LVwG-600184/10/Py/MSt/CG

Linz, 14.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn Ing. G S, K, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. November 2013,              GZ: VerkR96-5910-2012, wegen Verwaltungsübertretung nach der Straßen-verkehrsordnung (StVO),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom       12. November 2013, VerkR96-5910-2012-STU, wurde über den Beschwerde-führer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. i StVO in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von       36 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von           18 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben in einer Fußgängerzone gehalten, obwohl die Voraussetzungen des     § 24 Abs. 1 lit. i Z 1 bis 3 StVO nicht gegeben waren.

Tatort: Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Spittelwiese 8.

Tatzeit: 7.1.2012, 11:20 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 24 Abs. 1 lit. i StVO

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, Alfa Romeo, schwarz.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse für die belangte Behörde bei freier Beweiswürdigung feststeht, dass der Bf die ihm angelastete Verwaltungs-übertretung tatsächlich begangen hat. Beim feststellenden Beamten handle es sich um eine Person, die besonders geschult ist, Sachverhalte auf öffentlichen Straßen im Lichte der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu beobachten, festzustellen, zur Anzeige zu bringen, zu beurteilen und letztlich auch zu bezeugen. Die erkennende Behörde gehe davon aus, dass die dienstlichen Wahrnehmungen des Polizisten den Tatsachen entsprechen und ist die Übertretung durch die Zeugenaussage des Meldungslegers als erwiesen anzusehen.

 

2. Dagegen brachte der Bf rechtzeitig Beschwerde ein, in der er zusammengefasst vorbringt, dass die Behörde trotz mehrmaliger Aufforderung auf die Einvernahme der beiden, von ihm gemachten Zeugen, die am mutmaßlichen Geschehen beteiligt waren, verzichtet habe. Zu den vom Bf angefertigten Lichtbildern zur Situation vor Ort wurde nur der Polizeibeamte befragt, die Behörde habe sich auf dessen Angaben verlassen. Es werde daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unter Einvernahme der bereits beantragten Zeugen sowie Beurteilung der angefertigten Lichtbilder beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde vor. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

4. Aufgrund des Beschwerdevorbringens ordnete das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich für 27. August 2014 eine mündliche Verhandlung an, zu der die vom Bf beantragte Zeugin P sowie der anzeigende Beamte der Landespolizeidirektion als Zeugen geladen wurden. Die dazu an den Bf gerichtete Ladung wurde am 31. Juli 2014 mit dem Vermerk retourniert, dass der Bf bis 12.12.2014 ortsabwesend ist.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 31 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) BGBl. Nr. 52/1991 idgF VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungsverhandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1.   die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2.   die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3.   die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4.   die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tag nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Gemäß § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl. Nr. 33/2013 idgF. sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

5.2. Der Bf bestreitet in seiner Beschwerde die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und beantragt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Einvernahme der bekanntgegebenen Zeugen. Da zudem der vom Bf eingewendete Tatort nicht mit den Angaben in der gegenständlichen Anzeige übereinstimmt, ist zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, allenfalls unter Durchführung eines Lokalaugenscheines, erforderlich.

 

Im Hinblick auf die dem Bf zur Last gelegte Tatzeit 7. Jänner 2012 und den Umstand, dass der Bf aufgrund seiner bisherigen Ortsabwesenheit erst kurz vor Eintritt der absoluten Verjährung neuerlich zur beantragten Verhandlung geladen werden kann, ist es dem Landesverwaltungsgericht nicht möglich, den rechtserheblichen Sachverhalt innerhalb der in § 31 Abs. 2 VStG festgelegten Frist in einem ausreichenden, einem fairen Verfahren entsprechenden Ausmaß zu ermitteln. Da somit innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist der gegenständliche Sachverhalt nicht ausreichend geklärt werden kann, verbleiben Zweifel an der Täterschaft des Bf. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bf spruchgemäß zu entscheiden.

 

II.             

Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny