LVwG-650236/6/Br/HK

Linz, 10.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des D.B., geb. X,  R., S., vertreten durch W. K.-G., R. GmbH, Dr. H.K., Th.-S.-Straße, A., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 04.9.2014, GZ: VerkR21-263-2014, nach der am 10.11.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde statt gegeben; der Bescheid wird behoben.

 

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Die  Bezirkshauptmannschaft Schärding hat als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung nach durchgeführtem Ermittlungsverfahrens, dem Beschwerdeführer 

·         mangels der Verkehrszuverlässigkeit dessen Lenkerberechtigung der Klassen AM (Motorfahrräder und vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge), A (dreirädrige Kraftfahrzeuge), B, C1, C und F (ausgestellt von der BH Schärding am 19.11.2013, Nr. 13454233)

für die Dauer von

 

3 (drei) Monaten

 

ab dessen Rechtskraft entzogen.

 

·         Ferner wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen ab Rechtskraft dieses Bescheides seinen Führerschein  unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding oder der zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern.

 

·         Weiters wurde ihm das Recht aberkannt, allenfalls von einem ausländischen Führerschein während der Dauer der Entziehung seiner Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Gestützt wurde die Entscheidung auf §§ 7, 24, 25, 29 und 30 FSG 1997 und § 56 ff. AVG 1991.

 

 

I.1. Begründend wurde folgendes ausgeführt:

Gemäß § 24 Abs. 1 Zif. 1 FSG 1997 ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (wozu u. a. auch die Verkehrszuverlässigkeit gehört) nicht mehr gegeben sind, diese zu entziehen. Auf § 30 FSG 1997 wird zudem hingewiesen, wonach dem Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung das Recht von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen abzuerkennen ist, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG 1997 gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs. 3 Zif. 14 FSG 1997 hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1

insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den

§§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG 1997 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

(§ 7 FSG 1997) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

Gemäß § 29 Abs. 3 erster Satz FSG 1997 ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des

Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein,

sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Urteil der Bezirksgerichtes Schärding vom 16.06.2014 zu GZ 1 U 71/14y wurden Sie wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten rechtskräftig verurteilt. Grund dafür war, dass Sie am X in S. K.W. am Körper verletzten, indem Sie diesen in den linken Mittelfinger bissen, ihm Faustschläge versetzten und ihm am Hals würgten, wodurch W. eine Bisswunde am linken Mittelfinger, Prellungen im Bereich des Kiefers links und am rechten Ellbogen, eine blutende Wunde an der Unterlippe, ein Hämatom am rechten Oberarm sowie Schürfwunden am Hals erlitt.

 

Weiters sind der Behörde folgende Verurteilungen (allesamt rechtskräftig) bekannt:

- Mit Urteil des Bezirksgerichtes Schärding vom 24.04.2008 zu GZ 1 U 252/07f wurden Sie wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) zu einer unbedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 22,00 Euro, gesamt also 1.100,00 Euro, 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Damals haben Sie am Datum… in S. G.L. dadurch am Körper verletzt, indem Sie diesem Faustschläge ins Gesicht versetzten.

- Weiters wurden Sie mit Urteil der Bezirksgerichtes Schärding vom 25.06.2012 zu GZ 1 U 105/11v wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) und Sachbeschädigung (§ 125 StGB) zu einer unbedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 16,00 Euro, gesamt also 1.280,00 Euro, 40 Tage Ersatzfreiheitstrafe, verurteilt. Am Datum…. haben Sie in E. u. a. G. S. am Hals erfasst, gewürgt und anschließend einen Aschenbecher gegen den Kopf geschlagen, wodurch S. eine Schürfwunde am Hals, sowie eine Platzwunde am Kopf erlitt.

- Kurz danach wurden Sie mit Urteil des Bezirksgerichtes Schärding vom 13.08.2012 zu GZ 1 U 92/12h wegen Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) zu einer Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichtes Schärding, GZ 1 U 105/11v, von 20 Tagessätzen zu je 16,00 Euro, gesamt also 320,00 Euro, 10 Tages Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Grund dafür war, dass Sie am Datum…. in S. M.B. durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten gegen den Körper, was Blutergüsse und Prellungen zur Folge hatte, am Körper verletzten.

 

Gegen Sie wurde auch bereits eine behördliche Maßnahme gesetzt. Und zwar wurde Ihnen mit Bescheid der BH Schärding vom 25.06.2012 zu GZ VerkR21-188-2012 wegen mangelnder

Verkehrszuverlässigkeit Ihre Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monat (08.04.2012 bis 08.10.2012, 24:00 Uhr) entzogen. Grund dafür war, dass Sie am 08.04.2012 um 02:40 Uhr im Stadtgebiet Schärding auf Höhe des Hauses S.gasse Nr. .. den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen SD-….. im durch Alkohol beeinträchtigen Zustand von 1,64 %o Blutalkoholgehalt gelenkt haben. Diese Maßnahme muss als bekannt vorausgesetzt werden.

 

Auch sind im Verwaltungsvorstrafenregister der BH Schärding gegen Sie bereits zahlreiche Übertretungen evident. Diese Vorstrafen müssen ebenso als bekannt vorausgesetzt werden.

 

Mit Schreiben vom 29.08.2014 wurden Sie von der beabsichtigen Entziehungsmaßnahme der Behörde in Kenntnis gesetzt und Ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme bzw. Akteneinsicht innerhalb 2-wöchiger Frist eingeräumt. Dieses Schreiben wurde Ihnen am 02.09.2014 nachweislich zugestellt. Dazu gaben Sie in Begleitung Ihres Vater, M.B., noch am 02.09.2014 folgende mündliche Stellungnahme ab:

"Ich bin bei meinem Vater M. als LKW- und Baggerfahrer beschäftigt. Aus beruflichen Gründen bin ich daher auf meinen Führerschein bzw. meine Lenkberechtigung angewiesen. Das Einkommen daraus benötige ich für meine eigene Existenz als auch für meine 3 zu sorgenden Kinder (J.B., K.B., L.K.). Für diese zahle ich monatlich 750,-Euro Unterhalt. Zur Frage der Behörde, ob gerichtlicherseits Maßnahmen nach den Verurteilungen angeordnet worden sind, so kann ich mitteilen, dass dies nicht bzw. nie der Fall war. Angeben möchte ich noch, dass die Delikte von mir nur im alkoholisierten Zustand verursacht wurden. Ich ersuche daher die Behörde, mir die Lenkberechtigung zu belassen bzw. keine Entziehung meiner Lenkberechtigung zu verfügen.

Ich, M.B., möchte gegenständlich sagen, dass mir das Schreiben der Behörde vom 29.08.2014 bekannt ist. Dennoch möchte ich sagen, dass es sich bei meinem Unternehmen um eine quasi "4-Mann-Firma" handelt. Ich bin daher auf die Arbeitsleistung meines Sohnes unbedingt angewiesen. Ein Führerscheinentzug betreffend meinem Sohn hätte daher auch wirtschaftliche Konsequenz für meine Unternehmung. Ich möchte daher die Behörde von meiner Seite aus eindringlich ersuchen, von einer Entziehungsmaßnahme Abstand zu nehmen, und anstatt dessen -sofern möglich - ein beispielsweise Anti-Aggressions-Training/Kurs anzuordnen. Abschließend möchte ich nicht verhehlen, dass die im Schreiben angeführten Urteile mich selber schockiert haben, hatte davon keine Kenntnis, jedoch ersuche ich aus den besagten Gründen um Abstandnahme von der Entziehung.

Von der Behörde wurde uns der mögliche weitere Verfahrensverlauf (u. a. Beschwerdemöglichkeit gegen einen allfälligen Bescheid) skizziert."

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Verkehrszuverlässigkeit einer Person ist ein charakterlicher Wertbegriff. Dieser erfordert es, die charakterliche Veranlagung einer Person ausgehend von den nach außen hin in Erscheinung getretenen Handlungen zu beurteilen. Wenn daher die Behörde über die Verlässlichkeit eines Kraftfahrers ein Urteil abgibt, muss sie sich vor Augen halten, dass es sich bei dieser Verlässlichkeit um einen charakterlichen Wertbegriff handelt. Dabei geht es um die Frage, wie sich eine Person voraussichtlich im Straßenverkehr verhalten wird. Das bisherige Verhalten des zu Beurteilenden lässt jedoch im Allgemeinen ziemlich weitgehende Schlüsse zu. Der nicht zuverlässige Lenker ist in erster Linie eine Gefahr für die übrigen Straßenbenützer, also einer Vielzahl von Menschen, die an der Tätigkeit des Lenkers uninteressiert und unbeteiligt sind. Rücksichten auf die Person des Lenkers können daher stets erst in zweiter Linie in Betracht kommen.

 

Die von Ihnen gesetzten strafbaren Handlungen zeigen, dass Sie nicht im Geringsten Interesse am Rechtsgut des "Lebens", welches einer Person bzw. einem Individuum zusteht, zeigen und eben immer wieder Delikte gegen Leib und Leben, wie auch im gegenständlichen Fall das wiederholte Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB), setzen. Hervorzuheben ist hiebei Ihr äußerst aggressives und zum Teil brutales Verhalten, dass Sie bei den jeweiligen Taten an den Tag gelegt haben. Von Kraftfahrzeuglenkern ist allerdings wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart zu verlangen. Unbeherrschte Aggressivität lässt befürchten, dass die betreffende Person entweder mit betont aggressiver Fahrweise oder aggressivem Verhalten nach einem allfälligen Verkehrsunfall auf vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer reagiert (siehe dazu VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 27.05.1999, 98/11/0136 und 99/11/0198). Angesichts auch einer bereits erfolgten Entziehungsmaßnahme - wenn auch aufgrund eines Alkoholisierungsdeliktes - ist Ihre Charaktereigenschaft somit als niedrig angesiedelt anzusehen und ist Ihre persönliche Verlässlichkeit und somit Verkehrszuverlässigkeit nicht gegeben.

 

Die Behörde verkennt aber nicht, dass Sie zur jeweiligen Tat - wie auch vom Gericht festgestellt -ein Geständnis abgelegt haben und der Vollzug der Strafen vom Strafgericht großteils nicht als erforderlich erachtet wurde. Das Wohlverhalten zwischen der jeweiligen Tat verstrichenen Zeit als auch der seit der letzten Tatbegehung (09.02.2014) verstrichenen Zeit kann nur bedingt positive Berücksichtigung finden, sind doch im Verwaltungsvorstrafenregister der BH Schärding vom Jahre 2009 bis dato eine ganze Reihe von Bestrafungen wegen Übertretungen nach der StVO 1960 und KFG 1967 evident.

 

Unter Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes, dessen Wertung, der daraus zu schließenden Sinnesart als auch unter Berücksichtigung der vom Gericht zuletzt verhängten bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten ist die im Spruch festgesetzte Entziehungsdauer unbedingt erforderlich. Dies auch im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (E vom 22.01.2002, 2001/11/0196; E vom 13.12.2005, 2004/11/0081).

 

Weiters bilden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überdies bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema (E vom 30.05.2001, 2001/11/0081; ua). Ihr Vorbringen, den Führerschein für Ihre berufliche Tätigkeit zu benötigen, geht daher ins Leere. Ebenso das Vorbringen in punkto Unterhaltsleistung.

 

Zurückstellen des Führerscheines:

Die Lenkberechtigungsentzugsdauer beginnt erst nach Rechtskraft dieses Bescheides - wird keine Beschwerde erhoben daher vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides - zu laufen. Die Verpflichtung zur Ablieferung des angeführten Führerscheines besteht daher grundsätzlich auch erst ab diesem Zeitpunkt. Ein somit allenfalls vor Rechtskraft bei der Behörde oder der Polizeiinspektion abgelieferter Führerschein bewirkt nicht einen früheren Beginn der Entziehungsdauer!

Bei Nichtablieferung des Führerscheines nach Rechtskraft des Bescheides haben Sie jedenfalls mit der Verhängung einer hohen Geldstrafe zu rechnen!

 

Zur Führerscheinausfolgung:

Bei Abholung des Führerscheines nach Ablauf der Entziehungszeit ist eine Gebühr von 39,60 Euro zu entrichten. Der Antrag für die Führerscheinausfolgung ist bei der Behörde vorbereitet. Falls ein Führerscheinduplikat notwendig wird, entstehen Kosten von 49,50 Euro.

 

Wichtiger Hinweis:

Im Falle einer Beanstandung (Fahrt ohne Berechtigung) innerhalb der Entziehungszeit ist mit einer Verlängerung der Entziehungsdauer um mindestens 3 Monaten und der Verhängung einer Geldstrafe von mindestens 726 Euro zu rechnen.

    

 

II. Dagegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer mit der unter Hinweis auf die Vertretungsvollmacht fristgerecht durch dessen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde:

I.

In umseits rubrizierter Führerscheinentzugsangelegenheit gibt der Einschreiter bekannt, dass er die W. K.-G. R. GmbH, Dr. H. K., Th.-S.-Straße 1, A. mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat.

 

II.

 

1.

Der Einschreiter erhebt nunmehr gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.9.2014, VerkR21-263-2014, innerhalb offener Frist nachstehende

 

Beschwerde

 

an das Landesverwaltungsgericht. 2.

 

Der angefochtene Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach bekämpft.

 

2.1. Als Beschwerdegrund wird geltend gemacht:

 

Unrichtige rechtliche Beurteilung

 

2.2. Zum Beschwerdegrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

Im Kern des angefochtenen Bescheides steht die rechtliche Beurteilung im Rahmen der Entscheidungsgründe, Seite 3, vorletzter Absatz ff, wonach dem Einschreiter eine Verkehrs­zuverlässigkeit nicht mehr attestiert werden kann.

Als wesentliche Begründung werden die vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen des Einschreiters angeführt.

 

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung geht es sohin um die Frage der Verkehrszuverläs­sigkeit im Sinne des § 7 FSG, konkret um § 7 Abs. 3 Z 9 FSG.

 

Die von der Bezirkshauptmannschaft Schärding angegebenen rechtskräftigen Verurteilungen des Einschreiters sind aktenkundig und bedürfen keiner Kommentierung.

 

Es ist aber daraus ersichtlich, dass zumindest die vorletzte Vorurteilung im Jahr 2012 erfolgte, die letzte am 16.6.2014.

Aus dem „strafrechtlichen Verurteilungsverlauf' kann man feststellen, dass der Einschreiter im Zeitraum 2008 bis 2012 Verurteilungen aufzuweisen hat.

 

Er hat sich dann in weiterer Folge wohlverhalten.

 

Auch die gesetzte behördliche Maßnahme mit Bescheid vom 25.6.2012 fällt in diesen Zeit­raum.

Tatsache ist, dass der Einschreiter nunmehr sowohl beruflich als auch privat fixe bzw. gleichbleibende Lebensumstände hat, die wiederum Gewähr dafür sind, dass Verurteilungen nicht mehr vorkommen werden.

 

Zusammengefasst ist es aber so, dass bei einer ordnungsgemäßen rechtlichen Beurteilung die Bezirkshauptmannschaft Schärding hätte feststellen müssen, dass die Verkehrszuverläs­sigkeit des Einschreiters immer noch gegeben ist und es keinerlei Maßnahme im Sinne des angefochtenen Bescheides bedarf um diese wieder herzustellen.

 

3.

 

Es werden sohin gestellt nachstehende

 

Anträge,

 

(1) infolge Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Schärding vom 4.9.2014, VerkR21-263-2014, vollinhaltlich zu beheben;

 

(2) eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

A., am 2.10.2014 D. B.“

 

III. Die Entscheidung hat gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zu erfolgen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war antragsgemäß nach § 24 Abs.1 VwGVG durchzuführen.

Beweis erhoben wurde durch Verlesung und Erörterung der an sich unstrittigen Akteninhalte, sowie durch Einholung eines aktuellen Auszuges aus dem Vormerkregister.

Sowohl die belangte Behörde als auch der Beschwerdeführer entschuldigten sich hinsichtlich der Nichtteilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

 

 

III.1. Sachverhalt:

Wie von der Behörde zutreffend festgestellt und im Detail zitiert, wurde der Beschwerdeführer zuletzt am 16.6.2014 wegen der Begehung einer Körperverletzung am 9.2.2014 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.

Bereits am 13.8.2012 erfolgte vom Bezirksgericht Schärding eine Verurteilung wegen eines am 8.4.2012 begangenen Vergehens einer Körperverletzung nach § 83 Abs.1 Strafgesetzbuch zu 20 Tagessätzen á  € 16 und für den Fall der Uneinbringlichkeit seinerseits Freiheitsstrafe von 10 Tagen und ebenfalls war eine Verurteilung von diesem Bezirksgericht bereits am 25.6.2012, ebenfalls wegen einer Körperverletzung und einer Sachbeschädigung nach § 125 StGB, am 27.3.2011, zu 80 Tagessätzen à € 16, erfolgt, anlässlich der er zu einer Geldstrafe von € 1.280 und im Fall der Uneinbringlichkeit zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde.

Auch schon am 24. April 2008 war eine Verurteilung wegen § 83 Abs.1 StGB ob eines Vorfalls vom 14.10.2007 im Ausmaß von 50 Tagessätzen zu à € 22, insgesamt zu einer Geldstrafe von € 1.100 und im Fall der Uneinbringlichkeit zu 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt.

Wie von der Behörde ebenfalls zutreffend erwähnt, ist der Beschwerdeführer auch wegen diversen Übertretungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften bereits mehrfach bestraft worden, wobei insbesondere ein nunmehr zwei Jahre zurückliegendes Alkoholdelikt mit hochgradiger Alkoholisierung zu erwähnen ist, wobei jedoch - abgesehen von einem Regelverstoß nach der Parkgebührenverordnung - im Jahr 2014 keine Vormerkungen mehr aufscheinen.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich insgesamt dahingehend zusammenfassen, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könne, der Beschwerdeführer werde vom gegenwärtigen Zeitpunkt an noch für weitere drei Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen.

Festzuhalten gilt es auch, dass die vom Beschwerdeführer begangenen Aggressionsdelikte jeweils offenbar nicht im Zusammenhang mit dessen Teilnahme am Straßenverkehr gestanden sind.

Darin ist dem Beschwerdeführer letztendlich zu Folgen.

 

 

III.2. Dem Beschwerdeführer wurde in Form einer Ankündigung über die beabsichtigte Entziehung der Lenkberechtigung ein umfassendes Parteiengehör eröffnet. Darin wurden seine gerichtlichen Verurteilungen angeführt und ebenso die dahinter stehenden Fehlverhalten skizziert dargestellt.

Dazu nahm der Beschwerdeführer offenbar im Beisein seines Vaters im Rahmen einer Niederschrift vor der Behörde am 2.9.2014 umfassend Stellung. Darin wurde insbesondere auf die Beschäftigung des Beschwerdeführers in einem so genannten 4-Mann-Betrieb verwiesen, wo er als Lkw- und Baggerfahrer beschäftigt sei. Es wurde die Situation und die Notwendigkeit dieser Arbeitskraft im Unternehmen verwiesen, wie auch auf die Sorgepflichten des Beschwerdeführers für seine drei minderjährigen Kinder. Für diese zahle er monatlich € 750 an Unterhalt.

Der Beschwerdeführer bot an, sich in diesem Zusammenhang eines sogenannten Anti-Aggression-Trainingskurses zu unterziehen, um so den Führerscheinentzug abzuwenden.

 

 

 

IV. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

§ 7 leg.cit. definiert den Begriff der Verkehrszuverlässigkeit. Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.   die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigen Zustand gefährden wird, oder

2.   sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schulden machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG gelten strafbare Handlungen gegen Leib und Leben unter anderem nach § 75 StGB als bestimmte Tatsache in obigen Sinn.

Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, darf eine Lenkberechtigung nicht nur nicht erteilt, sondern auch nicht belassen werden (vgl. § 24 Abs.1 FSG). Entscheidend für die Entziehung und die Dauer der Entziehung einer Lenkberechtigung sind die Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG.

Dort heißt es:

Für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind die Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Zur Verwerflichkeit der vom Beschwerdeführer gesetzten und vom Gericht geahndeten Körperverletzungsdelikte ist hervorzuheben, dass diese allesamt, wie oben schon erwähnt, nicht im Zusammenhang mit der Verkehrsteilnahme geschehen sind. Weiter ist zu bemerken, dass ausgehend von der zuletzt begangenen strafbaren Handlung Anfang Februar dieses Jahres, man insgesamt auf eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt einem Jahr kommen würde bzw. gegenwärtig die Prognoseannahme gerechtfertigt sein müsste, der Beschwerdeführer wäre vom gegenwärtigen Zeitpunkt noch für zumindest weitere drei  Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen.

Diese Annahme kann insbesondere vor dem Hintergrund der nicht im Zusammenhang mit einer Verkehrsteilnahme stehenden vier Verurteilungen innerhalb der vergangenen sechs Jahre nicht begründet gesehen werden.

 

 

V. In Anbetracht dieser Ausführungen geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der Beurteilung der Zukunftsprognose von einer zwischenzeitig bereits wieder erlangten Verkehrszuverlässigkeit aus. Durchaus zutreffend hat die Behörde mangels einer sichtbaren Gefahr im Verzug von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung abgesehen.

Letztlich würde ein derartiger Führerscheinentzug dem Beschwerdeführer nur mehr als weitere Strafe treffen, was jedoch dem Führerscheinentzugsregime fremd ist.

Auch mit den von der Behörde zitierten Judikaturhinweisen  war nichts zu gewinnen, weil es sich dabei um nicht vergleichbare Fälle handelte und Beurteilung auf den spezifischen Einzelfall zu erfolgen hat.

Wenngleich auch außerhalb des Geschehens im Straßenverkehr widerholt begangene Körperverletzungen (§ 7 Abs.3 Z9 FSG, letzter Satz) als verwerflich gelten können, darf weder das zeitliche Auseinanderliegen der Handlungen an sich, noch das zwischenzeitige Zurückliegen und das bisher unbeanstandete Verhalten nicht unberücksichtigt bleiben. Wenngleich wirtschaftliche Umstände unberücksichtigt zu bleiben haben, gilt es in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch das Verhältnismäßigkeitsgebot im Auge zu behalten. Die diesbezügliche höchstgerichtliche Judikatur fordert,  dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides – hier der Entscheidung darüber -  im Sinne des § 25 Abs.3 FSG noch für mindestens drei weitere Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist (VwGH 26.7.2005, 2005/11/0061).

Während der nach § 7 Abs. 4 FSG 1997 erforderlichen Wertung allenfalls die Annahme begründen, dass der Betreffende gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG 1997 wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird, erachtet das Landesverwaltungsgericht eine derartige Prognose zwischenzeitig weder auf die Judikatur stützbar noch sachlich nachvollziehbar.

 

 

VI.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Hermann Bleier