur für ein bestimmtes Unternehmen, nämlich für die vom Bf vertretene R.T. GmbH ausgeübt hat, nicht aber für eine unbegrenzte, ständig wechselnde Zahl von Auftraggebern, wie es bei einer selbstständigen Tätigkeit der Fall wäre (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187). Die Ausübung einer derartigen Tätigkeit für einen anderen Unternehmer oder im eigenen Namen war dem Ausländer gemäß § 9 Abs 2 des Vertrags vom 1.2.2012 untersagt. Überdies wäre eine weitere Tätigkeit des Ausländers aufgrund der – von ihm in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschilderten – zeitlichen Inanspruchnahme durch die Tätigkeit beim Unternehmen des Bf von Montag bis Freitag nicht möglich gewesen.

 

Der Auftragnehmer war zwar grundsätzlich in der konkreten Gestaltung der ihm zugeteilten Route 303 frei, was jedoch in Ansehung des bisher Gesagten zu keiner anderen Beurteilung im Sinne des Standpunktes des Bf führt, weil aufgrund der zeitlichen Vorgaben eine zweckentsprechende Reihenfolge bei der Auslieferung auch ohne diesbezüglich explizite Anweisung des Auftraggebers angezeigt war. Die Aufgabe des Ausländers bestand darin, ganz bestimmte Pakete an ganz bestimmte Adressaten zuzustellen bzw von dort abzuholen und zwar innerhalb eines genau definierten Zeitraumes. Bei dieser Art der Tätigkeit und der Bestimmung von deren Ablauf ist die Entscheidungsfreiheit des Ausländers daher als sehr beschränkt anzusehen.

 

Wurde der Ausländer lediglich mit Tätigkeiten beauftragt, für die ein im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung relativ geringer bzw klar abgegrenzter Zeitaufwand nötig ist, sodass in Zusammenschau mit der ihm eingeräumten Möglichkeit, sich bei seiner Tätigkeit vertreten zu lassen und dem Umstand, dass er nicht nur an den übrigen Werktagen, sondern sogar zeitgleich in Erfüllung seiner Aufträge für diese Firma auch für andere Aufraggeber tätig zu werden berechtigt war, so befand er sich nicht in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit (VwGH 28.02.2012, 2009/09/0128; VwGH 25.06.2013, 2011/09/0065; VwGH 05.09.2013, 2011/09/0070).

 

Gegenständlich hat der Zeuge jedoch gerade solche Zustelltätigkeiten verrichtet, die in ihrem zeitlichen Aufwand einer Vollzeitbeschäftigung gleichkamen. Die zeitgleiche bzw zusätzliche Übernahme anderer Aufträge war ihm aufgrund des Konkurrenzverbots verwehrt. Die Route, welche vom Zeugen zu befahren war, war grundsätzlich vorgegeben, für den Zeugen bestand keine Möglichkeit von dieser wesentlich abzuweichen, ohne die zeitgerechte Zustellung aller Sendungen zu gefährden, weil die vorgegebene Strecke in zeitlicher Hinsicht bei einem groben Abweichen von der geplanten Tour nicht zu bewältigen gewesen. Sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht war der Zeuge somit im Wesentlichen an die Vorgaben gebunden.

 

Die zeitlichen Vorgaben für die Zustellungen und Abholungen ließen sich nur bei Einhaltung auch der örtlichen Vorgaben erfüllen. Außerdem nahm die Tätigkeit des Zeugen von Montag bis Freitag jeweils den ganzen Arbeitstag in Anspruch und war somit sehr zeitintensiv. Dass der Zeuge die restliche Zeit für weitere Aufträge zur Verfügung hatte, ist – wie der konkrete Fall zeigt – theoretischer Natur, zumal nach einer ganztätigen Arbeitszeit keine Kapazitäten für weitere Aufträge vorhanden waren. Der Zeuge hat nachvollziehbar ausgesagt, dass die Tätigkeit einer Vollzeitbeschäftigung entsprach und eine weitere Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre. Überdies durfte er weder für sich selbst noch für andere Auftragnehmer in Konkurrenz zur R.T. GmbH tätig werden.

 

Andere Aufträge als jene des Bf hat der Zeuge in dieser Zeit somit nicht ausgeführt. Für eine Vertretung im Krankheitsfall war vertraglich nicht vorgesorgt, nach der glaubwürdigen Aussage des Zeugen in der mündlichen Verhandlung hatte hier der Bf Vorsorge treffen müssen.

 

4. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (§ 2 Abs 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (VwGH 23.05.2002, 2000/09/0190; VwGH 24.01.2014, 2013/09/0174).

 

Im Übrigen lag ein Dauerschuldverhältnis vor, wonach der Zeuge ab 1. Februar 2012 auf unbestimmte Zeit Zustelldienste auf der vorgegebenen Route und zu einer vorgegebenen Bezahlung durchzuführen hatte.

5. Auch der Umstand, dass der Ausländer im Besitz eines Gewerbescheines gewesen ist, hindert grundsätzlich die Qualifikation seiner Verwendung als Beschäftigter nicht, weil der Ausländer in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht in den Ablauf des Unternehmens des Bf eingegliedert und von diesem abhängig war. Der Verwaltungsgerichtshof hat Tätigkeiten wie die Zustellung von Zeitungen und Werbemitteln, auch wenn dies mit dem eigenen Pkw erfolgte, als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 lit b AuslBG qualifiziert (VwGH 25.06.2013, 2011/09/0065). Angesichts einer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit des Ausländers vom Bf im vorliegenden Fall, in dem Pakete mit einem eigens für diese Zwecke vom Bf angemieteten Lkw zugestellt und abgeholt werden, kann daher auch der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig erachtet werden (VwGH 03.10.2013, 2012/09/0150).

 

Wenngleich es offensichtlich für den Bf durchaus ausschlaggebend gewesen sein mag, dass der Zeuge über einen Gewerbeschein verfügte, wurde die gegenständliche Tätigkeit nicht zu einer selbständigen. Angesichts der Vorgaben des Bf hatte der Zeuge auch kaum Spielraum, seine Tätigkeit (in räumlicher oder zeitlicher Hinsicht) zu gestalten. Vielmehr musste er an fünf Tagen in der Woche für das Unternehmen des Bf zur Verfügung stehen.

 

6. Bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit in den Anwendungsbereich des AuslBG fällt, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich der Ausländer zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft angemeldet oder Kontakt zum Finanzamt aufgenommen hat (VwGH 12.11.2013, 2012/09/0076).

 

Auch für den Zeugen führt die bloße Anmeldung bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft nicht zur Selbständigkeit.

 

7. Bei Zustelltätigkeiten wie im vorliegenden Fall liegt es in der Natur der Sache, dass die Tätigkeit nicht in einem konkreten, räumlich umgrenzten Betrieb ausgeübt wird (VwGH 25.06.2013, 2011/09/0065).

8. In einer wertenden Gesamtschau sind für den Zeugen die überwiegenden Merkmale einer unselbständigen Tätigkeit vorhanden. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt ist daher von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des Zeugen auszugehen. Darüber hinaus war der Zeuge V. ab Anfang 2013 als Arbeitnehmer der R.T. GmbH zur Verrichtung von Zustelldiensten angestellt. Dabei änderte sich an seiner Tätigkeit nichts. Auch dieser Umstand spricht deutlich dafür, dass von Beginn an eine abhängige und keine selbstständige Tätigkeit vorlag.

 

9. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Dem Bf ist es nicht gelungen, im Verfahren glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

10. Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlagen für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb einer gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessenabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessenaktes erforderlich ist. § 19 Abs 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Der Bf bezieht monatlich ein Einkommen von ca 2.000 Euro netto und ist für vier Kinder sorgepflichtig. Über nennenswertes Vermögen verfügt er nicht.

 

Gegen den Bf liegen bereits zwei Bestrafungen gemäß § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG vom 15.2.2011 zu GZ SV96-53-2008 und vom 27.3.2011 zu GZ SV96-94-2009 vor, sodass ein Wiederholungsfall iSd § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG vorliegt und daher ein Strafrahmen von 2.000 Euro bis 20.000 Euro Geldstrafe anzuwenden ist.

 

Straferschwerungsgründe sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

 

Mildernd ist die überlange Verfahrensdauer zu berücksichtigen: Der vorgeworfene Tatzeitpunkt war der 1.2.2012, das Straferkenntnis der belangten Behörde stammt jedoch erst vom 10.2.2014. In der Zeit von Juni 2012 bis zur Erlassung des Erkenntnisses im Februar 2014 wurden keine erkennbaren Ermittlungsschritte gesetzt. Der Grund für die unverhältnismäßig lange Dauer ist somit nicht vom Bf oder seinem Verteidiger zu vertreten. Die Vorgaben des Art 6 EMRK verlangen eine spürbare und maßgebliche Minderung der Strafe (vgl Fischer/Fischerlehner, Die [künftige] Realisierung des Rechts auf angemessene Verfahrensdauer in Verwaltungsverfahren, ZfV 2012, 211).

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es der Rsp des VwGH zufolge nicht auf die Zahl der Milderungsgründe und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkreten Sachverhaltes an (zB VwSlg 13.088 A/1989).

 

Wie bereits festgestellt wurde, liegen keine Erschwerungsgründe vor. Die lange Verfahrensdauer wurde zwar bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren als mildernd berücksichtigt, jedoch wiegt der Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer aufgrund des mittlerweile insgesamt mehr als zweieinhalb Jahre dauernden Verfahrens besonders schwer, sodass die mildernde Berücksichtigung im verwaltungsbehördlichen Verfahren nach Ansicht des Landes-verwaltungsgerichts noch nicht ausreichend war. Daher besteht hier weiterer Milderungsbedarf. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, von § 20 VStG Gebrauch zu machen. Die Anwendung von § 45 Abs 1 Z 4 VStG scheidet jedoch aus, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück blieb.

 

Nachdem § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG für den hier vorliegenden Fall der Wiederholung grundsätzlich eine Mindeststrafe von 2.000 Euro versieht, ergibt sich unter Heranziehung des § 20 VStG im gegenständlichen Fall ein Strafrahmen von 1.000 bis 20.000 Euro. Angesichts der vergleichsweisen langen Verfahrensdauer wirkt dieser Milderungsgrund besonders schwer. Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bf ist daher die Verhängung der Mindeststrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von 36 Stunden, angemessen.

 

VI.          Kosten

 

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

VII.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe dazu oben zitierte Judikatur des VwGH), noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Johannes Fischer