LVwG-300514/2/Kü/TO/SH

Linz, 17.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Frau E.J., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M.H., x, x, vom 21. Oktober 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck vom 19. September 2014, GZ: SV96-31-2014, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerde-verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. September 2014, GZ: SV96-31-2014, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 4.000,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 400,- Euro vorgeschrieben.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als seit 21.1.2000 selbständig vertretende handelsrechtl. GF, somit als zur Vertretung nach außen berufenes, gem. § 9/1 VStG verantwortl. Organ der „x Betriebsgesellschaft mbH", FN x, Sitz seit 14.12.2013: A., x, die dort das Gastgewerbe ausübt (Betriebsart Buffet, § 142/1/2-4 GewO 1994; Geschäftsbezeichung "x"), zu verantworten (ein verantwortl. Beauftragter gem. § 9/2 VStG wurde nicht bestellt), daß von dieser Gesellschaft die Ausländerin :

S.V., geb xx.StA; in Österreich ohne polizeiliche Meldung

am 8.3.2014, gegen 00:14 Uhr, als gastgewerbl. Hilfskraft beschäftigt wurde, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und die keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte", „Blaue Karte EU" oder „Aufenthaltsbewilligung-Künstler" oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus", eine „Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" oder „Daueraufenthalt - EU" besitzt und Sie bereits mehrfach wegen gleichartiger Übertretungen rk. bestraft aufscheinen (ha. Straferkenntnisse vom 15.2.2010, SV96-23-2008, SV96-29-2008 u.SV96-52-2008, sowie SV96-428-2011 vom 17.1.2012).“

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, das angefochtene Straf­erkenntnis ersatzlos aufzuheben bzw. die verhängte Geldstrafe angemessen herabzusetzen. Zudem bleibe die Behörde Beweise für den Nachweis der Schuld der Bf schuldig.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 12. November 2014 vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

 

Dem Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 11. April 2014 ist zu entnehmen, dass im x der x Betriebs­gesellschaft mbH, x, x, am 8.3.2014 um
0:14 Uhr eine Kontrolle durchgeführt wurde. Die Kontrollorgane haben die b. Staatsangehörige S.V. beim Abservieren von Gläsern gesehen. Die Angetroffene hat auf einem Personenblatt ihren Namen, das Geburtsdatum und ihre Staatsbürgerschaft eingegeben, weitere Angaben wurden nicht gemacht. Der anwesende Ehegatte der Bf gab gegenüber den Kontrollorganen im freien Gespräch an, dass Frau V. heute das erste Mal Gast im Lokal sei und sie nicht gearbeitet hat. Ein dem Strafantrag beiliegendes Lichtbild zeigt Frau V. an der Bar des Lokals sitzend. Neben ihr sitzt noch ein weiterer Gast an der Bar.

 

Weitere Unterlagen oder Beweismittel finden sich im Verfahrensakt der belangten Behörde nicht.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

 

Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 und 4 des Arbeitskräfte-überlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs. 1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne Weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen von der Bezirks­verwaltungsbehörde oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

 

2. Im vorliegenden Straferkenntnis stützt sich die belangte Behörde auf die Angaben der Finanzpolizei über die Kontrolle am 28.09.2012 im gegen­ständlichen Lokal, bei der die Ausländerin beim Wegtragen von Gläsern gesehen wurde. Der Ehemann der Bf gab an, dass Frau V. an diesem Tag das erste Mal das Lokal der Bf besucht habe, Gast im Lokal war und nicht gearbeitet habe. Im Strafantrag wurde lapidar angeführt, dass die bosnische Staatsangehörige „beim Abservieren von Gläsern betreten“ wurde. Beweisergebnisse /Erhebungsergebnisse wie Personenblätter, persönliche Befragungen udgl. wurden keine angeführt. Das im Akt einliegende Foto vom „Tatort“ zeigt eine junge Frau in Freizeitkleidung, die neben einer anderen Person entspannt an der Bar sitzt. Die belangte Behörde hat alleine aus der im Strafantrag angeführten kurzen Tätigkeit des Wegtragens von Gläsern auf die wirtschaftliche Abhängigkeit der bosnischen Staatsangehörigen geschlossen und geht offensichtlich von der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 7 AuslBG aus, obwohl dem Strafantrag keineswegs zu entnehmen ist, dass die Ausländerin außerhalb des für die Gäste zugänglichen Bereiches des Lokals angetroffen worden wäre. Diese Gesetzesstelle entbindet die Behörde jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und die dafür notwendigen Beweise aufzunehmen. Es wurde nicht geprüft, ob Frau V. ihre Tätigkeit in persönlicher, also weisungs­gebundener oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt hat, oder ob sie lediglich Gläser – wobei nicht festgestellt wurde, welche Anzahl von Gläsern abserviert wurde, ob das Abservieren mittels Tablett erfolgte etc. - nur von einem Tisch weggetragen hat, um dann dort selbst Platz zu nehmen und auf einem nunmehr leergeräumten Tisch ihre bestellten Getränke zu konsumieren.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Nicht erwiesen werden kann eine Tat, wenn die Beweise für einen Schuldspruch nicht ausreichen (vgl. VwSlg 15.295 A/199, VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195).

 

Da aus dem Strafantrag der Finanzpolizei für das Finanzamt Gmunden Vöckla­bruck das Vorliegen einer wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung der angetroffenen bosnischen Staatsangehörigen mit dem Lokalbetrieb der Bf nicht ersichtlich ist, beruhen die dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde gelegten Sachverhaltselemente letztlich nicht auf gesicherten Beweisergebnissen, sondern auf mehr oder weniger zwingenden Annahmen und Schlussfolgerungen. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum Nachweis einer Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch der Bf spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

III. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger