LVwG-350017/28/KLi/TK

Linz, 07.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 03.05.2012 der Z.W., geb. x, x, vertreten durch das V.S., x, dieses wiederum vertreten durch Mag. J.K., Rechtsanwalt, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 24.04.2012, GZ. SO10-5-572909, wegen Gewährung von Sozialhilfe und Einsatz der eigenen Mittel,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 24.04.2012, GZ. SO10-5-572909 wie folgt zu lauten hat:

 

Es sind 80% des Bezuges der Familienbeihilfe ab dem Monat Mai 2011 monatlich als Kostenbeitrag an den Sozialhilfeverband Steyr-Land zu leisten. Hiefür ist ein entsprechender Dauerauftrag einzurichten. Von der Rückerstattung der Heim- und Pflegeentgelte im Bezirksalten- und Pflegeheim x ist die von der Beschwerdeführerin bezogene erhöhte Familienbeihilfe zur Gänze vom Einsatz der eigenen Mittel im Sinne des § 9 Oö. SHG ausgenommen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1.       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.04.2012, GZ. SO10-5-57290 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin 80% des Bezuges der Familienbeihilfe (das sind derzeit 279,52 Euro) ab dem Monat Mai 2011 monatlich als Kostenbeitrag an den Sozialhilfeverband Steyr-Land zu leisten habe und dass hiefür ein entsprechender Dauerauftrag einzurichten sei.

 

Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.12.2009, GZ: SO10-10715 ab 01.07.2009 Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung gewährt worden sei. Im Spruchabschnitt 3. dieses Bescheides sei sie zum Kostenersatz von 80% des monatlichen Pensionseinkommens sowie von 80% des Pflegegeldes verpflichtet worden. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr vom 26.08.2009 bescheinige, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum September 2009 bis April 2014 eine erhöhte Familienbeihilfe beziehe.

 

Nach § 4 Abs. 2 Z 3 Oö. Sozialhilfeverordnung sei Familienbeihilfe nicht als Einkommen zu sehen, soweit es sich nicht um einen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung handle. Dazu führe § 5 Abs. 2 Z 1 leg. cit. näher aus, dass bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe in stationären Einrichtungen ein Beitrag von 20% der Familienbeihilfe nicht zu berücksichtigen sei.

 

 

I.2.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung  [nunmehr: Beschwerde] der Berufungswerberin [nunmehr: Beschwerdeführerin] vom 03.05.2012. Im Bezirksalten- und Pflegeheim würde die Beschwerdeführerin Unterkunft in einem Einzelzimmer, Grundversorgung und Pflege erhalten. Für Leistungen wie Bekleidung, Friseur, Fußpflege, Toiletteartikel Telefon, Freizeitgestaltung, etc. müsse die Beschwerdeführerin selbst aufkommen; außerdem sei es aufgrund der Behinderung der Beschwerdeführerin notwendig, einen Besuchsdienst für sie zu organisieren.

 

Dieser Besuchsdienst decke die nicht vom Heim erbrachten Leistungen ab. Er übernehme einige der Betreuungsaufgaben, die über die üblichen Angebote eines Altenheimes hinausgehen würden, z.B. die Begleitung bei Einkäufen, Ausflügen, die behindertengerechte Gestaltung von Aktivitäten und Unterhaltung, behindertengerechte Förderung u.dgl. Für diesen Besuchsdienst müsse die Beschwerdeführerin monatlich rund 100 Euro aufwenden.

 

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dürfe die erhöhte Familienbeihilfe nur dann zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe herangezogen werden, wenn der Lebensunterhalt der betroffenen Person durch die Maßnahme der Sozialhilfe, deren Kosten Anlass zur Vorschreibung des Kostenbeitrages gibt, vollends gesichert sei. Im Hinblick auf den Zweck der erhöhten Familienbeihilfe, deren Gewährung unter anderem das Bestehen einer erheblichen Behinderung voraussetze, seien im vorliegenden Zusammenhang unter dem Begriff „Lebensunterhalt“ auch die besonderen Bedürfnisse zu verstehen, die aus der Behinderung folgen würden und im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen würden.

 

Der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin sei nicht vollends sichergestellt, zumal sie für den Besuchsdienst selbst aufkommen müsse. Außerdem würde der Wegfall des Besuchsdienstes zu einer besonderen Härte führen, zumal die Beschwerdeführerin wesentliche soziale Kontakte verlieren würde, was zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und zu einem erhöhten Betreuungsaufwand führen würde.

 

Es werde daher beantragt, der Berufung [nunmehr: Beschwerde] Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass bei der Vorschreibung des Einsatzes der eigenen Mittel die erhöhte Familienbeihilfe, insbesondere die rückwirkende Forderung ab Mai 2011, außer Ansatz bleibe.

 

 

I.3.       Für die Entscheidung über die Berufung war bis zum 31.12.2013 die OÖ. Landesregierung zuständig. Mit 01.01.2014 ist diese Zuständigkeit gemäß § 2 VwGbK-ÜG auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Die Berufung ist insofern als Beschwerde zu werten, die Berufungswerberin ist Beschwerdeführerin. Mit Schreiben vom 10.01.2014 legte die Oö. Landesregierung den gegenständlichen Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II.         Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1.  Die Beschwerdeführerin ist am x geboren. Sie lebt im Bezirksalten- und Pflegeheim W. Die Beschwerdeführerin leidet an körperlichen, geistigen und psychischen Behinderungen in Form eine Oligophrenie im Ausmaß der Debilität und unter einer psychotischen Störung mit halluzinatorischen Symptomen. Körperlich bestehen deutliche Schwellungen im Bereich der Beine, Veränderungen im linken Kniegelenk, wodurch die Gehbehinderung deutlich ausgeprägt ist, weshalb ein Rollwagen verwendet werden muss.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.12.2009, GZ: SO10-10715, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 10.6.2009 stattgegeben und ab 1.7.2009 Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung (konkret: im Bezirksalten- und Pflegeheim) gewährt; gleichzeitig wurden die Heimgebühren (damals täglich 57,90 Euro), der Pflegegeldzuschlag (das sind 80% des jeweils gewährten Pflegegeldes) und allfällige Bettfreihaltegebühren übernommen; nach § 9 des Oö. Sozialhilfegesetzes in Verbindung mit § 5 Abs. 2 der Oö. Sozialhilfeverordnung wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, an den Sozialhilfeverband Steyr-Land einen Kostenersatz im Umfang von 80% des monatlichen Pensionseinkommens und 80% des jeweiligen monatlichen Pflegegeldes zu leisten. Ferner wurde diese soziale Hilfe bis zur Aufnahme in ein Landespflege- und Betreuungszentrum befristet.

 

Die Beschwerdeführerin wurde gemeinsam mit ihrer Mutter in das Bezirksalten- und Pflegeheim in W. aufgenommen, auch deshalb, weil die Mutter zu dieser Zeit die Betreuungs- und Bezugsperson der Beschwerdeführerin war. Die Mutter der Beschwerdeführerin ist mittlerweile verstorben.

 

 

II.2.  Die finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gestalten sich derart, dass sie eine Waisenpension inklusive Ausgleichszulage und Pflegegeld der Stufe 2 erhält, welches von der Pensionsversicherung Landesstelle Oberösterreich ausbezahlt wird. Ferner erhält die Beschwerdeführerin vom Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr die Familienbeihilfe zuzüglich erhöhter Familienbeihilfe.

 

Von diesen Beträgen verbleiben der Beschwerdeführerin 20% der Pension und 20% des Pflegegeldes als Pflegegeldtaschengeld. Hinsichtlich der Familienbeihilfe zuzüglich erhöhter Familienbeihilfe wurde mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin 80% als eigene Mittel als Kostenbeitrag zu leisten habe, ihr also auch von diesen Zahlungen 20% zur eigenen Verfügung bleiben würden.

 

Ferner verfügt die Beschwerdeführerin über ein Kontoguthaben in Höhe von ca. 2.528,07 Euro und ein Kapitalsparbuch mit einem Einlagenstand in Höhe von ca. 4.000 Euro. Dieses Vermögen wurde nicht aus der erhöhten Familienbeihilfe angespart.

 

 

II.3.  Die Beschwerdeführerin erhält regelmäßig Besuch durch die Besuchspersonen Herrn DI M.J. bzw. Frau B.P.

 

Die Sachwalterin der Beschwerdeführerin hat mit Herrn DI M.J. nachfolgende Besuchsdienstvereinbarung abgeschlossen:

 

 

„VEREINBARUNG ÜBER DIE ERBRINGUNG VON BESUCHSDIENSTEN

 

 

 

abgeschlossen zwischen Z.W.

 

APH W., x

 

vertreten durch

 

die Sachwalterin C. G.

 

V.S., x

 

Tel: x als Auftraggeberin

 

und

 

M. J.

 

x, x Tel: x als Auftragnehmer

 

wie folgt:

 

 

 

I. Vertragsgegenstand

 

1. Die Auftraggeberin ist in ständiger Pflege und Betreuung in der Einrichtung: Alten- und Pflegeheim W.

 

Der Auftragnehmer übernimmt es, Besuchsdienste für die Auftraggeberin zu leisten. Dies umfasst einerseits Gesellschaftsleistung in der Betreuungseinrichtung, andererseits auf Wunsch der Auftraggeberin die Begleitung zu Wegen außerhalb der Einrichtung, insbesondere zur Verrichtung von Einkäufen, Arztbesuchen oder auch zur Freizeitgestaltung.

 

Der Auftragnehmer bestätigt, dass er über die Art der Krankheit/Behinderung der Auftraggeberin1 sowie über damit in Zusammenhand stehende besondere Risiken entsprechend informiert wurde. Insbesondere wurde der Auftragnehmer darüber aufgeklärt, dass

 

 

 

Der Auftragnehmer verpflichtet sich bei jedem einzelnen Besuch beim Betreuungspersonal kurz Rücksprache zu halten, ob im Hinblick auf die Tagesverfassung der Auftraggeberin besondere Umstände zu berücksichtigen sind bzw. ob es Bedenken gegen die im Rahmen des aktuellen Besuches vorgesehenen Aktivität gibt. Weiters verpflichtet sich der Auftragnehmer besondere oder problematische Vorkommnisse im Rahmen der Besuchsdienstaktivität, insbesondere körperliche Verletzungen, Anzeichen gesundheitlicher Probleme oder auffällige Verhaltensweisen bei der Auftraggeberin dem Betreuungspersonal zur Kenntnis zu bringen.

 

 

 

2. Die Besuchsdienste sind nach Bedarf und freier Vereinbarung zu verrichten bzw. wird Folgendes vereinbart (Intervall und Stundenanzahl):

 

 

 

6 Stunden monatlich, Besuchszeiten und -frequenz sind mit der Auftraggeberin frei zu vereinbaren.

 

 

 

II. Honorar

 

l. Der Auftragnehmerin erhält für seine Tätigkeit ein Honorar von € 20,oo pro geleistete Stunde.

 

x        Der/die Auftraggeberin soll nur einzeln besucht werden.

 

□       Der/die Auftraggeberin kann gemeinsam mit

 

         ..............................................................................................besucht werden, wobei

 

         in diesem Falle das Entgelt €......................pro Stunde beträgt und auf die An­zahl der

 

         Besuchten aliquot aufgeteilt wird.

 

        Gruppenausflüge sind nach Rücksprache mit dem/der Sachwalterln möglich.

 

 

 

Für Fahrten mit der Auftraggeberin während der Besuchszeit mit dem PKW wird, falls diese Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar ist, Kilometergeld in der Höhe von
€ 0,42 pro gefahrenen Kilometer bezahlt. Bei mehreren Mitfahrenden wird dieses Kilometergeld aliquot aufgeteilt. Pro Mitfahrender kann ein Zuschlag von € 0,05 verrechnet werden.

 

Für die Fahrt des Auftragnehmers von seiner Wohnung zur Auftraggeberin und zurück wird für den gesamten Monat ein Pauschalbetrag von € 20,00 bezahlt.

 

Der Auftragnehmer hat für eigene Konsultation während des Besuchs selbst aufzukommen. Die während des Besuches anfallenden Kosten für Konsignationen und Einkäufe der Auftraggeberin sowie Kosten für Eintrittskarten (Veranstaltungen, Museen, etc.) und öffentliche Verkehrsmittel der Auftraggeberin und des Auftragnehmers werden mit Rechnungen belegt, der Honorarnote beigelegt und von der Auftraggeberin rückerstattet. Wird nicht nur die Auftraggeberin besucht, ist der Kostenersatz für Eintrittskarten und öffentliche Verkehrsmittel des Auftragnehmers auf die besuchten Personen gleichzeitig oder hintereinander aliquot aufzuteilen.

 

Alle Entgelte, Kilometergeld und Kosten werden nach Vorliegen der vollständig ausgefüllten Honorarnote/Abrechnungsbogen prompt auf das Konto des Auftragnehmers, überwiesen. Die Bankverbindung des Auftragnehmers lautet:

 

IBAN: xx

 

Bank: x, BIC x

 

Kontowortlaut: M.J.

 

 

 

2. In diesem Honorar sind sämtliche Steuern enthalten, insbesondere eine allfallige Umsatzsteuer. Der Auftragnehmer hat das Honorar selbst zur steuerlichen Veranlagung zu deldarieren.2

 

Festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass die Auftraggeberin von diesem Entgelt keine Steuern abzuführen hat.

 

 

 

3. Der gegenständliche Vertrag unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht. 3 Es werden auch keine Sozialversicherungsbeiträge vom Honorar einbehalten oder abgeführt.

 

 

 

4. Das Honorar erhält der Auftragnehmer nur für tatsächlich geleistete Dienste. Auch im Krankheitsfall des Auftragnehmers besteht kein Anspruch auf Entgelt. Es entsteht kein Urlaubsanspruch. Grundsätzlich muss die Auftraggeberin bzw. deren Betreuerin vom Auftragnehmer rechtzeitig informiert werden, sollte ein vereinbarter Besuchstermin einmal nicht eingehalten werden können.

 

 

 

III. Kündigung

 

Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer einmonatigen Frist gekündigt werden.

 

 

 

Es wird ein Probemonat vereinbart, der mit dem ersten vereinbarten Besuchstermin beginnt und innerhalb dessen der Vertrag beiderseits mit sofortiger Wirkung aufgekündigt werden kann.

 

 

 

IV. Sonstiges

 

 

 

Verschwiegenheit:

 

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, Umstände und Tatsachen, die die Auftraggeberin betreffen und die er im Rahmen der vertragsgegenständlichen Tätigkeit erfahren hat, geheim zu halten.

 

 

2 siehe Anhang zur Vereinbarung über die Erbringung von Besuchsdiensten

 

3 siehe Anhang zur Vereinbarung über die Erbringung von Besuchsdiensten

 

II.4.  Die Besuchsdienste durch Herrn DI M.J. bzw. Frau B.P. umfassen zunächst persönliche Gespräche mit der Beschwerdeführerin, Kaffeehausbesuche und das Erledigen von Besorgungen (Kleidung, Kosmetikartikel, etc.) gemeinsam mit der Beschwerdeführerin oder auch alleine, wenn sich die Beschwerdeführerin gesundheitlich nicht dazu in der Lage fühlt. Nachdem die Beschwerdeführerin dazu neigt auch alleine bei einem ins Heim kommenden Nahversorger verderbliche Lebensmittel zu kaufen, muss ihr Zimmer regelmäßig auf verdorbene Lebensmittel durchsucht werden. Wenngleich derartige Kontrollen auch vom Pflegepersonal durchgeführt werden, übernimmt auch der Besuchsdienst diese Aufgaben.

 

Herr DI M.J. absolviert ein psychosoziales Propädeutikum im Rahmen seiner Ausbildung zum Psychotherapeut. Aufgrund dieser Ausbildung und auch aufgrund seiner schon mehrjährigen Erfahrung gelingt es ihm, positiv auf die Beschwerdeführerin einzuwirken. Auch die Besuche von Frau B.P. haben eine positive Wirkung auf die Beschwerdeführerin (insbesondere weil sie schneller Vertrauen zu Frauen als zu Männern fasst).

 

Im Bezirksalten- und Pflegeheim W. besteht die Möglichkeit eines ehrenamtlichen Besuchsdienstes, welcher von einer öffentlichen Schule – HLW W., der Caritas und dem Roten Kreuz angeboten wird. Ferner befindet sich in W. eine Außenstelle von Pro Mente, welche auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen spezialisiert ist. Bislang kam ein Besuchsdienst durch diese Einrichtungen allerdings nicht zustande.

 

Darüber hinaus werden im Alten- und Pflegeheim auch Veranstaltungen angeboten, z.B. gemeinsames Singen, Kochen, Basteln, das Betreuen eines Hochbeetes und das Feiern der Feste in Jahreskreis (Ostern, Weihnachten, Geburtstage, etc.). Die Beschwerdeführerin nimmt von sich aus an keiner dieser Veranstaltungen teil; aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung kann sie dazu auch nicht motiviert werden. Für die Beschwerdeführerin ist eine Einzelbetreuung erforderlich.

 

 

II.5.  Im Rahmen des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurden zwei Sachverständigengutachten, aus dem Fachgebiet der Heilpädagogik und aus dem Fachgebiet der Pflege eingeholt.

 

II.5.1. Als heil- und sonderpädagogische Sachverständige hat Frau Mag. P.W. nachfolgendes Gutachten erstattet:

 

 

„DARSTELLUNG der BEFUNDAUFNAHME

 

 

 

Zur Abklärung der Fragestellungen wurden folgende Unterlagen herangezogen:

 

-   Aktenstudium: übermittelte Unterlagen aus dem Akt SO 130562

 

Im Zuge des Abklärungsgespräches wurde Einsicht in die Pflegedokumentation genommen.

 

Am 10. April 2014 fand ein persönliches Gespräch zur Abklärung der Fragestellungen im Beisein von Frau Z.W., Frau DGKS B.S. (Pflegedienstleitung), Frau B.P. (Besuchsdienst) und einer Sachverständigen des Landes Oö., Frau Mag.3 P.W. im Bezirksalten- und Pflegeheim W. statt. Anschließend wurde ein Gespräch mit Herrn W. (Heimleitung) geführt.

 

 

 

Herr DI M.J., der üblicherweise den Besuchsdienst bei Frau W. abdeckt, konnte am Gesprächstermin nicht teilnehmen. Es wurde der Sachverständigen mitgeteilt, dass sich dieser derzeit vier Wochen im Ausland aufhalte.

 

 

 

Frau W. wird in ihrem Zimmer, am Tisch sitzend angetroffen. Der Tisch ist voll geräumt mit Lebensmitteln, Pflegeprodukten, Blumen und einem Wasserkocher.

 

 

 

Sie teilt mit, dass sie wisse warum heute ein Gespräch stattfinde- es gehe um ihren gewünschten Auszug aus dem Altenheim in eine Wohnung gemeinsam mit ihrer Familie. Frau W. ist auffallend geschminkt, ihre Fingernägel sind rot lackiert, die Haare etwas fettig, die Kleidung in einem sauberen Zustand.

 

 

 

Eine kontextadäquate Kommunikation ist nur sehr eingeschränkt, auf einer einfachen verbalen Ebene möglich. Schwierigkeiten in der Artikulation in Form einer verwaschenen Sprache sind auffallend. Die Sachverständige muss oft nachfragen, um die Inhalte verstehen zu können bzw. fungiert Frau S. immer wieder als Vermittlungsperson. Eine Einschränkung des Hörvermögens wird wahrgenommen. Frau W. gibt oft an, nichts verstanden zu haben. Bei Wiederholung mit lauterer Stimme scheint sie den Inhalt erfassen zu können.

 

 

 

Im Laufe des Gespräches wird ein ständiges Gedankenkreisen um finanzielle Belange und den gewünschten Auszug aus dem Altenheim erlebt. Sie schweift immer wieder vom aktuellen Gesprächsinhalt ab und wirkt in ihren Gedanken zerfahren.

 

Da Herr DI J. beim vereinbarten Gesprächstermin vor Ort verhindert war, wurde am 24.04.2014 ein ausführliches Telefonat mit ihm geführt.

 

 

 

 

 

BEANTWORTUNG DER FRAGESTELLUNGEN

 

 

 

1. Welche besonderen Bedürfnisse, die aus der Einschränkung folgen, liegen bei Frau Z.W. vor und lösen im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht eingeschränkter Personen einen finanziellen Mehraufwand aus

 

 

 

Aus den vorliegenden geistigen und psychischen Beeinträchtigungen kann im Alltag ein Betreuungs-Förder- und Therapiebedarf abgeleitet werden, der durch fachlich geeignete Betreuungspersonen abzudecken ist. Die Kosten für diese Betreuung stellen im Verhältnis zu nicht eingeschränkten Personen einen finanziellen Mehraufwand dar.

 

 

 

2. Welche Beeinträchtigungen liegen bei Frau Z.W. vor und inwieweit beeinflussen diese die Alltagsgestaltung?

 

 

 

Aus einem vorliegenden Gutachten von Dr. M.B. (Facharzt für Psychiatrie und Neurologie) vom 5.07.2012 gehen folgende Diagnosen hervor: „Sie hat eine Minderbegabung in mittelschwerem Ausmaß und darauf aufgesetzt eine psychotische Störung mit intermittierenden Durchbrüchen von paranoid psychotischen Episoden, woraus sich im Laufe der Jahrzehnte neben der Minderbegabung auch eine Residualsymptomatik entwickelt hat und parallel mit dieser auch Verhaltensschwierigkeiten".

 

 

 

Bei Frau W. liegen wesentliche Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten und aufgrund der psychischen Beeinträchtigung phasenweise Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Affektivität vor.

 

Aufgrund dieser Beeinträchtigungen ist bei Frau W. eine eigenständige Lebensführung nicht möglich. Für die Tätigkeiten des täglichen Lebens fehlen ihr überwiegend ein Handlungsplan und das Verständnis für deren Notwendigkeit, wodurch laufend eine Außensteuerung in Form von Anleitung, Motivation und Kontrolle erforderlich ist

 

 

 

Laut Angaben von Frau S. müssen die Mahlzeiten vorbereitet und portioniert werden. Bei der Körperpflege sei eine Aufforderung und zum Teil eine Unterstützung in der Durchführung erforderlich. Im Alltag zeige sie hinsichtlich der Körperpflege oft ein non-compliance Verhalten. Den Wechsel der Kleidung könne sie nicht adäquat einschätzen. Die Einnahme der Medikamente sei nur unter völliger Aufsicht möglich, da sie mit der Dosierung und dem korrekten Zeitpunkt der Einnahme überfordert sei.

 

 

 

Frau W. verweigere ein Urinieren in die Toilette und lehne das Tragen einer Inkontinenzversorgung ab.

 

Sie würde in Einlagen urinieren und diese im Zimmer liegen lassen oder in ihrem Kasten verstecken. Diesbezüglich sei eine regelmäßige Kontrolle und Beseitigung der benützten Einlagen notwendig.

 

Frau W. benötige beim Einkaufen von Lebensmitteln und Kleidung eine Unterstützung, da sie den konkreten Bedarf nicht adäquat einschätzen könne. Sie würde über Versandhäuser bestellen und zum Teil noch verpackte Kleidung in ihrem Kasten horten. Der Kühlschrank in ihrem Zimmer müsse regelmäßig auf verderbliche Lebensmittel überprüft werden.

 

 

 

Aus der paranoiden Persönlichkeitsstruktur können Verhaltensweisen abgeleitet werden, die zu gravierenden sozialen Beeinträchtigungen führen. Es besteht ein verstärktes Misstrauen und durch die geringe Vertrauensbereitschaft gegenüber der Umgebung ist der Aufbau von zwischenmensch­lichen Beziehungen erschwert.

 

 

 

Ihre emotionale Befindlichkeit unterliege phasenweise starken Schwankungen. Es treten immer wieder akustische und auch optische Halluzinationen auf, die bei Frau W. Angst und vermehrtes Rückzugsverhalten auslösen. Sie gebe in derartigen Situationen an, dass sie Angst habe das Zimmer zu verfassen und möchte an manchen Tagen nicht, dass die Vorhänge geöffnet werden.

 

 

 

Der Gedankengang sei oft zerfahren und ein Gedankenkreisen sei vorherrschend. Frau W. befinde sich vorwiegend in einer passiven Phase mit Inaktivität, sozialem Rückzug und niedergeschlagener Stimmungslage. Eine soziale Eingliederung in Form einer Teilnahme an Aktivitäten im Altenheim sei nicht möglich.

 

Frau W. halte sich überwiegend in ihrem Zimmer auf nehme keinen Kontakt zu den anderen Bewohnerinnen auf.

 

 

 

Aufgrund einer bestehenden Arthrose sei Frau W. in ihrer Mobilität eingeschränkt. Zur Fortbewegung sei eine Gehhilfe in Form eines Rollators erforderlich.

 

 

 

Die vorliegende sprachliche Beeinträchtigung und das verminderte Hörvermögen führen zu Einschränkungen in der wechselseitigen Kommunikation. Insbesondere bei einem Betreuungswechsel oder fremden Personen würden die Verständigungsprobleme deutlich hervortreten.

 

 

 

3. Welche Leistungen sind auf Grund der geistigen Beeinträchtigungen über die üblichen Leistungen für Menschen, die vorwiegend auf Grund ihres Alters Pflege und Betreuung bedürfen, hinaus erforderlich?

 

 

 

Die Pflege und Betreuung von Menschen, die vorwiegend auf Grund ihres Alters Pflege und Betreuung bedürfen, wird grundsätzlich von qualifizierten Betreuungspersonen in der Altenarbeit oft in Zusammenarbeit mit diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonal abgedeckt. Es stehen Leistungen im Bereich der Pflege, Versorgung und Alltagsbegleitung im Vordergrund.

 

 

 

Bei Frau W. ist aufgrund der erhobenen Beeinträchtigungen eine ganzheitliche Betreuung und Förderung von fachlich qualifizierten und persönlich geeigneten Mitarbeiterinnen erforderlich.

 

 

 

Die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Wünsche von Frau W. soll ein zentrales Element der Betreuung darstellen und bilden die Grundlage für die Erlangung eines entwicklungsförderlichen Umfeldes.

 

 

 

Das Betreuungssetting soll Leistungen der individuellen Basisversorgung (Ernährung, Körperpflege etc.), Unterstützung bei Alltagstätigkeiten (Einkaufen, Wäscheversorgung, Geldverwaltung, individuellen Gestaltung des Wohnraumes etc.), Freizeitangebote (Orientierung an Persönlichkeit, Fähigkeiten und Interessen), Bildungsangebote (zielgerichtete Lernprozesse zur besseren Bewältigung des Alltags, z.B. Umgang mit Geld, Ernährung etc.), psychosoziale Hilfestellungen, Leistungen im Bereich der Gesundheitsvorsorge, Förderung der Kommunikationsfähigkeit, der Persönlichkeitsentfaltung und Gestaltung sozialer Beziehungen enthalten.

 

 

 

4. Decken die erklärten Leistungen die Bedürfnisse von Frau Z.W. bzw. stehen diese im Zusammenhang mit der Grunderkrankung und sind diese angemessen bzw. haben diese einen Einfluss auf die Lebensqualität oder Stabilität? Insbesondere: Erforderlichkeit des Besuchs­dienstes allgemein und durch die Vertrauensperson im Besonderen?

 

Welche (entgeltlichen/unentgeltlichen) Angebote an Besuchsdiensten existieren im Bezirks­alten- und Pflegeheim W.?

 

 

 

Die Pflege- und Betreuung sie istungen eines Alten- und Pflegeheimes zielen auf die Bedürfnisse von pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen im Alter ab. Die Leistungen des BAPH W. umfassen Pflege, Versorgung und Alltagsbegleitung. Therapeutische Leistungen werden bei Bedarf sichergestellt.

 

Diese Leistungen des Altenheimes werden von Fach- oder Diplom-Sozialbetreuer mit Ausbildungsschwerpunkt Altenarbeit und diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen abgedeckt.

 

 

 

Der Besuchsdienst werde von Herrn DI J. abgewickelt, der durch seine Anstellung in einer Wohneinrichtung der Behindertenhilfe Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen aufweise und derzeit die Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviere (befindet sich aktuell im Modul „psychotherapeutisches Propädeutikum).

 

Durch eine mehrwöchige Abwesenheit von Herrn DI J., sei der Besuchsdienst zwischenzeitlich von Frau P. abgewickelt worden. Diese sei ebenfalls in einer Wohneinrichtung der Behindertenhilfe tätig und absolviere derzeit eine Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin „Behindertenarbeit". Sie habe zuvor einige Male Herrn DI J. im Rahmen des Besuchsdienstes bei Frau W. begleitet. Derartige Umstellungen müssten gut begleitet werden, damit sie sich auf Neues einlassen und auf die neuen Gegebenheiten einstellen könne. Jegliche Veränderung von gewohnten Abläufen sei für Frau W. mit Ängsten und Verunsicherung besetzt.

 

 

 

Frau W. wird in einer Einrichtung betreut, die nicht auf ihre Beeinträchtigungen und den daraus resultierenden besonderen Bedürfnissen abgestimmt ist. Die Betreuung und Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigungen erfordert fachliches Wissen und Erfahrung im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen.

 

Ein Besuchsdienst, auch wenn dieser von einer fachlich qualifizierten Person abgedeckt wird, ist aus Sachverständigensicht nicht ausreichend, um die besonderen Bedürfnisse von Frau W. abzudecken.

 

Die Betreuung alter Menschen mit besonderen Bedürfnissen bedarf einer Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen, damit eine angemessene und alle Bereiche umfassende Betreuung und Pflege gewährleistet werden kann.

 

Frau W. benötige aufgrund ihrer Grunderkrankung eine individuelle heilpädagogische und psychosoziale Betreuung. Die Pflege und Betreuung durch das Personal des Alten- und Pflegeheimes und den qualifizierten Besuchsdienst ist aus fachlicher Sicht nicht ausreichend.

 

 

 

Erforderlichkeit des Besuchsdienstes:

 

 

 

Der regelmäßig stattfindende Besuchsdienst stellen für Frau W. Fixpunkte dar, die aus fachlicher Sicht für die Kundin wichtig sind, um einer Vereinsamung entgegenzuwirken, die Selbstbestimmung zu fördern, eine Beziehung zu einer Vertrauensperson aufrechtzuerhalten und ihrem Wunsch an Kontakten außerhalb des Pflegeheimes nachzukommen. Im Rahmen des Besuchsdiensts kann ihren Wünschen nach diversen Besorgungen, Gesprächen und fallweise Ausflügen nachgekommen werden.

 

Sie ist sozial sehr isoliert und verbringt den ganzen Tag in ihrem Zimmer. Bis auf ihren Bruder, zu dem sehr selten Kontakt bestehe, würden keine Kontakte zur Famiiie oder Bekannten bestehen.

 

 

 

Herr DI J. begleitet Frau W. seit Jänner 2013 im Rahmen des Besuchsdiensts. Es seien 6 Stunden monatlich für den Besuchsdienst vereinbart worden.

 

Er sei mittlerweile zu einer Vertrauensperson für Frau W. geworden. Frau W. nehme von sich aus hin und wieder telefonisch mit Herrn DI J. Kontakt auf, um nachzufragen, wann er sie wieder besuchen komme.

 

 

 

Derzeit sei in der Besuchsbegleitung das Hauptaugenmerk auf Gespräche gerichtet. Dies seien sehr intensive Gespräche, die ca. eine Stunde andauern würden und in denen das Befinden, Ängste, Sorgen und alltägliche Belange besprochen werden. Es würden im Gesprächsverlauf immer wieder schizoide Züge bei Frau W. beobachtet werden. Dabei sei es wichtig, dass die Gesprächsführung darauf abgestimmt werde, damit diese nicht verstärkt werden. Die intensiven Gespräche würden Frau W. Haft geben und es werde oft nach Beendigung des Besuchsdienstes eine positivere Grundstimmung beobachtet.

 

 

 

Ein fachliches Wissen und Erfahrung im Umgang mit derartigen Verhaltensweisen stellt die Grundlage für einen professionellen Umgang mit Frau W. dar. Weiters wird die Fachlichkeit als wichtig erachtet, damit sich die Begleitperson entsprechend abgrenzen kann. Aus Sicht der Sachverständigen kann vor diesem Hintergrund ein fachlich qualifizierter Besuchsdienst für Frau W. empfohlen werden.

 

 

 

Welche (entgeltlichen/unentgeltlichen) Angebote an Besuchsdiensten existieren im Bezirksalten- und Pflegeheim W.?

 

 

 

Grundsätzlich steht im Bezirksalten- und Pflegeheim W. ein unentgeltlicher Besuchsdienst zur Verfügung.

 

Dieser wird ehrenamtlich von Personen über die Pfarre und auch über die örtliche Schule (HLW W.) abgewickelt.

 

Der Besuchsdienst findet meist 14tägig im Ausmaß von ca. 2 Stunden statt und orientiert sich an den Wünschen und den Bedarf der Bewohnerinnen. Überwiegend wird er für Einkäufe, Spaziergänge und für die Abwicklung von Besorgungen eingesetzt.

 

 

 

5. Welche dieser Leistungen können im Bezirksalten- und Pflegeheim W. nicht abgedeckt werden?

 

 

 

Aus Sicht der Sachverständigen ist bei Frau W. über die Pflege und Betreuungsleistungen der Mitarbeiterinnen des BAPH W. hinaus eine individuelle heilpädagogische und psychosoziale Betreuung und Begleitung erforderlich.

 

Diese kann nicht durch einen fachlich qualifizierten Besuchsdienst abgedeckt oder ersetzt werden. Diese Betreuungsleistungen sind täglich erforderlich und sollten im Sinne einer ganzheitlichen Betreuung im Alltag eingebunden sein und interdisziplinär einfließen.

 

 

 

6. Welche Grundleistungen werden im Bezirksalten- und Pflegeheim W. angeboten?

 

 

 

-Verpflegung: Vollverpflegung (je nach Bedarf Normal-, Reduktions- und Schonkost)

 

 

 

-Grundversorgung:

 

Volle Kost (Verpflegung) und Quartier

 

Beheizung, Beleuchtung und üblichen Energiebezug

 

Fließendes Warm- und Kaltwasser, Dusche und WC

 

Telefon-, Radio, und Fernsehanschlussmöglichkeit

 

Möglichkeit zur täglichen selbständigen Benützung eines Bades oder einer Dusche Abgabe der Mahlzeiten im Speisesaal oder im Wohnbereich Wäscheversorgung und kleine Instandsetzung von Wäsche Wöchentliche Reinigung der Wohneinheit

 

Technische und personelle Vorsorge zur jederzeitigen Herbeiholung von Hilfe

 

Personelle Vorsorge zur Aufrechterhaltung üblicher sozialer Kontakte sowie die Organisation und

 

Durchführung der kulturellen Betreuung im Heim

 

Beistellung haushaltsüblicher Verbrauchsmaterialien (z.B. Glühbirnen)

 

Information und Unterstützung zur Erlangung von Sozialhilfe und Pflegegeld sowie in persönlichen Angelegenheiten

 

Vermittlung seelsorgerischer Betreuung

 

Vermittlung und Ermöglichung ärztlicher Betreuung und Behandlung

 

Vermittlung von Leistungen von Physiotherapeut/innen, Logopäden/innen, Ergotherapeuten/innen, Psychologen/innen, Sozialarbeitern/innen und dgl. Vermittlung von Fußpflege und Frisör

 

 

 

-Hilfe und Betreuung (Pflege) Unterstützung beim Essen und Trinken Unterstützung beim An- und Auskleiden Unterstützung bei der Körperpflege Unterstützung im Bereich der Mobilität Unterstützung im Bereich der Ausscheidung Besondere Beaufsichtigung, soweit diese geboten ist Soziale Betreuung

 

Therapeutische und pflegerische Leistungen nach ärztlicher Anordnung+

 

 

 

(Anmerkung: inhaltlich übernommen vom Heimvertrag Sozialhilfeverband Steyr-Land)

 

 

 

 

 

7. Welche Betreuungsaktivitäten (Tagesaktivitäten) werden angeboten?

 

 

 

- Nachmittag wird täglich ein Programm auf die Interessen, Wünsche und Fähigkeiten auf die Bewohnerinnen abgestimmt und durchgeführt: z.B. gemeinsames Singen, gemeinsam Kaffee trinken, gemeinsam kochen, basteln, Hochbeet betreuen

 

- Feste im Jahreskreis (Geburtstage, Weihnachten, Ostern etc.) werden gemeinsam gefeiert

 

- Zweimal wöchentlich Gedächtnistraining und Gymnastik

 

- Feiern der heiligen Messe

 

- Seelsorgerisches Angebot

 

- SelbA-Trainingsprogramm (SelbA=selbständig im Alter)

 

- Regelmäßiges Angebot durch einen Hundetrainer

 

 

 

8. An welchen Aktivitäten nimmt Frau Z.W. teil, an welchen nicht?

 

 

 

Frau W. nehme an keinen gemeinsamen Betreuungsaktivitäten im Alten- und Pflegeheim teil. Sie verbringe tagsüber die ganze Zeit in ihrem Zimmer und lehne jegliche gemeinschaftliche Aktivitäten ab. Sie werde vom Pflegepersonal über die geplanten Aktivitäten informiert, zu Feiern eingeladen und zum Teil dazu motiviert, verweigere jedoch jegliche Teilnahme.

 

 

 

Sie verlasse meist erst gegen 22 oder 23 Uhr ihr Zimmer, wenn keine anderen Bewohnerinnen mehr anzutreffen sind und bewege sich am Gang auf und ab.

 

 

 

Die Mahlzeiten nehme sie ausschließlich in ihrem Zimmer ein.

 

 

 

Oftmals würden von Frau W. auch Pflegeangebote wie duschen, Wechsel der Kleidung und Einlagen abgelehnt werden.

 

 

 

9. Wie wird in der Maßnahmenplanung auf die besondere Situation eingegangen?

 

 

 

Frau W. werde vom Pflegepersonal immer wieder zu tagesstrukturierenden Aktivitäten motiviert. Diesbezüglich werden Interventionen in Form von Information, Aufforderung und Motivation gesetzt. Frau W. sei die einzige Bewohnerin, die derart isoliert sei und jegliche soziale Angebote ablehne.

 

Es wird grundsätzlich darauf geachtet, dass die Aktivitäten auf die Interessen, Wünsche und Fähigkeiten der Bewohnerinnen abgestimmt werden. Bei Frau W. konnten laut Auskunft von Frau S. bislang keine Interessen eruiert werden, die in der Maßnahmenplanung berücksichtigt werden könnten.

 

 

 

Aufgrund personeller Ressourcen sei ein intensiveres Eingehen auf Frau W. in Form einer phasenweisen Einzelbegleitung nicht möglich.

 

 

 

Von Zeit zu Zeit werde der Kühlschrank vom Pflegepersonal auf verdorbene Lebensmittel kontrolliert und diese entsorgt, da Frau W. von sich aus nicht dazu in der Lage sei.

 

 

 

Das Zimmer werde regelmäßig auf umherliegende, benützte Inkontinenzeinlagen, welche zum Teil auch im Kasten aufgefunden werden, kontrolliert. Diese werden dann vom Pflegepersonal entsorgt.

 

 

 

Frau W. sei die einzige Bewohnerin mit einer nicht vorwiegend altersbedingten Beeinträchtigung. Das Personal weist keine Ausbildung im pädagogischen oder psychiatrischen Bereich auf.

 

 

 

10. Ist Frau Z.W. als Mensch mit Beeinträchtigung im Sinn des § 2 Oö. ChG anzusehen, der auf Grund körperlicher, geistiger, psychischer oder mehrfacher derartiger- nicht vorwiegend altersbedingter Beeinträchtigung in einem lebenswichtigen sozialen Beziehungsfeld, insbesondere ihrer Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung sowie ihrer Eingliederung in die Gesellschaft wegen wesentlicher Funktionsausfälle dauernd erheblich behindert ist?'

 

 

 

Frau W. kann aufgrund der vorliegenden Diagnosen „Minderbegabung im mittelschweren Ausmaß und psychotische Störung mit intermittierenden Durchbrüchen von paranoid psychotischen Episoden" und den damit einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen in der alltäglichen Lebensführung als Mensch mit Beeinträchtigung im Sinne des § 2 Oö. ChGs gesehen werden.

 

Bei Frau W. liegen wesentliche Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten und aufgrund der psychischen Beeinträchtigung phasenweise Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Affektivität vor. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen ist bei Frau W. eine eigenständige Lebensführung nicht möglich. Für die Tätigkeiten des täglichen Lebens fehlt ihr überwiegend ein Handlungsplan, wodurch laufend eine Außensteuerung in Form von Anleitung, Motivation und Kontrolle erforderlich ist.

 

 

 

Durch die immer wieder kehrenden psychotischen Symptome erlebt sie in diesen Situationen einen Realitätsverlust. Die Umwelt wird als befremdlich wahrgenommen und sie hat dann Schwierigkeiten zwischen Wirklichkeit und Phantasie zu unterscheiden. Die Gedanken geraten durcheinander und können nicht mehr geordnet werden.

 

 

 

11. Liegen auf Grund der Beeinträchtigung von Frau Z.W. Bedürfnisse vor, die auf Grund des Leistungsspektrums eines Alten- und Pflegeheimes nicht erfüllt werden können? Wenn ja, welche?

 

Welche Qualifikationen sind dafür erforderlich?

 

Handelt es sich dabei um solche, die in einer Einrichtung nach § 12 Oö. ChG abgedeckt werden können?

 

 

 

Der erhobene Betreuungsbedarf bei Frau W. geht über das Leistungsspektrums eines Alten- und Pflegeheimes hinaus, wonach Menschen, welche vorwiegend aufgrund ihres Alters Pflege und Betreuung bedürfen, betreut werden.

 

Frau W. wird in einer Einrichtung, die nicht auf ihre Beeinträchtigungen und den daraus resultierenden besonderen Bedürfnissen abgestimmt ist, betreut. Die Betreuung alter Menschen mit Beeinträchtigungen bedarf einer Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen, damit eine angemessene und alle Bereiche umfassende Betreuung und Pflege gewährleistet werden kann.

 

 

 

Die Pflege und Betreuungsleistungen sollen auf die Eigenart der Grundbeeinträchtigungen im geistigen und psychischen Bereich abgestimmt werden und durch fachlich und persönlich geeignete Personen abgedeckt werden. Frau W. bedarf einer individuellen heilpädagogischen und psychosozialen Betreuung, damit durch eine mögliche Vermeidung des Entstehens von Beeinträchtigungen und Behinderungen bzw. durch deren Verringerung eine nachhaltige Förderung erzielt werden kann. Weiters könnte dadurch ein „normales" Leben und eine umfassende Eingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden.

 

 

 

Aufgrund ihrer Beeinträchtigungen benötigt sie im Alltag laufend Handlungsanleitungen und Anregungen zur Entwicklung und Erhaltung von Fähigkeiten. Es sind Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Frau W. Integration erleben kann und soziale Erfahrungen möglich werden. Psychosoziale Hilfestellungen zur emotionalen Stabilisierung zur Bewältigung von alltäglichen Anforderungen und zur Stärkung des Selbstwertes sind anzubieten.

 

 

 

Zur ganzheitlichen Förderung und Betreuung vor Frau W. sind fachlich und persönlich geeignete Personen mit einer heil- oder sozialpädagogischen oder psychosozialen Grundqualifikation erforderlich.

 

 

 

Zur Abdeckung des Pflegebedarfs ist ebenfalls ein entsprechend ausgebildetes Personal einzusetzen (z.B. Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, Pflegehelfer/innen und Altenfachbetreuer/innen).

 

Mitarbeiter/innen mit psychosozialem Grundberuf können folgende Ausbildungen aufweisen: Diplomierte Behindertenpädagogen/-pädagoginnen bis zum Übergangszeitpunkt 2017 (gemäß Oö. Sozialberufegesetz), Fach/DipIomsozialbetreuer/in Behindertenarbeit bzw. Behindertenbegleitung, Diplomierte Sozialarbeiter/innen, Psychotherapeuten/-therapeutinnen, Diplomierte Sozialpädagogen/-pädagoginnen, Diplomierte Psychologen/Psychologinnen, Diplomierte Sonder- und Heilpädagogen/-pädagoginnen, Diplomierte Absolventen/Absolventinnen der Studienrichtung Pädagogik und Diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege/innen

 

Die Teams sollten sich den Anforderungen der Kundinnen und Kunden entsprechend multiprofessionell zusammensetzen.

 

 

 

Jene Leistungen, die aus fachlicher Sicht nicht vom Leistungsspektrum eines Alten- und Pflegeheims erfasst sind, könnten im Rahmen der Maßnahme "Wohnen vollbetreut" nach § 12 Oö ChG erbracht werden. Im Zuge dieses Leistungsangebotes würde Frau W. eine Betreuung und Begleitung erhalten, die einerseits auf die Erfordernisse der Grundbeeinträchtigungen und andererseits auf die Pflege und Betreuung von alten Menschen mit Beeinträchtigungen abgestimmt ist.

 

 

 

Aufgrund des Alters und der vorliegenden Beeinträchtigungen wird aus Sicht der Sachverständigen eine Eingliederung in ein Landes- Pflege- und Betreuungszentrum als geeignet erachtet. In derartigen Einrichtungen wird eine ganzheitliche Betreuung durch ein multiprofessionelles Team angeboten, die auf ältere Menschen mit vorwiegend psychischen Beeinträchtigungen spezialisiert sind.

 

Durch die multiprofessionelle Zusammensetzung des Personals könnte eine adäquate Betreuung und Förderung hinsichtlich der bestehenden individuellen Bedürfnisse von Frau W. erfolgen.

 

 

 

Wäre eine mobile ChG-Versorgung im Alten- und Pflegeheim möglich?

 

 

 

Eine mobile ChG Versorgung im Alten-und Pflegeheim ist nicht möglich. Gemäß § 12 der Oö. CHG-Hauptleistungsverordnung kann die Hauptleistung mobile Betreuung und Hilfe nicht gewährt werden, wenn gleichzeitig die Hauptleistung Wohnen nach § 12 Oö. ChG in Anspruch genommen wird. Bei der derzeit nach § 15 Oö. Sozialhilfegesetz gewährten Leistung Hilfe in einer stationären Einrichtung handelt es sich um eine analoge Leistung zu § 12 Oö. ChG.

 

 

 

Liegt durch die Versorgung im Alten- und Pflegeheim im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse eine Gefährdung durch die Gesundheit (physischer oder psychischer Natur) vor?

 

 

 

Aus Sicht der Sachverständigen kann durch die Versorgung in einem Alten- und Pflegeheim dahingehend eine Gefährdung festgemacht werden, dass Frau W. in einer Einrichtung betreut wird, in der die Betreuung nicht spezifisch auf die Eigenart ihrer Beeinträchtigungen abgestimmt werden kann.

 

 

 

Folglich kann davon ausgegangen werden, dass bei einem weiteren Verbleib von Frau W. im Alten- und Pflegeheim die Vermeidung des Entstehens bzw. die Verringerung von Beeinträchtigungen nicht bzw. nur unzureichend erfolgen kann und keine nachhaltige Förderung erzielt werden kann.

 

Entsprechende Rahmenbedingungen, um Integration zu leben und eine Teilhabe am öffentlichen Leben und somit eine Eingliederung in die Gesellschaft zu erreichen, können aus Sicht der Sachverständigen im Alten- und Pflegeheim nicht entsprechend den besonderen Bedürfnissen von Frau W. vorgefunden werden.

 

 

 

12. Würde die Übersiedlung in eine Einrichtung gemäß § 12 Oö. ChG einen besser geeigneten Wohn- und Betreuungsplatz bieten? Ist eine derartige Übersiedlung im Rahmen der verfügbaren Ressourcen sowie der Lebenssituation von Frau Z.W. möglich?

 

 

 

13. Würde ein Einrichtungswechsel Risikofaktoren bergen - mit welchen Auswirkungen? Würde ein Wechsel der Einrichtung zu einem Wegfall der gewohnten Strukturen führen bzw. einen Einschnitt im Leben von Frau Z.W. darstellen?

 

 

 

Aus Sicht der Sachverständigen sollte Frau W. aufgrund der behinderungsbedingten Betreuungserfordernisse in einer Einrichtung gemäß § 12 Oö. ChG versorgt und betreut werden.

 

 

 

In einer derartigen Einrichtung könnte eine Betreuung und Förderung von fachlich geeigneten Personen abgedeckt werden.

 

Durch die multiprofessionelle Zusammensetzung des Personals in Einrichtungen nach dem Oö. ChG, könnte aus fachlicher Sicht eine ganzheitliche Betreuung, die sich an den individuellen Bedürfnissen von Frau W. orientiert, erfolgen.

 

Aufgrund des Alters und der Art der Beeinträchtigungen erscheint eine Unterbringung in einem Landespflege- und Betreuungszentrum als geeignet und würde jedenfalls einen besseren, auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Wohnplatz, darstellen.

 

Eine mögliche Übersiedlung im Rahmen der verfügbaren Ressourcen ist zeitlich nicht abschätzbar. Generell erfolgt die Platzvergabe bei Freiwerden eines Wohnplatzes in einer Einrichtung nach dem Oö. ChG unter Einbeziehung der vorgemerkten Bedarfe und Berücksichtigung der eingestuften Dringlichkeiten. Da die Warteliste für eine Aufnahme in ein Landespflege- und Betreuungszentrum sehr lang ist und viele Personen, die derzeit eine höhere Dringlichkeit als Frau W. aufweisen, vorgemerkt sind, kann von einer längeren Wartezeit ausgegangen werden.

 

 

 

Da Frau W. keine sozialen Kontakte zu den anderen Heimbewohnerinnen hat, kaum Besuche von ihrer Familie erhält und von sich aus den Wunsch äußert vom Altenheim auszuziehen, würde eine Übersiedlung in eine Einrichtung nach § 12 Oö. ChG wahrscheinlich keinen gravierenden Einschnitt hinsichtlich der derzeitigen Lebenssituation darstellen. Da sie im Altenheim nicht sozial integriert ist, sind die gewohnten Strukturen räumlich vorrangig auf ihr Zimmer und personell auf das Pflegepersonal und den Besuchsdienst begrenzt. Eine emotionale Verbundenheit im Sinne von sich zuhause fühlen konnte bei Frau W. nicht wahrgenommen werden.

 

 

 

Frau W. könne sich den Schilderungen der Pflegedienstleitung zufolge, nach einer Zeit der Eingewöhnung, die durch Vertrauenspersonen begleitet wird, gut auf wechselnde Betreuungspersonen einsteilen. Auch im Zuge einer erlebten räumlichen Veränderung (durch die Übersiedlung in das neu errichtete Altenheim im September 2013) konnte sich Frau W. ohne größere Schwierigkeiten gut auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Demnach wird abgeleitet, dass Frau W. grundsätzlich Fähigkeiten und Ressourcen zur Adaption besitzt.

 

 

 

Vor diesem Hintergrund können aus fachlicher Sicht keine erheblichen Risikofaktoren bezüglich eines möglichen Einrichtungswechsels erhoben werden. Eine gute Vorbereitung und begleitete Eingewöhnung in eine neue Einrichtung sollten erfolgen, um Frau W. emotional zu stabilisieren und ihr die nötige Sicherheit für das Einlassen und den Aufbau von neuen Beziehungen zu geben.

 

 

 

Sollte ein Einrichtungswechsel konkret umgesetzt werden, so wird angeraten, diesen aufgrund des Alters von Frau W. in absehbarer Zeit durchzuführen. Es ist nicht abschätzbar inwiefern es bei einer längeren Wartezeit zu einem zunehmenden körperlichen Abbau und vermehrten altersbedingten Erscheinungen kommen könnte und dann ein Einrichtungswechsel für Frau W. noch zumutbar wäre.“

 

 

 

II.5.2. Das pflegefachliche Sachverständigengutachten wurde von Frau DGKS B.S. MBA erstellt und hat nachfolgenden Inhalt:

 

Frau Z.W. liegt bei meinem Eintreffen im Bett, das Zimmer ist verdunkelt. Sie ist grundsätzlich in der Lage aufzustehen und sich mit dem Rollator fortzubewegen, verbringt ihre Zeit jedoch großteils im Bett. Frau W. selbst ist nicht allzu mitteilungsbedürftig, sie antwortet knapp und überlässt das Reden der anwesenden Pflegedienstleitung. Diese berichtet, dass Frau W. an einer alters bedingten Einschränkung der Gehfähigkeit und Beweglichkeit im Allgemeinen leidet, die sprachliche Einschränkung resultiert aus einer mittelschweren Minderbegabung. Des Weiteren werden aufgrund verworrener Erzählungen und diverser Eigenheiten von Frau W. auch psychotische Zustände vermutet (sie weigert sich bspw. die Toilette zu benutzen und verrichtet ihre Notdurft auf am Boden liegende Einlagen). Die nach der Begutachtung erfolgte neurologische Abklärung bestätigt diese Vermutung und weist auch auf depressive Züge hin.

 

 

 

 

 

1. Welche besonderen Bedürfnisse, die aus der Einschränkung folgen, liegen bei Frau Z.W. vor und lösen im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht eingeschränkter Personen einen finanziellen Mehraufwand aus?

 

Die Gutachterin bezieht sich vorerst auf die Beeinträchtigungen i. S. des § 2 Oö ChG. Hier ist einmal die eingeschränkte Sprache zu nennen, welche die Kommunikation deutlich erschwert. Grundsätzlich ist in solchen Fällen eine logopädische Begleitung ratsam - wie sinnvoll eine solche im fortgeschrittenen Alter von Frau W. noch ist, kann nur von fachlicher Seite beurteilt werden.

 

 

Würde Frau W. noch zu Hause leben, brauchte sie neben den altersbedingt erforderlichen Betreuungsleistungen vermutlich auch jemanden, der die oranisatorischen Dinge übernimmt bzw. für eine Tagesstrukturierung Sorge trägt. Eine dauernd erreichbare Ansprechperson sollte aufgrund des psychotischen Erlebens ebenfalls gegeben sein. Aufgrund der alters- bzw. krankheitsbedingten Beschwerden ist eine pflegerische/betreuerische Versorgung wie in Pkt 2. erläutert, erforderlich. Bezugnehmend auf die Fragestellung wird darauf hingewiesen, dass zum Vergleich mit „nicht eingeschränkten Personen" keine Heimbewohner herangezogen werden können, da eine Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim grundsätzlich nur bei entsprechendem Unterstützungsbedarf (üblicherweise PG-Stufe 3 bis 7) erfolgt.

 

 

 

2. Welche Beeinträchtigungen liegen bei Frau Z.W. vor und inwieweit beeinflussen diese die Alltagsgestaltung?

 

Folgende medizinische Diagnosen sind im BAPH W. bei Frau W. dokumentiert: Minderbegabung in mittelschwerem Ausmaß mit aufgesetzter psychotischer Störung und intermittierenden Durchbrüchen von paranoiden psychotischen Episoden Mäßige bis schwere Arthrosen beider Schultergelenke

 

 

 

Die daraus resultierenden Einschränkungen fußen teilweise auf einer mangelnden Bewegungsfähigkeit. Aus pflegerischer/betreuerischer Sicht folgen daraus nachstehende Erfordernisse:

 

 

 

Unterstützung bei der Körperhygiene sowie beim An- und Auskleiden

 

Unterstützung beim Toillettengang und Toilettentraining

 

Unterstützung bei Alltagserfordernissen

 

(Unterstützung bei) Transfer/Fortbewegung

 

Diätkost und Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme

 

Inkontinenzversorgung

 

Mobilisation

 

Kontrolle der Medikamenteneinnahme

 

 

 

Aufgrund der vorhandenen psychischen Einschränkungen gestaltet sich die Kommunikation schwieriger und Frau W. verweigert oft die angebotene Unterstützung, so dass bspw. mehrmals täglich angefragt werden muss, ob die Durchführung der Körperhygiene nun erfolgen kann. Auch die Reinigung des persönlichen Umfeldes beansprucht Ressourcen, da Zimmer und Kästen immer wieder auf angebrochene Lebensmittel oder benützte Inkontinenzeinlagen durchsucht werden müssen.

 

 

 

3. Welche Leistungen sind aufgrund der geistigen Beeinträchtigungen über die üblichen Leistungen für Menschen, die vorwiegend auf Grund ihres Alters Pflege und Betreuung bedürfen, hinaus erforderlich?

 

Je nach Ausprägung des psychotischen/paranoiden Geschehens ist die Anwesenheit einer Ansprech- bzw. Vertrauensperson erforderlich. Selbige wird auch benötigt, um in das unkontrollierte Einkaufsverhalten von Frau W. einzugreifen. Trotz finanzieller Beschränkung durch den Sachwalter lassen sich Bestellungen in Versandhäusern nicht verhindern. Es kommt auch vor, dass sich Frau W. um den Kauf eines Hauses bemüht, da sie aus dem BAPH wieder ausziehen möchte.

 

 

 

4. Decken die erklärten Leistungen die Bedürfnisse von Frau Z.W. bzw. stehen diese im Zusammenhang  mit der Grunderkrankung  und sind  diese angemessen bzw. haben diese einen Einfluss auf die Lebensqualität oder Stabilität? Insbesondere: Erforderlichkeit des Besuchsdienstes allgemein und durch die Vertrauensperson im Besonderen?

 

Welche (entgeltliche/unentgeltliche) Angebote an Besuchsdiensten existieren im Bezirksalten- und Pflegeheim W.?

 

Frau W. erhält derzeit einmal wöchentlich Besuch von Frau B.P. Diese kommt in Vertretung von Hrn. J., welcher sie dazu beauftragt hat. Die Pflegedienstleitung merkt dazu an, dass zwar die psychotherapeutische Ausbildung von Hm. J. sehr vorteilhaft wäre, dass sie jedoch der Meinung sei, dass aufgrund der Vorgeschichte der Bewohnerin eine weibliche Vertrauensperson vorteilhafter wäre. Frau W. habe seinerzeit durch den Kontakt zu Männern den Lebensunterhalt der Familie bestritten und sei diesbezüglich immer noch erwartungsvoll.

 

 

 

Während der Besuche werden Gespräche geführt - das von Frau W. gewünschte einkaufen gehen gestaltet sich für den Besuchsdienst sehr schwierig, da Frau W. nicht mehr nach Hause gehen möchte, deshalb wird in letzter zeit davon Abstand genommen.

 

Frau W. ist allen Menschen gegenüber sehr misstrauisch, dennoch scheint sie zu Frau B. relativ schnell ein gutes Verhältnis entwickelt zu haben.

 

 

 

Im BAPH W. gibt es auch einen ehrenamtlichen Besuchsdienst - die Besuchsintervalle richten sich nach den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und finden durchschnittlich ebenfalls einmal wöchentlich statt. Angeboten werden Gespräche, Ausgänge und Spiele.

 

 

 

Für Frau W. kommen aufgrund ihrer psychotischen Episoden Aktivitäten in der Gruppe kaum in Frage, Sie benötigt jedenfalls eine kontinuierliche Vertrauensperson, welche Kenntnis über die Besonderheiten der Bewohnerin hat. Die psychotherapeutische Ausbildung von Hrn. J. ist in diesem Fall besonders vorteilhaft - inwieweit das Geschlecht der Vertrauensperson von Relevanz ist, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden.

 

 

 

5. Welche dieser Leistungen können im Bezirksalten- und Pflegeheim W. nicht abgedeckt werden?

 

Der Umgang mit psychotischen Menschen erfordert ausreichende Fachkenntnisse und Erfahrung.

 

Beides kann von durchschnittlichen ehrenamtlichen Strukturen nicht geleistet werden.

 

 

 

6. Welche Grundleistungen werden im Bezirksalten- und Pflegeheim W. angeboten?

 

Das BAPH W. bietet alle Leistungen, welche im Rahmen der Oö Alten- und Pflegeheimverordnung zu erbringen sind, an. Hier relevant sind insbesondere die Grundversorgung nach § 2 und die Aufgaben der Pflege (§§14 und 16).

 

 

 

7. Welche Betreuungsaktivitäten werden angeboten?

 

Das BAPH W. bietet neben den Aktivitäten im Rahmen des Jahreskreises (basteln und backen sowie Dekoration des Hauses entsprechend jahreszeitlichen Anlässen wie Fasching, Ostern, Weihnachten) auch regelmäßige Beschäftigung und Aktivitäten an. Dazu zählen u. a. Alltagsbeschäftigungen, singen, spielen, basteln, spazieren gehen, Hundetherapie und SELBA-Training.

 

 

 

8. An welchen Aktivitäten nimmt Frau Z.W. teil, an welchen nicht?

 

Frau W. nutzt keines dieser Angebote.

 

 

 

9. Wie wird in der Maßnahmenplanung auf die besondere Situation eingegangen?

 

Es wird versucht, die Tagesstrukturierung an die Bedürfnisse von Frau W. anzupassen, ebenso wird versucht auf spezielle Wünsche der Bewohnerin einzugehen (im Bett bleiben, essen im Zimmer, geschlossene Vorhänge, usw.). Die Ressourcen für eine adäquate Betreuungsleistung hinsichtlich ihrer psychotischen Zustände sind jedoch nicht ausreichend gegeben.

 

 

 

10. Ist Frau Z.W. als Mensch mit Beeinträchtigung im Sinn des § 2 Oö ChG anzusehen, der aufgrund körperlicher, geistiger, psychischer oder mehrfacher derartiger - nicht vorwiegend altersbedingter - Beeinträchtigung in einem lebenswichtigen sozialen Beziehungsfeld, insbesondere ihrer Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung sowie ihrer Eingliederung in die Gesellschaft wegen wesentlicher Funktionsausfälle dauernd erheblich behindert ist? Frau W. ist aufgrund ihrer Minderbegabung mit psychotischem Überbau als Mensch mit Beeinträchtigung im Sinn des §2 Oö ChG anzusehen. Ihre Bedürfnisse reichen über jene einer altersbedingten Einschränkung hinaus.

 

11. Liegen aufgrund der Beeinträchtigung von Frau Z.W. Bedürfnisse vor, die auf Grund des Leistungsspektrums eines Alten- und Pflegeheimes nicht erfüllt werden können?

 

Wenn ja, welche?

 

Welche Qualifikationen sind dafür erforderlich?

 

Handelt es sich dabei um solche, die in einer Einrichtung nach § 12 ChG abgedeckt werden könnten?

 

Wäre eine mobile ChG-Versorgung im Alten- und Pflegeheim möglich? Liegt durch die Versorgung in einem Alten-und Pflegeheim im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse eine Gefährdung für die Gesundheit (physischer oder psychischer Natur) vor?

 

Frau W. bedarf besonderer Betreuungsleistungen hinsichtlich ihrer psychischen Situation. Das Personal des BAPH W. verfügt einerseits nicht über die erforderlichen Qualifikationen im Umgang mit psychiatrischen Diagnosen, andererseits sind die personellen Ressourcen auch eingeschränkter als in den hierfür vorgesehenen Einrichtungen. Aus diesen Gründen kann auf die Bedürfnisse der Bewohnerin nicht in jenem Ausmaß eingegangen werden, wie es in einer Einrichtung gemäß § 12 Oö ChG möglich ist.

 

Aus Sicht des BAPH W. wäre eine mobile ChG Versorgung möglich, eine derartige Lösung würde in etwa jener des Besuchsdienstes durch Hrn. J. gleichkommen. Aufgrund der Doppelförderungsstruktur ist eine mobile ChG Versorgung jedoch ausgeschlossen.

 

Hinsichtlich der besonderen Bedürfnisse von Frau W. ist eine Besserung ihres Zustandes unter den gegebenen Umständen nicht zu erwarten. Eine Stabilisierung bzw. Erhellung ihres Gemütszustandes ist vermutlich erst zu erwarten, wenn sie sich in einem Umfeld befindet, in welchem die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden können.

 

 

 

12. Würde die Übersiedlung in eine Einrichtung gemäß § 12 Oö ChG einen besser geeigneten Wohn- und Betreuungsplatz bieten?

 

Ist eine derartige Übersiedlung im Rahmen der verfügbaren Ressourcen sowie der Lebenssituation von Frau Z.W. möglich?

 

Aufgrund ihrer Beeinträchtigungen und der hierfür erforderlichen qualitativen und quantitativen Ressourcen, könnte in einer Einrichtung gemäß § 12 Oö ChG viel individueller auf die Bedürfnisse der Bewohnerin eingegangen werden. Dies ist insbesondere hinsichtlich ihres andersartigen Erlebens sowie ihrer Angstzustände erforderlich. Als geeigneter Wohn- und Betreuungsplatz kann hier bspw. ein Landespflege- und Betreuungszentrum angeführt werden. Hier kann sowohl eine Versorgung der altersbedingten, als auch der darüber hinausreichenden Beeinträchtigungen erfolgen.

 

 

 

13. Würde   ein   Einrichtungswechsel   Risikofaktoren   bergen   -   mit   welchen Auswirkungen?

 

Würde der Wechsel der Einrichtung zu einem Wegfall der gewohnten Strukturen führen bzw. einen Einschnitt im Leben von Frau Z.W. darstellen?

 

Frau W. fühlt sich im BAPH W. nicht zu Hause, weshalb sie auch immer wieder versucht, ihren Umzug vorzubereiten. Am liebsten würde sie in ein eigenes Haus ziehen (so wie früher) - dass das nicht mehr möglich ist, will bzw. kann sie nicht akzeptieren. Eine Übersiedelung an sich wird deshalb vermutlich eher positiv als negativ erlebt, lediglich die Tatsache, dass Frau W. wieder in ein betreutes Zuhause kommt, könnte zu Enttäuschungen führen. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Angebote in einer Einrichtung gemäß § 12 Oö ChG besser auf die Erfordernisse von Frau W. abgestimmt werden können und ein Einrichtungswechsel somit eine positive Veränderung für sie darstellen würde.

 

Ein Wechsel der engeren gewohnten Umgebung ist ja bereits erfolgt, auch hinsichtlich der familiären Bindungen besteht keine Ortsgebundenheit, da die Schwester in der St. lebt und ohnehin nur sehr selten zu Besuch kommt. Der in T. lebende Bruder pflegt so gut wie keinen Kontakt zu Frau W., auch von ihrem Sohn (der bei Pflegeeltern aufgewachsen ist) erhält Frau W. kaum Besuch.“

 

II.5.3. Darüber hinaus hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.9.2014 eine Erörterung beider Sachverständigengutachten stattgefunden. Im Rahmen der Gutachtenserörterung wurden von den Sachverständigen einerseits die Unterschiede zwischen einem Alten- und Pflegeheim und einem Landespflege- und Betreuungszentrum erläutert sowie andererseits die speziellen Bedürfnisse der Beschwerdeführerin und die Abdeckung derselben erläutert:

 

II.5.3.1. Die Grundleistungen in beiden Einrichtungsformen sind deckungsgleich. Es geht dabei um Hotel- und Basisleistungen, die Zurverfügungstellung von Wohnraum, Nahrung, etc. Darüber hinaus wird auch die Grundpflege (Körperpflege, Hilfestellung beim Duschen, etc.) abgedeckt. Hinzu kommen tagesstrukturierende Maßnahmen, wie z.B. basteln, malen, singen, etc. Diese Leistungen werden in beiden Einrichtungen gleichermaßen zur Verfügung gestellt.

 

In den Alten- und Pflegeheimen steht die Versorgung im Hinblick auf altersbedingte Bedürfnisse im Vordergrund; in den Landespflege- und Betreuungszentren liegt die Konzentration auf den Beeinträchtigungen, die diese Personen aufweisen – insbesondere im Hinblick auf die psychosoziale Unterstützung. Diese wird zwar auch in Alten- und Pflegeheimen angeboten, jedoch nicht in dem Ausmaß wie in den Landespflege- und Betreuungszentren. In diesen Einrichtungen werden auch Einzel- und tagesspezifische Betreuungen angeboten. Darüber hinaus gibt es umfangreichere Tagesstrukturen, wie z.B. Holzwerkstätten u.dgl. In den Alten- und Pflegeheimen ist diese Strukturierung eher auf die Nachmittagsgestaltung ausgerichtet.

 

Es gibt auch sehr spezialisierte Alten- und Pflegeheime, die z.B. – wie das Bezirksalten- und Pflegeheim im W. – eine spezielle Ausrichtung im Hinblick auf Demenzerkrankungen aufweisen und dazu eine spezielle Versorgung anbieten.

 

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Einrichtungsformen ist, dass in einem Landespflege- und Betreuungszentrum eine Einzelbetreuung stattfindet (z.B. auch vormittags oder stundenweise), während in den Alten- und Pflegeheimen die Gruppenbetreuung im Vordergrund steht. In den Alten- und Pflegeheimen wird Physio- und Ergotherapie extern zugekauft, während sie in den Landespflege- und Betreuungszentren Teil des Betreuungskonzeptes ist.

 

II.5.3.2. Bei der Beschwerdeführerin steht die Beeinträchtigung i.S.d. Oö. ChG im Vordergrund, wobei aber auch die altersbedingten Beeinträchtigungen stark ausgeprägt sind. Für die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer Angststörungen und ihrer Wahnvorstellungen ein besonderes fachliches Know-how erforderlich, welches im Alten- und Pflegeheim fehlt. Die Beschwerdeführerin benötigt eine tägliche Einzelbetreuung, damit auf ihre aus der geistigen Beeinträchtigung resultierenden besonderen Bedürfnisse eingegangen werden kann. Im Alten- und Pflegeheim werden mobile Hilfsdienste angeboten und das Pflegepersonal nimmt sich sehr um die Beschwerdeführerin an; diese Maßnahmen können den Bedarf der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung allerdings nicht abdecken.

 

II.5.3.3. Die Besuchsdienste von Herrn DI M.J. und Frau B.P. – welche auch die fachlichen Voraussetzungen erfüllen – entsprechen zwar grundsätzlich den Bedürfnissen der Beschwerdeführerin, finden aber in einem zu geringen Umfang statt, als dass sie für die Beschwerdeführerin ausreichend wären. Den im Alten- und Pflegeheim angebotenen Besuchsdiensten fehlt es an der fachlichen Ausbildung. Die derzeit bestehenden Besuchsdienste können daher (auch in Kombination) die Betreuung in einem Landespflege- und Betreuungszentrum nicht substituieren.

 

II.5.3.4. Eine körperliche oder gesundheitliche Gefährdung der Beschwerdeführerin besteht nicht, zumal die Grundversorgung und sämtliche Grundbedürfnisse (Wohnung, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, etc.) abgedeckt werden. Problematisch ist allerdings die psychische Versorgung aufgrund der fehlenden Einzelbetreuung.

 

Sofortige Maßnahmen sind aufgrund der Abdeckung der Grundbedürfnisse nicht erforderlich, zumal die Beschwerdeführerin nicht von Wohnungslosigkeit oder dem Wegfall der Basisversorgung bedroht ist. Allerdings sollte mittelfristig ein Wechsel in ein Landespflege- und Betreuungszentrum angestrebt werden, um die erforderliche Einzelbetreuung zu gewährleisten.

 

II.5.3.5. Die Unterbringung von Personen mit Beeinträchtigungen i.S.d. Oö. ChG. richtet sich nach deren jeweiliger Dringlichkeitsstufe. Die Dringlichkeitsstufe wird anhand eines Kriterienkataloges beurteilt, welcher nachfolgende Kriterien zum Inhalt hat:

 

a)   Lebensbedrohliche Situation aufgrund von Wegfall der Basisversorgung

b)   Bestehende oder drohende Wohnungslosigkeit

c)   Erfolgter oder drohender Wegfall der betreuenden Person/en

d)   Gefährdung durch Gewalt

e)   Gefährdung durch gesundheitsbedrohende Verwahrlosung – fehlende Einsicht

f)    Leistungsempfänger/in hat selbst- oder fremdschädigendes Verhalten

g)   Alter der betreuenden Angehörigen

h)   Das Ende einer befristeten Wohnmaßnahme ist bereits erfolgt oder steht unmittelbar bevor

i)     Alleinerziehender betreuender Elternteil

j)    Intensiver Unterstützungsbedarf des/der Leistungsempfängers/in bei der Alltagsbewältigung und/oder Pflegebedarf des/der Leistungsempfängers/in

k)   Gesundheitlicher Zustand und/oder Überforderung der betreuenden Person

l)     Betreuende/r Angehörige/r hat noch weitere zu betreuende/pflegende Personen

m) Ungeeignete bisherige Form der Betreuung durch eine Trägereinrichtung oder der Unterbringung bei einem Träger oder Änderung des persönlichen Bedarfes von teil- und vollbetreut (oder umgekehrt) in einer bestehenden Wohneinrichtung

n)   Leistungsempfänger/in ist in einer Einrichtung der fähigkeitsorientierten Aktivität oder vergleichbaren Einrichtung im Einzugsgebiet und benötigt einen regionalen Wohnplatz

o)   Wunsch nach Selbständigkeit/Selbstbestimmung des/der Leistungsempfängers/in

 

Bei der Beschwerdeführerin sind die Kriterien j), m) und o) erfüllt. Nicht erfüllt sind insbesondere die Kriterien a) und b). Dadurch, dass die Grundbedürfnisse der Beschwerdeführerin gedeckt sind, gelingt es nicht, eine entsprechende Dringlichkeitsstufe zu erlangen, die für eine rasche Verlegung in ein Landespflege- und Betreuungszentrum erforderlich wäre.

 

 

II.6.  Die Sachwalterin der Beschwerdeführerin hat bereits am 26.4.2010 einen Antrag nach dem Oö. ChG gestellt. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.4.2011, GZ: SO20-572909 wurde dieser Antrag – welcher auf die Gewährung die Hauptleistung „Mobile Betreuung“ gerichtet war – abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführerin bereits mit Bescheid vom 15.12.2009 Hilfe in einer stationären Einrichtung nach § 15 Oö. SHG gewährt worden sei, welche eine analoge Leistung zu § 12 Oö. ChG-Hauptleistungsverordnung darstellen würde, sodass während der Dauer des Aufenthaltes im Bezirksalten- und Pflegeheim keine mobile Betreuung und Hilfe gemäß dem Oö. ChG gewährt werden könne. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht erhoben.

 

 

III.        Beweiswürdigung:

 

III.1.     Die Sachverhaltsfeststellungen zu den persönlichen Daten und Verhältnissen der Beschwerdeführerin, Unterkunft im Bezirksalten- und Pflegeheim W., etc. ergeben sich bereits aus dem Akt der belangten Behörde, GZ. SO10-5-572909. Die schweren körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen wurden im Rahmen eines Sachverständigengutachtend Dris. M.B. festgestellt, welches im Verfahren zur Sachwalter-Bestellung vor dem Bezirksgericht W. (GZ: P 6/07m) eingeholt wurde. Diese Umstände wurden auch von keiner Partei bestritten, sodass weitere diesbezügliche Erhebungen unterbleiben konnten.

 

 

III.2.     Ebenso gehen die finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin (unbestritten) aus dem Akteninhalt hervor. Insofern waren auch dazu keine weitergehenden Ermittlungen zu tätigen.

 

 

III.3. Die mit Herrn DI M.J. abgeschlossene Besuchsvereinbarung wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.02.2014 vorgelegt, verlesen und zum Akt genommen. Diese wurde zwischen der Sachwalterin der Beschwerdeführerin und der Besuchsperson abgeschlossen. Auf diese Besuchsvereinbarung wurde auch in den öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 24.02.2014 und am 22.9.2014 Bezug genommen. Nachdem diese Besuchsvereinbarung unbestritten ist, konnte sie den diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen ohne Bedenken zugrunde gelegt werden.

 

 

III.4.     Die wesentlichen Tätigkeiten der Besuchsperson ergeben sich aus der mit der Sachwalterin abgeschlossenen Besuchsdienstvereinbarung und aus der Vernehmung der Sachwalterin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.02.2014.

 

Die Feststellungen zu dem im Bezirksalten- und Pflegeheim W. eingerichteten Besuchsdienst können aus den Informationen der belangten Behörde über die in W. bestehenden Organisationen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.02.2014 gewonnen werden. Die im Heim angebotenen Veranstaltungen und Aktivitäten wurden von den Sachverständigen im Rahmen der Gutachtenserstellung umfassend ermittelt.

 

 

III.5. Die Ergebnisse der Sachverständigen wurden durch schriftliche Gutachten sowohl von Frau Mag. P.W. als auch Frau DGKS B.S. festgehalten. Ferner hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.09.2014 vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter Anwesenheit der Parteien eine Erörterung der eingeholten Sachverständigengutachten stattgefunden. Im Rahmen der Gutachtenserörterungen wurden ein von der belangten Behörde vorgelegter Fragenkatalog und Detailfragen von beiden Sachverständigen beantwortet. Von den Sachverständigen konnten die an sie gerichteten Fragen umfassend und nachvollziehbar beantwortet werden. Beide Sachverständige zeichneten sich durch profunde fachliche Kenntnisse aus und konnten auch für einen Laien nachvollziehbar die Versorgung und die Relevanz eines Besuchsdienstes für die Beschwerdeführerin darstellen.

 

 

III.6. Die Feststellungen im Hinblick auf das Verfahren nach dem Oö. ChG ergeben sich aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde, GZ: SO20-572909, insbesondere aus dem Bescheid vom 20.4.2011, welcher in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.2.2014 vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verlesen wurde.

 

 

IV.       Rechtslage:

 

§ 9 . SHG regelt den Einsatz der eigenen Mittel bzw. den Kostenbeitrag:

(1)        Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

(2)        entfallen

(3)        entfallen

(4)        Nicht zum verwertbaren Vermögen gehören Gegenstände, die zur (teilweisen) Vermeidung, Bewältigung oder Überwindung einer sozialen Notlage (§ 7) dienen.

(5)        Die Verwertung von Vermögen darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die soziale Notlage verschärft wird, von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird oder die dauerhafte Überwindung einer sozialen Notlage gefährdet wird.

(6)        Hat die hilfebedürftige Person Vermögen, dessen Verwertung ihr vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die Leistung sozialer Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht werden.

(7)        Für Leistungen sozialer Hilfe in Form von persönlicher Hilfe (§ 12) haben Hilfebedürftige einen angemessenen Kostenbeitrag zu entrichten. Die Leistung persönlicher Hilfe, auf die kein Rechtsanspruch besteht, kann soweit deren Kosten nicht vom Hilfeempfänger getragen werden, von einem angemessenen Kostenbeitrag, von dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin bzw. dem eingetragenen Partner abhängig gemacht werden. Der Kostenbeitrag kann die Höhe eines kostendeckenden Entgelts erreichen; bei der Bemessung ist insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und auf die sonstigen Sorgepflichten des Kostenbeitragspflichtigen Bedacht zu nehmen.

(8)        Für persönliche Hilfe in Form von Beratung darf kein Kostenbeitrag verlangt werden. Die Landesregierung kann durch Verordnung weitere Ausnahmen von der Kostenbeitragspflicht bestimmen, wenn dadurch den Zielen sozialer Hilfe besser entsprochen wird.

(9)        Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Einsatz der Mittel und über den Kostenbeitrag zu erlassen. Diese Verordnung hat insbesondere zu regeln:

 

1.   in wieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger sowie des im gemeinsamen Haushalts lebenden Ehegatten (Lebensgefährtin bzw. Lebensgefährte oder eingetragene Partner bzw. eingetragener Partner) gemäß § 3 nicht zu berücksichtigen sind, wobei auf die Ziele dieses Landesgesetzes und vergleichbare Regelungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Bedacht zu nehmen ist;

2.   Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß für persönliche Hilfe Kostenbeiträge zu leisten sind, wobei bei Kostenbeiträgen des Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin bzw. des eingetragenen Partners auf die Grenzen der Ersatzpflicht Angehöriger (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2) Bedacht zu nehmen ist.

 

 

§ 4 der Oö. Sozialhilfeverordnung regelt den Einkommensbegriff:

(1)        Als Einkommen gilt, wenn im Folgenden nichts anderes bestimmt ist insbesondere:

1.   bei nicht zur Einkommenssteuer veranlagten Personen die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit gemäß § 25 des Einkommenssteuergesetzes 1988 – EStG 1988 (Bruttobezüge), abzüglich der nachgewiesenen Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988 und der einbehaltenen Lohnsteuer;

2.   bei zur Einkommenssteuer veranlagten Personen die Einkünfte gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ohne Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988), der Sanierungsgewinne (§ 36 EStG 1988), der Freibeträge nach §§ 104 und 105 EStG 1988 und des Gewinnfreibetrags (§ 10 EStG 1988), abzüglich der festgesetzten Einkommenssteuer; sind Einkünfte auch nicht selbständiger Arbeit im Einkommenssteuerbescheid enthalten, sind sie im Sinne der Z 1 hinzuzurechnen;

3.   bei pauschalierten Land- und Forstwirten 70 % des jeweils geltenden Versicherungswertes;

4.   alle steuerfrei belassenen, regelmäßigen Einkünfte zur Deckung des Unterhalts, die aufgrund eines Rechtsanspruchs gewährt werden;

5.   das Kinderbetreuungsgeld, der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld und die Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbetreuungsgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001 gelten als Einkommen der anspruchsberechtigen Person.

(2)        Abweichend von Abs. 1 Z 4 gelten folgende Einkünfte nicht als Einkommen im Sinn des Abs. 1:

1.   Leistungen aus dem Grund einer Behinderung

2.   Pflegegeld, soweit nicht anderes bestimmt ist;

3.   Familienbeihilfe, soweit es sich nicht um einen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung handelt;

4.   Unterhaltsleistungen für Kinder.

 

 

§ 5 der Oö. Sozialhilfeverordnung regelt den Einsatz der eigenen Mittel und Freibeträge:

(1)        entfallen

(2)        Bei Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen (§ 17 Abs. 2 Z 2 des Oö. ShG 1998) sind folgende Einkünfte nicht zu berücksichtigen:

1.   20 % einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versorgungsgenüsse (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) oder Familienbeihilfe und

2.   die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) und

3.   der vom Anspruchsübergang gemäß § 13 Bundespflegegeldgesetz – BPGG, BGBl. Nr. 110/1993 nicht erfasste Betrag.

(3)        Wenn der Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG vor dem Monat Mai 1996 erfolgte, beträgt der anrechnungsfrei Betrag gemäß Abs. 2 Z 3 20 % des Betrags des Pflegegeldes der Stufe 3. Für Personen, deren Anspruchsübergang auf der Grundlage des Oö. Pflegegeldgesetzes vor dem Monat September 1996 erfolgte, gilt entsprechendes.

(4)        entfallen

(5)        Von Hilfeempfängern, die im Jänner 1997 nach den Bestimmungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, eine Vorschusszahlung erhalten haben, kann zur Sicherung des Einsatzes der eigenen Mittel für den Monat, in dem der Grund des Wegfalles der Pension (Rente) eintritt, eine entsprechende Vorschussleistung verlangt werden.

(6)        Bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe sind ein Schmerzengeld gemäß § 1325 ABGB und daraus nachweislich angeschaffte Vermögenswerte nicht zu berücksichtigen.

(7)        Bei Leistung sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen sind Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt 7.300 Euro und kleinere Sachwerte nicht zu berücksichtigen.

 

 

V.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1.   Zur Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts:

 

V.1.1. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hatten sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Auslegung landesgesetzlicher Regelungen zu befassen, die Beitragsverpflichtungen von Sozialhilfeempfängern aufgrund des Bezuges von Familienbeihilfe, erhöhter Familienbeihilfe oder Taschengeld nach den Vorschriften über Maßnahmen für pflegebedürftige Personen zum Inhalt hatten (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1992, Slg. 13052, vom 28. November 1994, Slg. 13933, vom 26. Februar 1996, Slg. 14403, und vom 23. September 1996, Slg. 14563, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0021, vom 24. Juni 1997, Slg. 14698/A und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404, alle betreffend die Bewertung der Familienbeihilfe als Einkommensbestandteil; vgl. weiters die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1998, Slg. 15281, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1998, Zl. 97/08/0452, jeweils betreffend die Einbeziehung des nach dem Bundespflegegeldgesetz gewährten Taschengeldes bei der Berechnung des Einkommens des Behinderten als Grundlage der Vorschreibung eine Kostenbeitrages). [VwGH 15. September 2003, 2003/10/0090].

 

V.1.2. Der Verfassungsgerichtshof setzte sich bereits in mehreren Erkenntnissen mit der Einbeziehung der Familienbeihilfe in Kostenbeitragsregelungen auseinander:

 

V.1.2.1. Zur Kostenbeitragsregelung des § 43 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz hat der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 9. Juni 1992, Slg. 13052, vom 28. November 1994, Slg. 13933, und vom 26. Februar 1996, Slg. 14403, dargelegt, er hege gegen eine Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialmaßnahmen, durch die der Lebensunterhalt (einschließlich Unterbringung und Verpflegung) vollends sichergestellt ist, vorsehende Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die Intention des Bundesgesetzgebers, der § 12a FLAG erlassen hat, schließe eine solche Heranziehung nicht aus; die Familienbeihilfe sei als Betreuungshilfe gedacht, die ausschließlich für jene Person, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist (vgl. OGH 10.7.1991 Zl. 1 Ob 565/91). Dieser Verwendungszweck werde durch eine sozialhilferechtliche Kostenbeitragsregelung jedenfalls dann nicht unterlaufen, wenn sie – wie § 43 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz – den geschilderten Inhalt habe (VfGH 9. Juni 1992, B 1129/91 = Slg. 13052, vom 28. November 1994, B 205/94 = Slg. 13933, und vom 26. Februar 1996, B 1867/94 = Slg. 14403).

 

Im oben erwähnten Erkenntnis vom 26. Februar 1996 führte der Verfassungsgerichtshof – zur Auffassung der belangten Behörde, die Familienbeihilfe sei unter der Voraussetzung der Sicherstellung von Unterkunft und Verpflegung des Hilfeempfängers als Einkommensbestandteil anzusehen, auch wenn „sonstige Aspekte des Lebensunterhaltes“ nicht gesichert seien – aus, § 43 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz wäre verfassungswidrig, wenn diese sozialhilferechtliche Kostenbeitragsregelung den von der Behörde angenommenen Inhalt hätte, weil dann nämlich die Intention des § 12a FLAG (wonach die Familienbeihilfe eben nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch mindert) unterlaufen und damit das Berücksichtigungsgebot unterlaufen würde. Die Formulierung der erwähnten Regelung des WBHG erlaube aber eine andere – verfassungskonforme – Auslegung: § 43 Abs. 3 WBHG regle den Fall, dass „ im Rahmen einer Maßnahme durch Unterbringung und Verpflegung der Lebensunterhalt des Behinderten sichergestellt wird“. Das bedeute, dass es sich zum einen am eine solche „Maßnahme“ i.S. des § 43 Abs. 1 handeln müsse, die mit der Unterbringung und Verpflegung des Behinderten verbunden ist; zum anderen, dass diese Maßnahme dessen Lebensunterhalt (s. § 12 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. 11/1973) vollends sicherstelle (VfGH 26. Februar 1996, B 1867/94 = Slg. 14403).

 

V.1.2.2. In dem die Kostenbeitragsregelung nach dem NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200, und der Eigenmittel-VO betreffenden Erkenntnis vom 23. September 1996, Slg. 14563, legte der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf seine oben wiedergegebene Rechtsprechung zum Wiener Behindertengesetz dar, eine Regelung, wonach die Familienbeihilfe als Teil des Einkommens des Hilfeempfängers der Bemessung eines Kostenbeitrages (jedenfalls) zugrunde zu legen wäre, wäre verfassungswidrig, weil dann nämlich die Intention des § 12a FLAG (wonach die Familienbeihilfe eben nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindert) unterlaufen und damit das Berücksichtigungsgebot missachtet würde. Gegen die Heranziehung der Familienbeihilfe als Grundlage eines Kostenbeitrages bestünden nur dann keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Berücksichtigungsgebotes, wenn „im Rahmen der Maßnahme der Lebensunterhalt einschließlich Unterbringung und Verpflegung vollends gesichert ist“ (VfGH 23. September 1996, Slg. 14563)

 

V.1.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0021, und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404, die in den oben referierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1992, 28. November 1994 und 26. Februar 1996 dargelegte Auslegung der Kostenbeitragsregelung des Wiener Behindertengesetzes übernommen und die Vorschreibung eine Kostenbeitrages jeweils als inhaltlich rechtswidrig aufgehoben, weil „durch die dem Beschwerdeführer gewährte Maßnahme dessen Lebensunterhalt – über die Unterbringung und Verpflegung hinaus – nicht vollends sichergestellt war“ (VwGH vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0021, und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404).

 

V.1.3. In dem (einen Fall der Heranziehung der Mutter einer Hilfeempfängerin zum Kostenbeitrag nach dem NÖ SHG betreffenden) Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Slg. 14698/A, hat der Verwaltungsgerichtshof die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vertretene Auffassung, der aus § 12a FLAG ersichtliche Zweck der Familienbeihilfe werde unterlaufen, wenn die Familienbeihilfe (als Grundlage der Leistung eines Kostenbeitrages des unterhaltspflichtigen Angehörigen) herangezogen werde, ohne dass der Lebensunterhalt, der über Unterkunft und Verpflegung hinaus „ auch andere Bedürfnisse, etwa Kleidung und weitere Anliegen umfassen kann“, durch die gewährte Hilfe „vollends gesichert“ ist, referiert und seiner Auslegung der Vorschrift des § 15 Abs. 5 (i.V.m. § 42 Abs. 1) NÖ SHG zu Grunde gelegt (VwGH vom 24. Juni 1997, Slg. 14698/A und 29. März 2000, Zl. 94/08/0119).

 

V.1.4. Die Rechtsmäßigkeit der Einbeziehung der erhöhten Familienbeihilfe in den Einkommensbegriff hängt davon ab, ob der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers durch die „Maßnahme“ der Sozialhilfe, deren Kosten Anlass zur Vorschreibung eines Kostenbeitrages geben, „vollends gesichert“ ist. Im Hinblick auf den Zweck der erhöhten Familienbeihilfe, deren Gewährung unter anderem das Bestehen einer erheblichen Behinderung voraussetzt, sind im vorliegenden Zusammenhang unter dem Begriff des „Lebensunterhaltes“ auch die besonderen Bedürfnisse zu verstehen, die aus der Behinderung folgen und im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen. Die belangte Behörde, die in der Bescheidbegründung den Darlegungen des Beschwerdeführers über die Art der Verwendung der ihm zufließenden Beträge an Taschengeld, Familienbeihilfe einschließlich Erhöhungsbetrag und Kinderabsetzbetrag gar nicht entgegentritt, dürfte offenbar davon ausgehen, dass die „völlige Sicherung“ des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers einschließlich der besonderen Bedürfnisse als behinderter Mensch durch ein Zusammenwirken der dem Beschwerdeführer in der Einrichtung erbrachten Sachleistungen mit den diesem auf verschiedener Grundlage zufließenden Geldleistungen erfolge, und dass (insbesondere) jene Bedürfnisse des behinderten Menschen, deren Befriedigung die Gewährung des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe dienen soll, mit Hilfe der anderen zufließenden Geldleistungen („Pflegegeldtaschengeld“, Grundbetrag der Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) befriedigt werden könnten. Aus der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist aber abzuleiten, dass die Heranziehung des Hilfeempfängers zur Kostenersatzleistung auf Grund des Bezuges der (erhöhten) Familienbeihilfe verfassungskonform nur dann Platz greifen dürfe, wenn die Befriedigung jener Bedürfnisse, der die Leistung des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe zu dienen bestimmt ist, durch die betreffende Maßnahme vollends sichergestellt ist. Der Verfassungsgerichtshof hat klargestellt, dass die Einbeziehung der Familienbeihilfe in den Einkommensbegriff in verfassungskonformer Gesetzesauslegung nur dann zulässig sei, wenn „diese Maßnahme“ den Lebensunterhalt vollends sicherstelle (vgl. die Erkenntnisse vom 26. Februar 1996 und vom 5. Oktober 1998) [VwGH 15. September 2003, 2003/10/0090].

 

 

V.2.     Zum Sachverhalt:

 

V.2.1. Im Hinblick auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts muss der Lebensunterhalt des Sozialhilfeempfängers über Unterkunft und Verpflegung hinaus auch andere Bedürfnisse wie etwa Kleidung und weitere Anliegen durch die gewährte Hilfe vollends gesichert sein. Zum Begriff des „Lebensunterhaltes“ zählen auch die besonderen Bedürfnisse einer Person, die aus der Behinderung folgen und im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen. Zu den speziellen Bedürfnissen und zum Lebensunterhalt einer Person zählen mithin nicht nur Unterkunft und Verpflegung sondern auch andere Bedürfnisse wie etwa Kleidung und weitere Anliegen.

 

V.2.2. Beim Bezirksalten- und Pflegeheim in W. handelt es sich um eine sehr gut spezialisierte Einrichtung (insbesondere auf Demenzerkrankungen), in welcher die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Basisversorgung gut versorgt wird. Allerdings muss der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin über die Unterbringung und Verpflegung hinaus vollends sichergestellt werden. Die Beschwerdeführerin ist (nach den Ergebnissen der eingeholten Sachverständigengutachten) aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung auf eine Einzelbetreuung im Rahmen einer 24-stündigen Versorgung angewiesen. Eine derartige Betreuung kann im Bezirksalten- und Pflegeheim schon wegen der Grundstruktur und der Zielrichtung auf die alters- und nicht behindertenbedingte Betreuung nicht geboten werden.

 

Ein adäquater Ausgleich für die fehlende Einzelbetreuung kann mit den vorhandenen Mitteln nicht geschaffen werden. Die Besuchsdienste des Herrn DI M.J. und der Frau B.P. entsprechen zwar grundsätzlich der für die Beschwerdeführerin erforderlichen Betreuung. Der zeitliche Umfang dieser Besuchsdienste ist allerdings zu gering. Andere (ehrenamtliche) Besuchsdienste erfüllen nicht die fachlichen Voraussetzungen. Auch eine Kombination von bezahlten und ehrenamtlichen Besuchsdiensten kann daher die gebotene Einzelbetreuung nicht ersetzen.

 

Die im Bezirksalten- und Pflegeheim angebotenen tagesstrukturierenden Maßnahmen und Veranstaltungen sind sehr gut auf altersbedingte Bedürfnisse ausgerichtet. Wegen der geistigen Behinderung der Beschwerdeführerin gelingt es aber nicht, sie in diese Aktivitäten einzubinden. Auch auf diesem Weg kann daher die fehlende Einzelbetreuung, welche außerdem flexibel gestaltet werden muss, nicht ausgeglichen werden.

 

Aufgrund dieser behinderungsbedingten Bedürfnisse der Beschwerdeführerin ist (zumindest mittelfristig) die Übersiedelung in ein Landespflege- und Betreuungszentrum geboten. Die besondere Schwierigkeit für die Beschwerdeführerin liegt allerdings darin, dass ihre Wohn- und Basisbedürfnisse gut abdeckt werden. Daraus resultiert wiederum, dass die Beschwerdeführerin keine entsprechende Dringlichkeitsstufe erreicht, die die Zuweisung eines Betreuungsplatzes in einem Landespflege- und Betreuungszentrum in absehbarer Zeit ermöglichen würde.

 

Die Beschwerdeführerin befindet sich daher in einer Situation in der ihr Lebensunterhalt nicht vollends sichergestellt ist. Im Lichte der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist daher die Einbeziehung der erhöhten Familienbeihilfe in den Einsatz der eigenen Mittel nicht rechtmäßig und muss der Beschwerdeführerin zur Finanzierung ihres Betreuungsaufwandes ungekürzt zur Verfügung stehen. Durch die Unterbringung in einem Landespflege- und Betreuungszentrum wäre es möglich, den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin vollends sicherzustellen, sodass in diesem Fall die Einbeziehung der erhöhten Familienbeihilfe in den Einsatz der eigenen Mittel gerechtfertigt sein könnte.

 

 

V.3.   Ergebnis:

 

Zusammengefasst war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde dahingehend Folge zu geben, als der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 24.04.2012, GZ. SO10-5-572909, im Umfang der Anfechtung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern war, dass 80% des Bezuges der Familienbeihilfe ab dem Monat Mai 2011 monatlich als Kostenbeitrag an den Sozialhilfeverband Steyr-Land zu leisten sind. Hiefür ist ein entsprechender Dauerauftrag einzurichten. Von der Rückerstattung der Heim- und Pflegeentgelte im Bezirksalten- und Pflegeheim 3335 W. ist die von der Beschwerdeführerin bezogene erhöhte Familienbeihilfe zur Gänze vom Einsatz der eigenen Mittel im Sinne des § 9 Oö. SHG ausgenommen.

 

 

VI.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1.    Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

VI.2.    Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Hinblick auf die bereits bestehende umfassende Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts auf die zitierten Entscheidungen im Punkt V.1. verwiesen. Demnach steht die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im Einklang mit dieser Rechtsprechung, welche darüber hinaus nicht uneinheitlich ist. Zusammengefasst war daher die ordentliche Revision für unzulässig zu erklären.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

VwGH vom 5. Oktober 2016, Zl.: Ra 2014/10/0047-11