LVwG-400004/2/Gf/Rt

Linz, 08.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Gróf über die Beschwerde des F gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 20. Juni 2013, Zl. VerkR96-6735-2012, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes

 

    zu Recht  e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 200 Euro und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auf 22 Stunden herabgesetzt.

 

II.         Nach § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 20 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 20. Juni 2013, Zl. VerkR96-6735-2012, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 37 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro) verhängt, weil er am 2. Oktober 2012 um 16:35 Uhr auf der Autobahn A 8 im Gemeindegebiet von Suben ein mehrspuriges KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da am Fahrzeug keine gültige Vignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 11 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl.Nr. I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 135/2008 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatverhalten sei auf Grund der Anzeige der ASFINAG als erwiesen anzusehen.

 

Da im Zuge der Strafbemessung lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt worden sei, habe auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht mehr Bedacht genommen werden müssen.

 

2. Gegen dieses ihm am 9. Juli 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Juli 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf entsprechende Belege vor, dass er am 22. September 2012 (erst) um 17:12 Uhr bei einer Tankstelle in Suben eine (10-Tages-)Vignette gekauft habe. Da er die verfahrensgegenständliche Fahrt am 2. Oktober 2012 angetreten habe und die Gültigkeitsdauer der Vignette um 17:12 Uhr dieses Tages abgelaufen sei, liege sohin angesichts seiner Betretung um 16:35 Uhr im Ergebnis (noch) kein strafbarer Tatbestand vor.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 


 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Zl. VerkR96-6735-2012.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 44 Abs. 3 Z. 3 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im BStMG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke – hierzu zählen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 4 BStMG sämtliche als solche gekennzeichneten Bundesstraßen – benützte, ohne die nach § 10 BStMG geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Davon ausgehend, dass die Maut gemäß § 2 BStMG entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten ist, unterlag die Benützung einer Mautstrecke mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t betrug, nach § 10 BStMG einer zeitabhängigen Maut. Diese war gemäß § 10 Abs. 1 BStMG durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 8 betreten.

 

Dies wird zum einen schon von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt, wenn er in seiner Beschwerde unter Beilage eines entsprechenden Nachweises vorbringt, sich (auch) für die am 2. Oktober 2012 angetretene Fahrt eine Vignette gekauft zu haben.

 

Zum anderen ergibt sich dies auch aus der Anzeige der ASFINAG vom 2. Oktober 2012, Zl. 110341005846, aus der hervorgeht, dass der Rechtsmittelwerber bei  einer Kontrolle auf der Autobahn A 8 von einem Aufsichtsorgan betreten wurde (vgl. S. 2).

 

In Würdigung dieser Umstände kann es daher als erwiesen angesehen werden, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit einem PKW, der – allseits unbestritten – ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von weniger als 3,5 t aufwies, die Autobahn A 8 benutzt hat.

 

2.2. Die Autobahn A8 zählte nach Teil A, Pkt. 2.1 (Seite 9), der auf § 14 BStMG basierenden „Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs“ in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Version 33[1] (im Folgenden kurz: MautO V 33) zum Tatzeitpunkt zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Beschwerdeführer war daher nach § 10 erster Satz BStMG dazu verpflichtet, für die Benützung der A 8 mit seinem ein nicht über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisenden KFZ eine zeitabhängige Maut zu entrichten.

 

2.3. Zur Frage, ob diese Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde, hat der Beschwerdeführer eine Rechnung vorgelegt, aus der hervorgeht, dass er am 22. September 2012 eine 10-Tages-Vignette erworben hat, wobei sowohl er selbst vorbringt als auch aus der vom Aufsichtsorgan angefertigten Lichtbildaufnahme hervorgeht, dass die Lochung der Vignette mit diesem Datum erfolgte.

 

Hinsichtlich der Gültigkeitsdauer legt § 11 Abs. 2 fünfter Satz BStMG ausdrücklich fest, dass eine 10-Tages-Vignette (nur) während 10 aufeinanderfolgender Kalendertage zur Benützung aller Mautstrecken berechtigt.

 

Die hierzu vom Rechtsmittelwerber vertretene Auffassung, dass eine solche Vignette für ein ab dem minutengenauen Zeitpunkt ihres Erwerbes zu berechnendes Intervall von 240 Stunden gültig wäre, lässt sich demgegenüber mit diesem Gesetzeswortlaut nicht vereinbaren.

 

Erster Gültigkeitstag war im gegenständlichen Fall sohin der 22. September 2012 (und zwar bereits ab 0:00 Uhr, wenngleich diese erst um 17:12 Uhr gekauft wurde), sodass davon ausgehend die Gültigkeitsdauer der Vignette bereits am 1. Oktober 2012 um 24:00 Uhr – und nicht erst, wie vom Beschwerdeführer angenommen, am 2. Oktober 2012 um 17:12 Uhr – endete.

 

Daher lag zum Zeitpunkt der Betretung (2. Oktober 2012, 16:35 Uhr) schon aus diesem Grund keine ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut und sohin auch ein tatbestandsmäßiges Verhalten i.S.d. § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 BStMG vor.

 

Davon abgesehen wurde vom Aufsichtsorgan auch festgestellt (und im Wege eines Lichtbildes entsprechend dokumentiert), dass die Trägerfolie nicht vollständig von der Vignette abgelöst war, sodass auch insoweit keine ordnungsgemäße Anbringung i.S.d. § 11 Abs. 5 i.V.m. Teil A, Pkt. 7.1 (S. 16) MautO V 33 gegeben war; diesem Vorwurf ist der Rechtsmittelwerber mit der vorliegenden Beschwerde auch gar nicht entgegengetreten.

 

Angesichts dieser Umstände kann es daher objektiv betrachtet keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, es als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der ihm konkret angelasteten Übertretung (nicht ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut am 2. Oktober 2012 um 16:35 Uhr auf der Autobahn A 8 im Gemeindegebiet von Suben deshalb, weil am Fahrzeug keine gültige Vignette angebracht war) tatbestandsmäßig handelte.

 

2.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist ihm zumindest fahrlässiges und damit schuldhaftes Handeln vorzuwerfen, weil von einem durchschnittlichen KFZ-Lenker verlangt werden kann, dass er sich vor Fahrtantritt darüber Gewissheit verschafft, ob die Mautvignette ordnungsgemäß aufgeklebt und in zeitlicher Hinsicht noch gültig ist. Ein sein Verschulden ausschließender Rechtsirrtum hinsichtlich der genauen Gültigkeitsdauer der von ihm erworbenen 10-Tages-Vignette kann ihm hingegen deshalb nicht zugute gehalten werden, weil er als KFZ-Lenker dazu verpflichtet gewesen wäre, diesbezüglich ex ante eine entsprechende Auskunft bei einer zuständigen Behörde einzuholen.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

2.5. Im Zuge der Strafbemessung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin bloß die Mindeststrafe verhängt hat.

 

Vor dem Hintergrund, dass die Trägerfolie nicht vollständig abgelöst und damit objektiv besehen nicht sichergestellt war, dass die Vignette nicht missbräuchlich (weiter‑)verwendet wird, kann das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich grundsätzlich keinen Anhaltspunkt für eine Herabsetzung der Höhe dieser Strafe erkennen.

 

Zu beachten ist jedoch, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und ihm folgend die nationalen Höchstgerichte davon ausgehen, dass die überlange Dauer eines Strafverfahrens in Bezug auf die Strafhöhe entsprechend merkbare Auswirkungen zeitigen muss.

 

Vor dem Hintergrund, dass das gegenständliche Verfahren insgesamt besehen nunmehr bereits mehr als 15 Monate andauert, ohne dass Anzeichen für dessen besondere Komplexität erkennbar wären, erachtet es das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher als geboten, gemäß 17 VwGVG i.V.m. § 20 VStG die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 200 Euro und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auf 22 Stunden herabzusetzen.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 20 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich war dem Rechtsmittelwerber hingegen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  G r ó f

 

 

LVwG-400004/2/Gf/Rt vom 8. Jänner 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

§ 10 BStMG;

§ 11 BStMG;

Teil A Pkt. 7.1 MautO;

§ 20 VStG

 

Hinsichtlich der Gültigkeitsdauer legt § 11 Abs. 2 fünfter Satz BStMG ausdrücklich fest, dass eine 10-Tages-Vignette (nur) während 10 aufeinanderfolgender Kalendertage zur Benützung aller Mautstrecken berechtigt. Die hierzu vom Rechtsmittelwerber vertretene Auffassung, dass eine solche Vignette für ein ab dem minutengenauen Zeitpunkt ihres Erwerbes zu berechnendes Intervall von 240 Stunden gültig wäre, lässt sich demgegenüber mit diesem Gesetzeswortlaut nicht vereinbaren. Erster Gültigkeitstag war im gegenständlichen Fall sohin der 22. September 2012 (und zwar bereits ab 0:00 Uhr, wenngleich diese erst um 17:12 Uhr gekauft wurde), sodass davon ausgehend die Gültigkeitsdauer der Vignette bereits am 1. Oktober 2012 um 24:00 Uhr – und nicht erst, wie vom Beschwerdeführer angenommen, am 2. Oktober 2012 um 17:12 Uhr – endete.

 

 

Beschlagwortung:

 

Vignette - Gültigkeitsdauer

 

 



[1] Abrufbar unter http://www.asfinag.at/maut/mautordnung/archiv