LVwG-300316/7/BMa/BZ/IH

Linz, 29.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des R E, D‑X vertreten durch N & T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 11. März 2014, GZ: SV96-91/5-2013, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (im Folgenden: AVRAG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der auf die Strafhöhe eingeschränkten Beschwerde insofern Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Bescheid verhängten Geldstrafen auf jeweils 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 20 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.       Nach § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungs­strafverfahren vor der belangten Behörde auf 210 Euro. Für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

„Sie haben als zur Vertretung nach außen Berufener in Ihrem Unternehmen Systembau R E mit Sitz in D-X am 07.11.2013 um 14:10 Uhr die Dienstnehmer

 

Herrn H T, geb. X,

Herrn L C, geb. X,

Herrn S D, geb. X,

Herrn S S, geb. X,

Herrn U M, geb. X,

Herrn W R, geb. X,

Herrn S T, geb. X

 

als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für Arbeiten in A-X beim Bauvorhaben ‚X‘ ohne die Bereithaltung von Lohnunterlagen in deutscher Sprache beschäftigt.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen § 7i Abs. 2 iVm § 7d AVRAG verstoßen.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer) der Systembau R E mit Sitz in D-X angelastet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 7i Abs. 2 iVm 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), idF BGBl. Nr. 459/1993 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von je falls diese uneinbringlich ist, Gemäß    

Ersatzfreiheitsstrafe von je

500 Euro 24 Stunden  § 7i Abs. 2 AVRAG

                                                      

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

350 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

3.850 Euro.“

 

Begründend führt die belangte Behörde zur verhängten Strafhöhe im Wesentlichen aus, der Strafrahmen bei dieser Verwaltungsübertretung reiche von 500 Euro bis 5.000 Euro und bei der Festsetzung der Strafhöhe seien auch spezialpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt worden.

 

I.2. Gegen dieses am 13. März 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 8. April 2014. Die Beschwerde führt unter anderem aus, aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten habe die Systembau R E die Abmeldung des Gewerbes beantragen müssen und der Betrieb sei am 31.12.2013 aufgegeben worden. Die Stammeinlage des Unternehmens würde 1.000 Euro betragen und es sei kein verwertbares Vermögen vorhanden.  Der Bf verwalte derzeit die Liquidation seines Unternehmens und erziele kein weiteres nennenswertes Einkommen.

 

I.3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 28. April 2014 vor.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichterin.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) hat Einsicht genommen in den vorgelegten Verfahrensakt und am 30. Juli 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf ordnungsgemäß geladen wurde und in der Verhandlung rechtsfreundlich vertreten wurde.

Von der Rechtsvertreterin des Bf wurde im Zuge der Verhandlung die Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

II.1. Folgender relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Im Zuge einer Kontrolle durch die Organe der Finanzpolizei, Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, am 07.11.2013 um ca. 14.10 Uhr wurden in X beim Bauvorhaben „X“ die o.a. sieben Arbeitnehmer (deutsche Staatsbürger) angetroffen. Es wurde festgestellt, dass für diese keine Lohnunterlagen in deutscher Sprache vor Ort verfügbar sind.

Die sieben Arbeitnehmer waren bei der Systembau R E, X, beschäftigt.

 

Das Unternehmen des Bf wurde in Deutschland bereits liquidiert. Dem Bf steht lediglich eine Summe von 1.000 Euro zur Verfügung, darüber hinausgehend hat er keine finanziellen Mittel. Sämtliche Lohnunterlagen wurden sofort nach Einschreiten der Kontrollorgane nachgereicht. Derartige Übertretungen sind vom Bf in der Vergangenheit noch nie begangen worden.

 

II.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verfahrensakt sowie aus dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ergibt und als unbestritten gilt.

 

II.3. Das Oö LVwG hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:  

 

II.3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die in der mündlichen Verhandlung eingeschränkte Beschwerde nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß des erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtet. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich mit dem Schuldausspruch der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

II.3.2. Gemäß § 7d AVRAG haben Arbeitgeber im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln.

 

Gemäß § 7i Abs. 2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 oder als Beauftragter im Sinne des § 7b Abs. 1 Z 4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Lohnunterlagen dem Beschäftigten nicht bereitstellt.

 

II.3.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

§ 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg.cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

II.3.4. Von der belangten Behörde wurde in den sieben angeführten Fällen jeweils die Mindeststrafe verhängt.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde ein Geständnis abgelegt, das als Strafmilderungsgrund gewertet wird. Der Bf hat durch sofortige Nachreichung der Lohnunterlagen auch gezeigt, dass er bemüht war, sich rechtskonform zu verhalten. Dafür spricht auch, dass es sich um eine erstmalige derartige Übertretung durch ihn gehandelt hat. Zudem entfallen wegen der Auflösung des Unternehmens spezialpräventive Gründe. Erschwerend ist hingegen zu werten, dass das Nichtbereithalten von Lohnunterlagen sieben Arbeitnehmer betroffen hat.

Es kann daher von einem Überwiegen der Strafmilderungs- gegenüber den Straferschwerungsgründen ausgegangen werden, sodass bei der Bemessung der Strafhöhe die Mindeststrafe unterschritten werden konnte.

 

Eine Ermahnung gem. § 45 Abs. 1 VStG konnte aber nicht erteilt werden, weil das tatbildmäßige Verhalten des Bf nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben ist.

 

Die Verhängung der Strafe in der angeführten Höhe erscheint auch aus generalpräventiven Erwägungen ausreichend.

 

III. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 210 Euro herabzusetzen.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann