LVwG-550268/19/KLE/BRe

Linz, 01.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerden von B und J M, R und Dr. G S, x, x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28.5.2014, ForstR10-53-2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde von J M als unbegründet abgewiesen. Die Frist zur Ausführung der aufgetragenen Arbeiten wird auf 31. Mai 2015 und die Frist zur Wiederbewaldung auf 31. Oktober 2015 erstreckt.

 

II.       Die Beschwerden von B M, R S und Dr. G S werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.     J M, x, x, hat binnen 2 Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 AVG iVm §§ 1 und 3 Abs. 1 der Oö. LKommGebV 2013 einen Betrag von 81,60 Euro (1 Amtsorgan, 4 halbe Stunden) zu entrichten.

 

IV.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Bescheid vom 28.5.2014, ForstR10-53-2014 folgenden forstpolizeilichen Auftrag erlassen:

„Herrn J M, x, x, wird zur Herstellung des den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zustandes auf dem Grundstück Nr. x, KG H, Marktgemeinde K, aufgetragen, bis spätestens 31. Juli 2014 den illegal errichteten ca. 40 m langen Weg (im beiliegenden Lageplan blau dargestellt) vollständig erdbaumäßig zurückzubauen und dabei die ursprüngliche Geländeausformung wieder herzustellen, die beanspruchte Fläche bis spätestens 31. Oktober 2014 mit 50 Weißtannen zu bepflanzen, die Pflanzen gegen Wildverbiss und Fegeschäden zu schützen und während der Anwachsphase mindestens 3 Jahre von Unkrautwuchs freizuschneiden.“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und die Durchführung eines Ortsaugenscheins beantragt wird.

Begründend wird ausgeführt:

„Um den behördlichen Auflagen zu entsprechen, wurde bereits im Frühling bzw. Sommer 2013 bei der BH Freistadt und folgend der Naturschutzabteilung der Oö. Landesregierung um Bau einer Forststraße angesucht. Die Forststraße wurde bewilligt und unter Einhaltung der Auflagen Ende 2013 errichtet. Im Zuge der Schlägerungsarbeiten wurde mit Holzerntemaschinen ein bestehender, alter Bringungsweg (von der Behörde als Steig beschrieben), befahren bzw. benützt. Ein Seitenarm des bestehenden, alten Bringungsweges mündet in die neu angelegte Forststraße ein.

Der „alte“, bestehende Bringungsweg ist in diesem Bereich zur F hin ca. 3m breit. Dieser Bringungsweg wurde schon immer von der F her und den angrenzenden Wiesen/ früher Äckern befahren und verwendet.

Im März bzw. April 2014 wurden mittels Bagger die Forststraße bzw. Böschungskante fertiggestellt. Der alte Bringungsweg wurde im Einmündungsbereich in die Forststraße ebenfalls hergerichtet.

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wird angeführt, dass bei fachgerechter Fällung in Falllinie die Bäume zum neu errichteten Traktorweg gezogen werden können. An das Grundstück Nr. x und x grenzt die F an. Überhängende Bäume können nur in bzw. über die F auf eine angrenzende Wiese gefällt werden, da die Verwendung einer Seilwinde von der Forststraße her (auf Grund des Höhenunterschiedes lt. doris ca. 18-20 m und der Wegstrecke) praktisch nicht durchführbar ist. Somit käme es lt. Angaben des angrenzenden Grundeigentümers (Forstgut W) zur Schädigung der in der F in diesem Bereich angesiedelten, unter Artenschutz stehenden, Flussperlmuscheln.

Gründe der Rechtswidrigkeit:

Aus unserer Sicht liegt. gem. § 61 (3) Forstgesetz keine Errichtung einer Bringungsanlage vor, da lediglich ein alter, bestehender Bringungsweg über eine Strecke von ca. 25 saniert/erhalten wurde. Da weder die Voraussetzung für § 62 noch für § 64 Forstgesetz gegeben ist, ist die Anwendung von § 172 (6) in Frage zu stellen.

Die Benützung dieser alten Wege (lt Behörde Übererschließung) steht auch im Interesse des Tier- und Artenschutzes, um die in der F angesiedelte Flussperlmuschelpopulation nicht zu gefährden.“

 

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahmen die Vertreterin der belangten Behörde, J M, B M, R S, K K als Zeuge und der forstfachliche Amtssachverständige teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der verfahrensgegenständliche „Verbindungsweg“ auf dem Grundstück Nr. x, KG H befindet sich zwischen neu errichteter Forststraße und dem alten Weg im Unterhangbereich. Er weist eine Länge von 30 m und eine Breite von 3,5 bis 4 m auf, die Steigung beträgt 30%. Aufgrund von drei gemessenen Querprofilen wurde eine Niveauänderung von durchschnittlich 0,4 m bzw. max. 0,6 m im Bereich des Einschnittes ermittelt, im Bereich der Aufschüttung ergibt sich eine Änderung von durchschnittlich 0,7 m und max. 0,8 m. Der Straßenkörper ist aus dem örtlich vorhandenen Material aufgebaut (verwitterter Granit), der Weg wurde begrünt und auf der Böschung zum Teil aufgeforstet.

Der gesamte Wegekörper (Fahrbahn und Böschungen) tritt als Neubau in Erscheinung. Am Einschnitt und der Dammschüttung ist ersichtlich, dass in Teilbereichen Niveauänderungen von mehr als einem halben Meter vorhanden sind. Die Fahrbahn ist aufgrund des vorhandenen schottrigen Untergrundmaterials befahrbar, eine zusätzliche Beschotterung ist nicht erforderlich und auch nicht erfolgt.

 

Am „Schummerungsbild“ (= Oberflächendarstellung aus Laserscandaten) ist die Lage der Wege ersichtlich. Die Datengewinnung erfolgte vor dem Bau der neuen Wege. Das Bestehen eines alten Verbindungsweges im Bereich des betreffenden Abschnittes ist hier nicht erkennbar.

Ein solcher Weg müsste sehr schmal und dem Gelände angepasst gewesen sein, da weder Teile eines Altbestandes in der Natur, noch Böschungen bzw. Fahrbahn im Schummerungsbild erkennbar sind.

 

Der Weg wurde Anfang des Jahres 2014 gebaut, besteht also noch kein Jahr, die Absicht einer langfristigen Erhaltung und Nutzung ist aus dem Verfahren ableitbar. Der Weg entspricht den Vorgaben des § 59 Abs. 2 Forstgesetz 1975 und dessen Errichtung wäre somit anzeigepflichtig gewesen.

 

Die Ausführungen des forstfachlichen Amtssachverständigen bezüglich der Laserscandaten (Bestehen eines Verbindungsweges ist nicht erkennbar bzw. ein bestehender Weg müsste sehr schmal gewesen sein) decken sich mit den Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung, wonach er mit einem kleinen Traktor „mehr schlecht als recht“ dort gefahren sei.

 

Der Beschwerdeführer gesteht selber ein, dass Erdbauarbeiten durchgeführt wurden, jedoch aus seiner Sicht nicht in einem Umfang, der dem Forstgesetz widerspricht.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie den Aussagen der Parteien, des Zeugen und den forstfachlichen Schlussfolgerungen. Der forstfachliche Amtssachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der gesamte Wegekörper (Fahrbahn und Böschungen) als Neubau in Erscheinung tritt.

 

Für den Verbindungsweg liegt keine Anmeldung oder Bewilligung nach dem Forstgesetz vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

§ 59 Abs. 1 und 2 Forstgesetz 1975 lauten:

(1) Forstliche Bringungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes (kurz Bringungsanlagen genannt) sind Forststraßen (Abs. 2) und forstliche Materialseilbahnen (Abs. 3).

(2) Eine Forststraße ist eine für den Verkehr von Kraftfahrzeugen oder Fuhrwerken bestimmte nichtöffentliche Straße samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken,

1. die der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie deren Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz dient und

2. die für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt wird und

3. bei der die mit der Errichtung verbundenen Erdbewegungen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter ausmachen oder mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt ist.

 

Gemäß § 60 Abs. 1 Forstgesetz 1975 sind Bringungsanlagen so zu planen, zu errichten und zu erhalten, dass unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte Waldboden und Bewuchs möglichst wenig Schaden erleiden, insbesondere in den Wald nur so weit eingegriffen wird, als es dessen Erschließung erfordert.

 

Ein Ausbau von in Benützung befindlichen Bringungsanlagen gilt dann nicht als Errichtung, wenn durch den Ausbau Waldboden nur in unerheblichem Ausmaß beansprucht wird (§ 61 Abs. 3 Forstgesetz 1975).

 

Nach § 64 Abs. 1 Forstgesetz 1975 hat der Bauwerber die Errichtung von Forststraßen, die keiner Bewilligung gemäß § 62 bedürfen, spätestens sechs Wochen vor dem Trassenfreihieb der Behörde zu melden. Die Meldung hat die Namen der mit der Planung und Bauaufsicht (§ 61) betrauten befugten Fachkräfte und die Angaben über das Bauvorhaben, wie über wesentliche technische Details, den beabsichtigten Baubeginn und die voraussichtliche Baudauer, zu enthalten. Der Meldung ist eine maßstabgerechte Lageskizze anzuschließen.

 

§ 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 lautet:

(6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b) die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c) die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

d) die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

e) die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

 

Im konkreten Fall bestand dort, wo auf dem Grundstück Nr. x, KG H der Verbindungsweg besteht, zuvor keine Forststraße im Sinne des § 59 Abs. 2 Forstgesetz 1975, wie auch aus der Oberflächendarstellung aus Laserscandaten („Schummerungsbild“) ersichtlich, da weder Böschungen, noch Fahrbahn im Schummerungsbild erkennbar sind. Es wurde Waldboden in mehr als unerheblichem Ausmaß beansprucht, sodass § 61 Abs. 3 Forstgesetz 1975 nicht zur Anwendung kommt. Der gesamte Wegekörper (Fahrbahn und Böschungen) tritt als Neubau in Erscheinung.

 

Es liegt somit eine anmeldepflichtige Errichtung einer Forststraße vor.

 

Da vom Beschwerdeführer diese Errichtung nicht rechtzeitig angemeldet wurde, war diesem gesetzwidrigen Zustand von Seiten der belangten Behörde mit einem entsprechenden Entfernungsauftrag nach § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 zu begegnen. Der Einwand des Schutzes der Flussperlmuscheln geht somit ins Leere.

 

Wegen des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs war es erforderlich, die Fristen für die vorgeschriebenen Arbeiten bzw. die Wiederbewaldung zu verlängern.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

II.            Die Forstbehörde ist zum Einschreiten gemäß § 172 Abs. 6 Forstgsetz 1975 von Amts wegen, ohne Rücksicht darauf, ob der Verursacher der Eigentümer oder eine andere Person ist (vgl. zur unbefugten Rodung: VwGH 11.12.2009, 2007/10/0185, vgl. zur Waldverwüstung: VwGH 16.11.1998, 95/10/0084.) verpflichtet. Bescheidadressat des forstpolizeilichen Auftrages ist J M. Dieser ist verpflichtet, die ihm aufgetragenen Tätigkeiten durchzuführen. Es besteht in diesem Verfahren daher keine Parteistellung für B M, R S und Dr. G S. Das Forstgesetz räumt selbst dem von einer Waldverwüstung betroffenen Grundeigentümer kein subjektiv-öffentliches Recht auf deren Abwehr ein (VwGH 13.1.1995, 92/10/0480).

 

III.           Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die angeführten

Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen.

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer