LVwG-300350/6/PY/PP

Linz, 26.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn H N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22. April 2014, GZ: SV96-1-2014, betreffend Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als eine Gesamtstrafe in Höhe von 750 Euro, im Fall der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 46 Stunden verhängt wird.

 

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf
75 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
22. April 2014, SV96-3-2014, wurden über den Beschwerdeführer (in der
Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs. 2 iVm § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl Nr. 459/1993 idgF zwei Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatz­freiheitsstrafen von je 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrens­kostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer, somit als der zur Vertretung nach außen berufene Organ und verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der Firma A C K, mit Sitz in Ungarn, X, zu verantworten, dass am 28.11.2013 um 10:45 Uhr im Zuge einer Kontrolle des Finanzamtes Braunau Ried Schärding, Finanzpolizei, auf der Baustelle S in X, die zwei ungarischen Arbeitenehmer

 

1.       H S M, geb. x

2.       H R, geb. x

 

bei Hilfsarbeiten (Maurerarbeiten) angetroffen wurden, ohne dass die erforderlichen Lohnunterlagen gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz idgF (AVRAG) am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten wurden, obwohl gemäß § 7d Abs. 1 AVRAG Arbeit­geber im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben. Die Bereithaltung der Unter­lagen am Arbeits(Einsatz)ort war zumutbar.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass die Angaben im Strafantrag des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 13. Jänner 2014 schlüssig und nachvollziehbar sind. Mangels Rechtfertigung durch den Beschuldigten ist für die erkennende Behörde der im Spruch dargestellte Sach­verhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des Beweisverfahrens erwiesen.

 

Zur verhängten Strafe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die verwaltungs­strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet wurde, straferschwerende Gründe würden nicht vorliegen und wurden von den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen, die bei der Bemessung der Geldstrafe gemäß den Angaben aus dem Verfahren zu SV96-1-2014 und SV96-2-2014 gemacht wurden, ausgegangen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde, die mit Eingabe vom 17. Oktober 2014 vom Bf auf die verhängte Strafhöhe eingeschränkt wurde. Als Begründung wird das Geständnis des Bf, sein geringes Einkommen und die lange Verfahrensdauer angeführt und vorgebracht, dass über den Bf wegen ein und desselben Lebenssachverhaltes drei Strafverfahren geführt wurden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Beschwerde samt bezug­habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 26. Mai 2014 dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Ver­handlung konnte gemäß § 43 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde. Dem Finanzamt Braunau Ried Schärding als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zur Berufung abzugeben.

 

5. Erwägungen des Oö. Landesverwaltungsgerichtes:

 

5.1. Gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl Nr. 459/1993 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 24/2011 haben Arbeitsgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt erforderlich sind (Lohn­unterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeiter­nehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeits­tages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nach­-weislich zu übermitteln.

 

Gemäß § 7i Abs. 2 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeit­geber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 oder als Beauftragte/r im Sinne des § 7b Abs. 1 Z 4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfte­überlassung die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht bereitstellt.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall wurden über den Bf als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als der zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma A C K mit Sitz in X, wegen nicht Bereithaltung der Lohnunterlagen nach § 7i Abs. 2 iVm § 7d Abs. 1 AVRAG zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 500 Euro verhängt.

 

Zunächst ist dem Beschwerdevorbringen des Bf zu entgegnen, dass es sich bei den drei gegen ihn geführten Strafverfahren um vom Gesetzgeber bei der Ent­sendung ausländischer Arbeitnehmer nach Österreich jeweils gesondert gefor­derte Verhaltensweisen handelt, die bei Nichteinhaltung auch gesondert unter Strafe gestellt sind und somit keinen Verstoß gegen das Doppelbestrafungs­verbot darstellen.

 

Anzumerken ist jedoch, dass im gegenständlichen Verfahren nicht von zwei Verwal­tungsübertretungen, sondern von nur von einer Verwaltungsübertretung auszugehen ist. Die oben zitierte Bestimmung des § 7i Abs. 2 AVRAG in der zum tatzeitpunkt geltenden Fassung sieht für die gegenständliche Verwaltungsübertretung einen Strafrahmen von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro vor. Zu dieser Strafbe­stimmung ist auszuführen, dass der Gesetzgeber hier – zum Unterschied von der offensichtlich an § 28 Abs. 2 AuslBG orientierten Strafbestimmung des
§ 7i Abs. 3 AVRAG, welche gestaffelte Strafsätze nach der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer/innen vorsieht, davon ausgegangen ist, dass fehlende Lohn­unterlagen – auch in Ansehung mehrerer betroffener Arbeitnehmer/innen – nur eine Verwaltungsübertretung darstellen. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 1 AZG und § 26 Abs. 1 KJBG, wo der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (VwGH) vom 9.3.1995, Zl93/18/0114, u.a.) die Auffassung vertritt, dass das Fehlen von Aufzeichnungen hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer nur eine Über­tretung darstellt. Aufgrund der zum Tatzeitpunkt in Geltung stehenden Fassung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes stellt der Umstand, dass die Lohnunterlagen in deutscher Sprache nicht bereitgestellt wurden, daher nur eine einzige Verwaltungsübertretung dar.

 

Jedoch kann der Umstand, dass – wie im vorliegenden Fall – mehrere Personen von der rechtswidrigen Verhaltensweise des Bf betroffen waren, zum Anlass genommen werden, um innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens eine über der Mindeststrafe liegende Strafe zu bemessen. Als strafmildernd ist neben der Unbescholtenheit des Bf sein Verhalten zu werten, an der Aufklärung des ent­scheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken und keine Verschleierungs­handlungen zu setzen. Allerdings blieb der Bf die Vorlage der erforderlichen Unterlagen in deutscher Sprache nach wie vor schuldig, weshalb die Verhängung einer über der Mindeststrafe liegenden Geldstrafe als angemessen und gerecht­fertigt erscheint. Hinzu kommt, dass die mit 1. Mai 2011 in Kraft getretenen gegenständlichen Bestimmung zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping zum gegenständlichen Tatzeitpunkt 28. November 2013 bereits über zwei Jahre in Geltung standen, weshalb der Bf auch ausreichend Möglichkeit gehabt hätte, sich vor der Tat mit den einschlägigen Bestimmungen, die bei der Ausübung seiner Tätigkeit in Österreich zur Anwendung gelangen, auseinanderzusetzen. Sein Verschulden kann daher nicht als gering gewertet werden.

 

Ein Vorgehen nach § 20 Verwaltungsstrafgesetz scheidet daher mangels über­wiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe ebenso wie eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG aus, da das tatbildmäßige Verhalten des Bf nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb und die Tat auch nicht mit unbedeutenden Folgen einherging.

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich erscheint somit die Verhängung einer nicht nur geringfügig über der Mindeststrafe liegenden Geld­strafe angemessen und gerechtfertigt. Mit der nunmehr verhängten (Gesamt) Strafe scheint eine ausreichende Sanktion gesetzt, um dem Bf die Unrecht­mäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetztes konformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny