LVwG-300539/10/KL/BD

Linz, 27.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn H.S., x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.B., x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29. Oktober 2014, GZ: 42136/2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15. Jänner 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29. Oktober 2014, GZ: 42136/2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
20 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs. 3 Arbeits­mittelverordnung – AM-VO iVm § 130 Abs. 1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz – ASchG verhängt, weil er als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutz-vorschriften im Einkaufszentrum „x“ in L. gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma W. Handels GmbH (FN x) mit Sitz in L., x, zu vertreten hat, dass am 11. September 2013 in der Arbeitsstätte (Fleischerei) x, in x ein Fleischwolf, Hersteller Firma x, Type x, Serien-NR. x, aufgestellt und benutzt wurde, ohne dass die Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen gesichert waren. Es konnte un­gesichert zu den beim offenliegenden Schneckengewinde (die Bauarthöhe des Fleischwolfes be­trägt 120 cm, das Schneckengewinde ist ca. 40 cm tiefer gelegen), welches zur Fleischzuführung dient, gegebenen Quetsch-, Scher- und Einzugsstellen zugegriffen werden. Dadurch wurde § 43 Abs. 3 AM-VO über­treten, wonach Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen so zu sichern sind, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeit­nehmer erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verkleidungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahren­stelle verhindern.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Fleischwolf schon längst vor der Bestellung zum verant­wortlichen Beauftragten zum Einsatz gelangt sei. Seine Aufsichts- und Kontrollpflichten habe der Beschwerdeführer nicht verletzt und könne ihm kein Verschulden angelastet werden. Der Fleischwolf sei schon seit Ende des Jahres 1985 im Einsatz. Die Arbeitsmittelverordnung sei zum 1. Juli 2000 in Kraft gesetzt worden, die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten hingegen erst mit Oktober 2011 an das Arbeitsinspektorat L. gemeldet worden. Auch das Arbeitsinspektorat habe über einen langen Zeitraum offensichtlich keine Gefahrenstelle erkannt und keine Mängel aufgezeigt. Es sei dem Beschwerde­führer nicht zumutbar, aus Eigenem eine Gefahrenstelle an diesem Fleischwolf zu erkennen. Auch sei jeder Arbeitnehmer, welcher diesen Fleischwolf bediene, über allfällige Gefahrenstellen informiert und in der Vermeidung von Verletzungs­gefahren unterwiesen. Bis zum Austausch dieses Arbeitsmittels hätte sich kein Arbeitnehmer verletzt. Hinsichtlich der Strafe sei lediglich die Unbescholtenheit berücksichtigt worden. Hingegen nicht berücksichtigt worden sei, dass der Fleischwolf 28 Jahre im Betrieb gestanden sei, ohne dass jemand verletzt worden sei. Auch sei der Fleischwolf sofort nach Beanstandung ausgetauscht worden.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Es wurde unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Jänner 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeits­inspektor W.H. und A.S. geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachver­halt als erwiesen fest:

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Bestellungsurkunde vom 20. Oktober 2011, beim Arbeitsinspektorat eingelangt am 2. November 2011, zum verantwortlichen Beauftragten für das Einkaufszentrum x für den sachlichen Zustän­digkeitsbereich „Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften“ zum verant­wortlichen Beauftragten bestellt.

Bei einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates L. am 9. November 2013 wurde in der Arbeitsstätte L., x festgestellt, dass ein näher bezeichneter Fleischwolf benutzt wurde, ohne dass die Gefahrenstellen durch Schutzein­richtungen gesichert waren. Es konnte ungesichert von Stand aus zum Schneckengewinde hineingegriffen werden. Dieses Schneckengewinde befindet sich ca. 40-50 cm tiefer. Über eine große nicht abgesicherte Öffnung wird das Fleischmaterial hineingeschüttet und durch zwei Gewinde in die Maschine hineingezogen, ohne dass ein Nachstoßen des Gutes erforderlich ist. Es wird die Maschine eingeschaltet und kann dann verlassen werden. Eine Sicherheits­einrichtung, wie Gitter oder Haube, die bei Öffnung die Maschine außer Betrieb setzt, oder auch ein Hochstellen der Maschine, sodass ein Übergriff vom Stand aus nicht möglich ist, bzw. bei Betreten einer Aufstiegshilfe die Maschine außer Betrieb gesetzt wird, bestand zum Kontrollzeitpunkt nicht. Es konnte daher ungehindert und ungesichert in das offen liegende Schneckengewinde jederzeit hineingegriffen werden.

Der Fleischwolf ist seit Ende 1985 im Fleischerbetrieb in Verwendung. Alle Arbeitnehmer sind für den Betrieb des Fleischwolfes geschult und auf Gefahren unterwiesen. Insbesondere darf in die laufende Maschine nicht hineingegriffen werden. Eine Gefahrenstelle bei diesem Fleischwolf wurde weder von der Sicherheitsfachkraft, noch vom zuständigen Fleischermeister des Betriebes, noch seinem Vorgesetzten, noch dem Beschuldigten erkannt. Es wurde auch keine Meldung hinsichtlich einer Gefährdung von Arbeitnehmern an den Beschuldigten gemacht. Der Beschuldigte als verantwortlicher Beauftragter kennt den Betrieb und auch den Fleischereibetrieb und die Maschinen, konkrete Bestimmungen hinsichtlich der Sicherung der einzelnen Maschinen kennt er nicht. Für allfällige Mängel und Gefahren ist eine Meldung durch die Arbeitnehmer an ihn zu machen. Eine solche Meldung ist aber tatsächlich nicht erfolgt. Das x wird in Abständen auch vom Arbeitsinspektorat kontrolliert, eine Beanstandung des Fleischwolfes wurde jedoch vor dem Tatzeitpunkt nicht gemacht.

Mit Mandatsbescheid vom 23. September 2013 wurde vom Arbeitsinspektorat L. die weitere Benutzung des gegenständlichen Fleischwolfes ohne geeignete Schutzeinrichtungen beim offenliegenden Schneckengewinde bei der Fleisch­zuführung untersagt und die Sicherstellung durch ein allpoliges Trennen des Arbeitsmittels vom Stromnetz angeordnet. In der Folge wurde das Gerät unver­züglich durch ein neues ersetzt, sodass mit Bescheid des Arbeitsinspektorates L. vom 12. November 2013 die vorzitierte Verfügung wieder aufgehoben wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt stützt sich auf die der Anzeige angeschlossenen Fotos, welche anlässlich der Kontrolle aufgenommen wurden, sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Für das Oö. Landesverwaltungsgericht bestanden keine Anhaltspunkte, an der Wahrheitsgemäßheit und Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln. Die Zeugen bestätigten die Verwendung des Fleischwolfes durch lange Zeit ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen. Es kann daher der festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Hingegen war die vom Beschwerdeführer beantragte Beiziehung eines Sach­verständigen, dass konkret bei dem Fleischwolf keine Gefahrenstelle bestehe, nicht erforderlich, weil schon aus den Fotos eindeutig die Gefahr des Eingriffs und der Verletzung durch das unmittelbar erreichbare Schneckengewinde ersichtlich ist. Im Übrigen handelt es sich bei den Kontrollorganen des Arbeitsinspektorates um sachverständige Personen, welche besonders geschult sind. Hinsichtlich der weiters beantragten Einvernahme eines informierten Vertreters der Erzeuger­firma des Fleischwolfes ist jedoch der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass das Landesverwaltungsgericht nicht gehalten ist, Erkundungsbeweise aufzunehmen. Vielmehr hat der Beschuldigte von ihm beantragte Beweise zu konkretisieren, d.h. Name und Anschrift des beantragten Zeugen sowie auch ein konkretes Beweisthema anzuführen. Dies hat der Beschuldigte unterlassen. Es war daher auf diesen Beweisantrag nicht näher einzugehen (VwGH vom 11.9.2013, 2010/04/0032).

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Ver­ordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Gemäß § 1 der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO gilt diese Verordnung für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz (ASchG) fallen. (Abs. 1) Der vierte Abschnitt ist nicht anzuwenden auf Arbeitsmittel, die nach den im Anhang A angeführten Vor­schriften in Verkehr gebracht wurden oder nach den im Anhang B angeführten Vorschriften aufgestellt wurden oder betrieben werden.

Gemäß § 3 Abs. 1 AM-VO dürfen ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutz­maßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften sowie der 4. Abschnitt.

Der 4. Abschnitt der AM-VO regelt in den §§ 41 ff AM-VO die „Beschaffenheit von Arbeitsmitteln“, in § 43 AM-VO „Gefahrenstellen an Arbeitsmitteln“.

Gemäß § 43 Abs. 1 AM-VO sind Gefahrenstellen im Sinne dieser Bestimmung alle Stellen an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, bei denen bei mechanischem Kontakt eine Verletzungsgefahr besteht. Gefahrenstellen im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere:

1.   bewegte Teile von Kraftübertragungseinrichtungen, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden,

2.   sonstige bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen, wie z.B. Bewegungs­bahnen von Gegen- und Schwunggewichten, bilden,

3.   vorstehende Teile an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, wie Stell­schrauben, Bolzen, Keile, Schmiereinrichtungen,

4.   rotierende Teile von Arbeitsmitteln,

5.   bewegte Teile eines Arbeitsmittels, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder der Zuführung oder Abführung von Stoffen oder Werk­stücken dienen (z.B. Werkzeuge), die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden,

6.   bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden.

 

Gemäß § 43 Abs. 3 AM-VO sind Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen so zu sichern, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verklei­dungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahrenstelle verhindern:

1.   Verkleidungen müssen das Erreichen der Gefahrenstelle von allen Seiten verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicher­heitsabstands gewährleisten.

2.   Verdeckungen müssen das Berühren der Gefahrenstelle von jenen Seiten verhindern, die im Normalbetrieb von den vorgesehenen Standplätzen aus, von anderen Arbeitsplätzen aus oder von Verkehrswegen aus zugänglich sind. Verdeckungen müssen die Einhaltung des nach Anhang C erforder­lichen Sicherheitsabstandes gewährleisten.

3.   Umwehrungen müssen ein unbeabsichtigtes Annähern an die Gefahren­stelle verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicherheitsabstandes gewährleisten.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ist erwiesen und auch unbe­stritten, dass der Fleischwolf als Arbeitsmittel bei einer Höhe von 120 cm vom Stand aus erreichbar ist, die Gefahrenstelle, nämlich der Einzug von einer Doppelschnecke in 40 cm leicht vom Arbeitnehmer vom Stand aus erreichbar ist und daher ein Sicherheitsabstand nicht eingehalten ist und die bewegten Teile des Arbeitsmittels, bei denen ein Kontakt eine Verletzungsgefahr darstellt, als Gefahrenstelle nicht abgesichert sind. Unzweifelhaft handelt es sich durch die beiden Schnecken, die den Einzug in den Fleischwolf bewirken, um eine Gefahrenstelle an bewegten Teilen gemäß § 43 Abs. 1 AM-VO. Ein Sicher­heitsabstand, der ein Erreichen der Gefahrenstelle verunmöglicht, war nicht gegeben. Der vorhandene Abstand von 40 cm ist nicht ausreichend. Auch waren keine sonstigen Vorkehrungen, wie Verdeckung oder Verkleidung, gegeben. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung eindeutig erfüllt.

 

Wenn hingegen vom Beschwerdeführer die Anwendbarkeit der AM-VO bestritten wird, so ist er auf die zitierten Bestimmungen des § 1 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 1 AM-VO hinzuweisen. Der gegenständliche Fleischwolf wurde weder nach Anhang A (hier: Maschinen-Sicherheitsverordnung) in Verkehr gebracht noch nach Anhang B (Vorschriften für Dampfkessel und Druckbehälter) aufgestellt und betrieben, sodass gemäß § 1 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 1 AM-VO der 4. Abschnitt anzuwenden ist, welchem auch der § 43 zugehört. Die AM-VO trat mit 1. Juli 2000 in Kraft und ist für alle Arbeitsmittel ab diesem Zeitpunkt anzuwenden, ausgenommen bestimmte selbstfahrende und mobile Arbeitsmittel (§ 65 Abs. 1 und Abs. 2 AM-VO). Insbesondere ist auf § 3 Abs. 1 AM-VO hinzuweisen, dass ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen dürfen, die den geltenden Rechts­vorschriften entsprechen. Es kommt daher nicht auf das Datum der Herstellung oder des Erwerbes des Arbeitsmittels an, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt wird. Dies ist zweifelsohne auch zum Tatzeitpunkt der Kontrolle am 11. September 2013 gegeben gewesen. Im Übrigen führt das Arbeitsinspektorat zu Recht aus, dass eine gleichlautende Bestimmung bereits in der der AM-VO voraus gegangenen Allgemeinen Arbeit­nehmerschutzverordnung (AAV) gegeben war, welche aber durch die AM-VO außer Kraft gesetzt wurde (§ 61 Z 1 AM-VO). Es erweist sich daher das Vorbringen über einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot als haltlos.

 

5.3. Der Beschwerdeführer bestreitet ein Verschulden und wendet ein funktion­ierendes Kontrollsystem sowie Schulungen und Unterweisungen der Mitarbeiter ein. Auch wendet er ein, dass der Fleischwolf schon lange Zeit vor seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten in Betrieb gesetzt worden sei und er über allfällige Gefahren nie informiert worden sei. Dieses Vorbringen kann jedoch den Beschwerdeführer nicht entlasten.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten aus­reicht und Fahrlässigkeit ohne weiteres vermutet wird, sofern der Beschwerde­führer keinen Entlastungsnachweis erbringt. Dies hat er durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel und die Stellung konkreter Beweisanträge zu machen.

Das Beweisverfahren hat gezeigt, dass der Beschwerdeführer sich hinsichtlich der einzelnen Maschinen und ihrer Sicherheitsbestimmungen nicht informiert hat und keine entsprechenden Erkundigungen eingeholt hat. Hingegen kann es ihn nicht entlasten, dass Arbeitnehmer keine Meldung gemacht haben bzw. auch die Sicherheitsfachkraft entsprechende Gefahrenstellen nicht erkannt hat. Vielmehr hat das einzurichtende Kontrollsystem Maßnahmen zu treffen, die unter vorher­sehbaren Umständen die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften er­warten lassen. Solche Maßnahmen jedoch wurden vom Beschwerdeführer nicht genannt und auch nicht unter Beweis gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt hingegen in seiner ständigen Judikatur, dass für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems es erforderlich ist, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzu­stellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH vom 30.09.2014, Ra2014/02/
0045). Solche konkreten Maßnahmen wurden jedoch vom Beschwerdeführer nicht genannt. Im Übrigen schützt die Unwissenheit den Beschwerdeführer nicht vor Bestrafung. Auch ist er ab Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten verwaltungsstrafrechtlich für sämtliche Arbeitnehmerschutzbelange verant­wortlich, d.h. dass er ab dem Zeitpunkt der wirksamen Bestellung die Einhaltung der speziellen Arbeitnehmerschutzvorschriften zu gewährleisten hat. Dies gilt auch ungeachtet des Umstandes, dass schon vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung allenfalls Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingehalten wurden. Der Tatvorwurf hingegen betrifft einen Zeitpunkt, der etwa 2 Jahre nach seiner Bestellung gelegen ist. Auch die Bestellung einer Sicherheitsfachkraft entlastet den Beschwerdeführer nicht von seiner Verantwortung und kann ihn von seinem Verschulden nicht befreien. Insbesondere hat er die Einhaltung der Arbeit­nehmerschutzvorschriften durch seine Mitarbeiter, wie z.B. Abteilungsleiter oder Sicherheitsfachkraft, zu kontrollieren und zu überwachen. Vielmehr führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es „kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeit­nehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24.05.2013, Zl. 2012/02/0072)“.

 

Aus den angeführten Gründen war daher von zumindest fahrlässiger Tatbe­gehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat ihrer Strafbemessung ein monatliches Nettoein­kommen von 2.500 Euro und das Nichtvorliegen von Sorgepflichten zu Grunde gelegt und die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd gewertet. Sie hat allerdings die erhebliche Gefährdung des geschützten Rechtsgutes der Gesundheit und Unversehrtheit der Arbeitnehmer als erschwerend gewertet. Den geschätzten persönlichen Verhältnissen hat der Beschwerdeführer keine geän­derten Umstände entgegengesetzt. Sie können daher auch im Beschwerde­verfahren zu Grunde gelegt werden. Im Übrigen ist den Ausführungen der belangten Behörde zu folgen. Es kann nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Zu Recht hat sie das erhöhte Gefahren­potential und das doch sehr große Sicherheitsrisiko für die Arbeitnehmer ent­sprechend bei der Strafbemessung berücksichtigt. Auch ist die verhängte Geld­strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bei erstmaliger Tat­begehung gelegen und kann daher nicht gefunden werden, dass die verhängte Geldstrafe überhöht ist. Die Strafe ist auch durchaus im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten angepasst. Auch liegt sie im Vergleich zu gleichgelagerten Fällen durchaus im untersten Bereich. Dies auch insbesondere unter dem Aspekt, dass sofort nach Beanstandung durch das Kontrollorgan der Fleischwolf durch ein neues Gerät ausgewechselt wurde. Es konnte daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

Hingegen war geringfügiges Verschulden nicht gegeben, weil das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb. Vielmehr ist das strafrechtlich geschützte Rechtsgut der Gesundheit und Unversehrtheit der Arbeitnehmer als hoch einzu­ordnen und wurde durch die Tatbegehung genau jenes Rechtsgut verletzt bzw. gefährdet. Es waren daher wesentliche Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe bzw. für die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht gegeben.

Da außer der Unbescholtenheit weitere Milderungsgründe in erheblichem Umfang nicht gegeben waren, war auch eine wesentliche Voraussetzung für eine außer­ordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben.

 

 

II. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerde­verfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, zu leisten.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.04.2014, Ro2014/01/0014).

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Ilse Klempt

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 17. April 2015, Zl.: Ra 2015/02/0052-3