LVwG-600526/8/FP/CG

Linz, 13.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Felix Pohl über die Beschwerde K.D.F., geb. x, H., Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 2.9.2014, GZ: VerkR96-4303-2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis vom 2.9.2014 GZ: VerkR96-4303-2014 warf die belangte Behörde der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) vor, den auf sie zugelassenen PKW, BMW, mit dem deutschen Kennzeichen ...-... am 18.6.2014 um 14:08 Uhr auf dem Parkplatz vor der Schiffanlegestelle vor dem Inn, auf Höhe der Schiffe abgestellt zu haben, ohne das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit einer Parkscheibe gekennzeichnet zu haben.

 

Die Bf habe damit gegen § 2 Abs 1. Z 1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung verstoßen. Über sie wurde von der belangten Behörde eine Geldstrafe iHv € 30,00 (bei Uneinbringlichkeit: 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zudem wurden ihr Verfahrenskosten iHv € 10,00 auferlegt.

 

Nach Nichtbezahlung der am Fahrzeug angebrachten Organstrafverfügung erließ die belangte Behörde eine Strafverfügung. Diese wurde von der Bf mit e-mail vom 1.8.2014 beeinsprucht. Begründend führte die Bf aus, sie sei am 18.6.2014 um 14.08 Uhr nicht in Schärding  gewesen. Ebensowenig habe sie ihr Fahrzeug dort abgestellt. Sie sei seit 30 Jahren nicht in Österreich gewesen.

Die belangte Behörde holte daraufhin vom Meldungsleger die zum Tatzeitpunkt hergestellten Lichtbilder ein, auf welchen keine Parkscheibe erkennbar war. Anzeige, Organstrafverfügung sowie Lichtbilder wurden der Bf mit Schreiben vom 5.8.2014 unter Einräumung einer 14-tägigen Frist zur Stellungnahme übermittelt. Gleichzeitig wurde die Bf gem. § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Bekanntgabe des Lenkers oder einer anderen auskunftspflichtigen Person aufgefordert. Gleichzeitig wurde die Bf über die jeweiligen Verzugsfolgen aufgeklärt.

Mit e-mail vom 21.8.2014 teilte die Bf mit, sie mache von dem ihr nach deutschem Recht zustehenden Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Sie weise vorsorglich darauf hin, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen bei der Vollstreckungshilfe zu Problemen kommen könne.

Daraufhin erließ die belangte Behörde das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis, welches sie zusammengefasst wie folgt begründete:

 

Aus den vorliegenden Beweismitteln (dienstliche Wahrnehmung, Lichtbilder) ergebe sich, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug ohne Parkscheibe in einer Kurzparkzone abgestellt worden sei.

Die Lenkereigenschaft der Bf sei, entgegen deren Ansicht, zu bejahen, als die Bf der Behörde bekannt hätte geben müssen, welche andere Person das Fahrzeug gelenkt habe, um glaubhaft zu machen, dass sie nicht selbst Lenkerin gewesen sei. Es handle sich hierbei um einen Akt der Beweiswürdigung.

Alleine die Aussage, die Bf habe das Fahrzeug nicht selbst gelenkt, könne nicht als Beweis qualifiziert werden. Wie bereits im Verfahren mitgeteilt, komme der Bf ein Aussageverweigerungsrecht nicht zu. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Zulassungsbesitzer ihre Fahrzeuge idR selbst lenken.

Die Behörde sehe es als erwiesen an, dass die Bf die Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

 

2. In ihrem Schriftsatz vom 29.9.2014 erhob die Bf rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und wiederholte ihre Verantwortung, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit nicht am Tatort abgestellt zu haben. Sie nutze gegenständliches Fahrzeug überhaupt nicht, sondern sei nur der wirtschaftliche Halter. Sie selbst verwende ausschließlich einen PKW Fiat, ...-.... Zudem sei sie zu 50% schwerbehindert und gesundheitlich nicht in der Lage eine Strecke von ca. 350 km zurückzulegen.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR verstoße die Verurteilung eines Kfz-Halters für eine Verwaltungsübertretung, die mit seinem KFZ begangen worden sei gegen Art 6 EMRK, wenn sie allein auf seiner Haltereigenschaft und seinem Schweigen zur Person des Fahrers beruhe. In diesem Fall liege keine Situation vor, in der das Schweigen des Halters nur damit erklärt werden könne, dass ihm jede Verteidigung unmöglich sei. Das Schweigerecht zähle zu den allgemein anerkannten internationalen Standards. Belastende Schlüsse aus dem Schweigen des Beschuldigten könnten auch in einem System der freien Beweiswürdigung gestattet sein, soweit die Beweise gegen den Beschuldigten so stark seien, dass der einzig sinnvoll mögliche Schluss aus dem Schweigen darin liege, dass sich der Beschuldigte gegen die Beweise nicht erfolgreich verteidigen könne, sondern der gesuchte Täter sei. Hieran seien aber strenge Maßstäbe zu stellen, damit die Beweislast des Staates nicht durch die Gerichte auf den Beschuldigten übertragen würde. Hierfür habe die Behörde nichts außer die Haltereigenschaft der Beschwerdeführerin vorgetragen. Die Bf beantragte aus diesen Gründen die Aufhebung des Straferkenntnisses.

 

3. Die belangte Behörde legte dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den den Verfahrensakt vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. beraumte für 12.11.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Die Ladung wurde der Bf am 21.10.2014 zugestellt.

 

5. Die belangte Behörde teilte mit e-mail vom 5.11.2014 mit, dass von der Teilnahme an der Verhandlung Abstand genommen würde.

Am 6.11.2014 langte bei Gericht ein Schriftstück der Bf ein. Es handelte sich dabei um ein ärztliches Attest der Praxisgemeinschaft P. S. B. P. S., Fachärzte für innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, udgl. unterfertigt von Hrn Dr. med. W. S., welches wie folgt lautete:

 

Ärztliches Attest zur Vorlage

E., den 3.11.2014

Betr.

D.F. K., geb. am x

Wohnh. H., X-gasse 15

 

Frau D.F. ist aus gesundheitlichen Gründen nicht fähig zu reisen. Sie hält sich seit mehreren Jahren nur noch an ihrem Wohnort oder näherem Umkreis davon auf.

 

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

 

Dr.med W. S.

Unterschrift unleserlich

 

Stempel:

Pneumologische Gemeinschaftspraxis Dres.med. P. S.,

B. P. S.

 

Auf dem gleichen Blatt teilte die Beschwerdeführerin handschriftlich mit, den Verhandlungstermin am 12.11.2014 aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen zu können.        

 

6. Dieses Schreiben wurde der belangten Behörde am 6.11.2014 zur Stellungnahme binnen einer Woche zugestellt.

 

Die belangte Behörde äußerte sich am gleichen Tag wie folgt:

 

Der Umstand, dass die Beschuldigte aus gesundheitlichen Gründen nicht fähig sei zu reisen, und sich seit mehreren Jahren nur noch an ihrem Wohnort oder näheren Umkreis aufhalte, war der Behörde bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. Dieses Vorbringen bzw. das ärztliche Attest steht im Widerspruch zu den bisherigen Angaben der Beschuldigten vom 01./03.08.2014 und 21.08.2014. Auch ist der Behörde nicht erinnerlich, dass im Beschwerdeschriftsatz derartiges vorgebracht wurde. Weshalb dieser wesentliche Umstand erst jetzt vorgebracht wird, ist auch nicht erklärlich. Weiters lässt sich für die Behörde nicht erschließen, was laut Attest mit „näherem Umkreis“ gemeint sein soll. Die nächstgelegene Gemeinschaftspraxis befindet sich jedenfalls ca. 69 km (laut Google-Maps) vom Wohnort der Beschuldigten entfernt.

 

In Zusammenschau dessen wird unter Hinweis auf die Begründung im Straferkenntnis vom 02.09.2014 nochmals höflich die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt, insbesondere das von der Bf übermittelte ärztliche Attest.

Angesichts des Umstandes, dass die belangte Behörde von Vorneherein auf eine öffentliche mündliche Verhandlung verzichtet hat und die Bf darstellt, dass ihr die Anreise zu einer solchen dauerhaft nicht möglich ist, konnte auf die neuerliche Anberaumung einer Verhandlung verzichtet werden. Zudem ist der Sachverhalt aufgrund des beim Landesverwaltungsgericht nunmehr eingelangten Schreibens der Bf hinreichend geklärt, sodass nur mehr eine Rechtsfrage zu klären ist.

 

 

III.           Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Der auf die Bf zugelassene PKW BMW mit dem deutschen Kennzeichen ...-... war am 18.6.2014 um 14.08 Uhr in Schärding, Schiffsanlagestelle vor dem Inn, auf Höhe der Schiffe, abgestellt. Im Fahrzeug war keine Parkscheibe hinterlegt.

Die Bf hat das gegenständliche Fahrzeug nicht am Tatort abgestellt. Sie ist aus gesundheitlichen Gründen nicht fähig zu reisen und hält sich seit mehreren Jahren nur noch an ihrem Wohnort oder in dessen näherem Umkreis auf.

 

 

IV.          Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akt.

Das angesprochene ärztliche Attest, welches nunmehr im gerichtlichen Verfahren vorgelegt wurde, stellt glaubhaft dar, dass die Beschwerdeführerin derzeit reiseunfähig ist und dies zumindest auch schon zum Zeitpunkt der Tat war. In Verbindung mit der Darstellung, dass sich die Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren nur im Umkreis ihres Wohnortes aufhält, muss das Gericht davon ausgehen, dass die Bf zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort gewesen sein kann. Es besteht keinerlei begründbarer Anlass, die Richtigkeit oder Echtheit des vorgelegten ärztlichen Attests in Zweifel zu ziehen. Angesichts der drohenden Konsequenzen für den ausstellenden Arzt vor dem Hintergrund der monetären Geringfügigkeit der gegenständlichen Strafe, erscheint es dem Gericht unplausibel, dass sich ein Arzt generell, im Besonderen aber in einem solchen Bagatellfall, der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen würde. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin wegen € 40,-- einen Arzt dazu veranlassen würde, ein derartiges Attest auszustellen, wenn der Inhalt nicht den Tatsachen entspricht. Das Gericht geht daher von der Echtheit und Richtigkeit des Attests aus und schenkt diesem, auch im Hinblick auf das Vorbringen der Bf in der Beschwerde, in welcher sie darstellte, dass sie zu 50% schwerbehindert ist, Glauben. Zumindest kann davon ausgegangen werden, dass die Behauptung der Bf wahrscheinlich ist und somit den Anforderungen des § 5 VStG Genüge getan ist. Der verständliche Einwand der Behörde, dass die Bf diese Umstände bereits viel früher hätte vorbringen können, ist aufgrund der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Neuerungserlaubnis nur im Rahmen der Beweiswürdigung zu relativieren. Es erscheint dem Gericht aber lebensnah, dass die Bf, die als Rechtsanwältin mit den ihr vom deutschen Gesetzgeber eingeräumten Rechten vertraut ist, zunächst mit nach dem deutschen Rechtssystem üblichen Mitteln (Schweigerecht bei sog. Kennzeichenanzeigen) versucht hat, das behördliche Vorgehen gegen sie zu unterbinden und erst später, aufgrund des offenbar nicht ausreichenden Erfolges, im Beschwerdeverfahren konkreter wurde. Zum Einwand der Behörde hinsichtlich der Frage des Umkreises, in dem sich die Bf laut Attest bewegen kann, ist, sofern das Gericht diesen Einwand richtig dahingehend deutet, dass sie der Ansicht ist, mit der Fahrt zum Arzt verlasse die Bf den angegebenen Umkreis, ist zu bemerken, dass die Anreise zu einem weiter entfernt praktizierenden Facharzt auch bei grundsätzlicher „Reiseunfähigkeit“ nicht unüblich erscheint und nicht mit einer schon für einen gesunden Menschen durchaus beschwerlichen Reise von ca. 330 km (Strecke H. – Schärding) verglichen werden kann. Das Gericht kann in diesem Zusammenhang keinen relevanten Widerspruch erkennen, der eine Glaubhaftmachung des vorgebrachten Umstandes der Reiseunfähigkeit unglaubwürdig machen würde.

All die genannten Einwände vermögen nicht die doch nicht unerhebliche Beweiskraft der nunmehr vorgelegten Urkunde zu erschüttern. Es liegen keinerlei  Anzeichen vor, die darauf hinweisen würden, dass das Vorbringen der Bf unrichtig, bzw. die vorgelegte Urkunde falsch ist. Hier könnte nur Annahmen gefolgt werden, die sich daraus ableiten lassen könnten, dass die Bf erst im Beschwerdeverfahren ihre Behinderung thematisiert hat. Insgesamt können solche Erwägungen aber die schon dem Grunde nach schlüssige Beweisurkunde nicht entkräften. Zu beachten ist, dass die Bf im Verwaltungsstrafverfahren keine Beweispflicht hat, sondern lediglich glaubhaft machen muss, dass sie kein Verschulden trifft. Demgemäß muss die Bf die Behörde bzw. das Gericht nicht von der Richtigkeit einer Tatsache überzeugen, sondern lediglich von ihrer Wahrscheinlichkeit (VwGH 89/02/0017). Ein nunmehr der Behörde bzw. dem Gericht obliegender Schuldbeweis, dass die Bf Lenkerin des KFZ war, kann mangels weiterer zur Verfügung stehender Beweismittel nicht erbracht werden (für welchen Fall der Gesetzgeber § 103 Abs. 2 KFG geschaffen hat, zumal ihm diese Beweisschwierigkeit bewusst war).  

 

Der übrige Sachverhalt, insbesondere der Umstand, dass das gegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort abgestellt war, ist dem Verfahrensakt widerspruchsfrei zu entnehmen und wird auch von der Bf nicht bestritten. 

 

V.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.

§2 Abs. 1 Z 1 Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung lautet:

 

Pflichten des Lenkers

§ 2. (1) Wird ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt, so hat der Lenker

1.            das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit dem für die jeweilige Kurzparkzone entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen und

 

§99 Abs 3 lit a StVO lautet:

 

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,...

 

2.

Die belangte Behörde wirft der Bf gegenständlich vor, ihren PKW gesetzwidrig ohne Anbringung einer Parkscheibe in einer Kurzparkzone geparkt zu haben.

Aufgrund der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommenen Beweisergebnisse ist erwiesen, dass die Bf ihren PKW nicht selbst am Tatort abgestellt hat. Die Bf war demgemäß nicht Lenker und damit nicht Adressat der Strafnorm. Sie hat die Tat sohin nicht begangen, weshalb eine Bestrafung ausscheidet.

 

3.

Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren dem Grunde nach rechtsrichtig und unter vertretbarer Würdigung der ihr zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Beweisergebnisse abgeführt hat, zumal nach der ständigen Judikatur des VwGH, die Frage der Feststellung der Lenkereigenschaft eine Frage der Beweiswürdigung ist.

Die Verwaltungsstrafbehörde konnte demgemäß, ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften, aus dem Untätigbleiben der Bf (Zulassungsbesitzerin) im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten, diese sei selbst der Täter gewesen (VwGH 95/03/0229). Wenn also ein Beschuldigter seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, diesen Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung ins Kalkül zu ziehen. Vom Zulassungsbesitzer, der das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat, kann im Übrigen erwartet werden, dass er konkret darlegen kann, dass er als Lenker ausscheidet (VwGH 2010/02/0129  vgl. VwGH 2001/03/0297).

 

4.

Angesichts der Neuerungserlaubnis im verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren die neu hervorgekommenen Beweise durch das Gericht zu würdigen und war im Sinne obiger Beweiswürdigung festzustellen, dass die Bf nicht Lenkerin des gegenständlichen Fahrzeuges war, sodass eine Bestrafung im Hinblick auf das Unterlassen einer Kennzeichnung mittels Kurzparknachweises ausscheidet.

 

 

5.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Felix Pohl