LVwG-550303/2/Wim/BL

Linz, 03.02.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde der Frau C K-G in M gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Mai 2014,
GZ: AUWR-2014-63286/1-Pu, betreffend die wasserrechtliche Bewilligung (Änderung des Maßes der Wasserbenutzung), die Anpassung des Schutzgebietes für die Brunnenanlage O als Teil der Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde T und die Entschädigungsfestlegung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 44b Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrens­gesetz (AVG) als unzulässig zurückge­wiesen.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwal­tungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungs­gesetz
(B-VG) unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

 

1.           Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. Mai 2014, GZ: AUWR-2014-63286/1-Pu, wurde unter Spruchpunkt I das Maß der Wasserbenutzung im Hinblick auf die wasserrechtliche Bewilligung, die mit Bescheid der belangten Behörde vom
28. April 1988, Wa-1774/3-1988/Spe, der Stadtgemeinde T erteilt wurde, abgeändert und unter Spruchpunkt II das Schutzgebiet für die Brunnenanlage O räumlich und inhaltlich neu festgelegt. Des Weiteren erfolgte unter Spruchpunkt III die Entschädigungsfestlegung.

 

2.           Gegen diesen Bescheid wurde von Frau C K-G [im Folgenden: Beschwerdeführerin (Bf)] Beschwerde eingebracht, die am
26. Juni 2014 beim Amt der Oö. Landesregierung eingelangt ist. Die Bf führt darin aus, dass sie über die Neufestlegung der Schutzzone für die Brunnenanlage O erstmals mittels Bescheid informiert wurde und daher an der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 nicht teilnehmen konnte. Die Bf führt weiters aus, dass sie die Tageszeitungen „DER STANDARD“, „NEUES VOLKSBLATT“ sowie das Amtsblatt zur Wiener Zeitung nicht besitze und in den Gemeinden H und T während der im Edikt genannten Stellungnahmefrist nicht anwesend war, da sie in M wohnhaft sei. In der Beschwerde wird dargelegt, dass die Bf durch die Verbote und Gebote in der Schutzzone III benachteiligt werde und eine neuerliche Verhandlung verlange. Die Benachteiligung beziehe sich dabei auf die „Verbote von Pflanzenschutzmitteln wie S-Metolachlor, Chloridazon, Terbuthylazin, Metazachlor und Bentazon; Einschränkung der mineralischen Düngemittel und Verbot der Klärschlammausbringung; Mitzuführende Ölbinde-mittel“.

Die Beschwerde richtet sich somit grundsätzlich gegen die Anpassung des Schutzgebietes (Spruchpunkt II). Zudem nennt die Bf als Benachteiligung die „Wertminderung der Grundstücke“ und die „Einschränkungen einer Bauland­widmung“.

 

3.1.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verfahrensakt.

 

3.2.      Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und im Übrigen auch kein entsprechender Antrag gestellt wurde, konnte gemäß § 24 Abs 3 und 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 


 

3.3.      Aufgrund des vorgelegten Verfahrensaktes steht folgender Sachverhalt fest:

 

Durch die Angaben in den Projektsunterlagen „Stadtgemeinde T – WV-T, Anpassung Schutzgebiet O, wasserrechtliches Einreichprojekt“, GZ 959, erstellt vom Zivilingenieursbüro L, T und M, war für die belangte Behörde ersichtlich, dass voraussichtlich und jedenfalls mehr als 100 Personen Beteiligte an dem Verfahren sein würden. Insbesondere aus dem Verzeichnis der Grundstücke (gelistet alphabetisch nach Eigentümern jeweils für die Schutzzone II und III), das Teil des Projektes ist (Anhang zum Technischen Bericht), ergibt sich die Zahl von rund 500 Beteiligten am Verfahren (15 Liegenschaftseigentümer in Schutzzone II und etwa 470 Eigentümer in Schutzzone III).

Aus diesem Grund wurde ein Großverfahren gemäß §§ 44a ff AVG durchgeführt. Mit Edikt vom 18. April 2013 wurde gleichzeitig der Antrag der Stadtgemeinde T und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013, unter Setzung einer 6-wöchigen Frist (23. April bis 4. Juni 2013) zur Abgabe einer Stellungnahme in der Angelegenheit kundgemacht.

 

Inhaltlich war in diesem Edikt enthalten:

 

·         Der Gegenstand des Antrages wurde kurz, prägnant und allgemein verständlich unter Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen dargestellt,

·         das Vorhaben wurde näher beschrieben (iSe allgemein verständlichen Darstellung und Erklärung des Projekts),

·         es wurde eine Frist von 6 Wochen für die Einbringung schriftlicher Einwendungen bei der Behörde vorgesehen (hier: 26. April 2013 bis
04. Juni 2013),

·         das Edikt enthielt einen Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 44b Abs. 1 AVG und

·         einen Hinweis, dass die (weiteren) Kundmachungen und Zustellungen in diesem Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

 

Das Edikt wurde am 18. April 2013 nachweislich im redaktionellen Teil der Tageszeitungen „DER STANDARD“ und des „NEUEN VOLKSBLATTES“ sowie im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundgemacht.

Zusätzlich wurde eine Ausfertigung der Kundmachung bei den Gemeinden T und H an den jeweiligen Amtstafeln ausgehängt. Weiters wurde die Kundmachung samt dem Technischen Bericht im .pdf-Format auf der Homepage des Landes Oberösterreich bis zum Verhandlungstermin bereitgestellt. Die Projektsunterlagen inklusive dem Gutachten der agrarfachlichen Amtssachverständigen vom 29. Oktober 2012, Agrar-165054/17-2012-Pr, bezüglich der Entschädigungszahlungen waren in Kopie bei den Gemeinden H und T sowie beim Amt der Oö. Landesregierung zur Einsicht aufgelegt.

In der Folge wurden keine Stellungnahmen abgegeben und die belangte Behörde hat sodann von der weiteren Durchführung eines Großverfahrens abgesehen und in weiterer Folge ein reguläres Verfahren durchgeführt. Letztlich wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 2014, GZ: AUWR-2014-63286/1-Pu, unter Spruchpunkt I das Maß der Wasserbenutzung im Hinblick auf die wasserrechtliche Bewilligung, die mit Bescheid der belangten Behörde vom
28. April 1988, Wa-1774/3-1988/Spe, der Stadtgemeinde T erteilt wurde, abgeändert und unter Spruchpunkt II das Schutzgebiet für die Brunnenanlage O räumlich und inhaltlich neu festgelegt sowie unter Spruchpunkt III Entschädigungen für bestimmte betroffene Grundeigentümer festgelegt.

 

3.4.      Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstreitig aus dem bezug­habenden Verfahrensakt. Hierbei sei insbesondere der Antrag, das im Projekt enthaltene Grundstücksverzeichnis und das Edikt hervorzuheben.

 

4.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 44a AVG lautet:

(1) „Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;

3. den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;

4. den Hinweis, daß die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.“

 

4.2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ein Großverfahren nach den Sonderbestimmungen der §§ 44a bis 44g AVG durchgeführt.

 

Die Voraussetzungen hierfür sind, dass

·         der Verwaltungssache ein Antrag zugrunde liegt und

·         voraussichtlich mehr als 100 Personen beteiligt sind.

 

Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, kann die Behörde gemäß § 44a Abs. 1 AVG den Antrag mittels Edikt kundmachen (Ermessensentscheidung). Die voraussichtliche Anzahl der beteiligten Personen ist eine Prognoseentscheidung, die sich auf konkrete Tatsachen oder Erfahrungssätze stützen muss, wobei die Behörde konkrete Ermittlungen anzustellen hat [vgl. dazu Hengst-schläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 44a Rz 4].

 

Im vorliegenden Fall sind beide Voraussetzungen eindeutig erfüllt. Aufgrund der Angaben im Projekt (Grundstücksverzeichnisse im Anhang zum Technischen Bericht, GZ: 959-A-13a, Lageplan Wasserschutzgebiet, 959-A-11b) war für die belangte Behörde klar erkennbar, dass am Verfahren, das über Antrag der Stadtgemeinde T eingeleitet wurde, deutlich über 100 Personen beteiligt sind. Die Durchführung eines Großverfahrens war daher möglich.

 

Die gesetzlich vorgesehene Form der Kundmachung ist gemäß § 44a Abs. 3 AVG folgendermaßen festgelegt:

·         Einerseits im redaktionellen Teil zweier im Bundesland (in dem sich das Vorhaben befindet) weit verbreiteter Tageszeitungen [iSd Anzahl der Leser, wobei es sich nicht um die Zeitung mit der höchsten Auflagenzahl handeln muss (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 44a Rz 14 ff)], andererseits

·         im Amtsblatt zur Wiener Zeitung (der Grund ist, dass hier die Lektüre vom Wohnort unabhängig ist und der Inhalt des Amtsblattes zur Wiener Zeitung zudem kostenlos im Internet abrufbar ist).

·         Weiters darf keine Kundmachung in der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner (Haupturlaubszeiten) erfolgen.

·         § 44a Abs 3 Satz 2 AVG sieht darüber hinaus eine Kundmachung entsprechend eventueller besonderer Anforderungen iSd jeweiligen Materiengesetzes vor. Zusätzlich oder wenn die Verwaltungsvorschriften keine besondere Form vorsehen, kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen.

 

Sämtliche der aufgezählten Punkte wurden seitens der belangten Behörde eingehalten. Die Kundmachung erfolgte in der Tageszeitung „DER STANDARD“ und „NEUES VOLKSBLATT“ sowie im Amtsblatt zur Wiener Zeitung durch Edikt vom 18. April 2013 und somit außerhalb der Haupturlaubszeiten. Als weitere „geeignete Form der Kundmachung“ wurden seitens der Behörde zusätzlich Ausfertigungen der Kundmachung bei den Gemeinden T und H an den jeweiligen Amtstafeln ausgehängt.

 

Auch wurde der in § 44a Abs. 2 AVG vorgeschriebene Mindestinhalt eines großen Ediktes eingehalten:

·         Der Gegenstand des Antrages (nicht der Antrag selbst; vgl etwa VwGH 2010/05/0202 vom 27.09.2013) wurde kurz, prägnant und allgemein verständlich unter Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen dargestellt,

·         das Vorhaben wurde näher beschrieben (iSe allgemein verständlichen Darstellung und Erklärung des Projekts),

·         es wurde eine Frist von 6 Wochen für die Einbringung schriftlicher Einwendungen bei der Behörde vorgesehen (hier: 26. April 2013 bis 04. Juni 2013),

·         das Edikt enthielt einen Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 44b Abs. 1 AVG und

·         einen Hinweis, dass die (weiteren) Kundmachungen und Zustellungen in diesem Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

 

Während der im Edikt festgelegten Einwendungsfrist waren der Antrag, die Antragsunterlagen und das Gutachten der Sachverständigen für Agrar beim Amt der Oö. Landesregierung und bei den Gemeinden T und H (in denen das Vorhaben verwirklicht werden soll) zur öffentlichen Einsicht aufgelegt.

Einen Hinweis auf dieses Auflageverfahren nach § 44b Abs. 2 AVG musste das Edikt nicht enthalten. Die Aufnahme dieses Hinweises in das Edikt stellte somit eine Serviceleistung dar.

 

So wie im vorliegenden Fall kann gleichzeitig mit der Kundmachung des Antrages durch Edikt auch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung (gemäß § 44a Abs. 3 AVG) kundgemacht werden. Dies ergibt sich aus § 44d Abs. 1 AVG.

 

Nach Durchsicht des Ediktes ist eindeutig erkennbar, dass das gegenständliche Edikt sämtliche Anforderungen des § 44a Abs. 2 AVG erfüllt.

 

4.3.  Hat sich eine Behörde für die Durchführung eines Großverfahrens entschieden und den verfahrenseinleitenden Antrag gemäß § 44a AVG kundgemacht, ist sie in weiterer Folge allerdings nicht gezwungen, das weitere Verfahren nach den für das Großverfahren maßgeblichen Bestimmungen durchzuführen. Bei einem derartigen „Umschwenken“ in das „normale“ Verfahren bleiben die eingetretenen Präklusionswirkungen aber auch für das weitere „traditionell“ geführte Verfahren bindend. In gleicher Weise hat die Behörde bezüglich der Zustellung von Schriftstücken eine Wahlmöglichkeit: Wurde der verfahrenseinleitende Antrag durch Edikt gemäß § 44a AVG kundgemacht, kann die Behörde Schriftstücke (einschließlich eines Bescheides) entweder nach den Bestimmungen des ZustG oder gemäß § 44f AVG durch Edikt zustellen. [siehe dazu mwN Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 44a Rz 8].

 


 

4.4.  § 44b Abs 1 AVG lautet:

„Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, daß Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 42 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

 

Die eintretende Präklusionswirkung gemäß § 44b AVG entspricht im Wesentlichen dem Konzept des § 42 AVG. Wichtig ist dabei aber, dass § 44b
Abs. 1 AVG den Eintritt der Präklusionsfolgen allein an die Kundmachung des Antrages durch Edikt nach § 44a AVG und nicht von einer mündlichen Verhandlung abhängig macht. Rechtzeitig ist eine Einwendung gemäß § 44b Abs 1 AVG nur dann, wenn sie schriftlich erfolgt und am letzten Tag der Frist zur Post gegeben wird oder das Dokument an diesem Tag beim elektronischen Zustelldienst einlangt.

 

Nach § 44b Abs. 1 letzter Satz AVG sind die Bestimmungen des § 42 Abs. 3 AVG betreffend die „Quasi-Wiedereinsetzung“ in den vorigen Stand auch im Großverfahren „sinngemäß anzuwenden“.

Die Voraussetzungen hierfür sind die Glaubhaftmachung der Verhinderung der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis und kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens.

 

Da die Bf im vorliegenden Fall während der 6-wöchigen Stellungnahmefrist (26. April 2013 bis 04. Juni 2013) keine Stellungnahme abgegeben hat, ist bereits mit Ablauf dieser Frist die Stellung als Partei verloren gegangen und die  Präklusionswirkung gemäß § 44b AVG eingetreten. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen, da bereits die Beschwerdelegitimation an das Oö. Landesverwaltungsgericht nicht mehr gegeben war. Der Umstand, dass der Bf der Bescheid zugestellt wurde, vermag daran nichts zu ändern. Der Grund für die Bescheidzustellung betrifft zudem den Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides (Entschädigungsfestlegung). In diesem Bereich ist aber eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht nach § 117 Abs. 4 WRG 1959 gar nicht zulässig.

 

Der Umstand, dass die Bf über die Neufestlegung der Schutzzone für die Brunnenanlage O erstmals mittels Zustellung des Bescheides informiert wurde und daher an der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 nicht teilnehmen konnte, hindert den Eintritt der in § 44b Abs 1 AVG beschriebenen Präklusionsfolge nicht, da sämtliche Voraussetzungen der einschlägigen Bestimmungen über das Großverfahren erfüllt wurden. Das Vorbringen der Bf, wonach sie die Tageszeitungen „DER STANDARD“, „NEUES VOLKSBLATT“ sowie das Amtsblatt zur Wiener Zeitung „nicht besitze“ und in den Gemeinden H und T während der im Edikt genannten Stellungnahmefrist nicht anwesend war, da sie in M wohnhaft sei, zielt inhaltlich wohl auf eine Quasi-Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iSd § 44b Abs. 1 AVG iVm § 42 Abs 3 AVG ab.

Mangels Parteistellung kommt nämlich eine Wiedereinsetzung gemäß § 71 AVG für denjenigen, der es verabsäumt hat, rechtzeitig zulässige Einwendungen zu erheben, von vornherein nicht in Betracht. § 44 b Abs. 1 iVm § 42 Abs. 3 AVG sieht deshalb unter den grundsätzlich aus § 71 Abs. 1 Z 1 AVG übernommenen Voraussetzungen speziell für diese Fälle eine "Quasi-Wiedereinsetzung" in den vorigen Stand vor. Die Voraussetzungen hierfür sind die Glaubhaftmachung der Verhinderung der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis und kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens.

 

Die Bf behauptet in der gegenständlichen „Beschwerde“ aber gar nicht das Vorliegen eines solchen Ereignisses und führt lediglich an, dass sie die entsprechenden Tageszeitungen nicht besitze. Diese Behauptung reicht jedenfalls nicht aus und kann auch nicht als „Ereignis“ iSd § 42 Abs. 3 AVG gewertet werden. Darunter fallen etwa nach der Rechtsprechung des VwGH ein Vergessen, Versehen, ein (Rechts)irrtum oder ein Verschreiben [vgl dazu die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 71 Rz 35]. Zudem muss das Ereignis „unvorhergesehen oder unabwendbar“ gewesen sein. „Unvorhergesehen“ ist etwa eine Erkrankung, eine Naturkatastrophe, ein Eisenbahnunglück oder eine Autopanne. Der Wiedereinsetzungswerber darf zudem nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Das heißt er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (VwGH 90/15/0134 vom 8.10.1990; 98/06/0108 vom 20.1.2000; 2008/11/0099 vom 27.6.2008).  

 

All dies wird von der Bf aber nicht einmal behauptet und schon gar nicht glaubhaft gemacht, sodass sich eine weitere Auseinandersetzung erübrigt. Ein förmlicher Abspruch über einen „Quasi-Wiedereinsetzungsantrag“ ist zudem ebenfalls nicht vorgesehen [vgl Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe) § 42 Rz 61 unter Hinweis auf die Materialien]. Dieser Antrag ist nur inzident zu berücksichtigen: Kommt eine Behörde oder ein Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass eine Person zulässige Einwendungen erhoben hat und die Voraussetzungen des § 42 Abs 3 AVG erfüllt sind, hat die präkludierte Person die Parteistellung durch die nachträglichen Einwendungen ex nunc wiedererlangt. Andernfalls aber bleibt die Parteistellung verloren [vgl dazu Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe) § 42 Rz 61].

 

Durch die vorliegende „Beschwerde“, die wohl auch als Antrag auf „Quasi-Wiedereinsetzung“ zu verstehen ist (falsche Bezeichnung schadet nicht), vermag die Bf aber kein Aufleben ihrer Parteistellung herbeizuführen.

 

5.     Zusammenfassung – Ergebnis

 

·                    Das Großverfahren nach den §§ 44a ff AVG wurde seitens der belangten Behörde zulässigerweise durchgeführt, da mehr als 100 Personen (hier etwa 500) an dem Verfahren beteiligt waren.

·                    Sowohl die Form als auch der Inhalt des Ediktes entsprechen den gesetzlichen Vorgaben.

·                    Die Parteistellung der Bf ist durch die Nicht-Erhebung von Einwendungen während der im Edikt genannten 6-wöchigen Stellungnahmefrist verloren gegangen (Präklusion).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.


Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer