LVwG-300519/5/KLi/PP

Linz, 05.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 4. November 2014 des N C,
geb. x, x, vertreten durch Mag. K E, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes von Perg vom 8. Oktober 2014, GZ: SV96-37-2014 wegen Über­tretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), den

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben und das ange­fochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.       Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.     Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom
8. Oktober 2014, GZ: SV96-37-2014, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskosten­beitrag in Höhe von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben als Dienstgeber nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 03.07.2014 um 13:55 Uhr beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 07.05.2014 und damit nicht rechtzeitig erstattet.

Name: F M, geb. x

Arbeitsantritt: 01.04.2014

Beschäftigungsort: x

Tatort: Gemeinde x

Tatzeit: 03.07.2014, 13:55 Uhr“

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 4. November 2014, mit welcher beantragt wird, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das gegenständliche Strafverfahren einzustellen; in eventu den Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.

 

Zusammengefasst bringt der Beschwerdeführer vor, dass eine verspätete Anmeldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse nicht vorgenommen worden sei. F M habe nicht am 1. April 2014 beim Beschwerdeführer zu arbeiten begonnen, sondern erst am 7. Mai 2014. Diesbezüglich werde eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Außerdem habe sich F M am 14. April 2014 und am 15. April 2014 in I bei Vorstellungsgesprächen befunden. Er sei aufgrund seines jugendlichen Alters (18 Jahre) bei der Vernehmung durch die Finanzpolizei außerdem äußerst nervös gewesen und sei wohl deshalb das Datum des Dienstantrittes falsch angegeben worden. Die belangte Behörde habe keine Ermittlungen zu diesem Vorbringen getätigt, weshalb Verfahrensvorschriften verletzt worden seien.

 

I.3. Mit Stellungnahme vom 5. Dezember führte die Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr aus, dass dem Dienstnehmer F M bei der Kontrolle am 3. Juli 2014 ein Personalblatt in seiner Mutter­sprache vorgelegt worden sei, in welchem dieser angegeben habe seit
1. April 2014 für den Beschwerdeführer tätig zu sein. Der Beschuldigte habe bei seiner niederschriftliche Befragung angegeben. dass der Arbeitsbeginn nicht der 1. April 2014 sondern der 1. Mai 2014 gewesen sei. Unbestritten sei, dass der Dienstnehmer erst am 7. Mai 2014 zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Ausgehend von einem Arbeitsbeginn am 1. Mai 2014 sei die Anmeldung jedenfalls verspätet.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. Oktober 2014, GZ: SV96-37-2014 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der zu Punkt I.1. zitierte Tatvorwurf erhoben. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine Geldstrafe von 730 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt.

 

II.2. Im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom
8. Oktober 2014, GZ: SV96-37-2014, wurde zwar festgehalten, dass die Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse erst am 7. Mai 2014 erfolgte, obwohl der Arbeitsantritt schon am 1. April 2014 stattgefunden habe. Als Tatzeit wurde der Kontrollzeitpunkt, 3. Juli 2014, 13:55 Uhr angeführt. Im Kontrollzeitpunkt lag eine Anmeldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse vor.

 

II.3. Eine Konkretisierung im Spruch des Straferkenntnisses erfolgte nicht. Lediglich in der Begründung wurde auf den tatsächlichen Tatzeitpunkt Bezug genommen.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zunächst schon aus dem Akt der belangten Behörde, GZ: SV96-37-2014. Insbesondere der Inhalt des Straf­erkenntnisses kann dem Akt entnommen werden, aus welchem sich auch der für das gegenständliche Erkenntnis relevante Spruch ergibt. Weitere diesbezügliche Erhebungen konnten insofern unterbleiben.

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat dem Finanzamt – Finanzpolizei Team 43 mit Schreiben vom 28. November 2014 Parteiengehör gewährt. Die Finanzpolizei hat am 5. Dezember 2014 eine Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde abgegeben.

 

III.3. Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Nachdem dies gegenständlich der Fall ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. § 44a VStG sieht vor, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, Nachfolgendes zu enthalten hat:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

2.   die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.   die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.   den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.   im Falle eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

IV.2. § 31 VStG regelt die Verjährung, wobei gemäß § 31 Abs. 1 VStG die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (VwGH vom
24. Mai 2013, 2012/02/0174).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung i.S.d. § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, um ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (VwGH 17. April 2014, 2010/04/0057).

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheid­begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (Hauer-Leukauf, Handbuch des Verwaltungsstrafrechts, 937 ff).

 

V.2. Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Straf­erkenntnisses nicht. Dem Beschwerdeführer wird im Spruch der angefochtenen Entscheidung (gleichlautend wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom
6. August 2014) angelastet, am 3. Juli 2014, 13:55 Uhr F M nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet zu haben, zumal die Meldung erst am 7. Mai 2014 und damit nicht rechtzeitig erfolgt sei. Dem Grunde nach stellt daher dieser Tatvorwurf im Straferkenntnis rein wegen der Zeitangaben keine Verwaltungsübertretung dar. Zur angeführten Tatzeit, 3. Juli 2014,
13:55 Uhr, war F M jedenfalls zur Sozialversicherung gemeldet.

 

Offensichtlich handelt es sich bei der angegebenen Tatzeit, 3. Juli 2014,
13:55 Uhr auch nicht um den Tatzeitpunkt, sondern vielmehr um den Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei.

 

V.3. Die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr wurde bislang noch nicht überschritten. Der belangten Behörde steht daher noch die Möglich­keit offen, einen neuerlichen Tatvorwurf gegenüber dem Beschwerdeführer zu erheben. Aus diesem Grund wurde das Strafverfahren (noch) nicht eingestellt.

 

V.4. Zusammengefasst war der Beschwerde im Hinblick auf den gegenüber dem Beschwerdeführer erhobenen Tatvorwurf Folge zu geben und das ange­fochtene Straferkenntnis aufzuheben. Die Entscheidung über die Verfahrens­kosten gründet auf § 52 Abs. 9 VwGVG bzw. § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer