LVwG-300367/6/GS/PP

Linz, 08.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn R O W, geb. x, x, x vom 13. Juni 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 14. Mai 2014, GZ: SV96-01-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozial­versicherungsgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf
15 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf
36,50 Euro.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. Mai 2014,
GZ: SV96-01-2014, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

 

„Sie haben als Verantwortlicher der Firma W GmbH in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 14.01.2014 um 10:00 Uhr beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als voll versicherte Person angemeldet wurden Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten, vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 14.01.2014 um 10:20 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

Name: H L, geb. x Arbeitsantritt: x.2014, 07:00 Uhr

Beschäftigungsort: hinter x-Tankstelle, x, N

Tatort: Gemeinde x, N, hinter x-Tankstelle.

Tatzeit: x.2014, 10:00 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 Abs. 1 Ziffer 1 i. V. m. §33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz ASVG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von    Falls diese unein- Freiheitsstrafe von Gemäß  

bringlich ist,Ersatzfrei-

heitsstrafe von

730,00 Euro 24 Tagen §111 Abs. 2 ASVG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

73,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens

jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 803,00 Euro.“

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom
13. Juni 2014. Der Beschwerdeführer wendete ein, dass gem. § 111 Abs. 2 ASVG die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen sei, und zwar bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit einer Freiheitsstrafe  bis zu zwei Wochen.

In diesem Fall erweise sich der Ausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe mit einem Ausmaß von 24 Tagen als rechtswidrig, somit sei der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben, weil er eine Einheit bilde (sh. VwGH 15.1.1986, 85/03/0113).

In eventu werde gem. § 20 VStG auf Herabsetzung der Mindeststrafe bis zur Hälfte (€ 365,00) ersucht. Der Bf habe immer die laufenden anfallenden Beiträge gegenüber der Versicherungsanstalt ordnungsgemäß bezahlt und habe sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Im vorliegenden Fall habe der Bf mit seiner krebskranken Frau von frühmorgens weg über den ganzen Tag verteilt bis 17 Uhr Krankenhaustermine wahrnehmen müssen und folgedessen wäre die Informationsweitergabe schlicht und einfach verabsäumt worden.

 

I.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 17. Juni 2014 dem Oö. Landes­verwaltungsgericht (LVwG) die Beschwerde samt Bezug habendem Verwaltungs­strafakt vorgelegt.

 

I.4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Es wurde von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet. Außerdem hat der Bf die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

Im Rahmen einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 14.1.2014 um 10.00 in x wurde festgestellt, dass der Bf Herrn H L, geb. x, als Baggerfahrer beschäftigt hat, ohne ihn vor Arbeitsantritt bei der Gebietskrankenkasse angemeldet zu haben.

Der Bf hat die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung von Herrn L erst am 14.1.2014 um 10.20 Uhr bei der Gebietskrankenkasse nachgeholt. Als Beschäftigungsbeginn wurde der 13.1.2014 angegeben.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungs­strafakt der belangten Behörde und ist unstrittig.

Eingewendet wurde, dass eine gesetzlich zu hohe und somit unzulässige Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden wäre, weshalb der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben wäre. In eventu wurde gem. § 20 VStG die Herabsetzung der Mindeststrafe bis zur Hälfte  beantragt.

 

 

IV. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

 

Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommen-steuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions-versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienst­nehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 Pflichtversicherten.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungs­übertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungs­strafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Der Bf bestreitet die verspätete Anmeldung des Beschäftigten zur Sozialver­sicherung nicht.

 

Gem. § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist oder das Verfahren einzustellen ist.

Aufgrund dieser Entscheidungsbefugnis sind die Ausführungen zum vom Bf eingewendeten Erkenntnis des VwGH vom 15.1.1986, 85/03/0113, für den verfahrensgegenständlichen Fall nicht anwendbar. Der Strafausspruch ist deshalb nicht zur Gänze aufzuheben, sondern das LVwG hat eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen und das von der belangten Behörde verhängte Strafausmaß zu korrigieren.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessenabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts-verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach-prüfbarkeit des Ermessenaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Als Milderungsgrund ist die Unbescholtenheit des Bf zu werten. Weiters hat sich der Bf  in seinen Beschwerdeausführungen reumütig geständig gezeigt. Mildernd wird außerdem der Umstand gewertet, dass die rechtzeitige sozialversicherungs­rechtliche Anmeldung aus einem achtenswerten Grund verabsäumt wurde (Begleitung seiner Ehegattin zu Untersuchungsterminen ins Krankenhaus).

Erschwerungsgründe liegen keine vor.

In Würdigung sämtlicher Umstände des Falles gelangt die erkennende Richterin zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe vorliegen, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Da die gesetzliche Mindeststrafe gem. § 20 VStG um die Hälfte unterschritten wurde, war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend zu reduzieren. Sie liegt nunmehr im gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Angemerkt wird, dass hinsichtlich der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe kein fester Umrechnungsschlüssel von Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe besteht.

 

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass er bei einem neuerlichen Verstoß gegen die Bestimmungen des ASVG mit einer deutlich strengeren Strafe zu rechnen hat.

 

Da der Beschwerde hinsichtlich der verhängten Strafe Folge gegeben wurde, hat der Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde war gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe herabzusetzen.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger