LVwG-300415/2/Kü/TO/PP

Linz, 19.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Frau L.H., x, vom 3. August 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15. Juli 2014, GZ: SV96-27-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern stattgegeben als von der Verhängung von Geldstrafen abgesehen wird und stattdessen gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) Ermahnungen erteilt werden.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
15. Juli 2014, GZ: SV96-27-2014, wurden über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm
§ 33 Abs. 1 Z 1 ASVG zwei Geldstrafen iHv jeweils 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG die poln. StAen. D.B., geb. x, und Z.A., geb. x, vom 9.1.2014 bis 14.1.2014 jeweils ab 7.00 Uhr im Ausmaß von 10 Std. tägl. mit Fliesenlegearbeiten auf der Baustelle Ihres Einfamilienhauses in P., x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen ein Entgelt von jeweils 15 Euro netto/Std. in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt und haben hierüber vor Arbeitsantritt keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse erstattet.“

 

2. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 3. August 2014, in der die Reduzierung des Strafausmaßes beantragt wird, wird Folgendes vorgebracht:

Im Straferkenntnis wird hinischtlich der Strafbemessung bemerkt, dass ich keine Sorgepflichten hätte.

Als Mutter eines 2 1/2-jährigen Kindes bin ich darüber höchst erstaunt. Ich darf auf die Niederschrift der Vernehmung meines Lebensgefährten R.S. vom 26. Juni 2014 verweisen, in der unter anderem steht, dass ich zum Zeitpunkt der mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretung in Karenz war und ich mich um unser gemeinsames Kind kümmern mußte. Hier hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen die von ihr selbst verfasste Niederschrift wohl nicht richtig interpretiert.

<...>

Die mir zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit liegt darin, dass ich als Dienstgeberin Meldungen oder Anzeigen nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften des ASVG nicht erstattet habe. Ich habe mich dadurch schuldig gemacht, dass ich nachträglich gemeinsam mit meinem Lebensgefährten R.S. die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung für die beiden Dienstnehmer gemacht habe. Die Annahme liegt nahe, dass ich für den Fall, dass mein Lebensgefährte die sozialversicherungsrechtliche Nachmeldung alleine gemacht hätte, mir keine Ordnungswidrigkeit zur Last gelegt hätte werden können.

Meines Erachtens verbleibt für mich nur der Vorwurf, dass ich im Gesamt­zusammenhang ebenfalls Nutznießer der meinem Lebensgefährten zur Laste gelegten Ordnungswidrigkeit bin.

 

Zusätzlich möchte ich erwähnen, dass mir bis zum 14.1.2014 nicht bekannt war, dass die beiden polnischen Fliesenleger nicht bzw. zu spät gemeldete waren (Ich darf wieder auf die Niederschrift der Vernehmung meines Lebensgefährten R.S. vom 26. Juni 2014 verweisen). Da ich so gut wie kaum mit den Arbeiten an unserem Haus vertraut war, da ich mich um unser Kind gekümmert habe und meist in unsere damaligen gemeinsamen Wohnung aufhielt, wusste ich nicht, dass die beiden unangemeldet von meinem Lebensgefährten beauftragt wurden. Mein Lebensgefährte R.S. informierte mich erst am 14. Jänner darüber, nachdem die Finanzpolizei bei unserem Haus erschienen war. Mir war zwar bekannt, dass die beiden Dienstnehmer polnischer Abstammung sind, nicht jedoch polnische Staatsbürger ohne Dienstverhältnis in Österreich. Mein Lebensgefährte sagte zu mir, dass die beiden Fliesenleger von der örtlichen Firma sind, bei der wir auch unser Fliesen gekauft haben. Daher sehe ich auch keine Verwaltungsübertretung meinerseits.“

 

Mein Begehren richtet sich gegen die festgesetzte Strafhöhe! Unter Berücksichtigung der aktuellen finanziellen Belastungen durch die Gründung einer Jungfamilie verbunden mit den Kosten für den Bau unseres gemeinsamen Eigenheimes und des Umstandes, dass aus meiner Sicht keine Ordnungswidrigkeit meinerseits besteht, stelle ich den Antrag auf Aussetzung oder zumindest Herabsetzung der Strafe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Beschwerde samt bezug­habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 4. August 2014 dem Landes­ver­waltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Gemäß § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet.

 

II.            Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes:

 

1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen richtet. Der Schuldspruch ist daher in Rechtskraft erwachsen und hat das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich keine Feststellungen zur subjektiven und objektiven Tatseite zu treffen.

 

2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­­versicherungsträger anzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienst­geber wirkt auch für den Bereich Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienst­nehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teil­weise auf Leistungen Dritter des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechende auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von
2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Frei­heitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in der Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbe­schadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirks­verwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbe­deutend sind.

 

3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde der Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um sie von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Seit 1.7.2013 ist diese Bestimmung des VStG in Geltung und entspricht gemäß den erläuternden Bemerkungen im Wesentlichen dem bisherigen § 21 Abs. 1 VStG.

 

Im gegenständlichen Fall wurden über die Bf wegen Nichtmeldung von Dienstnehmern zur Sozialversicherung Geldstrafen iHv 365 Euro verhängt. Es kam bereits § 111 Abs. letzter Satz ASVG zur Anwendung.

Aus dem Verfahrensakt sowie dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass in der Strafbemessung der belangten Behörde weder die Sorgepflichten für das Klein­kind der Bf berücksichtigt wurden, noch die damit verbundene Situation zur Zeit des Hausbaus. Die Bf war ausschließlich mit der Kinderbetreuung betraut und die Baustellenaufsicht auf der gemeinsamen Baustelle mit allfälligen Beschäftigungen von Arbeitern wurde in diesem Zeitraum  vom Lebensgefährten der Bf geleistet. Im vorliegenden Fall kann daher von einem geringen Verschuldensgrad und keiner typischen Deliktsverwirklichung gesprochen werden.

 

Der erkennende Richter gelangt zur Auffassung, dass zwar der Tatvorwurf betreffend die Bf nicht sanktionslos bleiben darf, da die völlige Straflosigkeit weitreichende Beispiels- und Folgewirkungen nach ziehen könnte. Aufgrund der besonderen Sachverhaltslage kann jedoch mit der Erteilung einer Ermahnung unter gleichzeitigem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Bf das Auslangen gefunden werden. Gleichzeitig wird die Bf darauf hingewiesen, dass bei künftigen Übertretungen mit rigoroseren Sanktionen zu rechnen ist.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

III.           Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu ent­richten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger