LVwG-300061/28/Py/PP

Linz, 04.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn M.W., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. G.A., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. Februar 2014, Ge96-42-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem ArbeiternehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer münd­lichen Verhandlung am 7. November und 19. Dezember 2014

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.500 Euro und die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 90 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straf­erkenntnis bestätigt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag des Beschwerdeführers zum Verfahren vor der belangten Behörde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auf 150 Euro herab­gesetzt.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. Februar 2014, Ge96-42-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 1 Z 19 iVm § 60 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF eine Geld­strafe in Höhe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrens­kostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz strafrechtlich verantwortlicher handelsrecht­licher Geschäftsführer der V.K. GmbH mit Sitz in P. strafrechtlich zu verantworten, dass bei einer am 17.10.2012 am Betriebsgelände der V.K. GmbH in P., x, vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Erhebung festgestellt wurde, dass 29 Druckbehälter mit Methylmagnesiumchlorid abgesaugt und danach mit Wasser gereinigt wurden, was beim 29. Behälter eine heftige Reaktion mit einer Stichflamme auslöste (die Chemikalie Methylmagnesium­chlorid reagierte heftig mit Wasser unter Bildung von Wasserstoff), obwohl Arbeitgeber dafür zu sorgen haben; dass Arbeitsvorgänge so gestaltet werden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird.“

 

 

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass sich der im Spruch angeführte Sachverhalt unmittelbar und zweifelsfrei aus der Eingabe des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck vom 27. Februar 2013 ergibt. In der Recht­fertigung vom 17. Juli 2013 wurde der Arbeitsunfall vom 17. Oktober 2012 sowie der durchgeführte Arbeitsvorgang, nämlich die Reinigung eines ehemaligen Methylmagnesiumchloridbehälters mit Wasser, bestätigt. Wie aus dem im Akt einliegenden Aktenvermerk der Amtssachverständigen für Chemie hervorgeht, hätte zur Vermeidung der Risiken im Sinn des § 7 Z 1 ASchG aus fachlicher Sicht eine Reinigung der Methylmagnesiumchloridbehälter mit wasserfreiem Lösungs­mittel erfolgen müssen, um das Risiko einer chemischen Reaktion von vornherein auszuschließen. Die Tatsache, dass die Chemikalie Methylmagnesiumchlorid heftig mit Wasser unter Bildung von Wasserstoff reagiert (Knallgasreaktion), war nach eigenen Angaben auch dem firmeninternen Chemiker bekannt. Die Entscheidung, die Behälter trotzdem mit Wasser zu reinigen und das Risiko einer chemischen Reaktion einzugehen, war daher fachlich nicht geeignet. Wirtschaft­liche Aspekte können ebenso wie der Umstand, dass der verunfallte Arbeitnehmer weisungswidrig den Behälter vor der Abfüllung mit Wasser nicht kontrollierte und die entsprechende Schutzkleidung nicht trug, an der verwal­tungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten nichts ändern.

 

 

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände vorliegen und die im unteren Bereich des Strafrahmens gelegene Strafhöhe auch bei etwas ungünstigeren wirtschaftlichen und per­sönlichen Verhältnissen als vertretbar anzusehen ist.

 

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung (richtig: Beschwerde) vom 14. März 2014. Darin wird vorgebracht, dass sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten wurden und die Arbeitsvorgänge so gestaltet wurden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wurde. Die Firma V.K. GmbH und Co KG erhielt von der Firma D. 29 Behälter gefüllt mit neuem Methylmagnesium­chlorid, das einer Vernichtung/Entsorgung zugeführt werden sollte. Für dieses Material wurden entsprechende Datenblätter durch die Firma D. zur Verfügung gestellt. Vor Behandlung der Chemikalie wurde durch das betriebseigene Labor der Firma V. bzw. dessen Laborleiter M.G. ein entsprechendes Behandlungsverfahren im Labor- und Technikummaßstab durchgeführt bzw. erarbeitet. Diese Ergebnisse wurden gemeinsam mit dem Leiter der CP Anlage, J.S., dahingehend umgesetzt, dass die automatische Neutralisationsanlage, die in einem geschlossenen System arbeitet, entsprechend für dieses Material angepasst wurde. Dies erfolgte dergestalt, dass bei dem Behälter durch das integrierte Steigrohr - mittels einer angepassten Dosierpumpe - das Methylmagnesium­chlorid in den geschlossenen Kreislauf der Neutralisationsanlage mit einer Leistung von ca. 1 Liter pro Minute eindosiert wurde und dabei durch das vorgelegte Wasser die Verbindung zerstört wurde. Nach dem Abpumpen mit der Dosierpumpe hatte sich Magnesiumchlorid, welches nur wasserlöslich ist, an der Gefäßwand abgelagert; das Lösungsmittel Tetrahydrofuran hatte sich verflüchtigt. Das Magnesiumchlorid ist in n-Butanol nicht löslich, weshalb dessen Verwendung nicht geboten war. Der restentleerte Behälter wurde danach geöffnet, das Steigrohr entfernt und zusätzlich optisch durch den Mitarbeiter kontrolliert ob dies auch tatsächlich leer ist und erst danach mit Wasser gefüllt und gereinigt. Für die Durchführung dieser Arbeiten wurde zusätzlich noch einmal eine Sicherheitsunterweisung durch die externe Sicherheitsfachkraft am 15. Oktober 2012 durchgeführt, bei der der Arbeitnehmer explizit noch einmal auf die Gefahren hingewiesen wurde. Alle Mitarbeiter im Bereich der CP Anlage sind mit antistatischer und flammhemmender Arbeits­kleidung ausgestattet. Darüber hinaus sind alle Mitarbeiter zusätzlich mit persönlicher Schutzausrüstung wie entsprechenden Handschuhen, Atemschutzmaske sowie Augen- und zusätzlich auch Gesichtsschutz ausgerüstet. Der Arbeiter Herr A. hat bei dem Arbeitsunfall weisungswidrig keinen entsprechenden Gesichtsschutz verwendet und hatte auch die erforderlichen Arbeitshandschuhe nicht in Verwendung sowie eine private Polyesterjacke über der flammhemmenden Arbeitskleidung getragen. Beim gegenständlichen Vorfall war neben Herrn A. noch Herr C.G. anwesend. Diese beiden Mitarbeiter waren durch Herrn S. mit der Reinigung des Behälters beauftragt worden und haben weisungswidrig diesen vor der Abfüllung mit Wasser nicht kontrolliert, ob er auch entsprechend entleert war. Zum Arbeits­unfall mit Verletzungen des Herrn A. kam es dadurch, dass neben der Anweisung, den Behälter zu kontrollieren, auch die entsprechende Schutz­ausrüstung weisungswidrig nicht getragen wurde. Dieses Verhalten ist dem Beschuldigten nicht zuzurechnen, vielmehr hat dieser alles getan und den Arbeitsablauf derart gestaltet, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird.

 

 

 

3. Mit Schreiben vom 17. Februar 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungs­gericht vor. Dieses ist zur Entscheidung durch seine gemäß § 2 VwGVG nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. November und 19. Dezember 2014. An dieser nahmen der Bf mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde und des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck als am Verfahren beteiligte Organpartei teil. Als Zeugen wurden Herr M.G. sowie Herr J.S. einvernommen. Zudem wurden Frau DI I.H., Amtssachverständige für Chemie beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, und Frau Dr. B.S. vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck als Zeuginnen befragt.

 

 

 

Die vom Rechtsvertreter des Bf beantragte Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich der organischen Chemie konnte entfallen, da durch das durch­geführte Beweisverfahren, insbesondere die widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers sowie der fachkundigen Zeugin DI H. über die Reaktion der zu entsorgenden Chemikalie mit Wasser, die durchgeführten Arbeitsvorgänge und mögliche alternative Verfahren, der entscheidungswesentliche Sachverhalt schlüssig und widerspruchsfrei erhoben werden konnte.

 

 

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

 

 

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma V.K. GmbH mit Sitz in P., x (in der Folge: Firma V.). Im Jahr 2012 beauftragte die Firma D. Austria die Firma V. mit der Entsorgung eines in Spezialbehältern gelagerten Neuproduktes aus Laborabfällen und Chemikalienresten. Die Behälter sollten entleert und gereinigt dem Kunden zurückgegeben werden. Aus dem vom Kunden der Firma V. zur Verfügung gestellten Sicherheitsdatenblatt ging hervor, dass das Produkt heftig mit Wasser reagiert.

 

 

 

Zunächst wurde von der Firma V. aus einem Versuchsbehälter eine Probe entnommen und im betriebseigenen Labor unter der Leitung von Herrn M.G. ein Verfahren zur Entsorgung entwickelt. Im Ergebnis wurde ein Arbeitsvorgang festgelegt, bei dem das zu entsorgende Substrat aus dem mit einem im Deckel mit einem Steigrohr bis zur tiefsten Stelle ausgestatteten Behälter mit einer angepassten Dosierpumpe unter Absaugung der Abluft lang­sam in einen 30 m3 umfassenden Neutralbehälter eingebracht wurde. Anschließend wurde der Deckel geöffnet, das Steigrohr entfernt und der Behälter von Arbeitnehmern der Firma V. mit Wasser gefüllt und gereinigt. Die Arbeiter waren dazu angewiesen, die persönliche Schutzkleidung zu tragen. Beim letzten der zu reinigenden Behälter, der erst am Morgen nach dem Auspumpen mit Wasser gespült wurde, kam es zu einer heftigen Explosion, bei der ein Arbeitnehmer der Firma V., der keinen Gesichtsschutz verwendete, verletzt wurde.

 

 

 

Die Firma V. hat zur Entsorgung der gegenständlichen gefährlichen Abfälle die Arbeitsvorgänge nicht so gestaltet, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird. Eine gefahrlose Entsorgung der Substanz wäre durch die Schaffung einer sauerstofffreien Atmosphäre während des gesamten Arbeitsvorganges möglich gewesen. Zwar fand während des Entleerungsvorganges der Behälter durch Abpumpen eine Abluftabsaugung statt, selbst diese Maßnahme war beim anschließenden Spülvorgang der entleerten Behälter mit Wasser – trotz Kenntnis über die gefährliche chemische Reaktion des Substrates – nicht vorgesehen. Obwohl eine Entsorgung der gefährlichen Abfälle unter Stickstoffatmosphäre zur Vermeidung einer gesundheitsgefährdenden Reaktion möglich gewesen wäre, wurden die Arbeitsvorgänge nicht entsprechend gewählt.

 

 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht. In dieser kam zweifelsfrei hervor, dass eine sichere Entsorgung unter Stickstoffatmosphäre gefahrlos gewesen wäre und ein solcher Arbeitsvorgang auch möglich gewesen wäre (vgl. die Aussage des Bf in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2014, Tonbandprotokoll Seite 5: „Es wäre möglich gewesen, die Behälter unter Stickstoffatmosphäre auszuwaschen, da wir Stickstoff gehabt hätten. Diese Vorgangsweise haben wir aber nicht gewählt.“ sowie der Zeugin DI H., TBP S. 5: „Wenn ich Reste von Methylmagnesiumchlorid in einem Behälter habe, kann ich ihn nicht mit Wasser auswaschen, da ich ansonsten die Explosion zur Folge habe. Möglich wäre das nur unter Stickstoffatmosphäre, - das ist aber beim Waschen vom Behälter sicher nicht so gewesen“. Hinzu kommt, dass der Entsorgungsvorgang in seiner Gesamtheit zudem nicht entsprechend vorbereitet wurde, da die Arbeiter offenbar nicht angewiesen waren, die Behälter unmittelbar nach der Entleerung sofort mit Wasser auszuwaschen (vgl. TBP vom 19. Dezember 2014, Zeuge J.S.: „Die Anweisung, die Behälter gehören nach der Ent­leerung sofort mit Wasser ausgewaschen, erging an uns nicht“). Dazu gab auch der mit der Entwicklung des Verfahrens beauftragte Chemiker der Firma V., Herr G., bei seiner Befragung an, dass bei der Entwicklung des Verfahrens nicht mitbedacht wurde, dass es durch die Unterbrechung der Arbeiten zwischen Entleerung und Reinigung mit Wasser zu einer Reaktion mit dem in dem Behälter vorhandenen Magnesiumchlorid kommen kann (vgl. TBP vom 7. November 2014, Zeuge G., Seite 4: „Das ist von uns eigentlich nicht mitbedacht worden, dass es zu einer solchen Auswirkung kommen kann. Ich selbst habe ja nur das Verfahren zur Entsorgung entwickelt, mit dem Rest – nämlich dem Ablauf der Arbeiten selbst – hatte ich nichts mehr zu tun“).

 

 

 

Aufgrund des Beweisverfahrens steht daher als erwiesen fest, dass durch die Gestaltung der Arbeitsgänge für die gegenständliche Entsorgung durch die Firma V. kein wirksamer Schutz für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wurde.

 

 

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

 

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verant­wortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

 

 

Vom Bf wurde nicht bestritten, dass er zum Tatzeitpunkt als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V.K. GmbH für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch das Unternehmen strafrechtlich verantwortlich war.

 

 

 

5.2. Gemäß § 60 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl.
Nr. 450/1994 idgF haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Arbeitsvorgänge so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt werden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird.

 

 

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 19 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundes­gesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt.

 

 

 

Wie bereits ausgeführt steht für das Landesverwaltungsgericht als erwiesen fest, dass die Firma V. bei der Gestaltung des gegenständlichen Entsorgungsvorganges durch die Anweisung, die Behälter nach dem Auspumpen mit Wasser zu spülen, obwohl die heftige Reaktion des Substrates mit Wasser bekannt war und bei diesem Arbeitsvorgang keine explosionshemmenden Bedingungen gewählt wurden, den gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsvorgänge zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer nicht entsprochen wurde. Da somit bereits der gewählte Arbeitsvorgang als solcher nicht den gesetzlichen Anforderungen an einen wirksamen Arbeitnehmerschutz entsprach, vermag es den Bf auch nicht zu entlasten, dass vom Arbeitnehmer Teile seiner persönlichen Schutzausrüstung weisungswidrig verwendet wurden. Im Übrigen darf diesbezüglich auf die ausführliche Begründung der belangten Behörde verwiesen werden.

 

 

 

Der objektive Tatbestand der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

 

 

6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Ver­waltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behaup­tungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

 

 

Wie bereits von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt wurde, vermögen die Anweisungen an die Arbeit­nehmer, die persönliche Schutzausrüstung während des Arbeitsvorganges zu tragen, den Bf nicht von seinem Verschulden am Zustandekommen der gegen­ständlichen Verwaltungsübertretung zu befreien. Die Entscheidung, die gegen­ständlichen Behälter durch die Arbeiter mittels Wasserschlauch - trotz Information über die mögliche Knallgasreaktion des enthaltenen Substrates bei Kontakt mit Wasser und ohne Schaffung einer entsprechenden sicheren Atmosphäre - zu reinigen und dadurch das Risiko einer chemischen Reaktion einzugehen, entspricht nicht den Grundsätzen der Gefahrenverhütung und bildet ein zumindest fahrlässiges Verhalten, weshalb dem Bf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen ist.

 

 

 

7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

 

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass die gegenständliche Gestaltung des Arbeits­vorganges ein erhebliches gesundheitliches Risiko für die beteiligten Arbeitnehmer darstellte und es letztendlich auch zu einer Verletzung eines Arbeitnehmers kam, erscheint die Verhängung einer deutlich über der Mindeststrafe gelegenen Geldstrafe als angemessen und gerechtfertigt. Als mildernd kommt dem Bf lediglich die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens zugute. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Die lange Verfahrensdauer ist somit als Milderungsgrund iSd § 24 Abs. 2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

 

Das Landesverwal­tungsgericht sieht sich daher veranlasst, die von der belangten Behörde verhängte Strafe auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes erscheint die nunmehr verhängte Strafhöhe ausreichend, um dem Bf die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Von einer Anwendung des § 20 VStG war ebenso wie von einem Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG abzusehen, da die dafür erforder­lichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

 

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

 

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genann­ten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny

Beachte:

Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 17. Juni 2015, Zl. Ra 2015/02/0075-3