LVwG-750224/2/MZ/JB

Linz, 01.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde der K. L., geb. X, X Straße X, A., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.10.2014, GZ. Pol01-12-2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.) Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.10.2014,
GZ. Pol01-12-2014, wurde das Ansuchen der nunmehrigen Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) auf Erteilung einer Bordellbewilligung für das Bordell „M.“, etabliert in A., X Straße X, gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 7
Oö. SDLG zurückgewiesen.

 

Ihren Bescheid begründend führt die belangte Behörde auf das Wesentliche verkürzt aus, dass die Bf mit nachweislichem Verbesserungsauftrag vom 15.5.2014 sowie mit einem weiteren Verbesserungsauftrag vom 28.7.2014 aufgefordert worden sei, fehlende Antragsunterlagen beizubringen. Da die Bf diesen Aufträgen (zumindest nicht vollständig) entsprochen habe, sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.

 

II. Gegen den angefochtenen Bescheid erhob die Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

III. a) Die belangte Behörde legte die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1
B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem, sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergebenden, Sachverhalt aus:

 

Die im Verwaltungsverfahren unvertretene Bf beantragte mit bei der belangten Behörde am 31.3.2014 eingelangtem Schreiben die Bewilligung zum Betrieb eines Bordells in der X Straße X in A. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.5.2014 wurde die Bf aufgefordert, näher bezeichnete fehlende Unterlagen binnen einer gewissen Frist nachzureichen. Bei Fristversäumung entfalle das weitere Parteiengehör und zur Entscheidungsfindung würden jene Unterlagen herangezogen, die sich im Verwaltungsakt befinden. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.7.2014 wurde die Bf schließlich aufgefordert, einen weiteren Nachweis zu erbringen. Sollte dies nicht binnen der gesetzten Frist geschehen, werde der Antrag abgewiesen.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.) Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG lautet:

 

„(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

 

b.1.) Der „eigentliche Zweck“ der zitierten Bestimmung besteht dem Verfassungsgerichtshof zufolge darin, der Partei Gelegenheit zu geben, allfällige Mängel im schriftlichen Anbringen zu korrigieren (VfSlg 17.988/2006). Der Verwaltungsgerichtshof hat dies noch dahin gehend präzisiert, dass § 13 Abs. 3 AVG die Parteien vor Rechtsnachteilen schützen soll, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind (VwSlg 17.439/2008; VwGH 6.7.2011, 2011/08/0062). Vor diesem Hintergrund soll die Behörde mangelhafte Anbringen nicht sofort zurückweisen, sondern den Mangel bzw. die Mängel der (unvertretenen) Partei gegenüber erst konkretisieren und, wenn in Folge keine Mangelbehebung durchgeführt wird, mit Zurückweisung vorgehen.

 

b.2.) Über die Rechtsfolge der Zurückweisung bei nicht fristgerechter Verbesserung ist zwar nicht auf Grund des Wortlautes des § 13 Abs. 3 AVG, jedoch dann, wenn der Auftrag an eine Partei ergeht, die nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten wird, gem. § 13a AVG zu belehren (VwGH 24.5.2007, 2006/07/0001; 2.9.2008, 2005/18/0513; VwSlg 17.926 A/2010). Nicht ausreichend ist dafür etwa (vgl auch VwGH 31.3.2005, 2004/20/0357; 2.9.2008, 2005/18/0513) die Formulierung, „um ihr Ansuchen positiv erledigen zu können, wird um Vorlage der fehlenden Unterlagen binnen einer Frist von vier Wochen ersucht“ (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0185), oder der Hinweis, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist ohne weitere Anhörung entschieden werde (VwSlg 15.793 A/2002).

 

b.3.) Im als Verbesserungsauftrag bezeichneten Schreiben vom 15.5.2014 hat die Behörde als Rechtsfolge bei nicht fristgerechter Verbesserung wörtlich angekündigt: „Bei Fristversäumung entfällt das weitere Parteiengehör und zur Entscheidungsfindung werden jene Unterlagen herangezogen, die sich im besagten Verwaltungsakt befinden.“ Im Schreiben vom 28.7.2014 findet sich folgende Ankündigung: „Sollte die entsprechende Widmung nicht bis zum
15. Oktober 2014 bei der hs. Sicherheitsbehörde eingelangt sein, wird ihr Antrag auf Erteilung einer Bordellbewilligung für das Bordell „M.“ … abgewiesen.“

 

Entgegen der im vorigen Punkt zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde der im Verwaltungsverfahren nicht vertretenen Bf somit in keinem der beiden Schreiben die Rechtsfolge der nunmehr erfolgten Zurückweisung angekündigt, auch wenn dies im Sinne des § 13 Abs. 5 AVG erfolgen hätte müssen. Die Bf musste aufgrund der gewählten behördlichen Formulierungen vielmehr davon ausgehen, dass ihr Anbringen den inhaltlichen Anforderungen des Oö. Sexualdienstleistungsgesetzes nicht entspricht, und allenfalls mit einer Versagung der Bewilligung, nicht jedoch mit der Zurückweisung ihres Antrages rechnen.

 

Oder anders formuliert: Wird bei mangelnder Verbesserung des Anbringens die Zurückweisung von der Behörde einer nicht vertretenen Partei gegenüber nicht ausdrücklich angedroht, ist diese der Behörde in Folge auch nicht gestattet. Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben und es braucht nicht abschließend geklärt zu werden, ob im ggst Fall überhaupt ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vorliegt.

 

c.) Anzumerken ist: Die Behörde darf nur dann gem. § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen „Mangel“ aufweist, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (VwGH 28.4.2006, 2006/05/0010; 16.9.2009, 2008/05/0206). Von Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen (VwGH 29.4.2005, 2005/05/0100; 29.4.2010, 2008/21/0302; 22.6.2011, 2007/04/0080), weil dieses etwa wegen des Inhalts des darin vorgetragenen Begehrens (z.B. wegen mangelnder Genehmigungsfähigkeit des beantragten Projekts [vgl VwGH 27.6.2002, 98/07/0147]) abzuweisen ist. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers wird die Behörde nicht durch § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet, die Partei zu einer solchen „Verbesserung“ (in Wahrheit: Änderung) des Anbringens aufzufordern, welche eine stattgebende Entscheidung ermöglicht (VwGH 22.6.2011, 2007/04/0080).

 

Ohne eine nähere Prüfung der einschlägigen Bestimmungen des Oö. SDLG vorzunehmen entsteht bei der Lektüre der beiden Verbesserungsaufträge der Eindruck, dass die belangte Behörde im weiteren Verfahren zu prüfen haben wird, ob von der Bf tatsächlich ein unvollständiger Antrag eingebracht wurde, oder ob nicht die zum Vorliegen einer Sachentscheidung notwendigen Unterlagen vorhanden sind und allenfalls eine abweisende Entscheidung zu fällen ist.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Frage, ob bei unvertretenen Parteien ohne erfolgte diesbezügliche Androhung eine Zurückweisung bei nicht erfolgter Verbesserung zulässig ist, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einheitlich beantwortet wird und die gegenständliche Entscheidung nicht davon abweicht.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer