LVwG-400046/8/MS/BD

Linz, 18.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn L.S., vertreten durch H.H., Rechtsanwaltsparntnerschaft, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Juni 2014, GZ. VerkR96-23272-2013, wegen der Verwaltungsübertretung nach dem BStMG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem OÖ. Landesverwaltungsgericht zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Juni 2014, VerkR96-23272-2013, wurde gegen Herrn S.L. (Beschwerdeführer), vertreten durch H.H., Rechtsanwaltspartnerschaft, x, x, eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden ausgesprochen und ein Kostenbeitrag in Höhe von 30 Euro vorgeschrieben, da dieser am 10. April 2013, um 18.40 Uhr in der Gemeinde E., Autobahn F., Mautabschnitt, Richtungsfahrbahn: Staatsgrenze W., bei km 202.700 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt hat, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut  zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht war und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Begründend führt die Behörde folgendes aus:

„Der im Spruch angeführte Sachverhalt stützt sich auf eine Anzeige der ASFINAG vom 19.06.213, wobei die Übertretung mit einem automatischen Überwachungssystem festgestellt worden ist. Nach Lenkerfeststellung ist an Sie als Lenker zum Tatzeitpunkt von der BH Wels Land eine Strafverfügung ergangen.

Dagegen haben Sie, anwaltlich vertreten, Einspruch erhoben und deshalb wurde das Strafverfahren zuständigkeitshalber an die BH Vöcklabruck abgetreten. Nach Einleitung des ordentlichen Verfahrens wurden Ihnen Ermittlungsergebnisse in Form von Beweisbildern und einer Stellungnahme der ASFINAG übermittelt.

Zusammenfassend rechtfertigten Sie sich dahingehend, dass bei dem LKW während dieser Fahrt alle Abbuchungen erfolgten, jedoch in der Einzelleistungsinformation eine Lücke zwischen den Abschnitten KN W. – W. West und L.West – R. besteht. Diese Nichtabbuchung ist nicht nachvollziehbar, da während der Fahrt weder Änderungen an der Go-Box vorgenommen worden wären, noch äußere Einflüsse die Go-Box gestört hätten. Die Go-Box wäre ordnungsgemäß angebracht gewesen, sonst hätte die Mautabbuchung nicht an allen anderen Stellen funktionieren können. Es wäre daher vielmehr davon auszugehen, dass die Abbuchung wegen interner Störungen auf Seiten der ASFINAG oder wegen anderer dem Beschuldigten nicht vorwerfbarer Umwelteinflüsse nicht erfolgte. Insgesamt wurde die Qualität der Beweisbilder in Frage gestellt, weil darauf für Sie überhaupt nichts zu erkennen war, was den Sachverhalt klärt. Die nicht erfolgte Abbuchung wäre ihnen als Beschuldigtem keinesfalls vorwerfbar, da zu jeder Zeit die gebotene Sorgfalt eingehalten worden wäre. Es hätte auch keine Fehlermeldung im Fahrzeug gegeben.

Die digital übertragenen Lichtbilder sowie ein Funktionalitätsnachweis über das Portal x im beanstandeten Zeitraum wurden Ihnen noch nachgereicht.

In einer daraufhin noch eingegangenen Stellungnahme haben Sie wiederholt die gleichen Zweifel erhoben und ein Abbuchungsprotokoll der ASFINAG betreffend das Beschuldigtenfahrzeug ergänzend gefordert.

 

Von folgendem Sachverhalt ist auszugehen:

Vor Anzeigeerstattung durch die ASFINAG wurde der Zulassungsbesitzer am 20.04.2013 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut für den angegebenen Abschnitt aufgefordert. Dieser Aufforderung wurde nicht entsprochen. Von Seiten des Anzeigers wurde bereits am 07.02.2014 schriftlich erläutert, dass die nicht korrekte Anbringung der GoBox, nämlich hinter dem Scheibenwischer, zur gegenständlichen Übertretung geführt hat. Entsprechende Beweisbilder mit Markierungen, die genau zeigen, dass die GoBox hinter dem Scheibenwischer montiert war, wurden detail vergrößert vorgelegt. Die ASFINAG gewährleistet eine korrekte Abbuchung bei ordnungsgemäß montierter, richtig registrierter und voll funktionsfähiger GoBox. Diese Gewährleistung wurde durch die Falschmontage aufgehoben. Der Lenker wird durch die Nichtabbuchung auf den Fehler aufmerksam, ein Signalton bleibt aus.

Durch die vom Meldungsleger verwendete DSRC Technologie auf verschiedenen Frequenzen, die in der Stellungnahme vom 08.05.2014 genauer erläutert ist, kann eine GoBox z.B. bis zu 3mal angepeilt werden, und es bleibt nach einer kurzzeitigen Unterbrechung der Kommunikation, durch den bewegten Scheibenwischer, immer noch genügend Zeit für die Wiederholung und eine damit verbundene ordnungsgemäße Mauttransaktion. Der Kommunikationsablauf wird automatisch wiederholt, wenn während der Datenübertragung Fehler auftreten. Dies kann aber nicht funktionieren, wenn der Scheibenwischer durch Abdeckung der GoBox die Kommunikation dauernd beeinträchtigt, wie im gegenständlichen Fall. Durch die Detailvergrößerung der angebrachten GoBox in Ihrem Fahrzeug ist laut ASF1NAG diese definitiv falsch montiert gewesen. Ein vorgelegter Funktionalitätsnachweis des Portales x beweist außerdem, dass in diesem Bereich innerhalb von 10 Minuten rund um die Tatzeit 19 Fahrzeuge korrekt abgebucht worden sind. Das von Ihnen noch geforderte Abbuchungsprotokoll für Ihr Fahrzeug samt Fehlermeldung wurde daher für das Ermittlungsergebnis als nicht mehr notwendig erachtet, da eine Fehlermeldung ohnehin in Form einer Nichtabbuchung dem Lenker hätte auffallen müssen. Der Lenker hat sich vor, während und nach jeder Fahrt auf mautpflichtigen Strecken von der Funktionstüchtigkeit der GoBox zu überzeugen und etwaige Funktionsstörungen umgehend zu melden. Da der einmalige Signalton zum Zeitpunkt der Übertretung ausgeblieben ist, hätte dies der Lenker umgehend melden müssen.

Es besteht daher kein Zweifel an den Ausführungen der ASFiNAG und Ihre Einwände konnten entkräftet werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei aufgrund der Tatsache, dass nur bei einem Mautportal nicht abgebucht wurde, die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststrafe verhängt werden konnte. Außerdem wurde bei der Strafbemessung berücksichtigt, dass keine einschlägigen Vorstrafen gegen Sie aufscheinen.

Zum Einkommen haben Sie keine konkreten Angaben gemacht. Es war daher von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.800,-- Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen auszugehen. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.“

 

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. Juli 2014 und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben.

Begründend wird folgendes ausgeführt:

Mangelnde Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Beschuldigten;

Der Beschuldigte hat in mehreren Stellungnahmen eingewendet und auch durch die Einzelleistungsinformation des GO Service Team belegt, dass am Vorfallstag beim LKW des Beschuldigten abgesehen von der Gegenständlichen sämtliche Abbuchungen ordnungsgemäß vorgenommen wurden. Einzig zwischen den Mautabschnitten KN W. – W. West (Zeitpunkt der Abbuchung: 18:27:03 Uhr) und L. West – R. (Zeitpunkt der Abbuchung: 18:52:41 Uhr) - also genau in dem Bereich, in dem die gegenständliche Abbuchung hätte erfolgen müssen - besteht eine Lücke in der Einzelleistungsinformation. Die nicht ordnungsgemäße Abbuchung allein in diesem Zeitraum ist nicht nachvollziehbar, da während dieses Zeitraumes weder Änderungen an der GoBox vorgenommen worden sind, noch dem Beschuldigten sonst äußere Einflüsse aufgefallen sind, die die Funktionsfähigkeit der GoBox gestört haben könnten. Der Beschuldigte hat insbesondere weder manipulativ auf die GoBox eingewirkt, noch hat er ein Signal erhalten, dass die Mautabbuchung nicht ordnungsgemäß stattgefunden hätte. Es bestand daher auch keinerlei Veranlassung für den Beschuldigten, die nächste GoBox-Vertriebsstelle aufzusuchen.

 

Weiters hat der Beschuldigte eingewendet, dass selbst ein allenfalls vorliegender, flüchtiger Montagefehler - welcher weiterhin ausdrücklich bestritten wird - keinesfalls kausal dafür gewesen sein kann, dass die Maut ausschließlich (!) in dem gegenständlichen Mautabschnitt nicht abgebucht werden konnte. Es ist für den Beschuldigten nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund sich selbst ein - bestritten bleibender - anfälliger flüchtiger Montagefehler nur in dem gegenständlichen Mautabschnitt auswirken sollte, während die Abbuchung bei allen anderen Mautabschnitten am Verfallstag problemlos funktioniert hat. Wäre die GoBox tatsächlich falsch montiert gewesen, so hätten am Vorfallstag überhaupt keine Abbuchungen erfolgen können, was unzweifelhaft nicht der Fall gewesen ist.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des Straferkenntnisses lediglich ausgeführt, dass die ASFINAG eine korrekte Abbuchung bei ordnungsgemäß montierter, richtig registrierter und voll funktionsfähiger GoBox gewährleiste. Diese Gewährleistung sei durch die Falschmontage aufgehoben worden. Der Lenker werde durch die Nichtabbuchung auf den Fehler aufmerksam, ein Signalton bleibe aus.

 

Damit hat sich die belangte Behörde aber nicht hinreichend mit den Einwendungen des Beschuldigten auseinandergesetzt, wonach die Abbuchung an sämtlichen anderen Abbuchungsstellen, insbesondere auch an der nächstfolgenden - sehr wohl erfolgt ist und nicht nachvollziehbar ist, weshalb es ausschließlich im gegenständlichen Mautabschnitt zu keiner Abbuchung gekommen ist. Das angefochtene Straferkenntnis ist daher insofern mit einer Rechtswidrigkeit belastet.

 

Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Um feststellen zu können, ob am gegenständlichen Mautportal ein Abbuchungsfehler hinsichtlich des Fahrzeugs des Beschuldigten, sohin ein - wenn auch bloß kurzfristiger - Funktionsfehler des gegenständlichen Mautbalkens vorgelegen hat, wurde vom Beschuldigten sowohl mit Stellungnahme vom 14.04.2014 als auch mit Stellungnahme vom 04.06.2014 die Vorlage des Abbuchungsprotokolls der ASFINAG vom Vorfallstag beantragt.

Dieser Beweisantrag wurde von der belangten Behörde mit der Begründung abgelehnt, dass das Abbuchungsprotokoll nicht notwendig sei, da der Funktionalitätsnachweis des Mautportales beweise, dass in diesem Bereich innerhalb von 10 Minuten rund um die Tatzeit 19 Fahrzeuge korrekt abgebucht worden seien, und eine Fehlermeldung in Form einer Nichtabbuchung ohnehin dem Lenker auffallen hätte müssen.

Diese Ausführungen der belangten Behörde vermögen die Nichterledigung des zwei Mal (!) gestellten Beweisantrages keinesfalls zu rechtfertigen. Die belangte Behörde verkennt, dass der Funktionalitätsnachweis nicht zu beweisen vermag, dass das Mautportal genau in dem Zeitpunkt, als die Abbuchung hinsichtlich des LKW des Beschuldigten hätte erfolgen müssen, tatsächlich funktioniert hat. Insbesondere sind hier kurzfristige Störungen durch äußere Einflüsse denkbar und ist daher die beantragte Vorlage des Abbuchungsprotokolls der ASFINAG hinsichtlich des LKW des Beschuldigten am Vorfallstag unabdingbar, um feststellen zu können, ob das Mautportal im Vorfallszeitpunkt voll funktionsfähig war. Gerade dies wird ja bestritten.

Das angefochtene Straferkenntnis ist daher auch aufgrund dieses Verfahrensmangels mit einer Rechtswidrigkeit belastet.

 

Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Die nicht erfolgte Abbuchung ist dem Beschuldigten in keiner Weise vorwerfbar. Der Beschuldigte hat zu jeder Zeit die gebotene Sorgfalt eingehalten. Er hat sich in den Abschnitten, in denen eine Abbuchung stattgefunden hat, nicht anders verhalten als im gegenständlichen Mautabschnitt, in dem die Abbuchung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Der Lenker eines Lastkraftfahrzeuges muss sich darauf verlassen können, dass bei einer Nicht Abbuchung eine Fehlermeldung der GoBox ertönt (viermaliges Piepsen).

Die belangte Behörde hat verkannt, dass dem Beschuldigten sein Verhalten sohin nicht vorgeworfen werden kann und die Erfüllung des subjektiven Tatbestands entfällt. Hinsichtlich des Nichtvorliegens des Verschuldens bei Ungehorsamsdelikten ist es ausreichend, wenn der

Beschuldigte die Behörde von der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Tatsache überzeugt. (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017).

Der Beschuldigte ist daher nicht nach den Bestimmungen des BStMG zu bestrafen.

 

Rechtswidrige Nichtanwendung des 5 21 Abs. 1 VStG idF 10.04.2013:

Selbst wenn die Berufungsbehörde der vom Beschuldigten in der Beschwerde dargelegten Rechtsansicht nicht folgen und doch von einem Verschulden des Beschuldigten ausgehen sollte, so ist jedenfalls Folgendes zu beachten:

 

Nach § 21 Abs. 1 VStG idF 10.04.2013 kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Der Beschuldigte hat in seinen Stellungnahmen mehrfach dargelegt, dass ein allfälliges Verschulden seinerseits jedenfalls nur äußerst gering wiegt und keine nachteiligen Folgen aus der Zuwiderhandlung entstanden sind, welche die Anwendung des § 21 VStG ausschließen würden. Weiters wurde vom Beschuldigten darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen der in § 21 VStG genannten Voraussetzungen ein Recht auf die Anwendung dieser Norm besteht (vgl. VwGH 19.09.2001, 99/09/0264). Mit diesen Ausführungen des Beschuldigten hat sich die Erstbehörde rechtswidrig überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Festzuhalten ist erneut, dass die Voraussetzungen des § 21 VStG idF 10.04.2013 vorliegen und der Beschuldigte daher jedenfalls einen Rechtsanspruch auf ein Vorgehen nach dieser Bestimmung hat.

 

Abschließend wurden folgende Anträge gestellt:

Das . Landesverwaltungsgericht möge

-      das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren ersatzlos einstellen;

-      in eventu das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 VStG idF 10.04.2013 aufheben und das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

-      in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und stattdessen eine Ermahnung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 VStG idF 10.04.2013 aussprechen;

-      in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Verwaltungsstrafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen;

sowie gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juli 2014 wurde die ggst. Beschwerde samt dazu gehörigen Verwaltungsstrafakt dem . Landesverwaltungsgericht übermittelt. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den übermittelten gegenständlichen Verwaltungsstrafakt sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2014, in deren Verlauf eine gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik eingeholt worden ist. Daraus lässt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig ermitteln.

 

In der mündlichen Verhandlung gab der Amtssachverständige für Verkehrstechnik folgende gutachtliche Stellungnahme ab:

„Unter Zugrundelegung der von der ASFINAG übermittelten Kontrollfotos ist zu der Montage der ggst. Go-Box Folgendes festzustellen:

 

Es handelt sich um das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x. Es ist augenscheinlich erkennbar, dass der ggst. LKW drei Scheibenwischer hat, die - wie auf dem Foto dargestellt - sich in der Endstellung befinden. Beim mittleren Scheibenwischer geht der waagrechte Arm in der Endstellung praktisch über die Mitte der montierten Go-Box. Da man aus Versuchen bereits im Vorfeld - also vor der Einführung des Mautsystems - in Österreich festgestellt hat, dass ein Scheibenwischer, der sich unmittelbar vor der Go-Box befindet, zu Abbuchungsproblemen führen kann, aber nicht muss, hat man über die Mautverordnung Montagerichtlinien herausgegeben, die genau diesen Umstand verhindern sollen. Im ggst. Fall ist die Nichtabbuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass der waagrechte Arm des mittleren Scheibenwischers die Abbuchung teilweise unmöglich gemacht hat. Das heißt nicht, dass mit einer falsch montierten Go-Box keine Abbuchungen zu Stande kommen, es ist aber mit einer falsch montierten Go-Box nicht sichergestellt, dass bei jedem Mautportal eine korrekte Abbuchung erfolgen kann. Wenn - wie im ggst. Fall - die Abbuchungen sehr häufig, trotz offenbar falsch montierter Go-Box funktionieren und der Lenker dabei die korrekte Abbuchung durch einen Pieps-Ton quittiert bekommen hat und dann selektiv es zu vereinzelten Nichtabbuchungen gekommen ist, die dann durch das Mautsystem mit 4 Pieps-Tönen zurückgemeldet werden ist zu sagen, dass diese Pieps-Töne auf Grund der vom Sachverständigen durchgeführten Versuche bei normaler Radiolautstärke oder bei normal aufgedrehtem Funkgerät eindeutig hörbar sind. Es ist aber auch nachvollziehbar, wenn man eine längere Autobahnfahrt hat und bei den allermeisten Mautportalen ein Pieps-Ton zu hören ist, dass es sehr schwierig sein kann, selektiv bei der Durchfahrt eines einzelnen Mautportals dann 4 Pieps-Töne mit der entsprechenden Aufmerksamkeit wahrzunehmen. Es gibt beim Lenker nur die Möglichkeit, eine Falschabbuchung zu erkennen, dass er über die 4 Pieps-Töne oder über einen nicht vorhandenen Pieps-Ton, falls die Batterie nicht mehr funktionsfähig ist, die Falschabbuchung erkennt. Des Weiteren hätte er nach Ende der Fahrt aber die Möglichkeit über ein gratis von der ASFINAG zur Verfügung stehendes Mautportal oder auch über eine Rücksprache mit der ASFINAG noch einmal zu prüfen, wenn der Verdacht besteht, dass möglicherweise punktuelle Nichtabbuchungen durchgeführt worden sind, sich zu vergewissern, ob alle Mautportale entsprechend abgerechnet worden sind. Er hat auch die Möglichkeit, bei der Go-Box-Vertriebsstelle - sofern das Nichtabbuchen auch aufgefallen ist - eine Nachverrechnung durchzuführen zum normalen Preis. Ergänzend ist festzuhalten, dass der Lenker, wenn er das Fahrzeug z.B. in der Früh übernimmt, er sich vor Antritt der Fahrt vergewissern muss, ob die Go-Box 1. vorhanden ist und 2. ob die Go-Box entsprechend, der Mautordnung entsprechend, montiert worden ist. Hätte er das in diesem Fall getan und wäre ihm bewusst gewesen, wie die korrekte Montage der Go-Box zu erfolgen hat, wäre es augenscheinlich erkennbar gewesen, dass die Go-Box zu tief montiert ist. Im Hinblick auf das vorliegende Leistungsverzeichnis ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Defekt bzw. dass die Nichtabbuchung auf ein Problem des Mautsystems oder auf einen Defekt der Go-Box zurückzuführen ist.“

 

Das . Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer fuhr mit dem Lkw mit dem polizeilichen Kennzeichen x und somit mit einem Kraftfahrzeug über 3,5 t am 10. April 2013 in der Gemeinde E., auf der Autobahn F., Mautabschnitt, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze W. bei km 202.700. Die im Kraftfahrzeug vorhandene Go-Box war dabei so montiert, dass beim mittleren Scheibenwischer der waagrechte Arm in der Endstellung praktisch über die Mitte der montierten Go-Box geht und in der Folge die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

III.           Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

 

§ 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

Gemäß § 8 Abs 1 haben Lenker vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 haben Sie sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 BStMG sind die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker in der Mautordnung zu treffen.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 haben Arbeitgeber die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, sofern sie diese zu Fahrten auf Mautstrecken veranlassen, über den ordnungsgemäßen Einsatz des Gerätes zur elektronischen Entrichtung der Maut zu informieren. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen. 

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen. 

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Taten gemäß Abs. 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

Entsprechend Punkt 8.1. der Mautordnung, Teil B, ist die Go-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugskennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, zu montieren. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die Go-Box nicht überlappen. Eine andere Anbringung der Go-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung von EUROPASS zulässig.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht die Bundes- oder Landesgesetze die Entscheidung durch einen Senat vorsehen. Im Bundesstraßenmautgesetz ist die Entscheidung durch einen Senat nicht vorgesehen.

 

 

IV.         Im ggst. Fall ist aufgrund der vorliegenden Fotos und der Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass die Go-Box nicht entsprechend der Vorgaben des Punktes 8.1. Teil B der Mautordnung montiert gewesen ist und diese fehlerhafte Montag der Go-Box für die fallweise Nichtabbuchung der fahrleistungsabhängigen Maut verantwortlich ist. Das Faktum, dass Nichtabbuchungen erfolgt sind, ist aus der Einzelleistungsinformation zu ersehen, die vom . Landesverwaltungsgericht ergänzend beigeschafft wurde und deren Inhalt innerhalb der mündlichen Verhandlung nach zur Kenntnisbringung von der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers unwidersprochen bliebt. Somit ist die Tat in objektiver – und da Entschuldigungsgründe weder ersichtlich sind, noch vorgebracht wurden – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Da bei einem Berufskraftfahrer (Lkw-Fahrer) davon auszugehen ist, dass er wissen musste, wo und wie die Go-Box im Kraftfahrzeug zu montieren ist, ist zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Strafbemessung ist einerseits anzuführen, dass die mit 120 Stunden bemessene Ersatzfreiheitsstrafe unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens (300 bis 3000 Euro) unverhältnismäßig hoch war und daher entsprechend herabgesetzt wurde.

 

Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG (Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Identität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da die nicht ordnungsgemäße Entrichtung einer fahrleistungsabhängigen Maut infolge der nicht ordnungsgemäßen Situierung der Go-Box mit einer erheblichen Tatfolge gleichzusetzen ist, war die Erteilung einer Ermahnung ausgeschlossen.

 

 

V.           Daher war die vorliegende Beschwerde abzuweisen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß