LVwG-300296/27/Py/BD

Linz, 04.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn M.W., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G.A., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26. Februar 2014, Ge96-32-2013, wegen Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. November und 19. Dezember 2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straf­erkenntnis bestätigt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag des Beschwerdeführers zum Verfahren vor der belangten Behörde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auf 40 Euro herab­gesetzt.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26. Februar 2014, Ge96-32-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 1 Z 5 iVm §§ 4 Abs. 4 und
Abs. 5 Z 1 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF eine Geldstrafe in Höhe von
500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 20 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V.K. GmbH mit Sitz in S., x, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der V.K. GmbH & Co KG, mit Sitz in S., x, ist, und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass – wie bei einer Überprüfung des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk am 20.12.2012 festgestellt wurde – bei der V.K. GmbH & Co KG keine Überprüfung und Anpassung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren bei sich ändernden Gegebenheiten durchgeführt wurde.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Ver­fahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass das vom Bf vertretene Unternehmen die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutz­maßnahmen mit dem Argument nicht durchgeführt hat, dass derartiger Abfall nicht mehr übernommen wird. Aus dem Gesetzestext des § 4 Abs. 5 iVm Abs. 4 ASchG ergibt sich aber nicht die Möglichkeit, dass es sich ein Betrieb aussucht, ob er diese Überprüfung vornimmt oder nicht. Das vorgebrachte Argument gehe daher ins Leere, vor allem auch deshalb, weil das Unternehmen spezialisiert darauf ist unterschiedlichste Abfälle zu übernehmen und einer ordnungsgemäßen Verwertung bzw. Entsorgung zuzuführen und außerdem die Berechtigung zur Übernahme derartiger Abfälle besitzt. Nach den ArbeitnehmerInnenvorschriften besteht Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes gegenüber dem individuellen. Das Argument, dass individuelle Schutzmaßnahmen ausreichend seien und durchaus kollektiven Schutzmaßnahmen vorgezogen werden könnten, entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage. Auch die in einem Schreiben an das Arbeitsinspektorat versprochene Nachevaluierung durch die Sicherheitsfachkraft wurde nicht an das Arbeitsinspektorat übermittelt.

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als mildernd gewertet wurde, dass der Beschuldigte wegen eines ähnlichen Delikts bislang nicht rechtskräftig bestraft wurde, Erschwerungsgründe aus dem Akt nicht ersichtlich seien.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung (gemeint: Beschwerde) vom 31. März 2014. Darin wird vorgebracht, dass entgegen der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck eine Überprüfung und Anpassung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahr bei sich ändernden Gegebenheiten durchgeführt wurde. Es wurde mit allen Arbeitnehmern, die in diesem Umfeld arbeiten, der gesamte Unfallhergang besprochen, der aus der Nichteinhaltung der inkriminierten Arbeitsvorschriften resultierte. Natürlich wurde im Vorfeld eine wirksame Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. In dessen Folge wurde Wasser in einem geschlossenen System gewählt, um die Reaktion kontrolliert ablaufen zu lassen. Das Restrisiko, dass ein Mitarbeiter kontrollieren muss, ob der Behälter restentleert ist, kann auch mit weiteren Unterweisungen bzw. Anpassungen der Unterweisungsunterlagen nicht entschärft werden, da dies eben die gängige Entsorgungsmethode ist und durch keine andere ersetzt werden kann. Aufgrund dieser Gefährdungsbeurteilung wurde das gegen­ständliche Entsorgungsverfahren angewandt. Die Behauptung, dass ein sicheres Verfahren ohne Explosionsgefahr möglich gewesen wäre, stimmt gerade in diesem Fall nicht. Darüber hinaus war der Behälter der letzte einer einmaligen Entsorgung und es wird ein derartiges Material auch in Zukunft nicht mehr zur Entsorgung anstehen. Es wurde wegen des Unfalles am 10. Oktober 2012 eine Arbeitsausschusssitzung durchgeführt, bei welcher die Arbeitsinspektionsärztin anwesend war. Der Umstand, dass derartige Abfälle in Zukunft nicht mehr über­nommen werden, wurde damit auch dem Arbeitsinspektorat zur Kenntnis gebracht.

 

3. Mit Schreiben vom 8. April 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesgericht vor. Gemäß
§ 2 VwGVG ist dieses zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Ver­handlung am 7. November und 19. Dezember 2014. An dieser nahm der Bf mit seinem Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck als am Verfahren beteiligte Organpartei teil. Als Zeugen wurden Herr M.G., Herr J.S., Frau DI I.H. sowie die Arbeitsinspektionsärztin Frau Dr. B.S. einvernommen.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma V.K. GmbH & Co KG mit Sitz in S., x (in der Folge: Firma V.).

Am 17. Oktober 2012 ereignete sich bei der Firma V. bei der Reinigung von Fässern mit Wasser, in denen Methylmagnesiumchlorid enthalten war, eine Explosion, bei der ein Arbeitnehmer der Firma V. verletzt wurde.

 

Wie die Arbeitsinspektionsärztin Dr. B.S. anlässlich einer Kontrolle am 20. November 2012 in der Firma V. feststellte, wurde trotz dieses Unfalls keine Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten durchgeführt. Vielmehr wurde ihr mitgeteilt, dass das Verfahren vom Chemiker festgelegt und auch für in Ordnung befunden wurde und andere als die gewählten Möglichkeiten bei der Entsorgung der Behälter nicht möglich wären.

 

Ein daraufhin vom Arbeitsinspektorat ergangenes Aufforderungsschreiben, eine Überarbeitung der Sicherheitsanalyse aufgrund des Unfalls vorzulegen, blieb innerhalb der gesetzten Frist unbeantwortet. In weiterer Folge wurde dem Arbeitsinspektorat dazu vom Unternehmen mitgeteilt, dass das Aufforde­rungsschreiben des Arbeitsinspektorates an die Sicherheitsfachkraft weiter­geleitet wurde, die zugesagt habe, dies einer Erledigung durchzuführen. Eine Überprüfung, ob dies erfolgt ist, fand nicht statt.

 

Das Unternehmen verfügt nach wie vor über die abfallrechtliche Bewilligung zur Übernahme und Entsorgung von gefährlichen Abfällen, wie jene, die bei ihrer Entsorgung am 17. Oktober 2013 den Unfall am Betriebsgelände des Unter­nehmens herbeiführten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den Angaben des Bf sowie den Ausführungen der in der Verhandlung vom 7. November 2014 einvernommenen Zeugin Dr. B.S. Aus ihren Aussagen geht nachvollziehbar und schlüssig hervor, dass das vom Bf vertretene Unternehmen trotz des Arbeits­unfalles, bei dem es zu einer Verletzung eines Arbeitnehmers der Firma V. kam, eine Gefahrenevaluierung nicht durchführte, insbesondere mit dem Hinweis, dass ein anderer Arbeitsvorgang nicht möglich gewesen wäre und es sich im Übrigen um eine einmalige Entsorgung derartiger Substanzen gehandelt habe. Der Aussage des Bf in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2014 ist zudem zu entnehmen, dass seitens des Unternehmens nicht überprüft wurde, ob eine Überarbeitung der Sicherheitsanalyse durch das von der Firma V. beauftragte externe Unternehmen tatsächlich durch­geführt wurde.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Seitens des Bf wird nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäfts­führer der Firma V. zum Tatzeitpunkt für die Einhaltung der Ver­waltungsvorschriften durch das Unternehmen strafrechtlich verantwortlich war.

 

5.2. Gemäß § 4 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. 450/ 1994 idgF sind Arbeitgeber verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.   Die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,

2.   die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln,

3.   die Verwendung von Arbeitsstoffen,

4.   die Gestaltung der Arbeitsplätze,

5.   die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusammenwirken und

6.   der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 leg.cit ist die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren erforderlichenfalls zu überprüfen und sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Die festgelegten Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen, dabei ist eine Verbesserung der Arbeitsbe­dingungen anzustreben.

 

Gemäß § 4 Abs. 5 leg.cit hat eine Überprüfung und erforderlichenfalls eine Anpassung iSd Abs. 4 insbesondere zu erfolgen:

1.   Nach Unfällen,

2.   bei Auftreten von Erkrankungen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie arbeitsbedingt sind,

3.   bei sonstigen Umständen oder Ereignissen, die auf eine Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit der Arbeitnehmer schließen lassen,

4.   bei Einführung neuer Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe oder Arbeitsverfahren,

5.   bei neuen Erkenntnissen iSd § 3 Abs. 2 und

6.   auf begründetes Verlangen des Arbeitsinspektorates.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt.

 

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergab sich widerspruchsfrei, dass – obwohl sich am 17. Oktober 2012 auf dem Gelände der Firma V. bei einem Entsorgungsvorgang ein Arbeitsunfall ereignete, bei dem ein Arbeitnehmer verletzt wurde – eine Überprüfung und Aktualisierung der Ermittlung und Beurteilung und der Festlegung der Schutzmaßnahmen nicht erfolgte. Vielmehr wurde ein solches gegenüber dem Arbeitsinspektorat mit dem Hinweis abgelehnt, dass es sich um einen einmaligen Entsorgungsvorgang gehandelt habe und zudem die Verletzungen des Arbeitnehmers vermieden hätten werden können, wenn er beim Vorgang die ihm zur Verfügung gestellte Schutzausrüstung ordnungsgemäß getragen hätte.  

 

Zur Erfüllung des Tatbildes des § 4 ASchG 1994 ist die Feststellung konkreter Maßnahmen, wie bestehende Gefahren zu ermitteln gewesen wären, nicht erforderlich, sondern es genügt die Missachtung der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ermittlung und Beurteilung solcher Gefahren (vgl. VwGH v. 11.9.2013, Zl. 2013/02/0047). Wie bereits von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt wird, liegt es jedoch nicht im Ermessen des Arbeitgebers, eine Analyse der Arbeitsplätze zur Beurteilung der Sicherheits- und Gesundheits­bedingungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer durchzuführen. Eine Über­prüfung und erforderliche Anpassung ist nach Arbeitsunfällen jedenfalls durch­zuführen (vgl. § 4 Abs. 5 Z 1 ASchG). Diese Verpflichtung kann weder durch den Hinweis, die Arbeitnehmer seien zum Tragen der persönlichen Schutzausrüstung aufgefordert gewesen, noch durch die Behauptung, derartige Entsorgungs­vorgänge würden künftig nicht mehr durchgeführt, außer Kraft gesetzt werden. Dies umso mehr, als das vom Bf vertretene Unternehmen nach wie vor über die Schlüsselnummer zur Entsorgung derartiger Abfälle laut Abfallkatalog verfügt und damit die behördliche Bewilligung zur Übernahme vorliegt.

 

Da eine entsprechende Überprüfung und Anpassung der Ermittlungen und Beurteilung der Gefahren nicht erfolgte, ist der objektive Tatbestand der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten.

 

6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Vom Bf wird in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass man sich bezüglich der Überarbeitung der Sicherheitsanalyse an die externe Sicher­heitsfachkraft gewandt habe. Dazu ist anzuführen, dass sich die Aufforderung des § 4 ASchG zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und Festlegung von Maßnahmen an den Arbeitgeber richtet. Dieser hat daher für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen und – durch Einrichtung eines ent­sprechenden Kontrollsystems – zu überprüfen, ob von ihm mit der Gefahren­evaluierung beauftragte Externe diesen Aufgaben tatsächlich nachkommen. Im gegenständlichen Verfahren ist es dem Bf jedoch nicht gelungen, einen entsprechenden Nachweis darüber zu erbringen, dass eine Verletzung des ihm obliegenden Verhaltens ohne sein Verschulden zustande gekommen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Befreiung des Arbeitgebers von der Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Arbeitnehmer­schutzvorschriften die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entschei­dend. Dabei hat der Arbeitgeber nicht nur allgemein das Bestehen eines Kontroll­systems zu behaupten, sondern auch darzulegen, wie dieses Kontrollsystem im Einzelnen funktionieren hätte sollen. Auch die Bestellung einer „Fachfirma“ befreit den Arbeitgeber nicht von seiner Verantwortung hinsichtlich der Ein­haltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften. Dies würde nur durch die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 bzw. Abs. 3 VStG der Fall sein (vgl. VwGH vom 23.05.2006, Zl. 2005/02/0248, vom 27.02.2004, Zl. 2003/02/0273). Der dem Bf nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungs­nachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH vom 05.09.2009, Zl. 2008/02/0129). Der Unternehmer hat darzulegen, wie und wie oft er die Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten (vgl. VwGH vom 05.09.2008, Zl. 2008/02/0129).

 

Das Vorbringen des Bf ist daher nicht geeignet, ihn von seiner Verantwortlichkeit am Zustandekommen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zu befreien. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist ihm daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verord­nungen haben den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechts­gehalt der Tat behaftet, da hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Im Hinblick auf den Umstand, dass der Bf verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten ist, erscheint daher eine über der Mindeststrafe liegende Geldstrafe gerechtfertigt und angemessen. Als Milderungsgrund kommt dem Bf lediglich die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu Gute. Diesbezüglich hat der Verfassungs­gerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staat­lichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/ 2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzu­nehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Die lange Verfahrensdauer ist somit als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten. Ein Vorgehen nach § 20 VStG scheidet jedoch ebenso wie eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z4 VStG aus, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes ist mit der nunmehr verhängten Strafe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um dem Bf die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genann­ten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny

Beachte:

Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 17. Juni 2015, Zl. Ra 2015/02/0076-3