LVwG-600585/2/MZ/SA

Linz, 15.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des Mag. C. E., geb …., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 4.11.2014, GZ: VerkR96-5213-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 4.11.2014, GZ: VerkR96-5213-2013, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) angelastet, er habe am 28.5.2013 um 9.50 Uhr die schwarze Vespa mit dem Kennzeichen UU-…. in der Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Promenade gegenüber Haus Nr. .., abgestellt und damit einen Gehsteig durch Abstellen eines Fahrzeuges benutzt, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten ist und die Ausnahmebestimmungen nach § 8 Abs 4 Z 1 bis 3 StVO 1960 nicht vorlagen.

 

Der Bf habe daher § 8 Abs 4 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 40 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden, verhängt wurde.

 

II. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. In seinem Schriftsatz bringt der Bf auf das Wesentliche verkürzt vor, er habe das Fahrzeug zwar am im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Ort abgestellt (der genaue Standplatz wird durch ein im Verfahren vorgelegtes Foto verdeutlicht), es handle sich bei der Abstellfläche jedoch nicht um einen Gehsteig im Sinne der StVO 1960.

 

III.a.) Die belangte Behörde legte die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist. Darüber hinaus wurde von keiner der Verfahrensparteien ein entsprechender Antrag gestellt.

 

c.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus:

 

Der Bf hat am 28.5.2013 um 9.50 Uhr die auf ihn zugelassene schwarze Vespa mit dem Kennzeichen UU-…. in der Gemeinde Linz, Gemeindestraße Ortsgebiet, Promenade gegenüber Haus Nr. .., abgestellt. Die Tatörtlichkeit stellt sich wie folgt dar: Durch einen Randstein von der asphaltierten Fahrbahn für mehrspurige KFZ baulich getrennt und dem Niveau des Randsteins gegenüber der angesprochenen Fahrbahn entsprechend erhöht befinden sich auf einer nicht asphaltierten sondern gepflasterten Fläche fünf etwa hüfthohe metallene Rundbügel. Diese Rundbügel sind, wie sich auch aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben des Magistrates Linz ergibt, als Radständer gedacht. Um zu den Radständern zufahren zu können, ist der Randstein im Bereich des – von der asphaltierten Fahrbahn aus gesehen – rechten Teil der Abstellfläche nahezu auf das Fahrbahnniveau abgesenkt. Es ist weder eine Beschilderung vorhanden, die das Parken von (ein- oder mehrspurigen) KFZ noch von Fahrrädern ausdrücklich erlaubt bzw auf eine Parkmöglichkeit hinweist.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.) Gemäß § 8 Abs 4 erster Satz StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten.

 

Unter Gehsteig ist nach der Bestimmung des § 2 Abs 1 Z10 StVO ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen.

 

b.) Die Bestimmung eines Teiles der Straße für den Fußgängerverkehr richtet sich nach höchstgerichtlicher Judikatur ausschließlich nach den äußeren Merkmalen, die für jedermann deutlich erkennbar sind (siehe etwa VwGH 27.5.1992, 92/02/0113 uvm). Bei einer deutlich gegenüber der Fahrbahn abgegrenzten Fläche wird es sich vor diesem Hintergrund in aller Regel um einen für den Fußgängerverkehr bestimmten Teil der Straße handeln, einer behördlichen Widmung als Gehsteig bedarf es dabei nicht. Es kommt zudem nicht darauf an, ob bzw in welchem Ausmaß die Verkehrsfläche von Fußgängern benötigt wird (VwGH 20.1.1986, 85/02/0192). Es ist für die rechtliche Qualifikation als Gehsteig schließlich auch unerheblich, ob die in Rede stehende Verkehrsfläche von anderen Fahrzeugen regelmäßig als Parkfläche benützt wird und ob ein solches rechtswidriges Verhalten allenfalls schon während eines längeren Zeitraumes behördlich geduldet wurde (VwGH 15.5.1990, 89/02/0108).

 

c.) Das vom Bf im Verfahren beigebrachte Lichtbild der Tatörtlichkeit verdeutlicht an sich, dass die für das Abstellen des Motorrades benützte Abstellfläche dem äußeren Anschein nach nicht für den Fahrzeugverkehr bestimmt ist und der Abstellort des Fahrzeuges als Gehsteig zu qualifizieren ist. Dies insbesondere, weil die in Rede stehende Fläche von der Fahrbahn durch Pflastersteine eindeutig abgegrenzt ist und zudem ein anderer Belag – nämlich in Form einer Pflasterung anstelle der Asphaltierung – aufgetragen wurde. Zudem weisen die Fahrbahn und die gegenständliche Abstellfläche nicht das gleiche Niveau auf.

 

Allem Anschein nach handelt es sich somit bei der in Rede stehenden Abstellfläche um einen Gehsteig im Sinne oben zitierter Legaldefinition. Auf einem solchen Gehsteig ist freilich das Abstellen von Fahrzeugen nach § 8 Abs 4 StVO 1960 grundsätzlich nicht gestattet.

 

d.1.) In seiner Entscheidung vom 23.3.1988, 87/02/0201, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch unter Verweis auf die Entscheidungen vom 20.1.1986, 85/02/0192, sowie vom 15.4.1983, 81/02/0061, folgendes festgehalten: „Befindet sich auf einem Straßenstück, mag dieses auch baulich wie ein Gehsteig gestaltet sein, ein Hinweiszeichen nach § 53 Z 1 a StVO 1960, so handelt es sich dabei um einen Teil der Fahrbahn, auf dem das Parken gestattet ist, ohne dass dem § 8 Abs 4 StVO entgegensteht.“

 

d.2.) Im gegenständlichen Fall befindet sich im Bereich des Tatortes freilich kein Hinweiszeichen, welches das Parken ausdrücklich erlauben würde. Wird jedoch – wie hier – vom Straßenerhalter eine Fläche für das Abstellen von Fahrrädern zur Verfügung gestellt und zu diesem Zweck sogar eine entsprechende Infrastruktur – hier die Rundbügel – geschaffen, vermag vom erkennenden Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich kein substantiierter Unterschied zur Anbringung eines entsprechenden Hinweiszeichens erkannt werden.

 

Auf Grundlage der in Punkt d.1.) zitierten Rechtsprechung ist daher davon auszugehen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Tatort um einen Teil der Fahrbahn handelt, auf dem das Parken gestattet ist, ohne dass dem § 8 Abs 4 StVO 1960 entgegensteht.

 

Vor diesem Hintergrund ist der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

e.) Bei diesem Ergebnis ist dem Bf gem § 52 Abs 8 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen.

 

V. Zulässigkeit der Revision

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da zur Frage, ob bei einem dem äußeren Anschein nach vorliegenden Gehsteig aufgrund eines vorhandenen Radabstellplatzes ein dem Parken zugänglicher Teil der Fahrbahn gegeben ist, - soweit ersichtlich – keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, und die Beantwortung dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde sowie der revisionslegitimierten Formalpartei die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer