LVwG-600555/6/Zo/CG/SA

Linz, 15.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn J O, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. C J, K,  vom 6.10.2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Kirchdorf an der Krems vom 4.9.2014, Zahl VerkR96-3769-2014, wegen mehrerer Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.11.2014

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Hinsichtlich Punkt 1 wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt;

 

II.       Hinsichtlich Punkt 2 wird die Beschwerde im Schuldspruch mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Tatvorwurf wie folgt lautet:

Sie haben, wie am 17.02.2014 um ca. 10.30 Uhr auf der B 143 bei Km 6,400 bei der Kontrolle des LKW X mit dem Anhänger X festgestellt wurde, als Fahrer dieses Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 des Art.7 der EG-Verordnung 561/2006 eingehalten werden:

Am 24.01.2014 zwischen 9.04 Uhr und 16.46 Uhr haben Sie bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 14 Minuten nur eine Lenkpause von 26 Minuten eingehalten;

Am 01.02.2014 zwischen 6.59 Uhr und 14.44 Uhr haben Sie bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 14  Minuten keine Lenkpause eingehalten;

Dies stellt einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar;

Am 15.02.2014zwischen 08.56 Uhr und 15.51 Uhr haben Sie bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 7 Minuten eine Lenkpause von 25 Minuten eingehalten;

Dies stellt einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar;

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgeben und die Geldstrafe auf 300 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt.

 

 

III.     Hinsichtlich Punkt 3 wir die Beschwerde im Schuldspruch abgewiesen;

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgegeben, die Geldstrafe in Höhe von 300 Euro wird bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 60 Stunden herabgesetzt;

 

 

IV.      Hinsichtlich Punkt 4 wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt;

 

 

V.        Die Kosten des behördlichen Verfahrens reduzieren sich auf 60 Euro, für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

VI.      Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1.           Die BH Kirchdorf an der Krems hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:  

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Sie haben wie am 17.2.2014 um ca. 10.30 Uhr auf der B 143 bei Km. 6,400, FR St. Martin im Innkreis, Gemeindegebiet von Aurolzmünster bei der Kontrolle des LKW mit dem Anhänger Kennzeichen X bzw. X festgestellt wurde als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,51 übersteigt

1. die Tageslenkzeit von 10 Stunden am 30.1.2014 von 06.15 Uhr bis 31.1.2014, 14.47 Uhr um 3 Stunden und 7 Minuten überschritten und stellt dies anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

2. nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs. 1 des Art. 7 der EGV 561/2006 eingehalten werden: am 24.1.2014 wurde von 09.04 Uhr bis 16.46 Uhr bei einer Lenkzeit von 6 Stunden, 14 Minuten nur eine Lenkpause von 1 Stunde, 44 Minuten eingehalten und stellt dies laut Sachverständigen Ing. K einen geringfügigen Verstoß dar. Am 1.2.2014 wurde von 06.59 Uhr bis 14.44 Uhr bei einer Lenkzeit von 6 Stunden, 14 Minuten nur eine Lenkpause von 1 Stunde, 44 Minuten eingehalten und stellt dies einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar. Am 15.2.2014 wurde von 08.56 Uhr bis 15.51 Uhr bei einer Lenkzeit von 6 Stunden und 7 Minuten nur eine Lenkpause von 1 Stunde, 37 Minuten eingehalten und stellt dies einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

3. nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten, obwohl der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden wurde dabei bereits berücksichtigt: Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 30.1.2014 um 06.15 Uhr. Die unzureichende aufgeteilte tägliche Ruhezeit von 3 Stunden + 9 Stunden betrug somit nur 3 Stunden + 6 Stunden und stellt dies einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

4. die reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden nicht eingehalten. In der Woche, beginnend am 9.2.2014 um 14.34 Uhr bis 15.2.2014, 15.59 Uhr nur 16 Stunden. Dies stellt einen geringfügigen Verstoß dar (laut Sachverständigen).

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. Art. 6 Abs. 1 EGV 561/2005 i.V.m. § 134Abs.1 und 134 Abs. 1b KFG in drei Fällen

2. Art. 7 EGV 561/2006 i.V.m. § 134 Abs. 1 KFG und 134 Abs. 1b KFG

3. Art. 8 Abs. 1 und 2 EGV 561/2006 i.V.m. § 134 Abs. 1 und 134 Abs. 1b KFG

4. Art. 8 Abs. 6 EGV 561/2006 i.V.m. § 134 Abs. 1 KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich

Allfällige weiter Aussprüche (zB über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder über privatrechtliche Ansprüche):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 30+42+30+10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.212,00 Euro.“

 

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass sich die Behörde mit der Frage, ob für ihn die Verordnung (EG) 561/2006 überhaupt anwendbar sei, nicht auseinandergesetzt habe. Die Behörde habe diesbezüglich keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Sie habe ihrer Entscheidung lediglich die Anzeige der Polizeibeamten sowie die technischen Ausführungen des Amtssachverständigen zu Grunde gelegt.

 

Bei den gegenständlichen Fahrten habe es sich jedoch um solche gehandelt, welche er im Umkreis von 50 km für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt unternommen habe, weshalb er gemäß § 2 Z.7 der Lenker/innen-Ausnahmeverordnung von der EG-Verordnung ausgenommen sei. In weiterer Folge hat der Beschwerdeführer die in den relevanten Zeiträumen durchgeführten Fahrten aufgeführt, wobei er diese bereits im behördlichen Verfahren auch großteils mit Rechnungen belegen konnte. Soweit diese Fahrten für die Entscheidung relevant sind, werden sie unter Punkt 4.1 (Sachverhalt) zusammengefasst.

 

Alle von ihm durchgeführten Fahrten würden unter die Ausnahmebestimmung des § 2 Z.7 der L-AVO fallen, weiters sei zu berücksichtigen, dass er als Privatperson und nicht in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer bestraft worden sei, weshalb seiner Meinung nach auch die Ausnahmebestimmung des    § 2 Z.1 der L-AVO anzuwenden sei.

 

Unabhängig davon habe die Behörde bezüglich Punkt 2 im Straferkenntnis selbst ausgeführt, dass er jeweils Lenkpausen von 1 Stunde und 44 Minuten bzw. 1 Stunde und 37 Minuten eingehalten habe, weshalb diesbezüglich kein strafbares Verhalten vorliege, weil die Lenkpausen daher ausreichend lang gewesen seien. Bezüglich der geringfügigen Verstöße hätte die Behörde mit einer Verwarnung vorgehen können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.11.2014. An dieser haben der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Verwaltungsbehörde war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer ist als V tätig, seine Gattin betreibt eine Landwirtschaft, in welcher  Ferkel gemästet werden. Bei den gegenständlichen Transporten hat er überwiegend Mastferkel von anderen landwirtschaftlichen Betrieben in der Weise befördert, dass er diese von solchen Betrieben in seiner näheren Umgebung eingesammelt und sie zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben bzw. in einem Fall zu einem Schlachthof gebracht hat.

 

Die für das Straferkenntnis relevanten Fahrten stellen sich wie folgt dar:

Am 30.01.2014 hat der Beschwerdeführer in der Zeit von 06.15 Uhr bis 11.14 Uhr Mastferkel bei landwirtschaftlichen Betrieben, welche sich im Nahebereich des Betriebes seiner Gattin befinden, eingesammelt. In der Zeit von 22.06 Uhr bis 31.01.2014, 01.34 Uhr, hat er diese zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb in D gebracht. Die Entfernung zu diesem Betrieb beträgt 62,9 Straßenkilometer, die Luftlinie hingegen beträgt nur rd. 42 km. Am 31.01.2014 von 06.47 Uhr bis 14.44 Uhr hat er eine weitere Fahrt mit Mastferkel zu einem Betrieb in der S unternommen, zu welchem die Entfernung (auch Luftlinie) jedenfalls deutlich über 50 km beträgt. Die gesamte Lenkzeit in diesem Zeitraum betrug 13 Stunden und 7 Minuten. Für die Fahrt in die S (beginnend um 06.47 Uhr) und zurück beträgt die Lenkzeit nur ca. 7 Stunden.

 

Am 24.01.2014 in der Zeit von 09.04 Uhr bis 16.46 Uhr beträgt die Lenkzeit 6 Stunden und 14 Minuten, wobei in dieser Zeit nur eine Pause von 26 Minuten eingehalten wurde. Bei dieser Fahrt handelt es sich nach den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers um einen Transport entweder zu einem Betrieb in der S oder nach P in N, in beiden Fällen beträgt die Entfernung deutlich mehr als 50 km.

 

Am 01.02.2014 in der Zeit von 06.59 Uhr bis 08.52 Uhr hat der Beschwerdeführer Mastferkel nach R geliefert, die Entfernung dorthin beträgt 77,8 Straßenkilometer bzw. rd. 62 km Luftlinie. Im Anschluss daran hat er von 09.07 Uhr bis 14.44 Uhr einen Transport nach P und zurück durchgeführt.

 

Am 15.02.2014 in der Zeit von 07.00 Uhr bis 07.47 Uhr hat der Beschwerdeführer wiederum im örtlichen Nahebereich von verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben Mastferkel abgeholt und diese in weiterer Folge ab 08.56 Uhr bis 15.51 Uhr zu einem Betrieb in die S gebracht. Für diese Fahrt (ab 08.56 Uhr) beträgt die Lenkzeit 6 Stunden und 7 Minuten, wobei der Beschwerdeführer eine Lenkpause von 25 Minuten eingelegt hat. Die Entfernung zu dem Betrieb in die Steiermark beträgt auch Luftlinie jedenfalls deutlich mehr als 50 km.

 

Am 13.02.2014 um 07.38 Uhr und 10.54 Uhr sind auf der Fahrerkarte des Beschwerdeführers zwei kurze Rangierbewegungen aufgezeichnet, wobei nach den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers diese von seinem Sohn innerhalb des Betriebsgeländes durchgeführt wurden.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) 561/2006 hat ein Fahrer nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens
15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Abs.1 eingehalten werden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.6 der Verordnung (EG) 561/2006 hat der Fahrer in zwei jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten:

-      zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder

-      eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden.

Dabei wird jedoch die Reduzierung durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor dem Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche genommen werden muss.

Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.

 

§ 24 Abs. 2b Z.1 KFG in der derzeit geltenden Fassung lautet wie folgt:

Im Sinne von Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 werden folgende Fahrzeuge von der Anwendung dieser Verordnungen ganz freigestellt:

....;

lit.b) Fahrzeuge, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschafts- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung im Rahmen ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100 km vom Standort des Unternehmens benutzt oder ohne Lenker bzw. Lenkerin angemietet werden, sofern auf das Arbeitsverhältnis das AZG anzuwenden ist;

....;

lit. h) Fahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 50 km für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet werden.

 

5.2. Der Beschwerdeführer selbst ist als V tätig, den landwirtschaftlichen Betrieb führt seine Gattin. Er hat bei den gegenständlichen Fahrten überwiegend Mastferkel transportiert, welche von anderen landwirtschaftlichen Betrieben stammen. Der Beschwerdeführer ist also nicht als Landwirtschaftsunternehmer tätig geworden und die Güterbeförderung erfolgte überwiegend auch nicht im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes seiner Gattin, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 2b Z.1 lit. b KFG für die gegenständlichen Fahrten nicht anzuwenden ist. Der Beschwerdeführer ist selbständiger Unternehmer, weshalb die Bestimmungen des ANSchG und die dazu ergangene LenkerInnen-Ausnahmeverordnung für ihn nicht anwendbar ist. Als Kraftfahrzeuglenker gelten für ihn jedoch die im Interesse der Verkehrssicherheit getroffenen Regelungen des KFG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten sowie die dazu ergangene Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 2b KFG.

 

5.3. § 24 Abs. 2b Z. 1 lit. h KFG regelt die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern. Fahrten, bei denen lebende Tiere von landwirtschaftlichen Betrieben direkt zu einem Schlachthaus gebracht werden sowie Fahrten, bei welchen lebende Tiere von einem landwirtschaftlichen Betrieb zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb transportiert werden, sind vom reinen Wortlaut dieser Bestimmung nicht umfasst. Der Sinn dieser Ausnahmebestimmung besteht offenbar darin, den Transport lebender Tiere im Rahmen von landwirtschaftlichen Betrieben innerhalb eines eingeschränkten örtlichen Bereiches von den strengen Bestimmungen der Lenk- und Ruhezeiten auszunehmen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb Transporte von einem landwirtschaftlichen Betrieb zu einem anderen oder von einem landwirtschaftlichen Betrieb direkt zu einem Schlachthaus nicht ebenfalls ausgenommen sein sollten. Bei Fahrten in einem Umkreis bis zu 50 km sind in der Regel keine Übertretungen der Lenk- bzw. Ruhezeiten zu erwarten. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für Fahrten, welche direkt zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb oder direkt zu einem Schlachthaus durchgeführt werden.

 

Weiters ist zu berücksichtigen, dass sich § 24 Abs. 2b Z. 1 lit. h KFG auf die Ermächtigung des Art.13 der Verordnung (EG) 561/2006 bezieht und die Ausnahme dort wörtlich gleich formuliert ist. Es ist davon auszugehen, dass sowohl das Europäische Parlament als auch der nationale Gesetzgeber bei Erlassung dieser Regelung sämtliche Transporte lebender Tiere im Rahmen der Landwirtschaft in einem Umkreis von 50 km im Auge hatten und diese von den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 ausnehmen wollten. Diese Ausnahmebestimmung ist für die gegenständlichen Transporte daher prinzipiell anwendbar.

 

5.4. Im Hinblick darauf, dass die Fahrt vom 30. auf 31.01.2014 (Punkte 1 und 3 des Straferkenntnisses) nach D eine Entfernung von ca. 63 Straßenkilometern beträgt, die Luftlinie zwischen dem Betrieb des Beschwerdeführers und dem Zielort der Fahrt jedoch nur ca. 42 km beträgt, ist weiters zu prüfen, ob für die Auslegung des Begriffes „innerhalb eines Umkreises von bis zu 50 km“ die verkehrstechnisch übliche (bzw. allenfalls kürzest mögliche) Straßenentfernung oder die kürzeste Entfernung (Luftlinie) zwischen Beginn und Ende (bzw. des am weitesten vom Fahrtantritt entfernten Punktes) der Fahrtstrecke heranzuziehen ist.

 

In der verkehrsrechtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist – soweit ersichtlich – der Begriff „Umkreis“ noch nicht näher konkretisiert worden. Der Wortlaut spricht dafür, dass die Entfernung tatsächlich als Kreis auf einer Landkarte dargestellt wird, wobei eben der Ausgangspunkt der Fahrt den Mittelpunkt und die erlaubte Strecke (in konkretem also 50 km) den Radius des Kreises darstellen. Befindet sich die gesamte Fahrtstrecke in diesem Bereich, so handelt es sich um eine Fahrt innerhalb des jeweils erlaubten Umkreises.

 

Andererseits könnte man vor dem Hintergrund, dass die Ausnahme von den Lenk- und Ruhezeiten wohl wesentlich damit begründet ist, dass die Fahrten in einer relativ kurzen Zeit zurückgelegt werden, auch davon ausgehen, dass als „Fahrten in einem bestimmten Umkreis“ nur jene Fahrten angesehen werden, bei welchen sich die tatsächliche Fahrtstrecke innerhalb dieser Entfernung befindet. In diesem Fall würde sich jedoch als nächste Frage sofort stellen, ob die verkehrstechnisch zweckmäßigste, die schnellste oder allenfalls die verkehrstechnisch kürzest mögliche Fahrtstrecke für die Berechnung des erlaubten Umkreises herangezogen werden muss. Bezüglich der technisch kürzest möglichen Strecke wäre dabei weiters zu prüfen, ob diese mit dem gegenständlichen Fahrzeug (meist schwere LKW) überhaupt befahren werden darf.

 

Eine derartige Auslegung würde im Ergebnis dazu führen, dass jene Lenker, welche Fahrten innerhalb eines bestimmten Umkreises durchführen wollen, vor Fahrtantritt jeweils aufwendige Ermittlungen bezüglich der kürzest möglichen (und erlaubten) Fahrtstrecke tätigen müssten. Auch die Behörde müsste in jedem einzelnen Verfahren, in dem eine derartige „Umkreisbeschränkung“ relevant ist, diese Feststellungen treffen. Ein derartiger Aufwand und die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten scheinen den jeweiligen Fahrzeuglenkern, welche bei einer falschen Beurteilung das Risiko einer Verwaltungsübertretung in Kauf nehmen müssten, nicht zumutbar und für die Behörden im Sinne einer einfachen und zweckmäßigen Verwaltung nicht geboten (§ 39 Abs. 2 AVG).

 

Aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität ist der Begriff „Umkreis“ daher so auszulegen, dass damit tatsächlich die jeweilige Luftlinie vom Ausgangspunkt der Fahrt bis zu deren Ziel gemeint ist. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass die Fahrten vom 30. auf 31.1.2014 nach D und zurück unter die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs.2b Z.1 lit.h KFG fallen, weil die Luftlinie dorthin nur ca. 42 km beträgt. Für die Fahrt am 1.2.2014 nach R gilt dies jedoch nicht, weil in diesem Fall bereits die Luftlinie mehr als 62 km beträgt. Auch die Fahrten nach P bzw. in die S sind von der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht ausgenommen.

 

5.4.1. Die Fahrten vom 30. zum 31.1.2014 im Nahbereich des Betriebes des Beschwerdeführers sowie nach D (von 06.15 Uhr bis 31.1., 01.34 Uhr) fallen deshalb nicht unter die Verordnung (EG) 561/2006. Die um 06.47 Uhr daran anschließende Fahrt in die S ist jedoch von dieser Verordnung nicht freigestellt, weshalb für diese Fahrt alle Regelungen betreffend die Lenkzeiten, Ruhezeiten und Lenkpausen usw. gelten. Die Tageslenkzeit für diese Fahrt beträgt ca. 7 Stunden, die davor liegenden – jeweils kurzen – Lenkzeiten dürfen für die Berechnung der Tageslenkzeit nicht herangezogen werden, weil diese kurzen Fahrten gemäß § 24 Abs.2b Z.1 lit.h KFG von der Anwendung der Verordnung (EG) 561/2006 freigestellt sind. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm in Punkt 1 vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen.

 

5.4.2. Bezüglich der täglichen Ruhezeit stellt sich die Rechtslage jedoch anders dar:

Der Beschwerdeführer muss innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit genommen haben (Art. 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006). Der Beschwerdeführer hat am 31.1. um 06.47 Uhr eine Fahrt begonnen, für welche diese Bestimmung anwendbar ist, weshalb sich die Frage stellt, zu welchem Zeitpunkt der 24-Stundenzeitraum für die Berechnung der täglichen Ruhezeit beginnt. Gemäß Art.4 lit.g der Verordnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck „tägliche Ruhezeit“ den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann. Als „andere Arbeiten“ gelten gemäß Art.4 lit.e der angeführten Verordnung alle in Art.3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG als „Arbeitszeit“ definierten Tätigkeiten mit Ausnahme der Fahrtätigkeit sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es inner- oder außerhalb des Verkehrssektors. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Fahrten im Nahbereich sowie nach D zwar keine Lenkzeit darstellen, weil sie von der Verordnung (EG) 561/2006 ausgenommen waren, der Beschwerdeführer konnte über diesen Zeitraum jedoch auch nicht frei verfügen, weshalb es sich um keine „tägliche Ruhezeit“ gehandelt hat. Das Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit, über welche der Beschwerdeführer frei verfügen konnte, war bereits am 30.1.2014 um 06.15 Uhr. Alle Tätigkeiten, welche der Beschwerdeführer ab diesem Zeitraum durchgeführt hat, sind als „andere Arbeiten“ gemäß Art.4 lit.e der angeführten Verordnung anzusehen. Der 24-Stundenzeitraum, innerhalb dessen der Beschwerdeführer eine tägliche Ruhezeit einhalten musste, begann daher bereits am 30.1. um 06.15 Uhr, weshalb der Beschwerdeführer tatsächlich keine ausreichende Ruhezeit eingehalten hat. Er hat damit die ihm in Punkt 3 vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.5. Sämtliche Fahrten, bei denen dem Beschwerdeführer eine zu kurze bzw. gar keine Lenkpause innerhalb einer Lenkdauer von 4,5 Stunden vorgeworfen wurde (Punkt 2 des Straferkenntnisses) hat der Beschwerdeführer in einem Umkreis von mehr als 50 km durchgeführt, weshalb diese Fahrten nicht von der Verordnung (EG) 561/2006 ausgenommen sind. Er hat daher die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten. Bezüglich der in diesen Zeiten tatsächlich eingehaltenen Lenkpausen war der Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu korrigieren, wobei diese Korrektur schon deshalb zulässig ist, weil sie noch innerhalb der einjährigen Frist für die Verfolgungsverjährung erfolgte.

 

Bezüglich der wöchentlichen Ruhezeit (Punkt 4 des Straferkenntnisses) hat der Beschwerdeführer glaubwürdig dargelegt, dass die kurzen Rangierbewegungen am 13.2.2014, welche die ansonsten ausreichend lange wöchentliche Ruhezeit unterbrechen, nicht von ihm durchgeführt wurden. Daraus ergibt sich, dass er selbst eine ausreichende wöchentliche Ruhezeit eingehalten hat, weshalb der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben war.

 

5.6. Zum Verschulden des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass jene Fahrten mit den zu kurzen Lenkpausen aufgrund der großen Fahrtstrecke jedenfalls nicht von den Regeln betreffend die Lenkpausen ausgenommen waren, was dem Beschwerdeführer auch bewusst sein musste. Diesbezüglich hat er zumindest fahrlässiges Verhalten zu verantworten. Bezüglich der nicht ausreichend eingelegten täglichen Ruhezeit hat sich der Beschwerdeführer darauf verlassen, dass die Fahrten innerhalb des „50 km Umkreises“ nicht unter die gegenständliche Verordnung fallen, ohne sich diesbezüglich konkret bei zuständigen Stellen zu erkundigen. Er hat daher auch bezüglich dieser Übertretung fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

 

5.7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Bei zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten lässt die Konzentration der Kraftfahrer nach,  weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicherzustellen.

 

Der Beschwerdeführer weist mehrere verwaltungsrechtliche Vormerkungen auf, weshalb ihm der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zu Gute kommt. Diese Vormerkungen bilden jedoch auch keinen Straferschwerungsgrund, weil die Verstöße nicht gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet waren. Als strafmildernd ist die lediglich fahrlässige Begehung zu berücksichtigen, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Die gesetzliche Mindeststrafe ist bei den vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen davon abhängig, in welche Kategorie diese lt. Anhang III der angeführten Richtlinie fallen. Das Nichteinhalten einer Lenkpause bei einer Gesamtlenkzeit von mehr als 6 Stunden stellt einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar. Auch das Unterschreiten der erforderlichen Ruhezeit um mehr als 2 Stunden gilt als sehr schwerwiegender Verstoß. In beiden Fällen beträgt die gesetzliche Mindeststrafe daher jeweils 300 Euro.

 

Der Beschwerdeführer hat die erforderliche Lenkpause zwar in 3 Fällen nicht eingehalten, dennoch konnte im konkreten Fall noch mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Auch bezüglich der nicht ausreichenden Ruhezeit ist die Mindeststrafe ausreichend. Der Beschwerdeführer machte in der Verhandlung einen durchaus einsichtigen Eindruck und die Mindeststrafen erscheinen ausreichend, um ihn in Zukunft zur genaueren Einhaltung dieser Bestimmungen anzuhalten. Auch seine ungünstigen finanziellen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von 1.400 Euro bei Sorgepflichten für Gattin und 3 Kinder sowie höheren Schulden) sprechen dafür, die gesetzlichen Mindeststrafen nicht zu überschreiten. Bezüglich Punkt 3 war die Ersatzfreiheitsstrafe dem in § 134 Abs.1 KFG vorgesehenen Verhältnis zwischen (höchster) Geldstrafe und (maximaler) Ersatzfreiheitsstrafe anzupassen.

 

Zu V:

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist auf § 64 VStG sowie § 52 VwGVG begründet.

 

Zu VI.:

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Frage, ob derartige Transporte unter die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs.2b Z.1 lit.h KFG fallen, bisher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – soweit ersichtlich – nicht geklärt wurde und dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

LVwG-600555/6/Zo/CG/SA vom 15. Dezember 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

 

§ 24 Abs. 2b Z.1 lit. h KFG 1967;

§ 2 Z.7 LenkerInnen-Ausnahmeverordnung;

Art 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 561/2006;

Art 8 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 561/2006

 

1967 lautet wie folgt:

„Im Sinne von Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 werden folgende Fahrzeuge von der Anwendung dieser Verordnungen ganz freigestellt:

Fahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 50 km für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet werden.“

 

* § 24 Abs. 2b Z.1 lit. h KFG nimmt die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern von den Regelungen betreffend die Lenk- und Ruhezeiten aus. Fahrten, bei denen lebende Tiere von landwirtschaftlichen Betrieben direkt zu einem Schlachthaus gebracht werden sowie Fahrten, bei welchen lebende Tiere von einem landwirtschaftlichen Betrieb zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb transportiert werden, sind vom  Wortlaut nicht umfasst. Der Sinn dieser Ausnahmeregelung besteht aber offenbar darin, den Transport lebender Tiere im Rahmen von landwirtschaftlichen Betrieben innerhalb eines eingeschränkten örtlichen Bereiches von den strengen Bestimmungen der Lenk- und Ruhezeiten auszunehmen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb Transporte von einem landwirtschaftlichen Betrieb zu einem anderen oder von einem landwirtschaftlichen Betrieb direkt zu einem Schlachthaus nicht ebenfalls ausgenommen sein sollten. Bei Fahrten in einem Umkreis bis zu 50 km sind in der Regel keine Übertretungen der Lenk- bzw. Ruhezeiten zu erwarten. Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise, egal ob die Fahrten zu einem lokalen Markt, direkt zu einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb oder direkt zu einem Schlachthaus durchgeführt werden.

 

* Weiters ist zu berücksichtigen, dass sich § 24 Abs. 2b Z. 1 lit. h KFG auf die Ermächtigung des Art.13 der Verordnung (EG) 561/2006 bezieht und die Ausnahme dort wörtlich gleich formuliert ist. Es ist also davon auszugehen, dass sowohl das Europäische Parlament als auch der nationale Gesetzgeber bei Erlassung dieser Regelung sämtliche Transporte lebender Tiere im Rahmen der Landwirtschaft in einem Umkreis von 50 km im Auge hatten und diese von den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 ausnehmen wollten.

 

* Im konkreten Fall betrug die Entfernung ca. 63 Straßenkilometer, die Luftlinie zwischen dem Betrieb des Beschwerdeführers und dem Zielort der Fahrt jedoch nur ca. 42 km. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität ist der Begriff „Umkreis“ so auszulegen, dass damit die jeweilige Luftlinie vom Ausgangspunkt der Fahrt bis zu deren Ziel (bzw. bis zu jenem Punkt der Fahrtstrecke, der vom Ausgangspunkt am weitesten entfernt ist) gemeint ist.

 

* Gemäß Art.4 lit.g der Verordnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck „tägliche Ruhezeit“ den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann. Als „andere Arbeiten“ gelten gemäß Art.4 lit.e der angeführten Verordnung alle in Art.3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG als „Arbeitszeit“ definierten Tätigkeiten mit Ausnahme der Fahrtätigkeit sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es inner- oder außerhalb des Verkehrssektors. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Fahrten im 50-Km-Umkreis zwar keine Lenkzeit darstellen, weil sie von der Verordnung (EG) 561/2006 ausgenommen waren, der Beschwerdeführer konnte über diesen Zeitraum jedoch auch nicht frei verfügen, weshalb es sich um keine „tägliche Ruhezeit“ gehandelt hat. Diese Fahrten gelten – so wie alle übrigen beruflichen Tätigkeiten auch - als „andere Arbeiten“.

 

Beschlagwortung:

 

Lenkzeit; Ruhezeit; 50-km-Umkreis; Luftlinie; Straßenentfernung