LVwG-950001/11/MB/JW

Linz, 10.11.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der M. G., vertreten durch RA Mag. Dr. Fr. B., X 8, S, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Schwertberg vom 2. Mai 2013 GZ. 004-3/2013-Vizebgm/Wal,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 3 VwGbk-ÜG wird der als Beschwerde geltenden Vorstellung stattgegeben, der Bescheid der belangten Behörde behoben und ausgesprochen, dass der Bezug der hauptberuflichen Bezüge seit dem 8. Jänner 2009 rechtmäßig erfolgte.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Schwertberg vom
2. Mai 2013 zur Zahl 004-3/2013-Vizebgm/Wal wurde die Berufung der Bf vom 20. März 2013 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Schwertberg zur Zahl 004-3/2013 als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) in ihrer Berufung § 2 Abs. 4
Oö. Gemeinde-Bezügesetz 1998 einer verfehlten Interpretation zuführe.

 

In diesem Zusammenhang sei daher auch nicht davon auszugehen, dass die Bf im Zeitraum vom 9. Jänner 2001 bis zum 28. Dezember 2012 hauptberuflich Witwe gewesen sei, da sie eben vom 9. Jänner 2001 bis zum 8. Jänner 2009 als Lehrerin und danach bis zum 28. Dezember 2012 hauptberuflich als Bürgermeisterin tätig gewesen sei.

 

Insofern stelle sich auch die von der Bf in diesem Zeitraum bezogene Witwenpension als Ruhe- bzw. Versorgungsgenuss dar und zeitige die Unterscheidung zwischen einem eigenen und einem abgeleiteten Anspruch keine Relevanz. Bestätigt werde dies dadurch, dass die Bf mit 28. Dezember 2012 wieder geheiratet habe und der Anspruch auf Witwenpension gegenüber der
L AG – Versicherungsangstalt der österreichischen Eisenbahnen im Sinne des ASVG (vorübergehend) erloschen sei. Die Witwenpension des Pensionsinstituts der L AG bestehe hingegen auch ob der neuerlichen Verheiratung weiter. Ein Verzicht sei nicht möglich.

 

Weiters führt die belangte Behörde aus, dass die – in der Berufung – monierte offensichtliche soziale wie gesellschaftliche Schlechterstellung und sohin Diskriminierung wie auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht vorlägen, da die Bf schon im Zeitpunkt des Antrittes ihres Amtes ein derartiges System im Bezügegesetz vorfand und ein Umstiegsautomatismus während der Amtszeit ebenso nicht vorgesehen sei. Zudem habe die Bf den Antritt ihrer Witwenpension durch die notwendige Antragstellung zeitlich und wirtschaftlich mit ihrem Amtsantritt abstimmen können.

 

Daher sei die Berufung der Bf als unbegründet abzuweisen und nicht festzustellen, dass der Bezug als hauptberufliche Bürgermeisterin ab dem
8. Jänner 2009 rechtmäßig erfolgte.

 

2. Mit Schreiben vom 16. Mai 2013 erhob die Bf dagegen das Rechtsmittel der Vorstellung gem. Art. 119a Abs. 5 B-VG(alt) iVm § 102 Oö. Gemeindeordung(alt) und begründet dies im Wesentliche damit, dass eine Subsumtion der bloß abgeleiteten Witwenbezüge der Bf unter § 2 Abs. 4 bzw. 4a Z 3 lit b
Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998 nicht zu erfolgen habe. Das Institut der Leistungen für Witwen bzw. Witwer werde durch die von der belangten Behörde angeführten Normen bewusst nicht erfasst, da es bloß abgeleitete Leistungen sind und die vom Gesetzgeber gewählte Wortwahl dem entgegen stehe.

 

Abschließend wird auf die diskriminierende Wirkung der Interpretation der Bestimmungen des Oö. Gemeinde-Bezügegesetzes 1998 im Hinblick auf Witwen hingewiesen.

 

3. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2013 wurde die Vorstellung der Bf von der
Oö. Landesregierung als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf für den Zeitraum vom 9. Jänner 2009 bis zum 28. Dezember 2012 eine Witwenpension vom Pensionsinstitut der Eisenbahner und eine Hinterbliebenenleistung der Pensionskasse der L AG bezogen habe. Ein Verzicht auf diese Leistungen sei nicht möglich und unterliegen diese Leistungen auch keinen Ruhensbestimmungen. Eine Anwendung des § 2 Abs. 4a Z 3 lit. b des
Oö. Gemeinde-Bezügegesetzes 1998 idF LGBl. 58/2012 käme daher nicht in Frage. Insofern seien diese Leistungen als Versorgungs- oder Ruhebezüge gem. § 2 Abs. 4a Z 3 lit. b Oö. Gemeinde-Bezügegesetz zu verstehen und der Bf stehe für diesem Zeitraum der nebenberufliche Bürgermeisterbezug zu.

 

4. Mit Schreiben vom 26. November 2013 erhob die Bf Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

 

5. Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2014, B 1463/2013-11 hob der Verfassungsgerichtshof den Bescheid der Oö. Landesregierung wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung auf.

 

5.1. Mit Erkenntnis vom 13. Juni 2014, G 25-26/2014-11 hob der Verfassungsgerichtshof in § 2 Abs. 4a Z 3 Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998, LGBl. 9 idF 11/2008 die lit. b, die lit. c, das Wort „oder“ in der lit. d sowie die Wortfolge „aus einer betrieblichen Pensionsvorsorge“ in der lit. e als verfassungswidrig auf. Das Verfahren zur Zahl B 1463/2013 wurde insofern als Anlassverfahren zu Grunde gelegt. Mit 31. Juli 2014 wurde der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes in LGBl. 53/2014 kundgemacht.

 

6. Mit Schreiben vom 14. Jänner 2014 übermittelte die Oö. Landesregierung den beschwerdeverfangenen Akt zur Entscheidung an das
Oö. Landesverwaltungsgericht.

 

 

II.

 

1. Gem. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte im konkreten Fall von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Akt. Der so in den entscheidungswesentlichen Punkten zu Grunde zu legende Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den in
Punkt I. dargelegten Vorbringen sowie Schriftsätzen und aus dem vorgelegten Akt.

 

2. Folgender Sachverhalt ist demnach festzustellen:

Die Bf ist seit 8. Jänner 2009 – hauptberuflich gemeldet (9. Jänner 2009 u
21. Oktober 2009) – als Bürgermeisterin der Marktgemeinde Schwertberg tätig. Von 10. Mai 1998 bis zum 28. Dezember 2012 (2. Eheschließung) bezog die Bf eine Witwenpension nach ASVG und eine Hinterbliebenenpension bei der L AG. Beide Bezüge unterliegen keinen Ruhensbestimmungen und kann die Bf auf diese auch nicht verzichten.

 

3. Gem. § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch einen Einzelrichter die Entscheidung zu treffen.

 

 

III.

 

1. Gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gem. Art. 131 Abs. 1 B-VG erkennen – soweit sich aus
Art. 131. Abs. 2 und 3 B-VG nichts anderes ergibt – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder. Gem. Art 118 Abs. 4 B-VG besteht in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ein zweistufiger Instanzenzug. Dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. Gem. § 95 Oö. GemeindeO entscheidet – soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist - der Gemeinderat über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Insofern ist vor dem Hintergrund des Art. 118 Abs. 3 B-VG und des § 40 Oö. GemeindeO davon auszugehen, dass in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit ein Instanzenzug gegeben ist, und das Verwaltungsgericht nach Ausschöpfung dieses Instanzenzuges angerufen werden kann.

 

2. Gem. § 3 Abs. 3 iVm Abs. 1 VwGbk-ÜG, BGBl I 122/2013, gilt die verfahrensgegenständliche Vorstellung als Beschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

 

3. § 2 Abs. 4a und 4b Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998, idF VfGH G 25-26/2014 (in der Folge: Oö. GBG 1998) mit dem zeitlichen Anwendungsbereich auf die Bezüge bis zum 28. Dezember 2012 lauten (sohin vor der Novelle LGBl 64/2013):

 

[...]

 

(4a) Organen nach Abs. 1 gebührt der Bezug für die nebenberufliche Ausübung der Funktion, wenn sie

1. gemäß Abs. 3 erklärt haben, dass sie ihre Funktion nebenberuflich ausüben oder

2. keine Erklärung gemäß Abs. 3 abgegeben haben oder

3. während der Funktionsausübung einen Anspruch auf Geldleistung

a) für die Ausübung der Funktion eines Mitglieds einer gesetzgebenden Körperschaft oder des Europäischen Parlaments oder

[b) aus einem Ruhe- oder Versorgungsbezug oder]

[c) aus einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder]

d) aus einer gesetzlichen Arbeitslosenversicherung (Altersteilzeitgeld) [oder]

e) [aus einer betrieblichen Pensionsvorsorge] haben.

 (Anm: LGBl. Nr. 11/2008, 53/2014 [VfGH G 25-26/2014])

 

(4b) Abweichend von Abs. 4a Z 3 gebührt der hauptberufliche Bezug, wenn die Geldleistungen gemäß Abs. 4a Z 3 lit. b bis e gesetzlichen Ruhensbestimmungen unterliegen. In diesem Fall ist aber die durch die Ruhensbestimmung verringerte Geldleistung in den Differenzbetrag zwischen haupt- und nebenberuflichen Bezug einzurechnen und der hauptberufliche Bezug entsprechend zu kürzen. (Anm: LGBl. Nr. 13/2008)

 

[...]

 

4. Entsprechend dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Bf gem. § 2 Abs. 3 Oö. GBG erklärt hat, die Funktion seit dem 9. Jänner 2009 hauptberuflich auszuüben. Da für den zeitlichen Anwendungsbereich (9. Jänner 2009 bis
28. Dezember 2012) nach VfGH G 25-26/2014 aufgrund der Anlassfallwirkung gem. Art. 140 Abs. 7 B-VG kein Indikator für eine nebenberufliche Ausübung mehr vorliegt, hat die Bf die Funktion hauptberuflich iSd § 2 Oö. GBG 1998 ausgeübt. Die Bezüge auf Basis ihrer Witwenstellung in diesem Zeitraum, muss die Bf aufgrund des Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes nicht gegen sich gelten lassen.

 

Hinzutritt, dass eine Anrechnung mangels Erfüllung der Voraussetzungen und Fehlens des verwiesenen Lit in § 2 Abs. 4a Oö. GBG 1998 gem. § 2 Abs. 4b Oö. GBG 1998 nicht stattzufinden hat.

 

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

III.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war. Darüber hinaus wurde nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen (vgl. VwGH vom 26.5.1997, Zl. 96/17/0386).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter