LVwG-350085/7/GS/PP

Linz, 22.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau A. F.,
geb. x, A. 3, E., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. W., x 3, R., gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 30.6.2014, GZ: P695633, betref­fend Sicherstellung des Ersatzanspruches nach Oö. SHG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die EZ 119 (statt 19) in Spruchpunkt 2.c) zu lauten hat.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 30.6.2014, GZ: P695633, hat der Bezirkshauptmann von Schärding aufgrund des Antrages von Frau A. F. vom 24.10.2012 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Übernahme der ungedeckten Verpflegskosten im Bezirksalten- und Pflegeheim E. Folgendes ent­schieden:

 

1.) Frau A. F., geb. x, A. 3, E., wird ab 1.11.2012 bis zur Beseitigung der bestehenden Notlage Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Unterbringung im Bezirksalten- und Pflegeheim E. und Übernahme der Heimgebühren gewährt.

 

2.a) Die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung und Verpflegung werden durch den Sozialhilfeverband Schärding als vorläufiger Kostenträger über­nommen. Die Weiterverrechnung dieser Kosten erfolgt an den Sozialhilfe­verband Ried/I. als endgültigen Kostenträger.

 

2.b) Frau A. F. hat dem Sozialhilfeverband Ried/I. die auflaufenden Kosten entsprechend den Bestimmungen des § 5 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998 (bis zur Höhe von 80 v.H. des gesamten (Pensions-)Einkommens oder Familienbeihilfe - mit Ausnahme der Sonderzahlungen - sowie des jeweils zu erlangenden Pflegegeldes, abzüglich Taschengeld) zu ersetzen. Hinweis: Die voraussichtlichen Kosten können dem beiliegenden Berechnungsblatt ent­nommen werden. Dieses stellt einen integrierten Bestandteil der Begrün­dung dieses Bescheides dar.

 

2.c) Die Leistung der sozialen Hilfe wird von der Sicherstellung des Ersatz­anspruches an den endgültigen Kostenträger abhängig gemacht. Diese Sicherstellung wird durch grundbücherliche Einverleibung eines Pfand­rechtes bis zur Höhe des Verkehrswertes auf der Frau Fasching gehörenden Liegenschaftshälfte EZ. 19, KG W., zugunsten des Sozial­hilfeverbandes Ried/I. erfolgen.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung aufgrund der Feststellung der Koordination für Betreuung und Pflege und der mobilen Dienste erforderlich erscheine. Aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei es Frau F. nicht möglich, für das Heimentgelt zur Gänze selbst aufzukommen. Die nicht gedeckten Kosten für den Heimaufenthalt würden daher aus der Sozialhilfe übernommen, soweit sie nicht durch 80 % der Pension (ausgenommen die Sonderzahlungen) und 80 % des Pflegegeldes gedeckt wären. Für diese Kostentragung sei der Sozialhilfe­verband Ried im Innkreis als endgültiger Kostenträger zuständig. Dieser führe auch die Pensionsteilung durch. Da Frau F. vorläufig nicht verwertbares Vermögen in Form einer Liegenschaftshälfte besitze, werde die Leistung sozialer Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches  in der Form der Einverleibung eines Pfandrechtes auf diese Liegenschaftshälfte abhängig gemacht. Die Verzichtserklärung vom 24.10.2012 entspreche nicht den gesetzlichen Erforder­nissen für eine Eigentumsübertragung an einer Liegenschaft, sei somit nicht rechtswirksam und habe daher auch keine Auswirkungen auf das Verfahren nach dem Oö. Sozialhilfegesetz.

 

I.2. In der von der Beschwerdeführerin A. F. (Sachwalter: E. F., Xgasse  52, W., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. W. aus R.) eingebrachten Beschwerde vom 31.7.2014 wird vorge­bracht, dass der Bescheid hinsichtlich des Punktes 2.c) des Spruches zur Gänze angefochten werde. Mit diesem Punkt werde die Leistung der sozialen Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches an den endgültigen Kostenträger ab­hängig gemacht. Diese Sicherstellung werde durch grundbücherliche Einver­leibung eines Pfandrechtes bis zur Höhe des Verkehrswertes auf der Frau F gehörenden Liegenschaftshälfte EZ 19, KG W., zugun­sten des Sozialhilfeverbandes Ried im Innkreis erfolgen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin (Bf) aufrecht mit Herrn F. F. verheiratet sei. Mit Übergabsvertrag aus dem Jahr 1980 hätten die Ehegatten F. die Kleinlandwirtschaft EZ 119, GB W., mit dem darauf befindlichen Anwesen K. 12 erhalten. Zu Gunsten der Übergeber wäre auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt worden. Ungefähr 1995 sei Frau A. F. aus dem ehelichen Haushalt ausgezogen. Für das Haus K. 12 habe sie keine Beiträge mehr geleistet und der Ehegatte F. F. habe alle Arbeiten und Zahlungen für das Haus und die Liegenschaft übernommen. Im Jahr 2005 habe die Ortsgemeinde eine neue Abwasserent­sorgungsanlage vorgeschrieben, die einen Kostenaufwand von rund 10.000 Euro erfordert habe. Vorher habe F. F.
20.000 Euro für einen neuen Brunnen bezahlt. F. F. habe mit seiner Gattin Kontakt aufgenommen, damit sich diese als Hälfteeigentümerin an der Investition beteilige. Diese habe an der Liegenschaft und an den laufenden Kosten kein Interesse mehr gehabt und habe zu Gunsten ihres Ehegatten auf den Hälfteanteil verzichtet. Sie habe ihm ihren Hälfteanteil übergeben, worauf dieser auf Gegen­forderungen verzichtet und sämtliche Aufwendungen selber getragen habe, aber auch weiterhin in der Liegenschaft gewohnt habe. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wäre es den Ehegatten nicht möglich gewesen, einen Vertrag bei einem Rechtsanwalt oder einem Notar zu errichten, um diese Transaktion grundbücherlich durchführen zu lassen. So sei die Bf grundbücherliche Hälfte­eigentümerin geblieben. Auch das Wohnrecht für die bereits verstorbene M. F., geb. x, und die damit zusammenhängenden Rechte wären niemals gelöscht worden. Erst am 24.10.2012 habe die Bf nochmals eine Verzichts­erklärung zu Gunsten ihres Ehegatten unterfertigt und habe das Rechtsgeschäft aus dem Oktober 2005 bestätigt. Seit dem Auszug 1995 habe sich der Ehegatte F. F. um die Erhaltung des Hauses und die Pflege der Liegenschaft gesorgt und Arbeitskraft und Geld investiert. Die Bf wäre im Jahr 2012 pflege­bedürftig geworden und wäre nach einem Krankenhausaufenthalt ins Pflegeheim E. gekommen. Vom Bezirksgericht Schärding wäre auch ein Sachwalter bestellt worden. Beschwerdegründe wären die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und die Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedürfe. Die bis­herigen Behörden wären vom Grundbuchsstand ausgegangen und hätten den bücherlichen Hälfteanteil an der Liegenschaft in der KG W. als Vermögen herangezogen. Dabei wäre auf das eingetragene Belastungs- und Veräuße­rungsverbot nicht Rücksicht genommen worden. Der bücherliche Hälfteanteil entspreche allerdings nicht dem tatsächlichen Vermögensstand zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung. Außerdem besage § 9 Abs. 4 Oö. SHG 1988, dass Gegenstände nicht zum verwertbaren Vermögen gehören, die zur Vermeidung, Bewältigung oder Überwindung einer sozialen Notlage dienen. Dabei werde auch eine soziale Notlage des Eigentümers F. F. erfasst. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Bf einen Hälfteanteil an einer Liegenschaft besitze, wären dann die damit zusammen­hängenden Schulden in Anschlag zu bringen. Es seien also jene Aufwendungen abzuziehen, die der Ehegatte für die gesamte Liegenschaft aufgewendet habe, wodurch auch deren Wert gesteigert worden wäre. Es wäre tatsächlich unter­lassen worden, das Vermögen der Bf in Form von Aktiva und Passiva zu erheben. Weiters habe die Erstbehörde eine zivilrechtliche Frage unrichtig gelöst. Es gehe nicht um eine Verzichtserklärung vom 24.10.2012, sondern um die Rechtshandlung im Oktober 2005. Der damalige Verzicht könne als Kaufvertrag, gemischte Schenkung oder wohl eher als außergerichtliche eheliche Aufteilung angesehen werden. Die Bf habe sich von ihrem Ehemann gelöst, ohne die Scheidung anzustreben. Vermögensmäßig wäre allerdings eine Art Trennungsvereinbarung abgeschlossen worden und die Bf habe ihren Hälfteanteil an den Gatten übergeben, wobei dieser auf Aufwandersatz verzichtet habe. Im Falle einer gerichtlichen Scheidung wäre die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht anders ausgefallen. Zum damaligen Zeitpunkt wäre die Bf auch selbsterhaltungsfähig gewesen und hätte auch auf einen Unterhaltsanspruch verzichtet. Der Ehegatte wäre auch finanziell nicht in der Lage gewesen, eine Ausgleichszahlung zu leisten. Wahrscheinlich wären nicht einmal die Scheidungskosten finanziell zu verkraften gewesen. Das Notariats­aktgesetz sehe bei Schenkungsverträgen ohne wirkliche Übergabe und bei Kauf-, Tausch-, Renten-, Darlehensverträgen und Schuldbekenntnissen zwischen Ehe­gatten die Aufnahme eines Notariatsaktes bindend vor. Das Rechtsgeschäft im Jahr 2005 sei daher wahrscheinlich formungültig gewesen. Nach § 1432 ABGB bewirke aber grundsätzlich die Erfüllung eines formungültigen Rechtsgeschäftes dessen Heilung. Die Rechtsprechung frage aber nach dem Zweck des Form­gebotes. Mit Notariatsaktpflicht wollte der Gesetzgeber die Ehegatten vor übereilten Entscheidungen schützen. 2005 habe allerdings für die Bf keine Gefahr bestanden, übereilte Ent­scheidungen zu treffen. Sie habe seit 10 Jahren vom Ehegatten getrennt gelebt und habe ein eigenes, selbständiges Leben geführt. Sie habe Geld verdient. Sie habe kein besonderes Interesse mehr an dieser Liegenschaft gehabt, die nur Kosten für sie verursacht hätte, sie habe sie nicht mehr zum Wohnen gebraucht und habe auch keine Einkünfte daraus bezogen. Sie habe nichts mehr in diese Liegenschaft investieren wollen. Ein Verkauf wäre schwer möglich gewesen, weil F. F. diese Wohngelegenheit gebraucht hätte. Wenn sie gewollt hätte, hätte sie im Wege der Verfahrenshilfe eine Scheidungsklage wegen langer Trennung einbringen können und in weiterer Folge auch ein Aufteilungsverfahren anstrengen können. Im Wege einer einver­nehmlichen Ehescheidung hätte sich wohl kein anderes Ergebnis heraus­kristallisiert. Der Formfehler des mündlichen Vertrages wäre durch die Erfüllung der Vereinbarung durch Übergabe der Liegen­schaftshälfte geheilt worden. Verwiesen werde auf OGH vom 4.7.2013, 6Ob66/13v, auch veröffentlicht im
ÖJZ 2013, Seite 1090 und in JBL 2013, 787. Im Ergebnis hätte daher die Erstbehörde feststellen müssen, dass kein verwert­bares Vermögen vorhanden sei und der grundbücherliche Anteil der Liegenschaft nicht mehr zum Vermögen der Bf gehöre. Auf die Sicherstellung eines Ersatzan­spruches hätte daher verzichtet werden müssen. Es werde daher beantragt, das LVwG möge der Beschwerde Folge geben und den Punkt 2.c) des bekämpften Bescheides ersatzlos beheben. Allenfalls möge das LVwG den Punkt 2.c) insofern abändern, als lediglich
die grundbücherliche Einverleibung des Pfandrechtes bis zur Höhe des im
Oktober 2011 tatsächlich vorhandenen Vermögens der Bf gefordert werde. Allenfalls möge der Bescheid in diesem Punkt aufgehoben und zur Ver­fahrensergänzung an die Erstbehörde zurückverwiesen werden. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen einer ungewöhn­lichen Sach- und Rechtslage.

 

I.3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat die Beschwerde samt bezug­habendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 25.8.2014 dem Oö. Landesver­waltungsgericht (LVwG) vorgelegt.

 

I.4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anbe­raumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.11.2014. An dieser nahmen der anwaltliche Vertreter der Bf, ein Vertreter der belangten Behörde sowie eine Vertreterin des endgültigen Kostenträgers teil.

 

 

II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt wird der Entscheidung zu­grunde gelegt:

 

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Bf im Spruchpunkt 1.) ab 1.11.2012 bis zur Beseitigung der bestehenden Notlage Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Unterbringung im Bezirksalten- und Pflegeheim E. und Übernahme der Heimgebühren gewährt.

Mit Spruchpunkt 2.c) des genann­ten Bescheides wurde die Leistung der sozialen Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches an den endgültigen Kosten­träger abhängig gemacht. Es wurde spruchmäßig weiters festgelegt, dass diese Sicherstellung durch grund­bücherliche Einverleibung eines Pfandrechtes bis zur Höhe des Verkehrswertes auf der der Bf gehörenden Liegenschaftshälfte EZ 19 (richtig: 119), KG W., zugunsten des Sozialhilfeverbandes Ried im Innkreis erfolgen soll.

Laut Grundbuch ist die Bf Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ 119, KG W.. Der andere Hälfteeigentümer ist ihr Ehegatte F. F., der das auf der genannten Liegenschaft befindliche Haus bewohnt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Aufgrund des vom rechtlichen Vertreter der Bf in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundbuchsauszuges steht unstrittig fest, dass die Bf nach wie vor grundbücherliche Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ 119, Grundbuch W. ist.

Unbestritten ist weiters:

- dass die Bf seit 1.11.2012 im Bezirksalten- und Pflegeheim E. lebt,

- dass sie seit dem Jahr 1995 von ihrem Ehegatten getrennt lebt, da sie zu diesem Zeitpunkt aus dem Wohnhaus auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ausgezogen ist,

- dass im Jahr 2005 die Ehegatten mündlich vereinbarten, dass sich die Bf nicht mehr an den Erhaltungs- und Betriebskosten der genannten Liegenschaft beteiligt.

 

Beweiswürdigend stellt die erkennende Richterin fest, dass mit dieser mündlichen Vereinbarung aus dem Jahre 2005 kein Verzicht auf den Liegenschaftsanteil bzw. eine Schenkung der Liegenschaft bezweckt gewesen ist. Hätte man im Jahr 2005 einen Eigentumsübergang am Hälfteliegenschaftsanteil ins Auge gefasst, hätten die Ehegatten damals zumindest eine schriftliche Vereinbarung abgefasst. Eine solche liegt aus dem Jahr 2005 unbestrittenermaßen nicht vor. Kosten wären mit einer solchen schlichten schriftlichen Regelung unter Ehegatten keine ver­bunden gewesen.

 

Dass die schriftliche Vereinbarung unter den Ehegatten aus dem Jahr 2005 nicht den Formvorschriften (Erfordernis eines Notariatsaktes) entsprach, stellte auch der rechtliche Vertreter der Bf nicht in Abrede. Er vermeint vielmehr, dass dieses formungültige Rechtsgeschäft eine Heilung erfahren hat. Dieser Einwand ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln.

 

 

 

IV. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

 

Die maßgebliche Bestimmung des § 9 Oö. SHG 1998 lautet (auszugsweise):

 

„§ 9 (1) Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

(4) Nicht zum verwertbaren Vermögen gehören Gegenstände, die zur (teil­weisen) Vermeidung, Bewältigung oder Überwindung einer sozialen Notlage (§ 7) dienen.

(5) Die Verwertung von Vermögen darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die soziale Notlage verschärft wird, von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird oder die dauerhafte Überwindung einer sozialen Notlage gefährdet wird.

(6) Hat die hilfebedürftige Person Vermögen, dessen Verwertung ihr vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die Leistung sozialer Hilfe von der Sicher­stellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht werden.

...“

 

Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 6 Oö. SHG erfüllt sind, um die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügen zu können.

Die Zulässigkeit der Sicherstellung ist davon abhängig, ob die Bf Vermögen hat, dessen Verwertung ihr vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Dass es sich bei einem Hälfteanteil der Liegenschaft mit Haus prinzipiell um Vermögen handelt, kann nicht bestritten werden.

Laut Grundbuch ist die Bf nach wie vor Eigentümerin dieses Hälfteliegenschafts­anteiles.

Das Grundbuch ist ein von den Bezirksgerichten geführtes öffentliches Ver­zeichnis, in das Grundstücke und die an ihnen bestehenden dinglichen Rechte (Eigentum, Wohnungseigentum, Pfandrechte, Dienstbarkeiten und Real-
lasten, ....) eingetragen werden. Die Bedeutung des Grundbuches liegt vor allem darin, dass die erwähnten dinglichen Rechte nur durch Eintragung in das Grundbuch erworben werden können (sogenannter Eintragungsgrundsatz) und dass jedermann grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuches vertrauen kann (sogenannter Vertrauensgrundsatz).

Wie bereits erwähnt, ist die Bf unstrittig nach wie vor grundbücherliche Hälfte­eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft.

Eingewendet wird zusammengefasst, dass die Bf im Jahr 2005 ihre Liegen­schaftshälfte in Natur dem Ehegatten übergeben habe und dadurch außer­bücherlich die Eigentumshälfte an den Ehegatten übertragen worden wäre. Der Formfehler des mündlichen Vertrages (Fehlen des Notariatsaktes) wäre durch die Erfüllung der Vereinbarung durch Übergabe der Liegenschaftshälfte geheilt worden.

Dazu wird ausgeführt:

 

Gemäß § 4 Grundbuchsgesetz (GBG) wird die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der bücherlichen (§ 9) Rechte nur durch ihre Eintragungen in das Hauptbuch erwirkt.

Die Grundbuchseintragung ist Erwerbsart/Modus und setzt einen gültigen Titel voraus (§ 26 Abs. 2 GBG iVm § 431 ABGB).

Der abgeleitete (derivative) Eigentumserwerb ist somit zweiaktig: Er besteht aus dem Verpflichtungsgeschäft, das den Titel bildet (z.B. Vertrag, ...), und dem Verfügungsgeschäft, das den Modus darstellt. Die Grundbuchseintragung (Intabulation, Verbücherung) ist der Modus für Liegenschaften. Sie hat rechtlich dieselbe Wirkung wie die Übergabe (im Sinne der §§ 426 ff ABGB) für bewegliche Sachen.

Das vom rechtlichen Vertreter in seiner Beschwerde eingewendete Erkenntnis des OGH vom 4.7.2013, 6Ob66/13v, und die darauf bezugnehmenden Aus­führungen (Heilung des Formfehlers des mündlichen Vertrages) sind für den verfahrensgegenständlichen Fall rechtlich nicht relevant, da dort die Übertragung eines Geschäftsanteiles verfahrensgegenständlich ist, die bereits mit dem Titel- und Verfügungsgeschäft wirksam wird und die Firmenbucheintragung lediglich deklarativ wirkt. Diese Grundsätze stehen im diametralen Gegensatz zu den genannten Prinzipien eines Eigentumsüberganges bei Liegenschaften. Die Eigen­tumsübertragung bei Liegenschaften ist zweiaktig und das Eigentum geht erst mit der Intabulation über.

Unstrittig ist die grundbücherliche Eintragung, dass die Bf nicht mehr Liegen­schaftshälfteeigentümerin ist, bis dato nicht erfolgt. Folglich hat bis dato der eingewendete Eigentumsübergang der Liegenschaft ins Alleineigentum des Ehe­gatten nicht stattgefunden. Aus diesem Grund ist es rechtlich für den verfahrens­gegenständlichen Fall irrelevant, wie der mündliche Vertrag unter den Ehegatten aus dem Jahr 2005 rechtlich ausgelegt wird (Verzicht, Schenkung, ...). Dieses mündlich zu Stande gekommene Rechtsgeschäft kann nur obligatorische Ver­pflichtungen zwischen den Ehegatten begründet haben.

Anhaltspunkte für eine Ausnahmeregelung vom Eintragungsgrundsatz (Ent­eignung, Zwangsversteigerung, Erbgang, Ersitzung) sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Außerdem hat das Verwaltungsgericht gemäß
§ 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid nur aufgrund der Beschwerde zu über­prüfen.

Aus den genannten Gründen ist die Bf nach wie vor als Hälfteeigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft anzusehen. Somit hat die Bf nach wie vor Vermögen in Form eines Liegenschaftshälfteanteiles.

Unstrittig ist aber die Verwertung dieses Liegenschaftshälfteanteiles derzeit nicht möglich und zumutbar, da der Ehegatte in dem sich auf der Liegenschaft befind­lichen Haus wohnt. Davon ausgehend ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Verwertung des Vermögens vorerst nicht zumutbar ist. Die belangte Behörde hat daher zulässigerweise die Leistung sozialer Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht.

Dem Einwand, dass auf das eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht Rücksicht genommen worden wäre, ist zu entgegnen, dass dieses zu­gunsten der bereits verstorbenen Schwiegermutter der Bf eingetragen worden ist. Das Belastungs- und Veräußerungsverbot erlischt jedoch mit dem Tod eines Berechtigten (Spielbüchler in Rummel ABGB 2 RZ 15 zu § 364c; Koziol – Welser 9 II, 48; SZ 61/11).

 

Zum Einwand, dass mit dem Hälfteliegenschaftsanteil zusammenhängende Schulden in Abschlag zu bringen seien und das Vermögen der Bf in Form von Aktiva und Passiva zu erheben sei, wird ausgeführt:

Wie bereits erwähnt, bietet § 9 Abs. 6 Oö. SHG der Sozialhilfebehörde die Möglichkeit, Sozial­hilfekosten (grundbücherlich) sicherzustellen, wenn der Hilfeempfänger über vor­läufig nicht verwertbares Vermögen verfügt. Mit dem zulässigerweise auf diese Bestimmung gestützten Bescheid wird daher insoweit nur die Grundlage für eine Verbücherung eines Pfandrechtes geschaffen; eine Verpflichtung zum Ersatz derjenigen Sozialhilfekosten, die Grundlage des Sicher­stellungsbescheides sind, wird damit nicht auferlegt. Soll der Hilfeempfänger zum Ersatz herangezogen werden, ist dies nur nach Maßgabe der §§ 45 ff Oö. SHG möglich. Erst ein derartiger Bescheid bildet somit die Grundlage einer möglichen Exekutionsführung in das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers. Im dargestellten Sinn bildet der angefochtene Bescheid somit die Grundlage (nur) einer grundbücherlichen Sicherstellung (mit der Wirkung des im § 51 Abs. 2 Oö. SHG vorgesehenen Verjährungsausschlusses) der anfallenden Sozialhilfekosten, dies im Übrigen unbeschadet der Frage, ob ein solcher Bescheid alle Voraus­setzungen erfüllt, um die Einverleibung eines Pfandrechtes bewirken zu können (vergleiche VwGH vom 19.12.2012, Zahl 2009/10/0188).

 

Eine Absprache über konkret vorliegendes Vermögen bei der Bf hinsichtlich des Liegenschaftshälfteanteiles durch die belangte Behörde war demnach rechtlich nicht geboten.

 

Wenn in der Beschwerde auf die nicht zum verwertbaren Vermögen gehörenden Gegenstände nach § 9 Abs. 4 verwiesen wird, ist abermals zu entgegnen, dass nur die Sicherstellung gemäß § 9 Abs. 6 Oö. SHG in Beschwerde gezogen wurde.

Abs. 4 leg.cit ist lediglich im Rahmen der Gewährung der Hilfe insofern von Bedeutung, als er bei der Frage der Zulässigkeit der Heranziehung des verwert­baren Vermögens zu berücksichtigen ist.

 

Zur spruchmäßigen Berichtigung der EZ:

 

Unstrittig wurde in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass die richtige Einlagezahl 119 lautet.

Da das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden hat, war eine spruchmäßige Berichtigung vorzunehmen.

 

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger