LVwG-300424/13/KL/BD

Linz, 15.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn G.D., x, vertreten durch x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 18. Juli 2014, Ge96-34-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnen-schutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. November 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-      die verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z 2 VStG „§§ 48
Abs. 2 und 50 Abs. 1 Z 2 Bauarbeiterschutzverordnung-BauV iVm §§ 118 Abs. 3 und 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnen-schutzgesetz – ASchG“ und

-      die Verwaltungsstrafnorm iSd § 44a Z 3 VStG „§ 130 Abs. 5 Einleitung ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG“ zu lauten hat.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 120 Euro zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 18. Juli 2014, Ge96-34-2014, wurde über den Beschwerdeführer (kurz: Bf) eine Geldstrafe von 600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
6 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Bau­arbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x Bau GmbH, x, x, der Arbeitgeberin, zu verantworten hat, dass wie im Zuge einer Baustellenüberprüfung auf der Baustelle x, x, durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz am 20. März 2014 festgestellt wurde, mehrere Arbeitnehmer der x Bau GmbH in einer ca. 1,5 Meter tiefen Künette beschäftigt waren, wobei der Böschungswinkel der linken Künettenwand im unteren Bereich ca. 90° betragen hat und kein Fels, sondern halbfester, bindiger Lehmboden vorhanden war.  

 

 

II. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tiefe der Künette zum überwiegenden Teil etwa 1,2 Meter betragen habe und nur ein schmaler Streifen auf der linken Seite tiefer ausgeführt worden sei. Es sei auf den Fotos ersichtlich, dass im vorliegenden Fall nicht nur die linke Seitenwand der Künette, die eine Tiefe von ca. 1,5 Meter aufgewiesen habe, sondern auch die rechte Seitenwand der Künette, die nur eine Tiefe von etwa 1,2 Meter aufgewiesen habe, abgeböscht sei. Dem Erfordernis des Gesetzgebers, dass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können, sei in diesem Fall jedenfalls Rechnung getragen. Die Böschungswinkel seien einge­halten worden, lediglich an einer Stelle neben dem Betonschacht könnte eine Böschungsneigung von über 80° angenommen werden. An jener Stelle sei aber die Herstellung der Böschungsneigung sehr schwierig auszuführen und sei das Ausmaß dieser Stelle als geringfügig anzusehen. Vorsätzliche oder grob fahrlässige Handlungsweise sei nicht gegeben, weil der Bf versucht habe, auf jede nur erdenkliche Weise dem Schutz der Arbeitnehmer gerecht zu werden. Zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Abböschung auf der linken Seite sei auch eine Abböschung an der rechten Seite vorgenommen worden, an der keine Böschung hätte vorgenommen werden müssen. Es könne daher von keinem Fall einer Gefährdung der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer ausge­gangen werden. Vielmehr sei Geringfügigkeit der Übertretung gegeben und daher die außerordentliche Strafmilderung heranzuziehen.

 

III. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vorgelegt.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in das der Anzeige beigeschlossene Foto und die vorgelegte technische Stellungnahme vom 19. März 2014, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. November 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden Arbeitsinspektor DI A.H. und A.T. als Zeugen geladen und einvernommen.

 

IV.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachver­halt als erwiesen fest:

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x Bau GmbH mit Sitz in x. Er kennt die Baustelle x, x. Es geht um die Aufschließung von 14 Bauparzellen. Der Bf war einmal wöchentlich auf der Baustelle. Zuständiger Polier für die Baustelle war Herr R.M. Dieser wird bei einer jährlichen Unterweisung auf die erforderlichen Sicherheits­bestimmungen aufmerksam gemacht. Die letzte jährliche Unterweisung war einen Monat vor der Kontrolle.

Am 20. März 2014 wurde auf der Baustelle eine Kontrolle durch das Arbeits­inspektorat Linz durchgeführt und dabei festgestellt, dass mehrere Arbeitnehmer in einer Künette beschäftigt waren, wobei in dem flacheren Bereich der Künette, bei einer Tiefe von etwa 1,2 Meter bereits ein Rohr verlegt war, und linksseitig eine tiefere Rinne in der Künette ausgegraben wurde, um ein weiteres Rohr zu verlegen. In diesem tieferen Bereich betrug die Tiefe ca. 1,5 Meter. Dabei war die Böschung im oberen Bereich flacher, nach unten zur Böschungssohle war die Böschung nahezu senkrecht. Es handelte sich um bindigen Lehmboden, bei dem laut BauV eine Böschung von maximal 60° zulässig ist. Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurden im tieferen Bereich, nämlich in der Rinne, Arbeiten durch­geführt, konkret hat ein Arbeitnehmer eine Neigung oder Steigung des Kanal­stranges kontrolliert. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war der Polier auf der Bau­stelle nicht anwesend. Der Arbeitnehmer hat in jenem Teil der Künette gear­beitet, in dem der Böschungswinkel ca. 90° betrug.

Das Kontrollorgan hat bereits vor dem Kontrolltag, nämlich am 3. März 2014 eine Kontrolle auf der Baustelle durchgeführt, zwar in einem anderen Bereich, aber dieselben Arbeiten und diese Parzellen betreffend, und eine ähnliche Situation vorgefunden, nämlich, dass der Böschungswinkel nicht richtig ausge­führt wurde. Auch zum damaligen Zeitpunkt war der obere Bereich der Künette abgeböscht, der größere untere Teil dagegen nahezu senkrecht ausgeführt. Am 3. März 2014 war allerdings kein Arbeitnehmer unmittelbar in der Künette beschäftigt, weshalb es zu keiner Anzeige, sondern nur zu einer Aufforderung der Mängelbehebung gekommen ist. Da es sich um dieselbe Problematik auch am 20. März 2014 handelte und Arbeitnehmer angetroffen wurden, wurde neben einer Aufforderung auch eine Anzeige erstattet.

Vom Bf wurde ein Auftrag an die Firma G.T. GmbH dahin­gehend erteilt, gelegentlich bei der betreffenden Baustelle vorbeizuschauen und eine fachtechnische Stellungnahme abzugeben. In dieser fachtechnischen Stellungnahme vom 19. März 2014 wurde zu den Bodenverhältnissen ausgeführt, dass es sich um schwach mit Kies versetzte Schluffe, nämlich Lehmböden handelt. Inhalt des Auftrages war, eine Stellungnahme hinsichtlich der Aus­führung der Abwasseranlage im Hinblick auf die örtliche geologische Gegebenheit abzugeben, nämlich eine Anleitung für die Ausführung des Projektes in geologischer Hinsicht zu geben und auch weitere Anleitungen für den Fall der Komplikationen für die Arbeitnehmer zu geben. Es war nicht Gegenstand des Auftrages, die Standsicherheit der Böschungen zu überprüfen und zu berechnen. Ebenso wenig war der technische Arbeitnehmerschutz Gegenstand des Auftrages. Die in der fachtechnischen Stellungnahme vorhandenen Ausführungen über die Böschung waren prinzipielle Ausführungen zur Böschung, nicht aber eine Fest­legung des Arbeitnehmerschutzes. Auch war die Vorgangsweise so, dass abschnittsweise die Künette aufgemacht wird, Arbeiten vorgenommen werden und gleich wieder verfüllt werden, sodass aus fachtechnischer Sicht bei dieser Vorgangsweise kein Problem gesehen wurde und kein plötzliches Versagen zu erwarten war. Aus dieser Sicht sind die Angaben einer Böschung von bis zu 80° zu sehen.

Gegen den Bf liegen vier einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen nach der BauV vor.

 

IV.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsakt aufliegenden Fotos sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Es ergaben sich in wesentlichen Teilen keine Widersprüche bei den Zeugenaussagen und werden diese Aussagen auch durch die Fotos dokumentiert. Im Wesentlichen werden die Feststellungen auch vom Bf bestätigt. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen seitens des Landesverwaltungsgerichtes keine Zweifel. Es können daher die Aussagen der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Der festgestellte Sachverhalt ist daher erwiesen.

 

 

V. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

V.1. Gemäß § 48 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV ist beim Aus­heben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 Meter Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserver­hältnisse, der Auflasten sowie Auftreten der Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können:

1.   Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen,

2.   die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend §§ 51 und 52 zu verbauen oder

3.   es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 Z 2 BauV ist bei Baugruben, Gräben oder Künetten die Böschungsneigung nach den bodenmechanischen Eigenschaften unter Berück­sichtigung der Einflüsse, die auf die Böschung wirken, festzulegen. Der Böschungswinkel darf im Regelfall bei steifen oder halbfesten bindigen Böden, wie Lehm, Mergel, fester Ton, höchstens 60° betragen.

Gemäß § 50 Abs. 3 BauV ist vor Ausführung der Arbeiten von einer fachkundigen Person ein rechnerischer Nachweis der Standsicherheit zu erstellen, wenn steilere Böschungen als nach Abs. 1 ausgeführt werden.

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder­holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zu­widerhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

V.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes steht daher eine Verletzung der Bestimmungen des § 48 Abs. 2 Z 1 iVm § 50 Abs. 1 Z 2 BauV fest, zumal bei den vorhandenen Bodenverhältnissen (bindiger Lehmboden) eine steilere Böschung als 60°, nämlich an der Böschungssohle nahezu 90°, ausgeführt wurde. Die Arbeiten zum Kontrollzeitpunkt fanden im tieferen Teil der Künette statt, wobei die Tiefe 1,5 Meter betrug, also mehr als 1,25 Meter Tiefe.

Ein rechnerischer Nachweis der Standsicherheit durch eine fachkundige Person wurde nicht erstellt. Es war daher ein größerer Böschungswinkel als 60° nicht zulässig.

 

Es hat daher der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer und nach § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher die Verwaltungsübertretung strafrechtlich zu verantworten.

Im Sinne der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen war daher das vom Bf vorgelegte fachtechnische Gutachten bzw. Stellungnahme vom 19. März 2014 nicht geeignet, eine andere Böschungsneigung zuzulassen. Insbesondere hat das Beweisverfahren gezeigt, dass diese fachtechnische Stellungnahme sich nicht auf den Arbeitnehmerschutz bezog, sondern auf die technische Ausführung des Abwasserprojektes.

 

V.3. Der Bf bestreitet ein Verschulden. Insbesondere wendet er ein funktio­nierendes Kontrollsystem ein. Er stützt sich insbesondere auf jährliche Unter­weisungen der Poliere und Arbeitnehmer sowie auf die fachtechnische Stellung­nahme vom 19. März 2014.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemän­gelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Der Bf hat im Verfahren zu seinem Verschulden kein relevantes Vorbringen und keine relevanten Beweismittel zur Entlastung beigebracht. Regelmäßige Unter­weisungen und Anweisungen können jedoch ein Verschulden nicht ausschließen und reichen für ein lückenloses Kontrollsystem nicht aus. Vielmehr ist im Rahmen des lückenlosen Kontrollsystems auch die Einhaltung der Anweisungen zu kon­trollieren. Das Beweisverfahren hat aber gezeigt, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat ein Polier auf der Baustelle nicht an­wesend war. Darüber hinaus war die fachtechnische Stellungnahme nicht geeignet, den Arbeitnehmerschutz zu gewährleisten, zumal Inhalt des Auftrages nicht die technischen Arbeitnehmerschutzbestimmungen waren. Es konnte sich daher der Bf nicht darauf stützen, die Anweisungen nach der fachtechnischen Stellungnahme zu befolgen. Vielmehr wären die Voraussetzungen nach der BauV zu erfüllen. Vielmehr ist der Bf auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045 hinzuweisen, in welcher er auf seine ständige Judikatur zum Kontrollsystem hinweist und aus­drücklich ausführt, dass es für ein wirksames Kontrollsystem erforderlich ist, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils Untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. März 2012, Zl. 2010/02/0263 mit weiteren Nachweisen). Das entsprechende Kontrollsystem hat aber auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmer­schutzvorschriften Platz zu greifen. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. das Erkenntnis vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0072, mit weiteren Nachweisen).

Es war daher von schuldhaftem, nämlich zumindest fahrlässigem Verhalten aus­zugehen.

 

V.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des straf­rechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung auf das besondere Maß der Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer hingewiesen, bedingten Vorsatz zu Grunde gelegt und erschwerend gewertet und Straf­milderungsgründe nicht zu Grunde gelegt.

Aufgrund des Beweisverfahrens ist jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen. Dabei war aber zu berücksichtigen, dass auf derselben Baustelle bereits die gleiche Problematik vom Kontrollorgan festgestellt wurde und dies nicht dazu reichte, dass in Hinkunft die Künettenausführung dem Gesetz entsprechend durchgeführt wurde. Es war daher schon grobe Fahrlässigkeit festzustellen. Darüber hinaus ist der belangten Behörde beizupflichten, dass Arbeitnehmer tatsächlich in dem tieferen Teil der Künette gearbeitet haben und daher eine konkrete Gefährdung nicht auszuschließen war. Schließlich liegen vier rechts­kräftige Vorstrafen nach der BauV vor und musste dies als erschwerend gewertet werden. Auch die erhebliche Überschreitung des höchstzulässigen Böschungs­winkels, die eine erhebliche Gefährdung von Arbeitnehmern darstellt, muss im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigt werden. Die tatsächlich verhängte Geldstrafe liegt aber im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Straf­rahmens und es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Vielmehr ist die Geldstrafe erforderlich, um den Beschuldigten von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Ein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen konnte hingegen nicht festgestellt werden, sodass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht vorliegen. Auch war nicht geringfügiges Verschulden festzustellen und daher mangels der Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht vorzu­gehen. Vielmehr konnte die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

 

 

VI. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Ver­fahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 120 Euro festzulegen.

 

 

VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung ergeht im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes. Auch kommt ihr keine über den konkreten Einzelfall hinaus­gehende Bedeutung zu (VwGH 24.04.2014, Ro 2014/01/0014).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt