LVwG-350065/9/GS/JB

Linz, 05.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde vom 6. Juni 2014 des Herrn E.K., geb. x, x, ver­treten durch das V.N.S., x, x, dieses wiederum vertreten durch Mag. J.K., Rechtsanwalt, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 7. Mai 2014, GZ: SH10-65-2000, wegen Gewährung von Sozialhilfe und Ein­satz der eigenen Mittel,

 

 

 zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides des Bezirkshauptmannes von Eferding, GZ: SH10-65-2000, hat wie folgt zu lauten:

1. Die Heimgebühren werden ab 1. April 2014 im jeweiligen Aus­maß, das sind derzeit täglich 78,20 Euro zuzüglich 80 % des jeweils gewährten Pflegegeldes gegen Rückerstattung der gemäß §§ 45 - 52 des Oö. Sozialhilfegesetzes zu erbringenden Ersatz­leistungen aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen.

 

2. Gemäß § 9 Oö. Sozialhilfegesetz haben Sie die auflaufenden Kosten bis zur Höhe von 80 % des Pensionseinkommens ein­schließlich 80 % des allenfalls zu erlangenden Pflegegeldes zu erstatten; von der Rückerstattung der Heim- und Pflegeentgelte im Bezirksseniorenheim L. in E. ist die vom Beschwerdeführer bezogene erhöhte Familienbeilhilfe zur Gänze vom Einsatz der eigenen Mittel im Sinne § 9 Oö. SHG ausge­nommen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 2014, GZ: SH10-65-2000 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 24. März 2014 stattgegeben. Es wurde soziale Hilfe in folgender Form gewährt:

1. Die Heimgebühren werden ab 1. Mai 2014 im jeweiligen Ausmaß, das sind derzeit täglich 78,20 Euro zuzüglich 80 % des jeweils gewährten Pflegegeldes gegen Rückerstattung der gemäß §§ 45 - 52 des Oö. Sozialhilfegesetzes zu erbringenden Ersatzleistungen aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen.

2. Gemäß § 9 des Oö. Sozialhilfegesetzes haben Sie die auflaufenden Kosten bis zur Höhe von 80 % des Pensionseinkommens einschließlich 80% des allenfalls zu erlangenden Pflegegeldes sowie 80 % der Familienbeihilfe dem Sozialhilfever­band R. als endgültigen Kostenträger zu erstatten.

 

Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom
16. August 2000 Hilfe zur Pflege im Bezirksseniorenheim L. gewährt worden wäre. Vom 1. November 2014 bis einschließlich 30. April 2014 hätte der Beschwerdeführer (Bf) die Heimgebühren aus Eigenmitteln bestritten. Er habe am 24. März 2014 einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, weil mit dem derzeitigen Einkommen (ca. 2.500 Euro) die Heimgebühren nicht zur Gänze bestritten werden könnten und der Vermögensfreibetrag von 7.300 Euro nicht überschritten werde. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen würden 80 % der Pensionsbezüge, der Familienbeihilfe und des Pflegegeldes als Ersatz bean­sprucht.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 6. Juni 2014. Darin wird vom rechtlichen Vertreter  im Wesentlichen vorgebracht, dass bereits am 24. März 2014 der Antrag auf Kostenübernahme gestellt worden wäre. Unrichtig führe der Bescheid in seiner Begründung aus, dass der Bf bis einschließlich April 2014 die Heimgebühren bezahlt habe. Die Bezahlung sei lediglich bis einschließ­lich März 2014 erfolgt. Da die Voraussetzung für die Kostenübernahme bereits ab April 2014 vorlägen, wovon auch der bekämpfte Bescheid in seiner Begründung ausgehe, hätte daher die Übernahme der Heimgebühren bereits ab 1. April 2014 ausgesprochen werden müssen. Ergänzend sei darauf zu verweisen, dass der Bf gemäß Art. II der Novelle LGBl. Nr. 106/2012 zur Sozialhilfeverordnung  ein nicht zu berücksichtigendes Vermögen von 12.000 Euro besitzen dürfe, weil er bereits unmittelbar vor dem 1. Jänner 2013 Hilfe in stationären Einrichtungen bezogen habe. Hinsichtlich der ausgesprochenen Verpflichtung zur Rückerstattung von
80 % der Familienbeihilfe sei Folgendes zu entgegnen: Seitens des Senioren­heims L. werde nur Unterkunft, Verpflegung und eine Grundversorgung gewährt, jedoch längst nicht alle behinderungsbedingten besonderen Bedürfnisse des Bf abgedeckt. Der Bf beziehe erhöhte Familienbeihilfe, weil er aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung geistig behindert und taubstumm sowie an den Rollstuhl gebunden sei. Damit sei ein Gesamtgrad der Behinderung von 100 % verbunden. Durch diese Behinderung seien seine Kontaktmöglichkeiten im sozialen Umfeld ohne spezielle Betreuungs- und Pflegemaßnahmen extrem eingeschränkt, sodass er regelmäßig eine Seniorengruppe der Gehörlosen­ambulanz in L. besuche, wofür monatlich Kosten von etwa 800 Euro aufliefen. Die Teilnahme erfolge jeden Donnerstag von 9 bis 15 Uhr, sodass auch für die mittägliche Verpflegung ein monatlicher Aufwand von etwa 15 Euro auflaufe. Notwendig wäre für den Bf zusätzlich ein spezieller Besuchsdienst durch Personen mit speziellen Kenntnissen im Umgang mit gehörlosen Menschen. Als Beweis werde ein einzuholendes Sachverständigengutachten und die Einver­nahme der mit der Wahrnehmung der Sachwalterschaft seitens des V.N. betrauten Mag. J.S. beantragt. Laut Rechtsprechung des VfGH und VwGH dürfe die erhöhte Familienbeihilfe zum Ersatz der Sozial­hilfekosten nur dann herangezogen werden, wenn der Lebensunterhalt der betreffenden Person durch Maßnahmen der Sozialhilfe, für die der Kostenbeitrag vorgeschrieben werde, vollends gesichert sei. Bei erheblicher Behinderung, die für die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gesetzliche Voraussetzung sei, wären unter dem Begriff Lebensunterhalt in diesem Zusammenhang auch die besonderen, aus der Behinderung resultierenden Bedürfnisse zu verstehen, die im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen würden. Im vorliegenden Fall wären die aus der Behinderung resultierenden besonderen Bedürfnisse des Bf durch Unter­bringung und Betreuung im Bezirksseniorenheim L. nicht zur Gänze abgedeckt. Insbesondere die Interaktion im sozialen Umfeld erfordere beim Bf aufgrund seiner oben angeführten Beeinträchtigungen entsprechende besondere Vorkehrungen und Maßnahmen. Zur Finanzierung dieser speziellen Betreuung sei eben die ihm gewährte Familienbeihilfe dringend notwendig. Müsste er 80 %  dem Sozialhilfeverband erstatten, könnte der regelmäßige Besuch der Seniorengruppe in der Gehörlosenambulaz nicht mehr durchgeführt werden, wodurch die Sozialkontakte großteils verloren gehen würden. Dies würde naturgemäß zu einer unzumutbaren Verschlechterung seines Gesamtgesund­heitszustandes führen. Soziale Kontakte wären unerlässlich für jeden Menschen. Der Bf bedürfe zur Unterhaltung dieser Kontakte spezieller, mit entsprechendem Finanzbedarf verbundenen Maßnahmen, die im Rahmen der allgemeinen Pflege und Betreuung im Seniorenheim nicht angeboten werden würden. Die Abführung von 80 % der Familienbeihilfe an den Sozialhilfeverband würde diese speziellen Maßnahmen unfinanzierbar machen und damit zu einer besonderen Härte gemäß § 9 Abs. 1 Oö. SHG für den Bf führen. Aus diesem Grund dürfe der Einsatz dieser eigenen Mittel von ihm nicht verlangt werden. Der Bf stelle daher den Antrag, dieser Beschwerde möge Folge gegeben werden und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert werden, dass die Heimgebühren bereits ab 1. April 2014 im jeweiligen Ausmaß aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden würden und ausgesprochen werden, dass für die Erstattung der auflaufenden Kosten dem Sozialhilfeverband R. als endgültigem Kostenträger die vom Bf bezogene erhöhte Familienbeihilfe nicht heranzuziehen sei.

 

I.3. Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 (eingegangen beim Oö. LVwG am
30. Juni 2014) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidung vor.

 

I.4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2014. An dieser nahmen eine Vertreterin des V.N.S. und der rechtliche Vertreter sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teil.

Der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wurde als endgültigem Kostenträger im Rahmen des Parteiengehörs die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Stellungnahme von 19. November 2014 nutzte die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach diese Gelegenheit.

 

 

II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist am 10. Oktober 1938 geboren. Er lebt seit dem Jahr 1983 im Bezirksseniorenheim L. in E.

 

Am 24. März 2014 hat der Bf einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, weil mit dem derzeitigen Einkommen (ca. 2.500 Euro) die Heimgebühren nicht zur Gänze bestritten werden können und der Vermögensfreibetrag nicht über­schritten wird.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 2014, GZ: SH10-65-2000 wurde diesem Antrag des Bf stattgegeben und die soziale Hilfe in folgender Form gewährt:

Sie haben für die Dauer der mit Bescheid vom gewährten Hauptleistung Heilbehandlung für gehörlose, Sinnes-, sprach- und wahrnehmungsbeein­trächtigte Menschen folgenden Beitrag aus dem Pflegegeld zu leisten:

 

-   10 % der tatsächlich entstandenen Kosten

 

Das sind derzeit 3,38 Euro je Einheit.

 

Die Summe der Beiträge aus dem Pflegegeld für Leistungen nach dem Oö. ChG sind gemäß § 12 der Oö. ChG Beitrags- und Richtsatzverordnung mit 80 % des bezogenen Pflegegeldes begrenzt.

 

Beim Bf wurde folgende Diagnose gestellt:

Nephrolithiasis links, Taubstummheit, Arterielle Hypertonie, Epilepsie und Zustand nach intracerebraler Blutung 1994.

Der Bf leidet an einer primären angeborenen Taubstummheit. Auf Basis dieser Krankheit kam es scheinbar in Ermangelung einer entsprechenden Förderung auch zu einer geistigen Beeinträchtigung sowie einem nur eingeschränkten Sozialverhalten. Der Bf kann weder lesen noch schreiben und besitzt auch keinerlei Kenntnisse über die Taubstummensprache, sodass eine Kontaktfähigkeit nicht vorliegt. Aufgrund dieser Isolation entwickelte sich eine eingeschränkte kognitive bzw. intellektuelle Leistungsfähigkeit. Es zeigt sich das Bild einer reduzierten geistigen Entwicklung, zusätzlich ist der Betroffene taubstumm und somit verbal nicht kontaktfähig. Er kann auch nicht lesen und schreiben. Er ist in Folge der psychischen Beeinträchtigung auf ständige Hilfe und Betreuung angewiesen, hat erhebliche Schwierigkeiten frei zu gehen und ist auch nicht in der Lage, dritten Personen Wünsche mitzuteilen. Aufgrund der vorhandenen eingeschränkten Hirnleistung können ihm auch Sachverhalte nicht vermittelt werden.

Der Gesamtgrad der Behinderung beim Bf ist 100 %.

 

Seit dem Jahr 2009 besucht der Bf wöchentlich eine Seniorengruppe der Gehör­losenambulanz des Krankenhauses der B.B. in L. Die Teil­nahme erfolgt jeden Donnerstag von 9 bis 15 Uhr. Für die mittägliche Verpfle­gung fällt ein monatlicher Aufwand von ca. 15 Euro an, da der Bf mit seinen dortigen Betreuern Mittagessen geht.

Laut dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom
3. September 2013, GZ: SH20-656/2013, ist von Herrn K. ein Beitrag von 10 % der tatsächlich entstandenen Kosten für die Teilnahme an der Seniorengruppe der Gehörlosenambulanz in L., das sind derzeit 3,38 Euro pro Einheit, zu bezahlen. Bis dato wurde vom Bf jedoch für seine Teilnahme an der Seniorengruppe in der Gehörlosenambulanz in L. noch kein Beitrag verlangt.

An der Seniorengruppe der Gehörlosenambulanz in L. nehmen Personen teil, die neben dem Vorliegen einer Taubstummheit weitere Beeinträchtigungen auf­weisen. Ziel des Besuches dieser Gehörlosengruppe ist, dass der Bf interagieren kann. Es findet dort eine 1:1 Betreuung statt. Er hat dort bereits einige Gebärden erlernt.

Von Mitarbeitern der Gehörlosenambulanz wurde nunmehr ein spezieller Besuchsdienst der Gehörlosenambulanz angeregt. Es besteht die Möglichkeit, diesen Besuchsdienst privat zu finanzieren. In der Gehörlosenambulanz gibt es eine Mitarbeiterin, die zusätzlich zur Gehörlosenausbildung die Ausbildung zur Altenfachbetreuerin besitzt. Diese konkrete Frau kennt den Bf schon aus seinen Besuchen der Gehörlosenambulanz. Der Bf möchte mit dieser Dame einen privaten Besuchsdienstvertrag abschließen. Die Kosten sind Vereinbarungssache, Erfahrungswerte zeigen jedoch, dass mit einem Betrag von ca. 30 Euro pro Einheit (Stunde) gerechnet werden muss.

Im Altenheim L. ist kein ehrenamtlicher Besuchsdienst möglich. Auch das sich im Altenheim befindliche Café, das der Bf gerne besucht hat, ist seit kurzem geschlossen.

 

Die Vertreterin der belangten Behörde brachte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, dass dem Bf jede spezielle Hilfe in Bezug auf seine besonderen Bedürfnisse zukommen soll.

Ein Umzug in ein Behindertenheim ist auch aufgrund der Tatsache seiner jahr­zehntelangen Unterbringung im Altenheim L.  nicht zumutbar und zweck­führend.

Der angedachte Besuchsdienst von der Gehörlosenambulanz des Krankenhauses der B.B. in L. deckt diese speziellen Bedürfnisse des Bf ab.

 

In ihrer Stellungnahme vom 19. November 2014 brachte die Bezirkshauptmann­schaft Rohrbach als endgültiger Kostenträger unter anderem vor, dass im konkreten Fall nachvollziehbar ist, dass die Bedürfnisse des Herrn K. durch die stationäre Unterbringung im Seniorenheim L. nicht vollends gedeckt sind.

 

Die Heimgebühren des Bf im Bezirksseniorenheim L. wurden für den Monat April 2014 nicht bezahlt. Ein ursprünglich erfolgter Einziehungsauftrag für April 2014 wurde rückgebucht und der Betrag für den Monat April 2014 wieder auf dem Konto des Bf verbucht.

 

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die Sachverhaltsfeststellungen zu den persönlichen Daten und Verhältnissen des Bf, Unterkunft im Bezirksseniorenheim L., etc. ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde GZ: SH10-1741. Diese Umstände wurden auch von keiner Partei bestritten, sodass weitere diesbezügliche Erhebungen unterbleiben konnten.

 

In den Schlussäußerungen in der mündlichen Verhandlung waren sich die Parteien einig, dass die speziellen Bedürfnisse des Bf im Bezirksaltenheim nicht abgedeckt werden und der Bf durch den besonderen Besuchsdienst der Gehör­losenambulanz besondere Förderung in Bezug auf seine speziellen Bedürfnisse erhält. Die Vertreterin des Bf vom V.N.S. schilderte in der Verhandlung sehr anschaulich und nachvollziehbar, dass beim Bf aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens eine geistige Beeinträchtigung besteht und er im Rollstuhl sitzt. Diesbezüglich wurde auf ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. E.D. vom 5. Dezember 2006, das sich im Akt befin­det, verwiesen. In diesem Gutachten wird von Dr. D. ausgeführt, dass der Bf nie eine Förderung erhalten hat, weshalb er beispielsweise nie eine Gebärden­sprache erlernt hat. Weiters liegt im vorgelegten Verwaltungsakt eine ärzt­liches Sachverständigengutachten von Dr. W.K. vom 16. November 2007 (Untersuchung beim Bundessozialamt) auf. In diesem ist der Gesamtgrad der Behinderung beim Bf mit 100 % angegeben. Neuere ärztliche Untersuchungs­ergebnisse liegen nicht vor.

 

Die Vertretung des Bf schilderte eingehend, dass sich beim Bf in den letzten Jahren noch weitere gesundheitliche Komplikationen ergeben haben. Weiters führt die Vertreterin des Bf allgemein nachvollziehbar aus, dass der Besuch der Gehörlosengruppe für Herrn K. äußerst wichtig ist. Es geht darum, dass er interagieren kann. Er hat dort eine 1:1 Betreuung. Weiters hat er dort bereits einige Gebärden erlernt. Die betreuenden Sachwalter haben den Bf abwechselnd im Heim und in der Gehörlosenambulanz besucht. Auffällig dabei war, dass in der Gehörlosenambulanz weit mehr Interaktion stattfindet. Weiters kann Herr K. das in der Gehörlosenambulanz Erlernte schwer umsetzen, weil im Heim niemand die spezielle Gebärdensprache erlernt hat. Im Heim dagegen gibt es keine speziellen Angebote für den Bf in Bezug auf seine vorliegende Taub­stummheit. Im Heim muss er sich durch spezielle Gebärden – z.B. wenn er Hunger hat – ausdrücken. Daher wurde von der zuständigen Sozialarbeiterin und Betreuerin der Gehörlosenambulanz ein spezieller Besuchsdienst der Gehör­losenambulanz vorgeschlagen. Weiters wurde in der Verhandlung anschaulich geschildert, dass aufgrund der Schließung des sich im Altenheim befundenen Cafés, welches der Bf gerne besucht hat, der Besuch der Gehörlosenambulanz besonders wichtig ist. Zu Protokoll wurde in der Verhandlung weiters gegeben, dass die für den Besuchsdienst von der Gehörlosenambulanz angedachte Besuchsperson den Bf bereits aus seinen Besuchen der Gehörlosenambulanz kennt, weshalb gerade mit dieser Frau eine private Besuchsdienstregelung abgeschlossen werden soll.

 

Aus all diesen lebensnahen, anschaulichen, glaubwürdigen und berührenden Schilderungen der Vertreterin des Bf vom V.N.S. ist für die erkennende Richterin allgemein erkennbar, dass für den Bf aufgrund seiner geschilderten Beeinträchtigungen der Lebensunterhalt durch Maßnahmen der Sozialhilfe, für die der Kostenbeitrag vorgeschrieben wird, nicht vollends gesichert ist. Dies wurde auch von der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten, eben so wenig von der Bezirks­hauptmannschaft Rohrbach als endgültigem Kostenträger in der Stellungnahme vom 19. November 2014. Da somit unstrittig feststeht, dass der Lebensunterhalt des Bf nicht vollends gesichert ist, weist die erkennende Richterin den Beweis­antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ab.

 

Dass die Heimgebühren vom Bf für den Monat April 2014 dem Beschwerdeführer rücküberwiesen wurde und somit für den Monat April 2014 die Bezahlung der Heimgebühren noch offen ist, wurde von der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten und wurde somit den Sachver­haltsdarstellungen zu Grunde gelegt.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 9 . SHG regelt den Einsatz der eigenen Mittel bzw. den Kostenbeitrag:

(1)        Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

(2)        entfallen

(3)        entfallen

(4)        Nicht zum verwertbaren Vermögen gehören Gegenstände, die zur (teil­weisen) Vermeidung, Bewältigung oder Überwindung einer sozialen Notlage (§ 7) dienen.

(5)        Die Verwertung von Vermögen darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die soziale Notlage verschärft wird, von einer vorübergehenden zu einer dauern­den wird oder die dauerhafte Überwindung einer sozialen Notlage gefährdet wird.

(6)        Hat die hilfebedürftige Person Vermögen, dessen Verwertung ihr vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die Leistung sozialer Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht werden.

(7)        Für Leistungen sozialer Hilfe in Form von persönlicher Hilfe (§ 12) haben Hilfebedürftige einen angemessenen Kostenbeitrag zu entrichten. Die Leistung persönlicher Hilfe, auf die kein Rechtsanspruch besteht, kann soweit deren Kosten nicht vom Hilfeempfänger getragen werden, von einem angemessenen Kostenbeitrag, von dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin bzw. dem eingetragenen Partner abhängig gemacht werden. Der Kostenbeitrag kann die Höhe eines kostendeckenden Entgelts erreichen; bei der Bemessung ist insbesondere auf die Einkommens- und Ver­mögensverhältnisse und auf die sonstigen Sorgepflichten des Kostenbei­tragspflichtigen Bedacht zu nehmen.

(8)        Für persönliche Hilfe in Form von Beratung darf kein Kostenbeitrag ver­langt werden. Die Landesregierung kann durch Verordnung weitere Ausnahmen von der Kostenbeitragspflicht bestimmen, wenn dadurch den Zielen sozialer Hilfe besser entsprochen wird.

(9)        Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Einsatz der Mittel und über den Kostenbeitrag zu erlassen. Diese Verordnung hat insbesondere zu regeln:

1.   in wieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger sowie des im gemeinsamen Haushalts lebenden Ehegatten (Lebensgefährtin bzw. Lebensgefährte oder eingetragene Partner bzw. eingetragener Partner) gemäß § 3 nicht zu berücksichtigen sind, wobei auf die Ziele dieses Landesgesetzes und vergleichbare Regelungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Bedacht zu nehmen ist; 

2.   Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß für persönliche Hilfe Kostenbeiträge zu leisten sind, wobei bei Kostenbeiträgen des Ehe­gatten oder der eingetragenen Partnerin bzw. des eingetragenen Partners auf die Grenzen der Ersatzpflicht Angehöriger (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2) Bedacht zu nehmen ist.

 

§ 4 der Oö. Sozialhilfeverordnung regelt den Einkommensbegriff:

(1)        Als Einkommen gilt, wenn im Folgenden nichts anderes bestimmt ist insbesondere:

1.   bei nicht zur Einkommenssteuer veranlagten Personen die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit gemäß § 25 des Einkommenssteuergesetzes 1988 – EStG 1988 (Bruttobezüge), abzüglich der nachgewiesenen Werbungskosten gemäß § 16 EStG 1988 und der einbehaltenen Lohn­steuer;

2.   bei zur Einkommenssteuer veranlagten Personen die Einkünfte gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ohne Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988), der Sanierungsgewinne (§ 36 EStG 1988), der Freibeträge nach §§ 104 und 105 EStG 1988 und des Gewinnfreibetrags (§ 10 EStG 1988), abzüglich der festgesetzten Einkommenssteuer; sind Einkünfte auch nicht selb­ständiger Arbeit im Einkommenssteuerbescheid enthalten, sind sie im Sinne der Z 1 hinzuzurechnen;

3.   bei pauschalierten Land- und Forstwirten 70 % des jeweils geltenden Ver­sicherungswertes;

4.   alle steuerfrei belassenen, regelmäßigen Einkünfte zur Deckung des Unter­halts, die aufgrund eines Rechtsanspruchs gewährt werden;

5.   das Kinderbetreuungsgeld, der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld und die Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbe­treuungsgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001 gelten als Einkommen der anspruchsberechtigen Person.

(2)        Abweichend von Abs. 1 Z 4 gelten folgende Einkünfte nicht als Einkommen im Sinn des Abs. 1:

1.   Leistungen aus dem Grund einer Behinderung

2.   Pflegegeld, soweit nicht anderes bestimmt ist;

3.   Familienbeihilfe, soweit es sich nicht um einen Aufenthalt in einer statio­nären Einrichtung handelt;

4.   Unterhaltsleistungen für Kinder.

 

§ 5 der Oö. Sozialhilfeverordnung regelt den Einsatz der eigenen Mittel und Freibeträge:

(1)        entfallen

(2)        Bei Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen (§ 17 Abs. 2 Z 2 des Oö. ShG 1998) sind folgende Einkünfte nicht zu berücksichtigen:

1.   20 % einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versor­gungsgenüsse (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) oder Familienbeihilfe und

2.   die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) und

3.   der vom Anspruchsübergang gemäß § 13 Bundespflegegeldgesetz – BPGG, BGBl. Nr. 110/1993 nicht erfasste Betrag.

(3)        Wenn der Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG vor dem Monat Mai 1996 erfolgte, beträgt der anrechnungsfrei Betrag gemäß Abs. 2 Z 3 20 % des Betrags des Pflegegeldes der Stufe 3. Für Personen, deren Anspruchsübergang auf der Grundlage des Oö. Pflegegeldgesetzes vor dem Monat September 1996 erfolgte, gilt entsprechendes.

(4)        entfallen

(5)        Von Hilfeempfängern, die im Jänner 1997 nach den Bestimmungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, eine Vorschusszahlung erhalten haben, kann zur Sicherung des Einsatzes der eigenen Mittel für den Monat, in dem der Grund des Wegfalles der Pension (Rente) eintritt, eine ent­sprechende Vorschussleistung verlangt werden.

(6)        Bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe sind ein Schmerzensgeld gemäß § 1325 ABGB und daraus nachweislich angeschaffte Vermögenswerte nicht zu berücksichtigen.

(7)        Bei Leistung sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen sind Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt 7.300 Euro und kleinere Sachwerte nicht zu berücksichtigen.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Zur Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts:

 

V.1.1. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hatten sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Auslegung landesgesetzlicher Regelungen zu befassen, die Beitragsverpflichtungen von Sozialhilfeempfängern aufgrund des Bezuges von Familienbeihilfe, erhöhter Familienbeihilfe oder Taschengeld nach den Vor­schriften über Maßnahmen für pflegebedürftige Personen zum Inhalt hatten (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1992, Slg. 13052, vom 28. November 1994, Slg. 13933, vom 26. Februar 1996, Slg. 14403, und vom 23. September 1996, Slg. 14563, sowie die Erkenntnisse des Verwal­tungsgerichtshofes vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0021, vom 24. Juni 1997, Slg. 14698/A und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404, alle betreffend die Bewertung der Familienbeihilfe als Einkommensbestandteil; vgl. weiters die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1998, Slg. 15281, und des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1998, Zl. 97/08/0452, jeweils betreffend die Einbeziehung des nach dem Bundespflegegeldgesetz gewährten Taschengeldes bei der Berechnung des Einkommens des Behinderten als Grund­lage der Vorschreibung eine Kostenbeitrages). [VwGH 15. September 2003, 2003/10/0090].

 

V.1.2. Der Verfassungsgerichtshof setzte sich bereits in mehreren Erkenntnissen mit der Einbeziehung der Familienbeihilfe in Kostenbeitragsregelungen ausein­ander:

 

V.1.2.1. Zur Kostenbeitragsregelung des § 43 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz hat der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 9. Juni 1992, Slg. 13052, vom 28. November 1994, Slg. 13933, und vom
26. Februar 1996, Slg. 14403, dargelegt, er hege gegen eine Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialmaßnahmen, durch die der Lebensunterhalt (ein­schließlich Unterbringung und Verpflegung) vollends sichergestellt ist, vor­sehende Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die Intention des Bundesgesetzgebers, der § 12a FLAG erlassen hat, schließe eine solche Heranziehung nicht aus; die Familienbeihilfe sei als Betreuungshilfe gedacht, die ausschließlich für jene Person, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist (vgl. OGH 10.7.1991 Zl. 1 Ob 565/91). Dieser Verwendungszweck werde durch eine sozialhilferechtliche Kostenbeitragsregelung jedenfalls dann nicht unterlaufen, wenn sie – wie § 43 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz – den geschilderten Inhalt habe (VfGH 9. Juni 1992, B 1129/91 = Slg. 13052, vom
28. November 1994, B 205/94 = Slg. 13933, und vom 26. Februar 1996,
B 1867/94 = Slg. 14403).

 

Im oben erwähnten Erkenntnis vom 26. Februar 1996 führte der Verfassungs­gerichtshof – zur Auffassung der belangten Behörde, die Familienbeihilfe sei unter der Voraussetzung der Sicherstellung von Unterkunft und Verpflegung des Hilfeempfängers als Einkommensbestandteil anzusehen, auch wenn „sonstige Aspekte des Lebensunterhaltes“ nicht gesichert seien – aus, § 43 Abs. 3 iVm
§ 11 Abs. 3 Wiener Behindertengesetz wäre verfassungswidrig, wenn diese sozialhilferechtliche Kostenbeitragsregelung den von der Behörde angenom­menen Inhalt hätte, weil dann nämlich die Intention des § 12a FLAG (wonach die Familienbeihilfe eben nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch mindert) unterlaufen und damit das Berücksichtigungsgebot unterlaufen würde. Die Formulierung der erwähnten Regelung des WBHG erlaube aber eine andere – verfassungskonforme – Auslegung: § 43 Abs. 3 WBHG regle den Fall, dass „im Rahmen einer Maßnahme durch Unterbringung und Ver­pflegung der Lebensunterhalt des Behinderten sichergestellt wird“. Das bedeute, dass es sich zum einen am eine solche „Maßnahme“ i.S. des § 43 Abs. 1 handeln müsse, die mit der Unterbringung und Verpflegung des Behinderten verbunden ist; zum anderen, dass diese Maßnahme dessen Lebensunterhalt (s. § 12 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. 11/1973) vollends sicherstelle (VfGH
26. Februar 1996, B 1867/94 = Slg. 14403).

 

V.1.2.2. In dem die Kostenbeitragsregelung nach dem NÖ Sozialhilfe-
gesetz, LGBl. 9200, und der Eigenmittel-VO betreffenden Erkenntnis vom
23. September 1996, Slg. 14563, legte der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf seine oben wiedergegebene Rechtsprechung zum Wiener Behindertengesetz dar, eine Regelung, wonach die Familienbeihilfe als Teil des Einkommens des Hilfeempfängers der Bemessung eines Kostenbeitrages (jedenfalls) zugrunde zu legen wäre, wäre verfassungswidrig, weil dann nämlich die Intention des § 12a FLAG (wonach die Familienbeihilfe eben nicht als eigenes Einkommen des Kindes gilt und dessen Unterhaltsanspruch nicht mindert) unterlaufen und damit das Berücksichtigungsgebot missachtet würde. Gegen die Heranziehung der Familien­beihilfe als Grundlage eines Kostenbeitrages bestünden nur dann keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Berücksichtigungsgebotes, wenn „im Rahmen der Maßnahme der Lebensunterhalt einschließlich Unterbringung und Verpflegung vollends gesichert ist“ (VfGH 23. September 1996, Slg. 14563).

 

V.1.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom
18. März 1997, Zl. 95/08/0021, und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404, die in den oben referierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom
9. Juni 1992, 28. November 1994 und 26. Februar 1996 dargelegte Auslegung der Kostenbeitragsregelung des Wiener Behindertengesetzes übernommen und die Vorschreibung eines Kostenbeitrages jeweils als inhaltlich rechtswidrig aufgehoben, weil „durch die dem Beschwerdeführer gewährte Maßnahme dessen Lebensunterhalt – über die Unterbringung und Verpflegung hinaus – nicht vollends sichergestellt war“ (VwGH vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0021, und vom 20. September 2000, Zl. 97/08/0404).

 

V.1.3. In dem (einen Fall der Heranziehung der Mutter einer Hilfeempfängerin zum Kostenbeitrag nach dem NÖ SHG betreffenden) Erkenntnis vom
24. Juni 1997, Slg. 14698/A, hat der Verwaltungsgerichtshof die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vertretene Auffassung, der aus
§ 12a FLAG ersichtliche Zweck der Familienbeihilfe werde unterlaufen, wenn die Familienbeihilfe (als Grundlage der Leistung eines Kostenbeitrages des unter­haltspflichtigen Angehörigen) herangezogen werde, ohne dass der Lebens­unterhalt, der über Unterkunft und Verpflegung hinaus „auch andere Bedürfnisse, etwa Kleidung und weitere Anliegen umfassen kann“, durch die gewährte Hilfe „vollends gesichert“ ist, referiert und seiner Auslegung der Vorschrift des § 15 Abs. 5 (i.V.m. § 42 Abs. 1) NÖ SHG zu Grunde gelegt (VwGH vom 24. Juni 1997, Slg. 14698/A und 29. März 2000, Zl. 94/08/0119).

 

V.1.4. Die Rechtsmäßigkeit der Einbeziehung der erhöhten Familienbeihilfe in den Einkommensbegriff hängt davon ab, ob der Lebensunterhalt des Beschwerde­führers durch die „Maßnahme“ der Sozialhilfe, deren Kosten Anlass zur Vorschreibung eines Kostenbeitrages geben, „vollends gesichert“ ist. Im Hinblick auf den Zweck der erhöhten Familienbeihilfe, deren Gewährung unter anderem das Bestehen einer erheblichen Behinderung voraussetzt, sind im vorliegenden Zusammenhang unter dem Begriff des „Lebensunterhaltes“ auch die besonderen Bedürfnisse zu verstehen, die aus der Behinderung folgen und im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen. Die belangte Behörde, die in der Bescheidbegründung den Darlegungen des Beschwerdeführers über die Art der Verwendung der ihm zufließenden Beträge an Taschengeld, Familienbeihilfe einschließlich Erhöhungs­betrag und Kinderabsetzbetrag gar nicht entgegentritt, dürfte offenbar davon ausgehen, dass die „völlige Sicherung“ des Lebensunterhaltes des Beschwerde­führers einschließlich der besonderen Bedürfnisse als behinderter Mensch durch ein Zusammenwirken der dem Beschwerdeführer in der Einrichtung erbrachten Sachleistungen mit den diesem auf verschiedener Grundlage zufließenden Geldleistungen erfolge, und dass (insbesondere) jene Bedürfnisse des behin­derten Menschen, deren Befriedigung die Gewährung des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe dienen soll, mit Hilfe der anderen zufließenden Geldleistungen („Pflegegeldtaschengeld“, Grundbetrag der Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) befriedigt werden könnten. Aus der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist aber abzuleiten, dass die Heranziehung des Hilfeempfängers zur Kostenersatzleistung auf Grund des Bezuges der (erhöhten) Familienbeihilfe verfassungskonform nur dann Platz greifen dürfe, wenn die Befriedigung jener Bedürfnisse, der die Leistung des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe zu dienen bestimmt ist, durch die betreffende Maßnahme vollends sichergestellt ist. Der Verfassungsgerichtshof hat klargestellt, dass die Einbeziehung der Familienbeihilfe in den Einkommensbegriff in verfassungs­konformer Gesetzesauslegung nur dann zulässig sei, wenn „diese Maßnahme“ den Lebensunterhalt vollends sicherstelle (vgl. die Erkenntnisse vom
26. Februar 1996 und vom 5. Oktober 1998) [VwGH 15. September 2003, 2003/10/0090].

 

V.1.5. Dementgegen lässt sich aus dem Erkenntnis des VwGH vom
14. Dezember 2007, 2006/10/0200 für den gegenständlichen Fall nichts gewinnen, zumal diesem ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag:

 

Anders als in den Fällen, in denen sich der Verfassungsgerichtshof mit der Zulässigkeit der Heranziehung der Familienbeihilfe zur Abdeckung der Kosten gewährter Sozialhilfemaßnahmen zu beschäftigen hatte (vgl. dazu die Dar­stellung im hg. Erkenntnis vom 15. September 2003, VwSlg. 16163/A), geht es im vorliegenden Fall nicht um den Zugriff auf die Familienbeihilfe zur (teilweisen) Finanzierung von Maßnahmen der Sozial- und Behindertenhilfe. Vielmehr geht es hier darum, behinderten Menschen jene Hilfe zu gewähren, derer sie im Sinne der Zielsetzung des § 1 Stmk. BHG zusätzlich zu den ihnen bereits zur Verfügung stehenden – und den ihnen zugedachten Zwecken dienenden – Mitteln (Ein­künften) bedürfen. Nicht eine Heranziehung der Familienbeihilfe zur Abgeltung der im Zuge der Sozial- oder Behindertenhilfe erwachsenden Kosten steht daher in Rede, sondern die Frage, in welchem Ausmaß ein behinderter Mensch auf Grund von Grad und Schwere seiner Behinderung ergänzender Hilfe bedarf (VwGH vom 14.12.2007, 2006/10/0200).

 

 

V.2. Zum Sachverhalt:

 

Im Hinblick auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts muss der Lebensunterhalt des Sozialhilfeempfängers über Unterkunft und Verpflegung hinaus auch andere Bedürfnisse wie etwa Kleidung und weitere Anliegen durch die gewährte Hilfe vollends gesichert sein. Zum Begriff des „Lebensunterhaltes“ zählen auch die besonderen Bedürfnisse einer Person, die aus der Behinderung folgen und im Verhältnis zu den Kosten der Lebensführung nicht behinderter Personen einen finanziellen Mehraufwand auslösen. Zu den speziellen Bedürf­nissen und zum Lebensunterhalt einer Person zählen mithin nicht nur Unterkunft und Verpflegung sondern auch andere Bedürfnisse wie etwa Kleidung und weitere Anliegen. Unter „weiteren Anliegen“ sind nach Auffassung des Landes­verwaltungsgerichts Oberösterreich auch soziale Kontakte zu erfassen.

 

Im vorliegenden Fall des Bf ist unter einem derartigen „weiteren Anliegen“ der Besuch der Gehörlosenambulanz in L. sowie der persönliche Besuch einer entsprechend ausgebildeten, dem Bf bereits bekannten Mitarbeiterin der Gehörlosenambulanz im Altenheim zu verstehen.

Die Vertreterin des Bf vom V.N.S. hat im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2014 die Bedeutung des Besuchs der Seniorengruppe der Gehörlosenambulanz sowie den Abschluss eines privaten Besuchsdienstvertrages mit der dem Bf bereits bekannten und entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterin der Gehörlosenambulanz geschildert. Im Zuge dieser Vernehmung konnte das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich eine eindrucksvolle Vorstellung von der Bedeutung des Besuches der Gehörlosenambulanz sowie der Organisation eines privaten Besuchsdienstes durch eine persönlich bekannte und geschulte Betreuerin gewinnen.

Eine Verlegung in eine Unterbringungsstätte nach dem CHG wäre für den Beschwerdeführer auf Grund des langjährigen Aufenthaltes (31 Jahre!) im Bezirksaltenheim L. kontraproduktiv.

Festgehalten wird weiters, dass im Bezirksaltenheim L. obendrein kein ehrenamtlicher Besuchsdienst existiert.

Dem Einwand der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als endgültigem Kosten­träger, dass der vorgebrachte monatliche Aufwand von 800 Euro für die Teil­nahme an einer Seniorengruppe der Gehörlosenambulanz L. de facto nicht eingehoben werde und dieser genannte Betrag für die Frage, ob die Bezahlung eines monatlichen Kostenbeitrages in der Höhe von 80 % der erhöhten Familienbeihilfe zu einer besonderen Härte führen würde, nicht veranschlagt werden könne und daher diesbezüglich keinerlei Kosten zur Abdeckung der besonderen Bedürfnisse des Herrn K. anfallen würden, wird entgegen gehalten, dass hinsichtlich der Einhebung eines monatlichen Kostenbeitrages für den Besuch der Gehörlosenambulanz ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt. Weiters ist – wie bereits erwähnt – beabsichtigt, für den Bf einen Besuchsdienst durch eine entsprechend ausgebildete und dem Bf bereits bekannte Betreuerin der Gehörlosenambulanz im Bezirksaltenheim L. zu organisieren, welcher mit entsprechenden Kosten verbunden ist.

Außerdem führt die bereits erfolgte Schließung des Cafés im Bezirksaltenheim L., in dem der Bf seine sozialen Kontakte entsprechend seinen Ver­hältnissen pflegte,  zu einer besonderen Härte.

 

§ 9 Abs. 1 SHG bestimmt, dass die Leistung sozialer Hilfe unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen hat, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen. Im Falle des Bf hat das LVwG Oberösterreich keine Zweifel daran, dass das Nichtzustandekommen einer privaten Besuchsdienstregelung für den Bf zu einer besonderen Härte führen würde, ebenso wie der Wegfall des Besuches der Gehörlosenambulanz, dessen Beitrag aufgrund eines rechtskräftigen Bescheides jederzeit eingefordert werden kann.

 

Hinsichtlich der Finanzierung eines privaten Besuchsdienstes darf der Bf nicht auf die erhöhte Familienbeihilfe angewiesen sein. Dem steht die oben zitierte Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen.

Als finanzielles Mittel zur Sicherung derartiger Bedürfnisse dient die erhöhte Familienbeilhilfe. Im Ergebnis kann daher der Bf zur Finanzierung seines Besuchsdienstes nicht auf seine sonstigen Einkünfte verwiesen werden.

 

Umfang der erhöhten Familienbeihilfe:

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Gericht auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu entscheiden.

In der Beschwerde wurde der Antrag gestellt, dass für die Erstattung die vom Bf bezogene erhöhte Familienbeihilfe nicht heranzuziehen ist.

Die erhöhte Familienbeihilfe ist eine Leistung nach dem Familienlastenaus­gleichsgesetz (FLAG) und setzt sich gemäß § 8 FLAG aus einem Grundbetrag und einem Erhöhungsbetrahg für erheblich behinderte Personen zusammen (vgl. auch VfGH B 1003/2013-11, B 1528/2013-8 vom 26. Juni 2014).

Laut Beschwerdeantrag ist daher die erhöhte Familienbeihilfe in diesem Umfang nicht zur Erstattung heranzuziehen.

Der in der mündlichen Verhandlung thematisierte Kinderabsetzbetrag ist dagegen eine Leistung nach dem Einkommensteuergestz 1988 (§ 33 Abs. 3 EStG), der lediglich im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannt und gemeinsam mit dieser ausbezahlt wird. Dieser Kinderabsetzbetrag nach dem EStG ist daher vom beschwerdegegenständlichen Antrag nicht umfasst.

 

Da vom Bf der Antrag auf Kostenübernahme am 24. März 2014 gestellt wurde und nunmehr feststeht, dass die Bezahlung der Heimgebühren durch den Bf bis einschließlich März 2014 erfolgte, waren die Voraussetzungen für eine Über­nahme der Heimgebühren bereits ab 1. April 2014 gegeben.

 

Zusammengefasst war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde Folge zu geben, dass der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern war, dass in seinem Spruch Punkt 1. die Heimgebührenübernahme im festgesetzten Ausmaß aus  Mitteln der Sozialhilfe ab dem Zeitpunkt 1. April 2014 festzusetzen war und mit Spruch Punkt 2. ausgesprochen wird, dass von der Rückerstattung der Heim- und Pflegeendgelte im Bezirksseniorenheim L. in E. die vom Beschwerdeführer bezogene erhöhte Familienbeihilfe zur Gänze ausgenommen ist, dem Beschwerdeführer daher die von ihm bezogene erhöhte Familienbeihilfe zur Gänze selbst verbleibt und diese nicht vom Einsatz der eigenen Mittel im Sinne von § 9 Oö. SHG erfasst ist.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger