LVwG-400045/3/HW/HUE/TK

Linz, 10.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde von L.Z., x, vertreten durch die R. Dr. L.J.K., Dr. J.M., x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 2. Mai 2014, VerkR96-18826-2013, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002

zu Recht    e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Strafausspruch insofern stattgegeben, als die Geldstrafe auf 150 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden sowie der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde auf 15 Euro herabgesetzt werden. Im Übrigen, also auch in der Schuldfrage, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.         Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 2. Mai 2014, VerkR96-18826-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge kurz „Bf“ genannt) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 1 BStMG eine Geldstrafe von 200 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden mit der Begründung verhängt, dass er den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen x am 29. Mai 2013, 8.27 Uhr, auf dem Parkplatz A. Süd der A1 bei km x abgestellt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der ASFINAG vom 26. Juli 2013 zu GZ: 000000000110181244228, wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirks-hauptmannschaft Linz-Land vom 6. August 2013 zu VerkR96-27259-2013, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) eine Geldstrafe von 300,00 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, verhängt.

 

Dagegen haben Sie - durch Ihre Rechtsvertretung - mit Schreiben vom 13. August 2013 frist­gerecht Einspruch erhoben, welchen Sie nicht begründeten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 21. November 2013 das Straf­verfahren gemäß § 29a VStG an uns - als die nach Ihrem Wohnort örtlich zuständige Behörde - abgetreten.

 

Mit unserem Schreiben vom 3. Dezember 2013 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen und gleichzeitig wurden Sie auf­gefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

 

In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 19. Dezember 2013 brachten Sie im Wesentlichen vor, dass Sie die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen haben. Sie haben mit dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug keine mautpflichtige Straße benutzt, da der von Ihnen benutzte Parkplatz nicht mautpflichtig ist. Die von Ihnen benutzte Fahrbahn ist auch nicht als mautpflichtige Strecke bzw. als mautpflichtiger Parkplatz gekennzeichnet und Sie haben keine Autobahn befahren.

 

Aufgrund Ihrer Angaben wurde die ASFINAG um Stellungnahme ersucht und teilte diese neben rechtlichen Hinweisen mit, dass im gegenständlichen Fall der Lenker das mautpflichtige Straßen­netz benutzte, ohne eine gültige Vignette am Fahrzeug anzubringen. Im Bereich der Bundes­straßen- und Landesstraßen-Grenzübergänge mit Kraftfahrzeugverkehr wird durch Hinweisschilder über die Vignettenpflicht informiert. Die Vignettenpflicht von mautpflichtigen Strecken wird weiters durch zusätzliche Hinweisschilder an den Auffahrten angezeigt.

 

Vom Ergebnis unserer Beweisaufnahme wurden Sie am 20. Jänner 2014 verständigt und wurden Sie zeitgleich aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

 

In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 3. März 2014 wiederholten Sie im Wesentlichen die Angaben in Ihrer Rechtfertigung vom 19. Dezember 2013 und brachten ergänzend vor, dass der von Ihnen benutzte Parkplatz nicht unter das hochrangige Straßennetz fällt und ist somit keine Fläche, die als Bestandteil von Bundesstraßen i.S. § 3 BStG zu sehen ist. Es lag auch keine ausreichende Beschilderung bezüglich einer allfälligen Vignettenpflicht vor, sodass Sie davon ausgehen konnten, dass hinsichtlich des von Ihnen benutzten Parkplatzes keine Mautpflicht besteht. Die Beschilderung bezieht sich ausschließlich auf die Benützung der Auto­bahn, nicht aber auf den Parkplatz. Dieser Parkplatz ist räumlich und fahrbahnmäßig komplett von der Autobahn abgetrennt und separat erreichbar, sodass zum Parkplatz ohne Benutzung der Autobahn zu diesem zu- und abgefahren werden kann.

Aufgrund dieser Angaben wurde die ASFINAG neuerlich um Stellungnahme ersucht und teile diese mit, dass die Zufahrt zu dem gegenständlichen Parkplatz nur über die Bundesstraße möglich und die Auffahrt ausreichend beschildert ist. Im gegenständlichen Fall benutzte der Lenker das mautpflichtige Straßennetz ohne eine gültige Vignette angebracht zu haben.

 

Vom Ergebnis unserer neuerlichen Beweisaufnahme wurden Sie am 7. April 2014 verständigt.

In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 23. April 2014 wiederholten Sie im Wesentlichen Ihre Angaben in Ihrer Rechtfertigung vom 19. Dezember 2013 und Ihrer Stellungnahme vom 3. März 2014. Weiters teilten Sie Ihre Einkommens- und Familienverhältnisse mit.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie haben als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen x am 29. Mai 2013 um 8 Uhr 27 den PKW auf dem mautpflichtigen Straßennetz auf der Autobahn A1 in A. bei km x auf dem Parkplatz bei der Raststätte (A./S.) in Fahrtrichtung W./A. abgestellt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.

 

Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Anzeige der ASFING vom 26. Juli 2013 sowie den vorgelegten Stellungnahmen der ASFINAG vom 16. September 2013, vom 10. Jänner 2014 und vom 27. März 2014.

 

Zur Mautpflicht des Parkens auf Autobahnparkplätzen wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 3 Bundesstraßengesetz Parkplätze als Teil der Autobahn gelten (vgl. VwGH 99/06/0078 vom 23.5.2001). Daraus ergibt sich eine Mautpflichtigkeit des Benützens. Unter Benützen ist nicht nur das Zu- und Abfahren zum bzw. vom Parkplatz zu verstehen, sondern auch das Parken selbst.

 

Die Mautpflicht bei Benützung von Parkplätzen besteht unabhängig von der Zufahrtsmöglichkeit außerhalb der Autobahn. Die sohin bestehende Mautpflicht auf der gegenständlichen Parkfläche war aufgrund der entsprechenden Hinweistafel für alle Verkehrsteilnehmer - welche nicht über die Autobahn sondern über die Landesstraße zufahren - klar erkennbar. Es konnte deshalb schon nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Parkfläche neben der A1 nicht maut­pflichtig ist.

Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen.

 

Damit haben Sie das Ihnen angelastete Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

[…]

 

Durch Ihr Vorbringen ist es Ihnen nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass Sie kein Verschulden trifft. Im konkreten Fall wird daher davon ausgegangen, dass Sie die gegenständliche Verwaltungsübertretung zumindest fahrlässig begangen und damit auch die subjektive Tatseite der Übertretung verwirklicht haben.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

[…]

 

Es wird angeführt, dass unter Berücksichtigung des gesetzlich möglichen Strafrahmens (300 Euro bis 3000 Euro), die verhängte Strafe sich unterhalb der gesetzlichen Mindeststrafe befindet und diese Strafe auch das erforderliche Maß dessen darstellt, um in Zukunft von ähnlichen oder gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend der verhängten Strafe angepasst.

 

Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuld­gehalt als nicht geringfügig anzusehen, da es Ihre Pflicht wäre, sich über die Rechtslage zu informieren und vor der Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung zu sorgen.

 

Die Herabsetzung der Geldstrafe erscheint trotz eindeutiger Deliktsbegehung (Mautprellerei) gerechtfertigt. Als Milderungsgründe werden Ihre verwaltungsstrafbehördliche Unbescholtenheit und Ihre finanzielle Lage gewertet. Erschwernisgründe konnten nicht erkannt werden.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % ist in der im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

2.         Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt werden. Begründend wird im Wesentlichen unter Hinweis auf eine Entscheidung des UVS Oberösterreich vorgebracht, dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht den Erfordernissen des § 44a VStG entspreche, da aus diesem nicht hervorgehe, ob es sich gegen-

ständlich um ein Fahrzeug handle, welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr 3,5 Tonnen aufweise. Zudem sei für den Bf nicht erkennbar gewesen, dass der gegenständliche Parkplatz der Mautpflicht unterliege. Es liege keine rechtswirksame Verordnung vor. Die Beschilderung weise keinesfalls darauf hin, dass sich die Vignettenpflicht auf den Parkplatz beziehen würde, was auch eindrucksvoll aus der Lichtbilddokumentation hervorgehe, zumal hier lediglich auf die Maut bezüglich Autobahn/Schnellstraße verwiesen werde, aber mit keinem einzigen Wort oder mit keinem einzigen Bild oder mit keinem einzigen Schriftzeichen auf die Vignettenpflicht bezüglich des Parkplatzes hingewiesen werde. Aus dieser Beschilderung sei keinesfalls ersichtlich, dass hierbei auch der Parkplatz gemeint sein könnte. Der Bf habe ausdrücklich darauf geachtet, keine Autobahn in Anspruch zu nehmen, da er über keine Vignette verfügt habe. Die Bundesstraße sei nicht mautpflichtig, eine ordnungsgemäße und für einen normgetreuen Straßenbenützer erkennbare Beschilderung, dass der Parkplatz mautpflichtig sei, liege nicht vor, weshalb selbst dann, wenn der Bf den objektiven Tatbestand hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Übertretung erfüllt hätte, es jedenfalls an der subjektiven Tatseite fehle.      

 

3.         Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Verfahrensparteien verzichtet. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nahm Einsicht in den mit Schreiben vom 23. Juli 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt. Danach geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich von Folgendem aus:

 

Der Bf hatte am 29. Mai 2013, 8.27 Uhr, seinen PKW der Marke BMW mit dem behördlichen Kennzeichen x und einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen auf dem Parkplatz A. S. längs der A1 bei km x abgestellt. Auf diesem PKW war keine Mautvignette angebracht. Der Parkplatz A. S. kann sowohl von der West Autobahn A1 kommend als auch von der A. Landstraße kommend über die Zufahrt zur West Autobahn A1 befahren werden. Es kann von diesem Parkplatz auf die West Autobahn A1 auf bzw. weitergefahren werden. Der Bf befuhr den verfahrensgegenständlichen Parkplatz nicht von der West Autobahn A1 kommend, sondern über die Zufahrt zu dieser Autobahn. Im unmittelbaren Einfahrtsbereich von der A. Landstraße in die Zufahrt (zur West Autobahn A1), die auch zum Zufahren zum gegenständlichen Parkplatz genutzt werden kann, befindet sich ein Wegweiser zur Autobahn gemäß § 53 Abs. 1 Z. 14b StVO. Über diesem Wegweiser weist ein Hinweisschild auf eine Mautpflicht iSd § 1 Abs. 4 BStMG hin. Auf dieser Zufahrtsstraße zur West Autobahn A1 befindet sich weiters wenige Meter nach den vorerwähnten Tafeln und vor Erreichen des verfahrensgegenständlichen Parkplatzes ein Zeichen gemäß § 53 Abs. 1 Z. 8a StVO („Autobahn“), welches – wie auch der Wegweiser gemäß § 53 Abs. 1 Z. 14b StVO und das Hinweisschild auf die Mautpflicht iSd § 1 Abs. 4 BStMG – auch bereits von der A. Landstraße aus erkennbar ist. Anlässlich einer ASFINAG-Kontrolle am 29. Mai 2013 wurde gemäß § 19 Abs. 3 BStMG am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut hinterlassen. Diesem Angebot wurde jedoch nicht nachgekommen. Das Hinweisschild auf die Mautpflicht iSd § 1 Abs. 4 BStMG sieht wie folgt aus:

 

4.         Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen. Dass der Bf seinen PKW zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ohne angebrachte Mautvignette abgestellt hatte, ergibt sich aus der Anzeige der ASFINAG samt Foto vom abgestellten PKW (auf dem keine Vignette ersichtlich ist) und es war dies im Übrigen auch unstrittig (vgl. § 27 VwGVG). Der Bf brachte vor, dass er nicht über die Autobahn, sondern über die Zufahrt auf den verfahrensgegenständliche Parkplatz gefahren wäre. Mangels gegenteiliger Beweisergebnisse und angesichts des Umstandes, dass der verfahrensgegenständlichen Parkplatz tatsächlich nicht nur von die West Autobahn A1 kommend, sondern auch von der A. Landstraße kommend über die Zufahrt zur West Autobahn A1 befahren werden kann, wurden die Angaben des Bf den Feststellungen zu Grunde gelegt. Die Feststellungen zum PKW des Bf gründen auf den Angaben im angefochtenen Bescheid, die in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wurden (vgl. § 27 VwGVG) und die im Übrigen mit den Angaben in der Anzeige und dem Lichtbild vom Fahrzeug in Einklang stehen. Die Feststellungen zur Beschilderung der Zufahrt ergeben sich aus den von der ASFINAG vorgelegten Fotos.

 

5.         In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:

 

5.1.  Gemäß § 1 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten. Nach 1 Abs. 4 BStMG sind mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen wie Fahrbahnen (z.B. Hauptfahrbahnen inklusive Kollektoren, Zu- und Abfahrtstraßen, Anschlussstellen samt ihren Rampen) u.a. auch Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 5 Kraftfahrgesetz gilt als Personenkraftwagen ein Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist.

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

5.2. Zur Mautpflicht:

 

Für die Benützung von Bundesautobahnen, wozu auch die West Autobahn A1 zählt (vgl. Verzeichnis 1 des Bundesstraßengesetzes), ist Maut gemäß § 1 Abs. 1 BStMG zu entrichten. Als Bestandteile der Bundesstraße „mautpflichtig“ sind entsprechend § 3 Bundesstraßengesetz neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen wie Fahrbahnen auch Parkflächen (vgl. VwGH 20.04.2004, 2001/06/0120). Die verfahrensgegenständliche Parkfläche ist an der West Autobahn A1 mit einer entsprechenden Zufahrtsmöglichkeit von bzw. zu dieser gelegen. Ihr primärer Zweck ist auf Grund dieser Lage in ihrer dienenden Funktion für die West Autobahn A1 zu sehen, sodass von einer „Mautpflicht“ für die Benützung dieses Parkplatzes auszugehen ist (vgl. VwGH 20.04.2004, 2001/06/0120). Die Mautpflicht bei der Benützung der Parkflächen besteht daher unabhängig von der Zufahrtsmöglichkeit außerhalb der „Autobahn i.e.S.“, also trotz der Möglichkeit der Zufahrt zum Parkplatz von der A. Landstraße aus (vgl. VwGH 20.04.2004, 2001/06/0120 zum Parkplatz bei km 259,100 der A 1 Westautobahn: „Daran ändert nichts [...], wenn zu dieser Parkfläche auch eine Verbindung zum übrigen Straßennetz [...] besteht“).

Mautstrecken sind gemäß § 1 Abs. 4 BStMG deutlich und rechtzeitig zu kennzeichnen. Im unmittelbaren Einfahrtsbereich von der A. Landstraße in die Zufahrt zur West Autobahn A1 befindet sich ein Wegweiser gemäß § 53 Abs. 1 Z. 14b StVO. Über diesem Wegweiser weist ein Hinweisschild auf die Mautpflicht iSd § 1 Abs. 4 BStMG hin. Aus den im Akt befindlichen Fotos, auf die der Bf selbst verweist, ist weiters ersichtlich, dass auf dieser Zufahrtsstraße zur West Autobahn A1 zusätzlich wenige Meter nach den vorerwähnten Tafeln das Zeichen „Autobahn“ gem. § 53 Abs. 1 Z. 8a StVO den Beginn der Autobahn kennzeichnet. Schon aufgrund dieser Beschilderung war die Mautpflicht der weiteren Strecke auch für Verkehrsteilnehmer erkennbar, welche über die Zufahrt auf den verfahrensgegenständlichen Parkplatz zufuhren. Aus der Beschilderung ist – entgegen dem Vorbringen des Bf – für Lenker ausreichend erkennbar, dass bei Befahren der Zufahrt (nach dem Autobahnzeichen) und in weiterer Folge bei Zufahren und Benutzen des gegenständlichen Parkplatzes bereits eine Mautstrecke benützt wird. Für einen maßstabsgerechten Teilnehmer am Straßenverkehr war – auch ohne gesonderte Erwähnung des Parkplatzes auf dem Hinweisschild auf die Mautpflicht iSd § 1 Abs. 4 BStMG – durch die auf die Mautpflicht hinweisende Beschilderung erkennbar, dass die Nutzung des gegenständlichen Parkplatzes zum Abstellen eines Kfz „mautpflichtig“ ist. Zusammenfassend unterliegt daher der gegenständliche Parkplatz nicht nur der Mautpflicht, sondern es ist auch der behauptete „Kundmachungsmangel“ (fehlende Kennzeichnung) nicht gegeben. Es ist auch nicht ersichtlich, weswegen konkret der Bf die Mautpflicht bei der Benützung der Parkflächen trotz der Beschilderung nicht erkennen hätte können. Es steht somit fest, dass dem Bf die vorgeworfene Tat in objektiver und in subjektiver Hinsicht zuzurechnen ist. Es ist zugunsten des Bf jedoch nur von Fahrlässigkeit auszugehen (nämlich, dass ihm die Mautpflicht nicht bewusst war).

 

5.3.      Der Bf brachte vor, dass der angefochtene Bescheid nicht den Voraussetzungen des § 44a Z. 1 VStG entspreche, zumal im Spruch nicht angeführt sei, dass es sich gegenständlich um ein Fahrzeug handelt, welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr 3,5 Tonnen aufweist. Es wurde daher vom Bf zwar nicht bestritten, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug tatsächlich ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr 3,5 Tonnen aufweist, sondern es wurde ein Spruchmangel (Verstoß gegen § 44a VStG) geltend gemacht.

 

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines verwaltungsstrafrechtlichen Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, auch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der Judikatur (vgl. grundlegend das Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) ist der Vorschrift des 44a Z. 1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Im vorliegenden Fall wird die Tat, insbesondere auch der verfahrensgegenständliche „PKW“ (vgl. hierzu auch die Definition des Begriffs „Personenkraftwagen“ in § 2 Abs. 1 Z. 5 Kraftfahrgesetz), im Spruch eindeutig bezeichnet. Im Hinblick auf die Spruchformulierung ist klar, welches Kfz erfasst ist und wann dieses von wem am Parkplatz A. Süd längs der A1 bei km 171.000 (ohne Mautvignette) abgestellt wurde. Im Spruch ist daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts die als erwiesen angenommene Tat enthalten. Im Übrigen bringt die Wortfolge „obwohl die Benützung [...] mit [...] Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt“ auch zum Ausdruck, dass das verfahrensgegenständliche Kfz nicht mehr als 3,5 Tonnen höchst zulässiges Gesamtgewicht hatte. Der behauptete Spruchmangel liegt demnach (entgegen den Ausführungen des UVS Oberösterreich im Verfahren VwSen-151084/3/Re/CG) nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht vor.

 

5.4. Die belangte Behörde hat unter Anwendung des § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe unterschritten und eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 22 Stunden) verhängt.

 

Der unter der Überschrift „Außerordentliche Milderung der Strafe“ stehende § 20 VStG lautet: „Überwiegen Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“ § 20 VStG stellt damit – bis zu einem gewissen Grad – eine Ausnahme vom Grundsatz des § 10 VStG dar, wonach sich der Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften richtet, soweit das VStG selbst nicht anderes bestimmt. Was unter den Erschwerungs- und Milderungsgründen zu verstehen ist, wird durch § 19 Abs. 2 VStG geregelt, der die §§ 32-35 StGB, welche die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung sowie demonstrative Kataloge von besonderen Erschwerungs- und Milderungsgründen sinngemäß auch im Verwaltungsstrafverfahren für anwendbar erklärt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 20 VStG, der für jene Fälle gedacht ist, in denen selbst eine Strafe, die der Untergrenze des Strafrahmens entspricht zu hart wäre, ist unter anderem das „beträchtliche Überwiegen“ der Milderungs- über die Erschwerungsgründe. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es dabei jedoch nicht auf eine rein quantitative Betrachtung an. Die jeweilige Anzahl der im konkreten Fall vorliegenden Milderungs- und Erschwerungsgründe ist insofern nicht ausschlaggebend, als es ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen dieses konkreten Sachverhaltes ankommt (VwGH 15.12.1989, 89/09/0100; 27.2.1992, 92/09/0095).  

 

Der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zufolge ist das Überwiegen der Milderungsgründe jedenfalls in nachvollziehbarer Weise darzutun, indem die Milderungs- und Erschwerungsgründe gegenübergestellt werden und dargelegt wird, dass und weshalb das Gewicht der Milderungsgründe jenes der Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegt (VwGH 11.5.2004, 2004/02/0005 uva). Zu beachten ist, dass der jüngsten Rechtsprechung zufolge aus dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen alleine nicht das Überwiegen der Milderungsgründe abgeleitet werden kann (vgl. VwGH 6.11.2002, 2002/02/0125). Vielmehr ist auch hier eine Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung des Gewichts der einzelnen Gründe durchzuführen, wobei dabei auch der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung zu bewerten (VwGH 20.9.200, 2000/03/0224).

 

Im konkreten Fall sind für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Erschwerungsgründe erkennbar bzw. wurden solche auch von der belangten Behörde nicht angeführt. Als Milderungsgrund ging die belangte Behörde von der Unbescholtenheit des Bf und seiner „finanziellen Lage“ aus.

 

In casu steht damit dem Milderungsgrund der Unbescholtenheit des Bf und der Besonderheit des gegenständlichen Falles (bloße Zufahrt zu einem Autobahnparkplatz über das niederrangige Straßennetz) kein Erschwerungsgrund gegenüber. Auch der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung wird nicht als sehr hoch angesehen: Der Bf ist zwar im Unrecht, wenn er vorbringt, zu keiner Zeit das mautpflichtige Straßennetz benutzt zu haben, da eben auch der Parkplatz A. Süd diesem Straßennetz angehört. Es ist jedoch zweifellos ein verschiedenes Verhalten, ob eine Person zum Zwecke der Raumüberwindung eine mautpflichtige Straße ohne die Maut zu entrichten benützt, oder „bloß“ eine der Mautpflicht unterliegende Fläche zum Abstellen eines KFZ herangezogen wird (vgl. auch LVwG-400034/2/MZ/TK).

 

Vor diesem Hintergrund vertritt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Auffassung, dass im konkreten Einzelfall eine volle (einmalige) Ausschöpfung des § 20 VStG geboten ist (vgl. auch bereits LVwG-400034/2/MZ/TK). Dies wird vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als ausreichend angesehen, um den bis dato unbescholtenen Bf in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

5.5.      § 52 Abs. 8 VwGVG zufolge sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Der Beitrag zu den Kosten für das behördliche Verfahren war gemäß  § 64 Abs. 1 und 2 VStG entsprechend der Herabsetzung der Strafe zu reduzieren.

 

 

5.6.      Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

6.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. vor allem die angeführten Erkenntnisse, insbesondere VwGH 20.04.2004, 2001/06/0120). Im Übrigen ist die Beurteilung der Konkretisierung des Spruchs gemäß § 44a VStG anhand der konkreten Umstände (des konkreten Wortlautes) des vorliegenden Einzelfalls vorzunehmen, sodass dieser Beurteilung in der Regel auch keine Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Dr. Wiesinger