LVwG-550269/6/KH/SB/IH

Linz, 02.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Katja Hörzing über die Beschwerde des Herrn A V in F gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. Mai 2014,
GZ: WR10-43-2013, betreffend die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Beseitigung der auf den Grundstücken Nr. x und x, KG x B M, Marktgemeinde F, anfallenden Oberflächenwässer an Frau S A in F, nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) folgenden

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Bezirks­hauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. Mai 2014,
GZ: WR10-43-2013, wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) an den Bezirks­haupt­mann von Urfahr-Umgebung
zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungs­gesetz (B-VG) unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.1. Mit Schreiben vom 29. April 2013 wurden die Einreichunterlagen für die wasserrechtliche Bewilligung für das Projekt "Wohnanlage A, B M, x Doppelwohnhäuser, Bauvorhaben F" dem Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung (im Folgenden: belangte Behörde) vorgelegt.

 

1.2. Nach Einholung der Stellungnahme des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans und des betreffenden Amtssachverständigen wurde am
30. September 2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung führte der Amtssachverständige für Wasserwirtschaft und Grund­was­serschutz aus, dass ein Widerspruch zu öffentlichen Interessen aus fachlicher Sicht u.a nicht gesehen werde weil, "der im Befund erwähnte Brunnen V, welcher im unmittelbaren Nahbereich eines Sickerbereiches liegt, laut
Oö. Gemeinde-Wasserversorgungsgesetz lediglich zum Nutzwasserzweck Ver­wen­dung finden dürfte, qualitativ betrachtet als Nutzwasserbrunnen keine Beurteilungsrelevanz hat
". Herr A V (im Folgenden: Bf), x, x, gab dazu an, dass er einen Hausbrunnen für die Trink- und Nutzwasserversorgung besitzen würde und nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen sei. Es bestehe auch keine Zuleitung. Er forderte daher, dass kein Niederschlagswasser auf seinem Grundstück abfließen und keine qualitative Beeinträchtigung des Hausbrunnens entstehen solle. Vom Vertreter der Marktgemeinde F wurde ein Katasterplan vorgelegt, auf welchem die Hausanschlüsse der betroffenen Nachbarn eingezeichnet waren. Demnach wären diese an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen und befänden sich im Bereich des Anschluss­zwanges. Die belangte Behörde forderte eine dahingehende Bestätigung der Marktgemeinde F.

 

1.3. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 wurden der belangten Behörde vom Bürgermeister von F eine Auflistung der vom Bewilligungs­verfahren betroffenen Objekte und deren Wasserversorgung übermittelt. Demnach befänden sich sämtliche Objekte im Anschlusszwang und seien auch bis auf das Objekt des Bf alle an die öffentliche Wasserversorgung ange­schlossen. Der Bf werde in nächster Zeit auf die Anschlussverpflichtung hingewiesen, wobei dieser die Möglichkeit habe, eine Ausnahme vom Anschluss­zwang zu beantragen.

 

1.4. Der Bürgermeister der Marktgemeinde F teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 17. Februar 2014 mit, dass der Bf mit Eingabe vom 10. Februar 2014 um Gewährung einer Ausnahme vom Anschluss­zwang an die öffentliche Wasserversorgung angesucht habe.

 

1.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom
13. Mai 2014, GZ: WR10-43-2013, wurde Frau S A, x, x, die wasserrechtliche Bewilligung für die Oberflächen­entwässerung auf den Grundstücken Nr. x und x, KG x B M, Marktgemeinde F, erteilt. Zum Hausbrunnen des Bf wird in der Begründung ausgeführt: "Laut Auskunft der Gemeinde vom 12.12.2013 und 17.2.2014 liegen sämtliche Hausbrunnen innerhalb des 50 m Anschlusspflichtbereiches gemäß dem Oö. Wasserversorgungsgesetz und sind auch - bis auf das Objekt x - an die öffentliche Wasser­versorgung angeschlossen. Eine Ausnahme vom Anschlusszwang wurde bislang nicht gewährt. Damit kann kein Schutz etwaiger gegenständlicher Trinkwas­sernutzungen im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens eingeräumt werden. Der Anschlusszwang hat mit dem Nichtvorliegen der Befreiung die Wirkung, dass die Beeinträchtigung der Nutzung des Grundwassers im Versorgungsbereich durch das Vorhaben eines Dritten im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nicht gemäß § 12 Abs. 2 WRG wirksam eingewendet werden kann (VwGH 12.9.1985, 85/07/0083; 17.2.1987, 85/07/0083). Forderungen von quantitativen oder qualitativen Beeinträchtigungen sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen."

 

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 11. Juni 2014 (Datum Poststempel) des Bf, worin ausgeführt wurde, dass das Verfahren über die Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang noch bei der Marktgemeinde anhängig sei und von der belangten Behörde abzuwarten gewesen sei.

 

2.1. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 24. Juni 2014,
GZ: WR10-45-2014/Pol/Gö, zur Entscheidung vor.

 

2.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich setzte mit Beschluss vom 29. Juli 2014, GZ: LVwG-550269/2/KH/EGO/IH, das Verfahren gemäß §§ 17 und 31 VwGVG iVm § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Marktgemeinde F über das anhängige Verfahren betreffend die Ausnahme vom Anschlusszwang an die öffentliche Wasserversorgung aus.

 

2.3. Der Bürgermeister der Marktgemeinde F übermittelte mit Schreiben vom 27. Oktober 2014, GZ: 620-0/1599-2014-F., den rechtskräftigen Bescheid vom 6. Oktober 2014, GZ: 850-4/371-2014-F., mit welchem dem Ansuchen auf Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang an die öffent­liche Wasserversorgung für das Objekt des Bf (x) stattgegeben wurde.

 

 

3. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1
B-VG iVm § 3 VwGVG.

 

3.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 und 4 VwGVG abgesehen werden, da einerseits kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde und andererseits der Verfahrensakt erkennen lässt, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

 

3.2. Danach steht - ergänzend zum dargestellten Verfahrensablauf - folgender Sachverhalt fest:

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlich bekämpften Bescheides der belangten Behörde war ein Verfahren betreffend den Antrag des Bf auf Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang an die öffentliche Wasserversorgung der Marktgemeinde F anhängig. Von diesem anhängigen Verfahren hatte die belangte Behörde durch die Mitteilung der Marktgemeinde F Kenntnis und erließ dennoch vor Abschluss dieses Verfahrens den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid. Diesem Bewilligungsbescheid zugrunde gelegt wurde der Befund und das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserwirtschaft und Grundwasserschutz, wobei dieser dabei davon ausging, dass der Brunnen des Bf nur für die Nutzwas­serversorgung zur Verfügung stehe, da ein Anschlusszwang an die öffentliche Wasserversorgung bestehe. Beeinträchtigungen des Trink- und Nutzwasser­brunnens des Bf durch das beantragte Projekt wurden somit nicht geprüft, da auf Grund der angenommenen Verwendung von Nutzwasser keine Beurteilungs­relevanz vorlag. Nunmehr wurde jedoch dem Ansuchen des Bf um Ausnahme vom Anschlusszwang stattgegeben, weshalb dieser seinen Brunnen weiterhin für die Trink- und Nutzwasserversorgung des Objektes x, x verwenden darf.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich zweifels- und widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

4.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefoch­tenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

§ 12 Abs. 1 und 2 WRG 1959 lauten:

(1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

 

Die im gegenständlichen Fall vorliegende Trink- und Nutzwasserversorgung des Bf durch seinen Brunnen stellt eine Nutzungsbefugnis iSd § 5 Abs. 2 WRG 1959 dar. Bei der Beurteilung des beantragten Projektes durch den Amtssach­verständigen wurde auf eine konkrete Beeinträchtigung des Brunnens des Bf nicht eingegangen, weil von einer Anschlussverpflichtung an die öffentliche Wasserversorgung ausgegangen wurde. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bewilligungsbescheides durch die belangte Behörde war jedoch ein Verfahren auf Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang bei der Marktgemeinde F anhängig; darüber wurde die belangte Behörde von der Marktgemeinde F informiert. Gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Wasserver­sorgungsgesetz kann die Gemeinde eine Ausnahme vom Anschlusszwang gewähren, wenn die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (12.09.1985, 85/07/0083; 17.02.1987, 86/07/0111) ist anzumerken, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides durch die belangte Behörde weder eine Befreiung noch eine Nichtbefreiung vom Anschlusszwang, sondern ein Antrag vorlag und die Entscheidung darüber noch ausständig war. Dem Ansuchen des Bf auf Gewährung der Ausnahme vom Anschluss­zwang an die öffentliche Wasserversorgungsanlage wurde stattge­geben, weshalb eine bestehende Nutzungsbefugnis iSd § 5 Abs. 2 iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 vorliegt und dies bei der Bewilligung des beantragten Projektes (Einleitung von Oberflächenwässern) entsprechend zu berücksichtigen ist. Da eine dahingehende Beurteilung aus sachverständiger Sicht nicht vorliegt, sind weitere Ermittlungsschritte erforderlich, um den für die Erlassung des Bewilligungsbescheides erforderlichen Sachverhalt zu erheben und eine eventuelle Verletzung bestehender Rechte des Bf zu vermeiden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 


 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwal­tungs­ge­richtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­brin­gen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Katja Hörzing