LVwG-400049/8/FP/HUE/PP

Linz, 04.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Felix Pohl über die Beschwerde des E A, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31. Juli 2014, Zl. 0046364/2012, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Strafe mit 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 17 Stunden) festgesetzt wird. Ansonsten wird die Beschwerde abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beschwerdeführer hat
15 Euro (10 % der Geldstrafe) als Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31. Juli 2014,
Zl. 0046364/2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 BStMG eine Geldstrafe von
300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen x am
28. August 2012, 16.41 Uhr, die A1 bei km 11,000, Mautabschnitt Linz Prinz-Eugenstraße – Linz Hafenstraße, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Maut­strecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamt­gewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut unter­liege.  

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Ausgangspunkt des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist eine Anzeige der ASFINAG vom 08.11.2012 wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes, gerichtet gegen den Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen x (A).

Mit Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, mit dem amtlichen Kennzeichen x (A) gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) daher aufgefordert bekannt zu geben, wer das oben angeführte Kraftfahrzeug im Tatzeitpunkt gelenkt hat. Als Lenker wurde der Beschuldigte namhaft gemacht.

Mit Strafverfügung vom 04.12.2012 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dargestellten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschuldigte in offener Frist Einspruch erhoben und diesen wie folgt begründet:

'Als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x der Firma F E x bitte ich um Erlass des Strafverfahren, da die GO-BOX bei der Durchfahrt der Mautstellen 1x aber auch öfter 2x piepste, da ich mir selten den LKW ausborge gab ich den Signal keine wirkliche Beachtung'

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

Der Beschuldigte bestreitet die vorgeworfene Verwaltungsübertretung dem Grunde nach nicht.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

[…]

Der Beschuldigte hat eine mautpflichtige Bundesstraße benützt, ohne die geschuldete Maut entrichtet zu haben.

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

Schuldfrage:

Das BStMG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.

[…]

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen.

Den Lenker treffen im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut umfassende Mitwirkungs- und Kontrollpflichten und hat dieser die in Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung angeführten akustischen Signale zu beachten.

Der Beschuldigte wurde durch kurze Signaltöne davon in Kenntnis gesetzt, dass keine Mautentrichtung stattgefunden hat, dass die GO-Box gesperrt war.

Vor dem Hintergrund der oa. Mitwirkungs- und Kontrollpflicht gereicht die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht mangelndes Verschulden darzutun.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessens­entscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten ging die Behörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1500,00 und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus.

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurden. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind, vor dem Hintergrund der oa. Kontrollpflichten, nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Eine außerordentliche Strafmilderung scheidet daher aus.

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung."

 

I.2. Gegen diesen am 4. August 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 31. August 2014, in der Folgendes vorge­bracht wird:

 

"Wir bitten um Schuldentlastung, weil beim Fahrbeginn nicht ersichtlich war das die Go- Box defekt war, auch auf der Mautstrecke war das akustische Signal nicht regelmäsig zu hören. Am 24.8.2012 fuhren wir das letzte mal auf einer Mautpflichtigen Straße, zu diesem zeitpunkt konnten wir keinen defekt an der Box feststellen. Als wir am 14.9.2012 wieder eine Mautpflichtige Straße befuhren war die Box schon getauscht. Da wir meist nur kurze strecken benützen sie sich in einstelligen €uro beträgen bewegen wäre es nicht kostengünstig Vorsätzlich Mautprellerei zu begehen.

Daher bitten wir nochmals um nachlas der Verwaltungsstrafe."

 

I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 1. September 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. November 2014, an welcher zwei Vertreter der belangten Behörde, der Bf, der Zulassungsbesitzer des gegen­ständlichen Kfz als Zeuge sowie ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger teilgenommen haben.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

I.4. Vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurden von der ASFINAG die Beweisfotos in digitaler Originalqualität und eine Leistungsinformation zur gegen­ständlichen Fahrt beigeschafft. Gleichzeitig wurde die ASFINAG um Auskunft gebeten, weshalb die GO-Box gesperrt war und ob diese getauscht wurde.

 

Die ASFINAG teilte mittels E-Mail vom 25. September 2014 mit, dass die gegenständliche GO-Box vom 4. Juli 2012 bis zum 23. August 2012 durch Aussenden von jeweils 2 Signaltönen zum Austausch wegen bevorstehendem Vertragsende aufgefordert habe und ab 24. August 2012 gesperrt worden sei, was durch jeweils 4 Signaltöne angezeigt worden sei, da diesen Tauschauf­forderungen nicht Folge geleistet wurde. Die Go-Box sei schließlich am
14. September 2012 getauscht worden.

 

I.5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungs­wesentlichem   S a c h v e r h a l t   aus:

 

Der Bf hat am 28. August 2012, 16.41 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x und einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf der mautpflichtigen A1 bei km 11,000 gelenkt. Es haben keine Abbuchungen der Maut stattgefunden, da die GO-Box gesperrt war. Die Sperre war am 24. August 2012 vorgenommen worden. Zuvor warnte die GO-Box mittels 2-maligen Piepssignalen. Es hat eine Kommunikation zwischen Maut­balken und GO-Box stattgefunden und es lag kein technischer Defekt vor. Die Sperre der GO-Box und die Nichtabbuchung der Maut wurden dem Lenker durch das Aussenden von 4 Piepssignalen beim Durchfahren der Mautbalken angezeigt. Da sich der Bf mit den Bestimmungen der Mautordnung nicht auseinandergesetzt hatte, waren ihm die Bedeutung der Piepssignale und die daraus resultierenden Lenkerpflichten nicht bekannt. Ein technischer Defekt des Mautsystems lag nicht vor. Der Bf war zum Tatzeitpunkt kein Berufskraftfahrer, sondern half dem Zulassungsbesitzer vereinzelt als LKW-Lenker aus und benützt dabei nur sehr selten mautpflichtige Strecken; im heurigen Jahr ist dies erst einmal vorgekommen. Über Hinweise des fest angestellten LKW-Lenkers (den der Bf zu vertreten hatte) an den Zulassungsbesitzer über (temporäre) Auffälligkeiten der Piepssignale der GO-Box oder über vorangegangene schriftliche GO-Box-Tausch­aufforderungen durch die ASFINAG wurde der Bf vom Zulassungsbesitzer nicht informiert; eine Unterweisung des Bf über das Mautsystem und der Handhabung der GO-Box durch den Zulassungsbesitzer ist nicht erfolgt. Der Bf hat vor Fahrtantritt keine Statusabfrage an der GO-Box durchgeführt. Das schriftliche Ersatzmautangebot der ASFINAG an den Zulassungsbesitzer wurde von diesem nicht weiter verfolgt; eine Mitteilung an den Bf über dieses Ersatzmautangebot ist unterblieben.     

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vor­liegenden Behördenakt, den Aussagen des Bf, welcher insgesamt einen sehr glaubwürdigen und reumütigen Eindruck machte, sowie den zeugenschaftlichen Angaben des Zulassungsbesitzers. Zur Frage in der Beschwerde, ob die GO-Box Piepssignale ausgesendet hat bzw. ob ein technischer Defekt des Mautsystems vorgelegen sein könnte, wurde vom Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung ein technisches Gutachten erstellt. Demgemäß sei aufgrund des vorliegenden ASFINAG-Leistungsverzeichnisses festzustellen, dass zwischen der GO-Box und den Mautportalen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kommunikation stattgefunden habe. Das technische Mautsystem sei derart aufgebaut, dass nach der Kurzwellenkommunikation die GO-Box bei deren Sperre "angewiesen" werde, vier Piepssignale auszusenden, was offensichtlich auch im gegenständlichen Fall ausgeführt worden sei. Diese Kurzwellenkommunikation sei gegen Störungen im Hinblick auf die einschlägigen Richtlinien geprüft. Insgesamt stellte der Sachverständige fest, dass von Störungen deshalb nicht auszugehen ist, da vom Bf bestätigt worden sei, Piepssignale wahrgenommen zu haben und eine Kommunikation zwischen GO-Box und den Mautportalen stattgefunden habe. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Voll­ständigkeit dieses Gutachtens keinen Zweifel. Damit ist von einem vom Bf vermuteten Defekt als Ursache der Nichtabbuchung der Maut nicht auszugehen. Der Bf hat auch zugestanden, Signale gehört zu haben, aber nicht gewusst zu haben, was diese bedeuten. Die Feststellungen und Schlüsse des Amtssach­verständigen wurden vom Bf nicht in Zweifel gezogen. Ein technischer Defekt des Mautsystems ist demnach nicht anzunehmen.

 

 

III.   Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsab­hängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, ihr Fahrzeug vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Nach § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2, Teil B, der Mautordnung hat sich der Kraftfahrzeuglenker vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die technische Funktions­tüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage).

 

Gemäß § 8 Abs. 4 BStMG haben Arbeitgeber die von ihnen beschäftigten Arbeit­nehmer und arbeitnehmerähnlichen Personen, sofern sie diese zu Fahrten auf Mautstrecken veranlassen, über den ordnungsgemäßen Einsatz des Gerätes zur elektronischen Entrichtung der Maut zu informieren. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

 

Gemäß Punkt 5.7.2.1, Teil B, der Mautordnung beträgt die maximale GO-Box-Gültigkeitsdauer, je nach Vertragsart, im Post-Pay-Verfahren fünf Jahre gerechnet ab dem Zeitpunkt der Ausgabe an den Kunden, im Pre-Pay-Verfahren zwei Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der jeweils letzten Aufladung eines Mautguthabens. Die ASFINAG Maut Service GmbH ist berechtigt, eine GO-Box auch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer und während aufrechter Verwendung zum Austausch rückzurufen oder zu sperren.

 

Nach Punkt 8.2.4.3.1, Teil B, der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung wird zwar auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt, dessen ungeachtet ist es jedoch notwendig, unverzüglich die nächst mögliche GO Vertriebsstelle aufzusuchen. Das Nichtbeachten dieser Aufforderung kann auto­matisch zu einer GO-Box-Sperre führen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2, Teil B, der Mautordnung sind vier kurze Signaltöne vom Kraftfahrzeuglenker zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautent­richtung stattgefunden, da vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, die GO-Box aufgrund Rückrufes zum Austausch gesperrt wurde, technische Mängel bzw. Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung oder die Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse festge­stellt wurde.

 

Nach Punkt 7.1, Teil B, der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraft­fahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel, auf die Verwendung einer GO-Box nach Ablauf der Gültigkeitsdauer, die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie oder einer zu niedrigen Tarifgruppe zurückzuführen ist; dies jedoch nur, wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungs­gemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die ASFINAG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu ent­halten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Durch das Ermittlungsergebnis steht fest, dass die gegenständliche GO-Box (wegen missachteter Tauschaufforderungen) am Tattag gesperrt war, wobei diese Sperre und die Nichtabbuchung der Maut dem Bf gemäß Punkt 8.2.4.3.2,
Teil B, der Mautordnung durch vier Piepssignale zur Kenntnis gelangt sind. Ein technischer Defekt des Mautsystems lag nach den Feststellungen des Amtssach­verständigen in der mündlichen Verhandlung nicht vor, was vom Bf auch nicht in Abrede gestellt wurde. Mangels Kenntnis der Bedeutung der Signaltöne der GO-Box waren dem Bf auch die daraus resultierenden Lenkerpflichten nicht bekannt; eine Nachentrichtung der Maut hat damit nicht stattgefunden.

 

Somit ist dem Bf vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er die viermaligen Piepstöne der GO-Box, welche ihm die Nichtabbuchung der Maut angezeigt haben, missachtet hat. Auch wenn der Bf über vorangegangene Aufforderungen der ASFINAG an den Zulassungsbesitzer (schriftlich und durch zweimalige Piepssignale durch die GO-Box) wegen des bevorstehenden Vertragsablaufs der GO-Box keine Kenntnis hatte, sind die Lenkerpflichten bei Ertönen der vier akustischen Signale der GO-Box bei jeder Durchfahrt durch einen Mautbalken eindeutig.

 

Der Bf hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

IV.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehors­amsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungs­strafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vor­­schrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Bei der Bestimmung des § 20 Abs. 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Mit dem Vorbringen, er habe sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung maut­pflichtiger Strecken nicht vertraut gemacht, ist es dem Bf nicht gelungen, iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da es der Bf verabsäumt hat, sich vor Befahren einer Mautstrecke über die Bedeutung der viermaligen Piepssignale der GO-Box in Kenntnis zu setzen und deshalb auch die Nachentrichtung der Maut unterblieben ist, ist von Fahr­lässigkeit auszugehen.

 

Einen relevanten Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG hat der Bf nicht geltend gemacht. Vielmehr räumt der Bf selbst ein, sich mit den Bestimmungen des Mautgesetzes und der Mautordnung nicht auseinandergesetzt zu haben.

 

Da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, ist dem Bf die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

IV.2.2. Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen.

 

IV.3.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Ver­mögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. u.a. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie all­fällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungs­gründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Straf­drohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berück­sichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorg­fältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bis­herigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtens­werter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung, oder wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Der Bf ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, Straferschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

IV.3.2. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

Der Bf ist kein Berufskraftfahrer und hilft nur wenige Male im Jahr dem Zulassungsbesitzer als LKW-Lenker aus. Mautpflichtige Strecken werden dabei nahezu nie befahren; heuer ist dies erst einmal erfolgt. Der Bf wurde vom Zulassungsbesitzer weder über die Handhabung der GO-Box (vgl. § 8 Abs. 4 BStMG) noch darüber informiert, dass es bereits Tauschaufforderungen der ASFINAG für die gegenständliche GO-Box gegeben hat. Dies wurde auch vom Zulassungsbesitzer in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme bestätigt. Im Übrigen war der Bf während der mündlichen Verhandlung voll geständig und reumütig und hinterließ insgesamt einen sehr glaubwürdigen Eindruck. Er habe im Übrigen nunmehr die Berufskraftfahrerprüfung abgelegt und sei nun über die Funktionsweise der GO-Box informiert. Überdies ist neben der Unbescholtenheit des Bf auch die überlange Verfahrensdauer strafmildernd zu berücksichtigen. Die Umstände, die zur Tat geführt haben, sind nur auf die mangelnde Information des Bf (wenn auch selbstverschuldet), nicht aber auf Vorbereitungshandlungen oder Rücksichtslosigkeiten zurückzuführen, sodass auch hier von einem minderen Grad des Verschuldens ausgegangen werden kann. Erschwerungs­gründe liegen nicht vor.

 

Im Ergebnis kann sohin aufgrund der besondere Umstände des konkreten Falles von einem beträchtlichen Überwiegen von Milderungsgründen ausgegangen werden. Dies wirkt sich soweit strafmildernd aus, dass dadurch die Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe von 300 Euro auf die Hälfte gerechtfertigt ist.

V. Der bekämpfte Bescheid war somit in der Sache zu bestätigen, da dem Bf die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen und die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen war. Aufgrund des beträchtlichen Überwiegens von Strafmilderungsgründen war die Mindeststrafe auf die Hälfte herabzusetzen. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vorzuschreiben. Der Verfahrens­kosten­beitrag erster Instanz war gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit 10 % der Geldstrafe – sohin 15 Euro – festzusetzen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Felix Pohl