LVwG-600014/2/Bi/SA/AE

Linz, 20.01.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn X, X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, X, vom 14. Oktober 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 8. Oktober 2013,  VerkR96-30337-2012, wegen Übertretung des KFG zu Recht 

e r k a n n t:

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten eingestellt.  

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision des Beschwerdeführers und der belangten Behörde an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 9 VStG iVm §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 30 Euro auferlegt, weil die Firma X GmbH mit Sitz in x, mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 11. Februar 2013 als Zulassungsbesitzerin aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X am 27. Juli 2012 um 2.32 Uhr auf der Autobahn A1 im Gemeindegebiet X bei StrKm 217.638 in Fahrtrichtung Wels gelenkt habe. Die Auskunft sei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden  (4810 Gmunden, Esplanade 10) innerhalb der vorgegebenen Frist nicht ordnungsgemäß erteilt und auch keine andere Person benannt worden, die die Auskunft erteilen hätte können. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ der Firma X GmbH wäre der Beschuldigte  verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.  

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Berufungsvor­entscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt wurde. Diese Berufung ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landes­verwaltungsgericht .  zu entscheiden hat. Auf die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte verzichtet werden (§ 24 Abs.2 Z1 VwGVG). 

3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, das Straferkenntnis sei inhaltlich rechtswidrig, zumal nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes die unmissverständliche Deutlichkeit des Auskunftsverlangens im Sinne des § 103 Abs.2 KFG gegebenen sein müsse. Diesen Anforderungen entspreche das ggst Auskunftsersuchen nicht. Die belangte Behörde habe vielmehr alle drei nach dem Gesetz möglichen Anfragevarianten, nämlich „gelenkt/verwendet/am Tatort abgestellt“, miteinander vermengt, was unzulässig sei. Dazu komme noch, dass die Anführung des Tatortes mit „X“ als (Wohn-)Objekt gedeutet werden könnte, wo man ein Fahrzeug abstellen könnte. Im Auskunftsersuchen finde sich auch nicht etwa ein Hinweis auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung als begangenes Delikt, worauf man mit Sicherheit auf das Lenken schließen könne. Hier wäre auch nur bezogen auf ein Lenken des bezeichneten Fahrzeuges zum angeführten Zeitpunkt zu fragen gewesen, zumal der Tatort keine Rolle spiele. Beantragt wird die Aufhebung des Strafbescheides und Einstellung des Verfahrens.

   

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige der LVA ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass der Pkw X am 27. Juli 2012 um 2.32 Uhr die A1 bei km 217.638 im Gemeindegebiet X, in Fahrtrichtung Wien befahren hat, wobei mittels stationärem Radargerät MUVR 6FA eine Geschwindigkeit von 161 km/h gemessen und Fotos angefertigt wurden. Im dortigen Bereich bestand wegen einer Baustelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h, sodass nach Abzug der vorge­schriebenen Toleranzen von 5% vom Messwert eine tatsächliche Geschwindigkeit von 152 km/h, dh um 92 km/h – strafbar gemäß § 99 Abs.2e StVO sowie Anlass für die sechswöchige Entziehung der Lenkberechtigung gemäß §§ 7 Abs.3 Z4 und 26 Abs.3 Z3 FSG – der Anzeige zugrundegelegt wurde.

 

Der Pkw X ist auf die genannte GmbH zugelassen, sodass seitens der Tatortbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, mit Schreiben vom 14. November 2012 an diese als Zulassungsbesitzerin ein Lenkerauskunftsersuchen erging, das laut Rückschein am 19. November 2012 zugestellt wurde.

Da keinerlei Reaktion darauf erfolgte, wurde gegen den Beschwerdeführer, laut Firmenbuch handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH, ein Verwaltungsstraf­verfahren nach § 103 Abs.2 KFG 1067 eingeleitet, im Mai 2013 das Radarfoto eingeholt und im Oktober 2013 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Das Schreiben der belangen Behörde vom 14. November 2012 an die GmbH mit dem Betreff „Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz“ lautete:

„Sie werden als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshaupt­mannschaft Gmunden mitzuteilen, wer das

Fahrzeug:

Kennzeichen X, Pkw,

am 27. Juli 2012, 02.32 Uhr,

Ort: Gemeinde X, Autobahn, X bei km 217.638 in Fahrtrichtung Wien

gelenkt/verwendet bzw zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht.

Es wird darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist.“

Außerdem wurde auf ein auszufüllendes Beiblatt verwiesen, in dem zwei Antwortmöglichkeiten vorformuliert waren. Einen Hinweis auf den Anlass der Lenkeranfrage enthält das Schreiben nicht.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:      

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Im Erkenntnis vom 26.1.2007, 2006/02/0020, hat der Verwaltungs­gerichts­hof in einem annähernd gleich gelagerten Fall ausgeführt, die vom Beschwerdeführer begehrte Lenkerauskunft habe sich lediglich darauf beschränkt, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort „gelenkt/abgestellt hat“, jedoch finde sich in der Anfrage kein ergänzender und der Klarstellung dienender Hinweis darauf, ob sich im vorliegenden Fall die Anfrage auf das „Lenken“ oder aber auf das „Abstellen“ des Kraftfahrzeuges bezogen habe. Aufgrund des klaren Wortlauts des § 103 Abs.2 1.Satz KFG ist eine alternative Anfrage (ohne entsprechende klarstellende Hinweise etwa im Sinne des Erkenntnisses vom 12.12.2001, 2000/03/0235), wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder (zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort) abgestellt hat, unzulässig. Vielmehr muss die „unmissverständliche Deutlichkeit“ des Auskunftsverlangens im Sinne des § 103 Abs.2 KFG gegeben sein (vgl E 26.1.2000, Slg.Nr.15328/A, samt Vorjudikatur; E 19.12.1997, 96/02/0569).

 

Im ggst Fall wurde die GmbH, als dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der  Beschwerdeführer zu einer derartigen Auskunft verpflichtet ist, ohne jeglichen Bezug zum Anlass der begehrten Auskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, bekannt zu geben, wer den genannten Pkw zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt/verwendet hat oder ihn zuletzt vor diesem Zeitpunkt an einem „Ort“ abgestellt hat. Schon allein diese Formulierung des Auskunftsbegehrens bewirkt dessen Rechtswidrigkeit, weil völlig unklar ist, wonach die GmbH als Zulassungs­besitzerin des genannten Pkw genau gefragt wird und dem Adressaten auch kein Anhaltspunkt darauf gegeben wird, ob das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt gelenkt wurde oder abgestellt war. Schon daher war der Beschwerdeführer als außenvertretungsbefugtes Organ der GmbH nicht zu einer Antwort verpflichtet (vgl VwGH 26.1.2007, 2006/02/0020).

 

Dazu kommt im ggst Fall aber noch, dass die Ortsangabe „Gemeinde X, Autobahn, X bei km 217.638 in Fahrtrichtung Wien“ keine unmissverständliche Auslegung dazu zulässt, ob der Pkw nun gelenkt/verwendet wurde oder doch abgestellt war. Im Schuldspruch wurde diese Formulierung auch nicht mehr verwendet, sondern dem Beschwerdeführer eine Nichtaus­kunftserteilung in Bezug auf „die Autobahn A1 im Gemeindegebiet X bei Strkm 217.638 in Fahrtrichtung Wien“ zur Last gelegt. Hier ist die Örtlichkeit klar definiert und ausgeschlossen, dass der Pkw etwa vor dem Haus X in Fahrtrichtung Wien auf Höhe von km 217.638 der A1 abgestellt gewesen sein könnte.

Wäre der Aufforderung zur Lenkerauskunft zB der Hinweis auf eine mit dem Fahrzeug begangene Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Westautobahn beigefügt gewesen oder ein Radarfoto oder die Anzeige beigelegt gewesen, wäre die Anfrageformulierung eindeutig auf ein „Lenken“ bezogen und daher ausreichend gewesen.   

Im ggst Fall war aber der Beschwerdeführer aus den genannten Überlegungen nicht zur Lenkerauskunft verpflichtet, sodass ohne jegliche Kostenvorschreibung spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist für die Beschwerdeführerin und für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger