LVwG-750185/2/BP/KHU/JW

Linz, 11.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des Herrn F. H., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P. L. Dr. M. S., x-Gasse x, S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. April 2014,  
GZ: Sich40-26916, mit dem der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid vom 10. April 2014, GZ: Sich40-26916, wies die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 1, § 24 sowie § 11 Abs. 2 Ziffer 1 NAG 2005 BGBl I Nr. 100 i.d.F. BGBl. I Nr. 144/2013 ab.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus:

 

„Sie sind bosnischer Staatsbürger und somit Fremder im Sinne von § 2 Abs. 1 NAG 2005 (NAG), da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

 

Nach den aufenthaltsrechtlichen Unterlagen bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn haben Sie erstmals am 11.05.2009 über die Österreichische Botschaft in Sarajewo einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" beantragt, da Sie am 05.01.2009 vor dem Standesamt in Sapna die österreichische Staatsbürgerin M. H., geb. x, geheiratet haben. Dieser wurde Ihnen am 18.06.2009 erstmals bewilligt und ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" mit einer Gültigkeit bis 17.06.2010 erteilt. In der Folge wurde infolge aufrechter Ehe der Aufenthaltstitel mehrmals verlängert, und zwar:

18.06.2010  bis 17.06.2011 und

18.06.2011  bis 17.06.2013.

 

Sie haben dann am 20.06.2013 die letzte Verlängerung beantragt. An diesem Tag wurde festgestellt, dass die Verlängerung verspätet beantragt wurde. Es ist somit der Antrag gemäß § 24 Abs. 1 NAG als Erstantrag zu werten.“

 

Die Behörde stellte weiters die Ergebnisse der gemäß § 44b NAG eingeholten Stellungnahme der LPD Oö. sowie die vom Bf eingebrachte Stellungnahme vom 17. März 2014 dar. In dieser führte der Bf insbesondere aus, dass die Bestimmung des § 24 Abs. 2 NAG jener des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG nachgebildet sei und der Sache nach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Fall der Versäumung einer materiellen Frist ermöglichen solle. Im gegenständlichen Fall habe sich der Bf zum letztmöglichen Termin der Einbringung des Verlängerungsantrages in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Gerade zu diesem Zeitpunkt habe sich die Beziehungsproblematik mit der Ehegattin derart verschärft, dass er weder schlafen noch sonst einem geregelten Tagesablauf nachkommen habe können. Die Situation habe sich insbesondere deshalb erhärtet, weil er mit der damaligen Ehegattin drei kleine Kinder gehabt habe. Aus diesem Grund sei es dem Bf nicht möglich gewesen, den Verlängerungsantrag zum letztmöglichen Einbringungstermin abzugeben.

 

Als der Bf den Antrag am 20.06.2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgeben habe, habe er darauf hingewiesen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, den Antrag vorher einzubringen, da er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe. Diese Äußerung bei der Antragstellung sei als Wiedereinsetzungsantrag im Sinne des § 24 Abs. 2 NAG zu werten gewesen.

 

Im Vorbringen, er habe wegen der massiven prekären familiären Situation und des Todesfalles des Vaters nicht an die Verlängerung des Aufenthaltstitels gedacht, könne jedenfalls die Annahme des Vergessens im Sinne eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses gemäß § 24 Abs. 2 Ziff. 2 NAG gewertet werden. Demnach gelte der nach Ablauf der Gültigkeit des Aufenthaltstitels gestellte Antrag als Verlängerungsantrag und hätte zur Folge, dass der rechtmäßige Aufenthalt nicht unterbrochen wäre. Das Vorbringen sei offenbar nicht als Wiedereinsetzungsantrag gewertet worden. Da er dazumal unvertreten und nicht rechtsunkundig gewesen sei, wäre er darüber aufzuklären gewesen, dass es sich bei diesem Vorbringen um einen Wiedereinsetzungsantrag handle bzw. es die Möglichkeit der Stellung eines solchen Antrages gebe.

 

In rechtlicher Hinsicht erwog die Behörde hierzu:

 

„Ihrer Stellungnahme ist zunächst entgegen zu halten, dass Sie bei der Antragstellung am 20.0.2013 offenbar keinerlei Bemerkungen zur verspäteten Antragstellung gemacht haben. Sie haben keinerlei Begründung angegeben, warum Sie den Antrag verspätet abgegeben haben, da dies im Akt protokolliert worden wäre. Der Akt wurde an die Landespolizeidirektion Oberösterreich vorgelegt, um wie im Gesetz vorgesehen, um eine Stellungnahme einzuholen, ob der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen zugestimmt wird. Das Ergebnis der Stellungnahme hat ergeben, dass dies nicht der Fall ist.

 

Dazu ist nunmehr auszuführen, dass allein der Umstand, dass Sie zu dem Zeitpunkt als Ihr Aufenthaltstitel ablief im Ihrer Gattin Streitigkeiten hatten und Ihr Vater zu diesem Zeitpunkt verstarb, was Sie bis zum heutigen Tage nicht aktiv nachgewiesen haben, keinen Grund darstellt, im Sinne von § 24 abs. 2 die Wiedereinsetzung zu bewilligen und den Antrag als Verlängerungsantrag zu werten. Es kann in diesen Umständen kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis erblickt werden. Vielmehr haben Sie offensichtlich nur „vergessen" rechtzeitig zur NAG-Behörde zu gehen und die Verlängerung zu beantragen. Sie konnten auch beruflich nicht verhindert sein, da Sie zu diesem Zeitpunkt arbeitslos waren und somit jederzeit zu den Öffnungszeiten der Behörde zu dieser hätten kommen können und die Verlängerung beantragen. Ein bloßes Vergessen oder übersehen der rechtzeitigen Beantragung der Verlängerung kann kein Grund für die Gewährung einer Wiedereinsetzung sein.

 

Nunmehr hat sich Ihre aufenthaltsrechtliche Situation geändert und wurde Ihre Ehe am 05.09.2013 rechtskräftig geschieden. Sie können somit keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" gemäß § 47 NAG erhalten bzw. beibehalten. Ein allfälliger weiterer Aufenthalt würde sich nach den Bestimmungen des § 27 NAG richten.

 

Der gegenständliche Antrag ist somit als „Erstantrag" zu werten.

 

Für die Erteilung eines „Erstantrages" fehlen jedoch die wesentlichen Voraussetzungen.“

 

Im Anschluss daran führte die Behörde eine ausführliche Erörterung der Voraussetzungen des ersten Teils des NAG durch, wo insbesondere auf die Deutschkenntnisse des Bf, dessen Vorstrafe, sowie Überlegungen zum Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK eingegangen wurde. Zusammenfassend kam die Behörde zum Schluss, dass der Aufenthalt des Bf öffentlichen Interessen widerstreite und der gegenständliche Antrag daher abzuweisen gewesen sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige, durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Beschwerde des Bf vom 19. Mai 2014, in der er beantragte, den ggst. Bescheid ersatzlos aufzuheben, oder diesen ggf. nach berichtigender Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes abzuändern und dem Bf einen humanitären Aufenthaltstitel zu erteilen sowie gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Begründend führte der Bf aus:

 

„Zum Vorliegen eines Verlängerungsantrages:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 NAG sind Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen. Nach Abs. 2 leg.cit. gelten Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen und ihm kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft (Ziff.1), und der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird (Ziff.2). Die Bestimmung des § 24 Abs.2 NAG ist dem § 71 Abs.1 Ziff.1 AVG nachgebildet und der Sache nach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Fall der Versäumung der materiell rechtlichen Frist des § 24 Abs.1 NAG ermöglichen soll. Die Judikatur zu § 71 Abs.1 Ziff.1 AVG kann daher auch für die Auslegung des § 24 Abs.2 NAG herangezogen werden (vgl. VwGH 05.Mai 2011, ZI. 2011/22/0021). Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann nun auch in einem Inneren, psychischen Geschehen liegen, daher auch in einem Vergessen oder Versehen (vgl. VwGH 13.Dezember 2011, ZI. 2010/22/0179, mwN). In ständiger Rechtssprechung vertritt der VwGH in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre die Auffassung, dass als Ereignis nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern prinzipiell jedes, auch inneres, psychisches Geschehen, ein psychologischer Vorgang – einschließlich der „menschlichen Unzulänglichkeit" – anzusehen sei (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG 2.Ausgabe 2014 § 71 RdZiff.34). Das Ereignis muss für das Versäumen der Frist kausal sein, d.h. der Wiedereinsetzungswerber muss dadurch daran gehindert gewesen sein, die Frist einzuhalten (vgl. VwGH 31 Januar 1990,
ZI. 89/03/0254, u.a.; Hengstschläger/Leeb, AVG 2.Ausgabe 2014 § 71 RdZiff.36). Das Ereignis muss vor Ablauf der versäumten Frist eingetreten sein.

Wie der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, befand er sich durch den Tod seines Vaters und des Scheidungsverfahrens in einer psychischen Ausnahmesituation uns ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde, obschon in der Stellungnahme des ausgewiesenen Vertreters auf die Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich des Ereignisses als Jedes inneres, psychisches Geschehen", hingewiesen hat auf S 5 des Bescheids ausführt „ es könne kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis erblickt werden, vielmehr habe er offensichtlich nur „vergessen" rechtzeitig den Antrag zu stellen und stelle das bloße Vergessen keinen Grund für die Gewährung einer Wiedereinsetzung dar.

Die belangte Behörde hat sich mit der Judikatur und der Stellungnahme überhaupt nicht auseinandergesetzt und belastet dies den Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

 

Auch hätte die Behörde den unvertretenen Beschwerdeführer dahingehend belehren müssen, dass er einen Wiedereinsetzungsantrag stellen kann unter Hinweis auf eine etwaige Verspätung seines Antrages. Das Unterlassen dieser Belehrung stellt eine Rechtswidrigkeit dar.

 

Dazu ist weiters auszuführen, dass mit BGBI.INr.29/2009 der zweite Absatz des §24 maßgeblich novelliert wurde. Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage führen dazu aus (88BlgNR24.GP9), dieser Absatz orientiere sich an der Wiedereinsetzung nach §71 AVG und es werde die Judikatur zu §71 Abs.1 AVG zu beachten sein.

Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann nun auch in einem inneren, psychischen Geschehen liegen, daher auch in einem Vergessen oder Versehen (vgl.die bei Hengstschläger/Leeb, AVG §71 Rz.34f, angeführte Judikatur).

Dieses Versehen hat der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme näher begründet und hat den Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt.

Die belangte Behörde hat nicht nachvollziehbar begründet, warum sie ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verneint.

Die Relevanz ist gegeben, da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde zu Unrecht einen Erstantrag angenommen hat.

 

Zum Vorliegen eines Familien- und Privatlebens nach Art.8 EMRK:

Der Beschwerdeführer ist Vater dreier minderjähriger Kinder, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und mit denen der Beschwerdeführer auch nach der Scheidung von der Kindesmutter weiterhin Kontakt hält und sein Kontaktrecht regelmäßig ausübt. Der Beschwerdeführer geht in Österreich einer Erwerbstätigkeit nach und ist es ihm dadurch möglich, Unterhaltszahlungen an seine Ex Frau für die Kinder zu leisten.

Die Behörde hat vollkommen ungeprüft gelassen, in welche Situation der Beschwerdeführer nach einer Abschiebung/Rückkehr nach Bosnien treffen würde und ob dort der Lebensunterhalt für sich und seine Kinder weiterhin gesichert wäre. Das Familienleben nach Art 8 MRK umfasst das Sorgerecht/Kontaktrecht der Eltern zu ihren minderjährigen Kindern auch nach Auflösung der Ehe.

Dass die belangte Behörde bereits unrichtigerweise das Vorliegen eines Familienlebens und Privatlebens verneinte und sohin unrichtigerweise schloss, dass Art.8 EMRK nicht zur Anwendung gelange, belastet den Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit, zumal ein Familienleben tatsächlich gegeben ist.

 

Interessenabwägung:

Auf Seite 9 f. des bekämpften Bescheides lässt sich eine nach § 11 Abs.2 vorzunehmende Interessensabwägung nicht erkennen. Der Beschwerdeführer begehrte die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" nach § 47 Abs.2 NAG, wobei ihm aufgrund der Scheidung ein entsprechender anderer Aufenthaltstitel, wofür unter anderem die Erfüllung der Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erforderlich ist, zu geben wäre. Gemäß der dort enthaltenen Bestimmung des § 11 Abs.2 Ziff.1 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn sein Aufenthalt nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Das bezieht sich auf § 11 Abs. 4 Ziff.1 NAG, ­wonach der Aufenthalt eines Fremden unter anderem dann dem öffentlichen Interesse widerstreitet, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. VwGH 27.09.2010, ZI. 2009/22/044).

Es ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer von einem österreichischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten bedingt verurteilt wurde. Das Gericht hat durch Gewährung der bedingten Strafnachsicht gezeigt, dass sie an eine positive Zukunftsprognose festhält. Auch darf nicht außer Acht bleiben – selbst wenn die Behörde zu einer gesonderten Beurteilung kommen kann, dass als mildern berücksichtigt wurde, die Unbescholtenheit, die teilweise Sicherstellung der Urkunden und die Rückgabe der unbaren Zahlungsmittel, sodass aus diesem Verhalten eine reuige Einsicht des Beschwerdeführers hervorkommt.

In zahlreichen höchstgerichtlichen Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass für die Beurteilung der Gefährdung eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Alleine der Umstand, dass die Tilgungsfrist noch nicht abgelaufen ist, stellt keine hinreichende Begründung zur Beurteilung einer aktuellen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 14.04.2011,
ZI. 2008/21/0257; VwGH 31.05.2011, ZI. 2008/22/0831; VwGH 27.05.2010,
ZI. 2007/21/0297, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen erkannt, dass nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen ist. Die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung ist insofern unzureichend, als sich fallbezogen allein aus dem Diebstahl im Zusammenhang mit Urkundenunterdrückung und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel noch nicht ableiten lässt, dass der Beschwerdeführer ein „Gewalttäter" (Bescheid S 9, in Erscheinung getreten sei. Wie die Behörde zu dieser Feststellung kommt, lässt sich aus dem gesamten Bescheid nicht
­erschließen , da wie auf S 6 angeführt ein Freispruch vom BG Mattighofen am 12.03.2013 zu Körperverletzung und Sachbeschädigung erfolgt ist. Daher ist es auch nicht gerechtfertigt, dass die Behörde dem Beschwerdeführer auf S 6 des Bescheids vorwirft, er habe sich in Österreich nicht wohl verhalten, es musste gegen ihn mehrmals Anzeige erstattet werden, nämlich

Anzeige der PI Mattighofen vom 07.03.2012 wegen des Verdachtes der Körperverletzung sowie Sachbeschädigung und ist der Bescheid auch aus diesem Grund rechtswidrig.

 

Auch hat sich aus dem Ermittlungsakt eine kriminelle Vereinigung bzw. eine gewerbsmäßige Begehungsweise nicht verifizieren lassen.

 

In die von der Behörde vorzunehmende Gefährdungsprognose wäre – unter dem Gesichtspunkt der Aktualität der Gefährdung, insbesondere auch der Umstand mit einzubeziehen gewesen, dass der Tatzeitpunkt bereits ein Jahr zurückliegt.

In diesem Zusammenhang wäre weiters zu berücksichtigen gewesen, dass sich der Beschwerdeführer seither stets wohlverhalten und sich nichts zu Schulden kommen hat lassen.

Die belangte Behörde hätte sich fallbezogen bei der Prognose, ob der Beschwerdeführer (hinkünftig) eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle, nicht bloß mit der Wiedergabe der Strafkarte begnügen dürfen, sondern sich mit den näheren Umständen der Tatbegehung auseinandersetzen und entsprechende Feststellungen, die eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers im erforderlichen Ausmaß ermöglicht hätten zu treffen gehabt.

 

Bei richtiger Feststellung des Sachverhaltes hätte die belangte Behörde daher zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass eine aktuelle Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit seitens des Beschwerdeführers nicht vorliegt und dies entsprechend zu werten gehabt. Dieser Umstand belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat unbescholten ist, wurde von der Behörde in keiner Weise gewürdigt.

 

Darüber hinaus spricht der Beschwerdeführer gut Deutsch und geht nunmehr einer Erwerbstätigkeit seit November 2013 nach, sodass auch die Verurteilung dazu geführt hat, dass der Beschwerdeführer sich künftig wohlverhalten wird. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer zahlreiche Freunde, weshalb von einer gelungenen Integration des Beschwerdeführers auszugehen ist.

 

Zudem wurde bei der rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde - wie bereits ausgeführt - unrichtigerweise festgestellt, dass kein Familienleben und kein Privatleben im Sinne des Art.8 EMRK vorliegt und dementsprechend nicht gemäß § 11 NAG korrekt gewürdigt wurde.

 

Die von der belangten Behörde unzureichend vorgenommene Interessenabwägung ist nicht im Sinne des § 11 NAG und ebenso wenig im Sinne der EMRK und daher rechtswidrig und der Bescheid infolge dessen mit Rechtswidrigkeit belastet.“

 

3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht (Oö. LVwG) ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.

 

4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 3. Juni 2014 von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vorgelegten Verwaltungsakt. Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da ausschließlich Rechtsfragen zu relevieren waren und eine weitere Klärung des Sachverhaltes durch die mündliche Erörterung nicht zu erwarten war, insbesondere weil dem Bf in seinem Sachverhaltsvorbringen vollumfänglich gefolgt wird.

 

 

II. 1. Das Oö. LVwG geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist bosnischer Staatsangehöriger und verfügt seit 18. Juni 2010 über den Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“, der zuletzt bis zum 17. Juni 2013 verlängert wurde. Am 20. Juni 2013 stellte der Bf einen als „Erstantrag“ titulierten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“. In seinem Antrag gab der Bf als Familienangehörige seine Ehegattin, Frau H. H. (österr. StA), sowie seine drei mj. unmündigen Kinder an.

 

Zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Verlängerung des Aufenthaltstitels noch fristgerecht möglich gewesen wäre, befand sich der Bf in einer psychischen Ausnahmesituation, begründet durch die Beziehungsproblematik zu seiner Ehegattin und dem Tod seines Vaters.

 

Mit Urteil des Bezirksgerichts Mattighofen vom 5. September 2013, Zl. 9 C 23/12 x – 25, wurde die Ehe zwischen dem Bf und Frau H. H. geschieden.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt.

 

 

III. Rechtslage:

 

Das 2. Hauptstück des 2. Teils des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (im Folgenden: NAG) hat „Familienangehörige und andere Angehörige von dauernd in Österreich wohnhaften Zusammenführenden“ zum Gegenstand, wobei § 47 NAG nähere Regelungen für den Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ enthält.

 

Gem § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Gem § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

 

Familienangehöriger ist gem § 2 Abs. 1 Z 9 NAG: „wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels“.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 NAG ist im Antrag der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig ist ein Antrag, aus dem sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz einschließlich jener bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 NAG ist der Fremde zu belehren, wenn sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren ergibt, dass er für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel oder eine andere Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts benötigt.

 

Gemäß § 24 NAG sind Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

 

Gemäß § 24 Abs. 2 NAG gelten Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, nur dann als Verlängerungsanträge, wenn

1.   der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und

2.   der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.

Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.

 

 

IV. Das Oö. LVwG hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

1. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, dass sein Antrag als Verlängerungsantrag zu werten gewesen wäre und bringt eine unrichtige Interessenabwägung nach
§ 11 NAG vor.

 

2. Zum Vorbringen, dass der ggst. Antrag als Verlängerungsantrag zu werten sei, ist festzustellen:

 

Unstrittig ist, dass der Bf seinen Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ erst am 20. Juni 2013 – sohin nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des vorigen Aufenthaltstitels – gestellt hat. Gemäß § 24 Abs. 1 NAG gilt sein Antrag damit – sofern nicht Abs. 2 par. cit. zur Anwendung gelangt – als Erstantrag. Dementsprechend hat auch der Bf selbst seinen Antrag als „Erstantrag“ bezeichnet.

 

In Verfahren nach dem NAG besteht zwar eine strenge Antragsbindung, jedoch bezieht sich diese nach der Rsp des VwGH nicht auf die Wahl des Verfahrens (vgl etwa VwGH 09.12.2013, Zl. 2012/22/0147). Gemäß § 24 Abs. 2 NAG gelten Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft sowie der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird.

 

Zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 NAG ist zunächst festzuhalten, dass der vom Bf geltend gemachte Grund – nämlich die durch Beziehungsprobleme und den Tod seines Vaters herbeigeführte psychischen Ausnahmesituation – vom erkennenden Richter nicht angezweifelt wird. Zu prüfen ist jedoch, welche rechtliche Relevanz dieser aufweist.

 

Der Bf hebt in seiner Beschwerde zutreffend hervor, dass die Bestimmung des § 24 Abs. 2 NAG jener der Wiedereinsetzungsanträge gemäß § 71 AVG nachgebildet ist. Insbesondere sind auch Anträge nach § 24 Abs. 2 NAG „binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses“ zu stellen.

 

Gemäß § 13 Abs. 1 AVG sind Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, schriftlich einzubringen. Auch Wiedereinsetzungsanträge sind daher schriftlich einzubringen bzw. sind im Falle einer mündlichen Eingabe nur dann wirksam, wenn die Behörde hierüber freiwillig eine Niederschrift erstellt hat (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG I2, § 13 AVG Rz 13 sowie AVG IV, § 71 AVG Rz 109). Im vorliegenden Fall brachte der Bf in seiner Stellungnahme vom 17. März 2014 vor, dass er bereits bei Einbringung des Antrages am 20. Juni 2013 mündlich auf die schon dargestellten unvorhergesehenen bzw. unabwendbaren Ereignisse hingewiesen habe, die ihn an der rechtzeitigen Einbringung gehindert hätten. Dieses Vorbringen wurde jedoch nicht niederschriftlich aufgenommen, lässt sich auch nicht auf andere Weise aus dem Akt nachvollziehen und erfüllt damit jedenfalls nicht das Erfordernis der Schriftlichkeit. Dass der Bf die Gründe bereits vor seiner Eingabe im März 2014 der Behörde schriftlich dargetan hätte, behauptet auch er im Übrigen nicht.

 

Am Fehlen einer diesbezüglichen schriftlichen Eingabe vermag jedoch auch die vom Bf behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht nichts zu ändern, weshalb dieser Vorwurf auf sich beruhen kann (so explizit VwGH 07.10.2003,
Zl. 2002/01/0278; vgl. ferner Hengstschläger/Leeb, AVG I2, § 13a AVG Rz 10).

 

Damit wurde das Vorliegen eines unabwendbaren bzw. unvorhergesehenen Ereignisses, das den Bf an der rechtzeitigen Eingabe eines Verlängerungsantrages gehindert hat, erstmals in der o.g. Stellungnahme vom 17. März 2014 schriftlich vorgebracht. Dies erweist sich jedoch als jedenfalls verspätet, um von einem Verlängerungsantrag ausgehen zu können, hat die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 NAG nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Bestimmung doch gleichzeitig mit dem Antrag zu erfolgen. Eine neun Monate nach Einbringung des Antrages erfolgte Darlegung der Gründe vermag auch bei einer sehr rechtsschutzfreundlichen Auslegung des § 24 Abs. 2 NAG die Voraussetzung der Gleichzeitigkeit nicht mehr zu erfüllen.

 

Der Antrag des Bf erweist sich gemäß § 24 NAG somit in der Tat als Erstantrag.

 

3. Zum Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“:

 

Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Familienangehörigen der ggst. Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teils des NAG erfüllen. Der Begriff des Familienangehörigen wird in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG definiert als Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind (Kernfamilie) bzw. eingetragene Partner. Dass sich der Bf von seiner Ehefrau, die er in seinem Antrag als Angehörige angeführt hat, scheiden hat lassen, ergibt sich schon aus dem vorliegenden Gerichtsurteil des BG Mattighofen und wird vom Bf auch nicht bestritten. Damit fehlt es ihm an der Eigenschaft des Familienangehörigen einer Österreicherin.

 

Beim Fehlen einer solchen besonderen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 47 Abs. 2 NAG kommt eine Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG von Vornherein nicht in Betracht (vgl etwa nur VwGH 26.06.2012, Zl. 2012/22/0096 mwN), weshalb alleine schon aus diesem Grund der Antrag als unbegründet abzuweisen war.

 

4. Zum in der Beschwerde gestellten Alternativantrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ist schließlich festzustellen, dass gemäß
§ 19 Abs. 2 NAG der Grund des Aufenthaltes im Antrag bekannt zu geben und genau zu bezeichnen ist. Nicht zulässig ist ein Antrag, aus dem sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitiger Stellen mehrere Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetzt einschließlich jener bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Dem NAG ist damit nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der stRsp des VwGH eine strenge Antragsbindung zu entnehmen, weshalb auch eine amtswegige Umdeutung eines Antrages nicht in Betracht kommt (vgl etwa VwGH 09.09.2013, Zl. 2012/22/0172 mwN.). Nicht nachvollziehbar ist daher, wie der Bf in seiner Beschwerdeschrift zum Schluss gelangt, dass „ihm aufgrund der Scheidung ein entsprechender anderer Aufenthaltstitel [...] zu geben wäre“.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 NAG sind Fremde zu belehren, wenn sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren ergibt, dass diese einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel für den beabsichtigten Zweck benötigen. Im konkreten Fall hat die Behörde den Bf mit Schreiben vom 27. Jänner 2014 u.a. mit seiner Scheidung konfrontiert und wäre wohl sogar bereit gewesen, seinen Antrag auf solchen auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung gem.
§ 44 Abs. 3 NAG“ zu deuten.

 

In seiner Stellungnahme vom 17. März 2014 begehrte der – nunmehr anwaltlich vertretene – Bf jedoch explizit, „den Antrag vom 20.06.2013 als Verlängerungsantrag zu werten und dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger‘ auszustellen“. Da der Bf offensichtlich keine Änderung des Aufenthaltszwecks geltend machen wollte, war über den Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abzusprechen. Dass dessen besondere Erteilungsvoraussetzung nicht vorliegt und deren Fehlen keiner Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG zugänglich ist, wurde bereits oben festgestellt.

 

 

V. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree