LVwG-410433/13 – 410434/9/FP/HUE

Linz, 16.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerden der 1) N.W.  – J. KG, x, x, und 2) M.M.J.L., x, x, beide vertreten durch Rechtsanwälte H., F., x, x, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für Oberösterreich vom 9. September 2014, Zl. VStV/914300574520/2014, wegen der Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Jänner 2015

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

     I.        Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde der N.W.– J. KG  abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der beschlagnahmten Eingriffsgegenstände bestätigt.

 

   II.        Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde der M.M.J.L. als unzulässig zurückgewiesen.

 

 III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Landespolizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. September 2014, Zl. VStV/914300574520/2014, der sowohl der Erstbeschwer­de­führerin (im Folgenden: ErstBf), der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: ZweitBf) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHEID

 

Über die am 07.07.2014 durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal 'T.', x, x, etabliert, gemäß § 53 Abs. 2 GSpG durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ergeht von der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels gegen die Eigentümer, Inhaber und Veranstalter dieser Glücksspielgeräte folgender

 

Spruch

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz BGBl.Nr. I 73/2010 wird von der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgeräte

 

mit der Gehäusebezeichnung

 

1. Slot King Games, Nr. ohne Seriennummer,

2. Slot King Games, Nr. x (Rückseite und SN Ax (seitlich),

3. Dreamliner Act Gold, Nr. ohne Seriennummer,

4. Mainvision, Nr. Produktionsnummer x (Seriennummer fehlt),

5. Mainvision, Nr. Produktionsnummer x (Seriennummer fehlt), und

6. 6 Stück zu den beschlagnahmten Geräten gehörende Schlüssel,

 

angeordnet."

 

Der Beschlagnahmebescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass es sich um Glücksspielgeräte handle und der Verdacht bestehe, dass mit diesen fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde. Die ErstBf sei laut Mitteilung der ZweitBf als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der ErstBf vom 29. Juli 2014 Inhaberin der Glücksspielgeräte und Betreiberin und Veranstalterin der Glücksspiele. 

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden rechtzeitigen gleichlautenden Beschwerden vom 26. September 2014. In diesen wird wörtlich Folgendes ausgeführt:

 

"[…]

 

2.1./ Sachverhaltsdarstellung

 

Am 07.07.2014 haben Exekutivorgane der Finanzpolizei im Lokal 'T.' in W., x, fünf Glückspielgeräte sowie sechs zu diesen Geräten gehörende Schlüssel vorläufig in Beschlag genommen. Die belangte Behörde ermittelte die Beschwerdeführer als vermeintliche Inhaber der Geräte und sprach mit Bescheid die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgeräte aus.

 

2.2./ Zulässigkeit der Beschwerde

 

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht

 

• auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides der Landespolizeidirektion

  Oberösterreich vom 09.09.2014, GZ VStV/914300574520/2014, und Aufhebung

  der vorläufigen Beschlagnahme

 

verletzt, wobei der Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhalts leidet.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde örtlich zuständig, da der Bescheid in erster Instanz von der Landespolizeidirektion , die ihren Sitz im Bundesland Oberösterreich hat, erlassen wurde.

 

Der angefochtene Bescheid wurde am 13.09.2014 zugestellt. Die Beschwerde ist folglich rechtzeitig.

 

Aus diesen Gründen ist die gegenständliche Beschwerde zulässig.

 

2.3./ Beschwerdegründe

 

2.3.1./ Rechtswidrigkeit des Inhalts

 

2.3.1.1./ Verletzung des Rechtes auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 09.09.2014, GZ VStV/914300574520/2014, und Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat bereits in mehreren Entscheidungen aus dem Jahr 2014 (u.a. Erkenntnis des Landes Verwaltungsgerichtes vom 09.05.2014, GZ: LVwG-410284/4/Gf/Rt) festgestellt, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolge, sodass sich vor diesem Hintergrund die derzeit bestehende Monopolregelung in Verbindung mit dem unter einem zu dessen Effektuierung institutionalisierten strikten Sanktionensystem (das durch weitreichende Straftatbestände, durch hohe Strafdrohungen und durch unmittelbare Eingriffsbefugnisse - wie auch Beschlagnahme, Einziehung und Betriebsschließung — gekennzeichnet ist) insgesamt besehen unverhältnismäßig sei.

 

Eine solche nationale Regelung widerspreche entsprechend den vom Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 30.04.2014, C-390/12, getroffenen Feststellungen dem Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit), wobei sich vor dem Hintergrund der Unvereinbarkeit des Monopolsystems des GSpG als solchem auch das darauf fußende Sanktionensystem als unionsrechtswidrig erweist.

 

Da die betreffenden Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Oö erst kürzlich ergangen sind, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Faktenlage seither nicht verändert hat und daher die rechtlichen Erwägungen nachwievor gelten.

 

Konsequenz daraus ist, dass das Sanktionensystem des GSpG (inkl. § 53 GSpG) aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit nicht angewandt werden darf.

 

Zu beachten ist ferner Folgendes: Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind die Gegenstände mit denen gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wurde einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig. Die belangte Behörde hat sich mit der Frage der Geringfügigkeit nicht (ausreichend) auseinandergesetzt. Es kann daher aus der Bescheidbegründung nicht nachvollzogen werden, ob überhaupt eine Einziehung im gegenständlichen Fall Platz greifen kann. Kommt es aber nicht in gesicherter Weise zu einer Einziehung, so ist die Beschlagnahme jedenfalls unzulässig. § 55 Abs. 1 GSpG lautet: Beschlagnahmte Gegenstände, die nicht eingezogen werden und die auch nicht gemäß § 17 Abs. 1 oder 2 VStG für verfallen erklärt werden können, sind […] zurückzustellen [...].

 

Darüber hinaus kann die Beschlagnahme nur ausgesprochen werden, wenn entweder ein fortgesetzter oder ein wiederholter Verstoß gegen eine Bestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG vorliegt.

 

Es liegt weder ein wiederholter Verstoß vor, noch ein fortgesetzter Verstoß. Die Behörde erster Instanz hat diesbezüglich offensichtlich keine Ermittlungen gepflogen. Auch aus der Bescheidbegründung ist keine Feststellung zu entnehmen, dass ein fortgesetzter oder wiederholter Verstoß gegeben ist. Es ermangelt daher dem angefochtenen Bescheid an der rechtlichen Voraussetzung für die Beschlagnahme.

 

Diesbezüglich sei auf ein Erkenntnis des UVS OÖ verwiesen:

 

'Vergleicht man die Bestimmungen der Beschlagnahme nach dem Oö. Spielapparate- und Wettgesetz mit jenen nach dem GSpG, so ist augenfällig, dass eine Beschlagnahme nach dem GSpG nicht die bloße Begehung einer Straftat mit Gegenständen, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, zur Voraussetzung hat, sondern es ist ein fortgesetzter oder wiederholter Verstoß gegen eine Bestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG Voraussetzung.

 

Für das Vorliegen des Verdachts eines fortgesetzten oder wiederholten Verstoßes gegen eine Bestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG aber gibt es im vorliegenden Akt bzw. im von der belangten Behörde geführten Verfahren keine fundierten Feststellungen. Diese können durch den Unabhängigen Verwaltungssenat rückwirkend auch nicht ersetzt werden.' (UVS OÖ, 25.05.2009, VwSen-300863/2/BMa/Eg)

 

Zu Unrecht geht die Behörde erster Instanz davon aus, dass die beschlagnahmten Geräte unter die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes fallen.

 

§ 53 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes bestimmt, dass die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen kann. Nach der klaren gesetzlichen Definition können auf der einen Seite nur Glücksspielautomaten beschlagnahmt werden und auf der anderen Seite nur solche Eingriffsgegenstände und technische Hilfsmittel mit denen gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wird. Dies ist hier nicht der Fall, da die beschlagnahmten Geräte nicht gegen das Glückspielgesetz verstoßen.

 

2.3.2./ Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

 

Zur lückenlosen Begründung gehört nicht nur die Feststellung des Sachverhaltes, sondern auch die Anführung der Beweismittel (im Einzelnen), auf die die Feststellungen gegründet werden. Dabei ist bei jedem Beweismittel anzurühren, welche Tatsache auf dieser Grundlage als feststellend erachtet wird (VwGH 30.05.1963, 95/63).

 

Eine Sachverhaltsdarstellung ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht im ausreichenden Umfang zu entnehmen, Unterbleibt jedoch die sachverhaltsmäßige Feststellung eines Tatbildmerkmales, dann leidet der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben ist (VwGH 25.06.1963, Z 1319/62).

 

Unter einem Apparat wird ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetztes technisches Gerät verstanden, das bestimmte Funktionen erfüllt bzw. eine bestimmte Arbeit leistet. Die Funktion eines Spielapparates besteht nun darin, durch seine Inbetriebnahme ein 'Spiel' - das ist eine zweckfreie Beschäftigung aus Freude an ihr selbst und/oder an ihren Resultaten, Unterhaltung, Entspannung oder zum Zeitvertreib zu ermöglichen. (UVS Wien, GZ: 06/09/379/93 vom 20.10.1993) Dabei muss ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit und technischer Funktionsweise bestehen (UVS Wien 20.10.1993, GZ 06/09/379/93).

 

Der angefochtene Bescheid weist diesbezüglich keine Feststellungen auf, aus denen überhaupt nachvollzogen werden kann, dass es sich bei dem beschlagnahmten Gerät(en) um ein solches handelt, welches unter die Bestimmungen des GSpG fallen.

 

Gemäß § 53 GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen. Dem angefochtenen Bescheid sind außer der Formalbehauptung, es würde sich um Glücksspielautomaten handeln, keine Feststellungen entnehmbar, aus welchen konkreten Feststellungen über die Geldeinsatzmöglichkeit, dem Spielverlauf, dem Spielergebnis und einer allfälligen Auszahlungsmöglichkeit überhaupt angenommen werden kann, dass die beschlagnahmten Apparate unter die Begriffsbestimmung des § 53 GSpG zu subsumieren sind.

 

2.4./ Beschwerdeanträge

 

Es werden daher gestellt die

 

ANTRÄGE,

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge

 

1. eine mündliche Verhandlung durchführen,

2. den angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom

09.09.2014, GZ VStV/914300574520/2014, ersatzlos aufheben und

erkennen, dass die Beschlagnahme der Geräte aufgehoben wird."

 

 

I.3. Mit Schreiben vom 26. September 2014 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerden den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt erliegende Dokumentation der Finanzpolizei und durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Jänner 2015.

 

In der mündlichen Verhandlung sagte die ZweitBf als Komplementärin der ErstBf aus, dass sie seit 17 Jahren das Unternehmen leite und sie nicht wisse, wie lange die gegenständlichen Geräte im Lokal gestanden seien. Die Automaten hätten etwa 2.000 – 3.000 Euro/Woche eingebracht.

 

Die Zeugin R.P. bestätigte ihre Aussagen anlässlich der Niederschrift vom 7. Juli 2014 und sagte weiters aus, dass sie im gegenständlichen Lokal seit 6. Dezember 2010 Schalterarbeiterin gewesen sei. Sie habe auch Automatenauszahlungen vorgenommen. Die Rückstellung der Automaten auf "0" habe sie mittels Schlüssel ausgeführt. Zwischenzeitlich arbeite die Zeugin nicht mehr im Lokal.  

 

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen brachte ergänzend vor, dass das Gesamtsystem des österreichischen Glücksspielrechts nicht dem Kohärenzgebot nach den Vorgaben des EuGH entspreche, da die Werbeaktivitäten etwa der Österreichischen Lotterien GmbH und Casinos Austria AG jedenfalls in den Jahren 2010 – 2014 in ihrer Gesamtheit als unzulässig einzustufen seien, zumal in diesen Werbeaktivitäten  zur aktiven Teilnahme am Spiel angeregt werde, das Spiel verharmlost und dem Spiel ein positives Image zugeschrieben werde. Durch zugkräftige Werbebotschaften werde die Anziehungskraft erhöht und bedeutende Gewinne in verführerischer Weise in Aussicht gestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH sei auf die Gesamtheit der Werbeaktivitäten im Anwendungsbereich des Monopols, damit auf alle monopolisierten Angebote, abzustellen. Das Kohärenzgebot werde auch dadurch verletzt, dass in den Jahren 2010 – 2014 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel und der Spielsucht in Österreich kein erhebliches Problem darstellten.

Daher wird die Einholung eines Gutachtens aus der Werbewirkungsforschung bzw. Werbepsychologie zum Thema der Wirkung der Werbestrategie der Österreichischen Lotterien GmbH und der Casinos Austria AG für den Zeitraum 2010 – 2014 sowie ein Gutachten aus dem Bereich Kriminologie zur Fragestellung, ob aus dem vorhandenen statistischen Datenmaterial der Nachweis geführt werden könne, dass in den Jahren 2010 – 2014 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit Glücksspiel und Spielsucht in Österreich ein erhebliches Problem darstellten, beantragt.

Die gegenständliche Beschlagnahme basiere auf Bestimmungen des GSpG, welches aufgrund eines Verstoßes gegen EU-Recht nicht anwendbar sei. Dies gelte jedenfalls bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Aufgrund einer Inländerdiskriminierung gelte dies auch für rein innerstaatliche Sachverhalte.

 

I.5. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 7. Juli 2014 im Lokal "T." in W., x, wurden die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten fünf Geräte betriebsbereit vorgefunden (GSp26 Formulare, Dokumentation). Die Geräte waren zumindest seit Ende Juni 2014 bis zum Tag der Beschlagnahme aufgestellt (Zeugin P., Gsp1). Die ZweitBf ist seit 11. März 1998 einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der ErstBf (Firmenbuchauszug). Diese, eine Kommanditgesellschaft, ist Inhaberin der Geräte und Betreiberin und Veranstalterin der Glücksspiele (Stellungnahme der Beschwerdeführer an die belangte Behörde vom 29. Juli 2014). Die ErstBf war nicht im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für diese Geräte.

Die ErstBf ist eine nach österreichischem Recht errichtete Kommanditgesellschaft mit Sitz in M. (Firmenbuchauszug). Die ZweitBf ist österreichische Staatsbürgerin (ZMR).

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

FA-Nr Spiel Einsätze in Aussicht gestellte Gewinne

1 + 2 Ring of Fire 0,20 – 5 Euro 20 Euro + bis zu 898 SG

3 Chili 0,30 – 15 Euro 270 – 13.500 Euro

4 Fruit Chip 0,30 – 11 Euro 24 – 880 Euro

5 Fruit Fever 0,30 – 11 Euro 300 – 11.000 Euro

 

Es handelte sich bei allen Spielen um virtuelle Walzenspiele. Der Spielablauf stellt sich wie folgt dar:

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbol­kombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen. (Verfahrensakt, insb. Fotodokumentation, GSp26 Formulare und Aktenvermerk der FinPol). Die ErstBf erwirtschaftete mit den gegenständlichen Geräten vor der vorläufigen Beschlagnahme Einnahmen von 2.000,-- bis 3.000,-- Euro pro Woche (Aussage ZweitBf). Die Zeugin P. hat Auszahlungen vorgenommen (Aussage Zeugin P.).

 

 

II. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Aktenvermerk der Finanzpolizei samt Dokumentation der Probespiele mit Fotoaufnahmen, den Aussagen der Zeugin R.P. in der mündlichen Verhandlung bzw. im Rahmen der Feststellungen in Klammern angeführten Beweismitteln. Sie wurden von den Beschwerdeführerinnen auch nicht konkret bestritten und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Kenntnis genommen.

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I 13/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

III.2. Anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs. 1 GSpG im Nachweis eines Verdachts eines GSpG-Verstoßes.

 

Das durchgeführte Ermittlungsergebnis hat ergeben, dass mit den gegenständlichen Geräten Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Vielmehr ergibt sich aus den GSp26-Formularen, dass der Walzenlauf nicht beeinflusst werden konnte. Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die Beschwerdeführerinnen von diesem auch nicht ausgenommen waren. Zudem ergab sich aus der Aussage der ZweitBf, dass die ErstBf erhebliche Einnahmen iHv 2.000,-- bis 3.000,-- pro Woche mit den Eingriffsgegenständen erwirtschaftete und aus der Aussage der Zeugin P., dass sie Auszahlungen vorgenommen hat. Es besteht daher der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG.

 

Bezüglich der mit Walzenspielgeräten angebotenen Spiele hat der VwGH in zahlreichen Entscheidungen (z.B VwGH v. 27.4.2012, 2011/17/0074) festgehalten, dass es sich dabei um Glücksspiele handelt, weshalb dazu keine weitere Erörterung und insbesondere kein Sachverständigengutachten erforderlich ist.

 

Die Geräte waren jedenfalls von Ende Juni 2014 bis zum Tag der Beschlagnahme betriebsbereit aufgestellt, weshalb der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG besteht. Für derartige Gegenstände ist auch in § 52 Abs. 4 GSpG der Verfall und in § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung vorgesehen, weshalb die Voraussetzungen für die Beschlagnahme gegeben sind.

 

Was den Einwand der Geringfügigkeit des Verstoßes betrifft, ist auszuführen, dass von dieser schon aufgrund der großen Anzahl an Eingriffsgeräten, möglichen Einsätze iHv 5 – 15 Euro, der günstigen Gewinn:Verlust - Relationen und der Funktionsweise der Geräte (kurze Spiel­dauer, da ein Walzenlauf nur etwa eine Sekunde dauert, wobei auch nicht ausge­schlossen ist, dass Spieler mehrere Einzelspiele hintereinander spielen) nicht ausgegangen werden kann (vgl. alleine hinsichtl. der Geringfügigkeit von Einsätzen VwGH vom 28.05.2013, 2012/17/0195).  

 

Auf die Frage, ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen [event. vorhandene Auto(matic)-Start-Taste etc.] eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, muss nicht weiter eingegangen werden, weil auch in diesem Fall gemäß § 52 Abs. 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht. Diese Bestimmung ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht verfassungswidrig, da es dem Gesetzgeber jedenfalls überlassen bleiben muss, zu regeln, ob er bestimmte Verhaltensweisen wegen ihrer sozialen Unerwünschtheit als strafbar erklärt oder nicht, und gegebenenfalls, ob diese dem gerichtlichen oder dem verwaltungsrechtlichen Sanktionssystem unterliegen sollen. Der Gesetzgeber hat sich beispielsweise auch im Lebensmittelrecht entschieden, ehemalige kriminalstrafrechtlich zu ahndende Tatbestände (z.B. Verfälschung nach dem LMG 1975) später dem Verwaltungsstrafverfahren zu unterstellen (LMSVG). Von Art 91 B-VG wird lediglich der „Kernbereich“ des Strafrechts, nämlich mit schweren Strafen bedrohte Verbrechen sowie politische Verbrechen und Vergehen (vgl Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verfassungsrechts8, RN 758) erfasst. Gemäß § 17 Abs. 1 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. Da dies weder auf den Strafrahmen des § 168 Abs. 1 StGB noch auf den des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zutrifft, ist der Einwand betreffend Art 91 B-VG nicht nachvollziehbar. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden.

Hinsichtlich einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerinnen nach der Judikatur des VwGH (vgl. hierzu etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046) auf keinen Sachverhalt berufen, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde. Eine Unanwendbarkeit des GSpG scheidet daher aus.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner diesbezüglich aktuellsten Entscheidung vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121 im Übrigen ausdrücklich ausgesprochen, dass das Unionsrecht auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht anzuwenden ist, sodass auf die von den Bf dargestellten Bedenken hinsichtlich einer allfälligen Unanwendbarkeit des GSpG oder Teilen davon nicht eingegangen werden müsste.

  

Der Vollständigkeit halber kann jedoch Nachstehendes festgehalten werden:

Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-390/12 - Pfleger ua mwN) stellt ein Gesetz eines Mitgliedstaats, das den Betrieb von Glücksspieleinrichtungen ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet (wie etwa das GSpG), eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar. Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben die von der Rechtsprechung des EuGH insoweit aufgestellten Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung zu erfüllen. Danach ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Ein Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich kann nicht zu Sanktionen führen, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist (vgl. EuGH C-390/12 - Pfleger ua).

Beim österreichischen Glücksspielmonopol handelt es sich um ein Finanzmonopol mit besonderen ordnungspolitischen Zielsetzungen (vgl VwGH 4.8.2005, 2004/ 17/0035). Der Bundesminister für Finanzen teilte in diesem Zusammenhang in seiner über Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht . abgegebenen, den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebrachten, Stellungnahme vom 18. September 2014 unter anderem mit, dass das österreichische Glücksspielmonopol den Verbraucherschutz, den Schutz der Sozialordnung (Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen), die Kriminalitätsbekämpfung (Betrugsvorbeugung, Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bzw. allgemein Vorbeugung von Straftaten), die Verminderung der Gelegen­heiten zum Spiel bzw. Begrenzung der Ausnutzung der Spielleidenschaft, Spielerschutzmaßnahmen (Vermeidung von Sucht- und wirtschaftlicher Existenzgefährdung), Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie Gewinne aus dem Glücksspiel gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, zum Ziel habe. Exemplarisch verweist die angesprochene Stellungnahme zur Untermauerung der Behauptung auf folgende Normen des GSpG: § 5 (Spielsuchtvorbeugung, Geldwäschevorbeugung und wirksame Aufsicht für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten), § 14 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung der Lotterienkonzession), § 16 (Genehmigungspflicht für Spielbedingungen), § 19 GSpG (Aufsicht über Lotterien), § 20 (Sportförderung), § 21 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung von Spielbankenkonzessionen), § 22 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung eines Pokersalons), §§ 25 und 25a (Spielbankenbesucher; Schutz vor negativen wirtschaftlichen Folgen durch Spielen; Sorgfaltspflichten Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung), § 26 (Genehmigungspflicht der Besuchs- und Spielordnung), § 31 (Aufsicht über Spielbanken), § 31b (allgemeine Vorschriften für Konzessionäre und Bewilligungsinhaber) und § 56 (Werbebeschränkungen).

 

Für das erkennende Gericht sind diese Ausführungen in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen nachvollziehbar, dienen doch die zitierten Normen tatsächlich einem oder mehreren der oben genannten Ziele. Hierfür sprechen auch die erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010, welche unter anderem festhalten, dass Spielsuchtprävention und Kriminalitätsabwehr, Jugendschutz, Spielerschutz und soziale Sicherheit der sowie die effiziente Kontrolle zentrale Anliegen des GspG bzw. der Novelle sind. Auch der Verwaltungsgerichtshof (4.11.2009, 2009/17/0147) ging bereits davon aus, dass der österreichische Gesetzgeber mit der Aufrechterhaltung des Glücksspielmonopols und der Kontrolle der Erteilung allfälliger Konzessionen gerade jene ordnungspolitischen Ziele verfolge, die nach der Rechtsprechung des EuGH die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen. In diesem Sinne nahm auch der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i, an, dass nach der Absicht des Gesetzgebers oberste Zielsetzung des Glücksspielgesetzes der Schutz des einzelnen Spielers sei.

Da es sich bei den genannten Zielsetzungen zweifellos um solche handelt, die nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten rechtfertigen, vermag das erkennende Gericht keine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit in den Österreichischen Normen zum Glücksspiel zu erkennen (ebenso VwG Wien 12.08.2014, VGW-001/023/5739/2014; aA LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt ua.). In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass das etwa in der Entscheidung des LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt, angesprochene Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zwar nicht rechtfertigen kann (vgl EuGH 15.9.2011, Dickinger/Ömer, C-347/09, RN 55). Dass jedoch ein anderer Normzweck primär für die Regelung ausschlaggebend sein müsste, geht aus der Judikatur des EuGH nicht hervor und es genügt daher zur Rechtfertigung der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten, dass etwa Spielerschutz und Hintanhaltung der Kriminalität auch ein ausschlaggebendes Ziel des verfahrensgegenständlichen Konzessionssystems sind.

Der Bundesminister für Finanzen verweist in der Stellungnahme vom 18.9.2014 weiters auf die im Jahr 2011 veröffentlichte österreichweite Glücksspielsuchtstudie von Kalke/Buth/Rosenkranz/Schütze/Oechsler/Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, 2011, nach der rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr von Glücksspielsucht betroffen sind. Die Studie zeigt, dass 0,43 % dieses Bevölkerungssegments ein problematisches Spielverhalten aufweisen und 0,66 % pathologisch glücksspielsüchtig sind. Schon diese Angaben zeigen aber nach Ansicht des erkennen­den Gerichtes, dass Spielersucht tatsächlich ein relevantes gesellschaftliches Problem in Österreich darstellt. Darüber hinaus bestehen auch Fälle von Beschaffungskriminalität (vgl. Glücksspiel Bericht 2010-2013, S. 24 unter Berufung auf die Auswertung von Köberl).

Der VfGH hat im Übrigen wiederholt ausgesprochen, dass die Ziele der Beschränkung von Glücksspielkonzessionen, nämlich Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, angesichts der nachgewiesenen Sozialschädlichkeit des Glücksspiels im öffentlichen Interesse liegen (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach Beschränkungen im Bereich des Glücksspiels bis hin zum gänzlichen Verbot unionsrechtskonform sind, in VfSlg. 19.077/2010; vgl. in diesem Zusammenhang etwa EuGH 24.3.1994, Rs. C-275/92, Schindler, Slg. 1994, I01039; 21.9.1999, Rs. C-124/97, Läära ua., Slg. 1999, I-06067; 21.9.1999, Rs. C- 67/98, Zenatti, Slg. 1999, I-07289; 6.3.2007, Rs. C 338/04 ua., Placanica ua., Slg. 2007, I-01891 ua.), sodass diese Umstände und die Notwendigkeit eines Lenkungssystems durch den Staat feststehen, sodass (abgesehen von der Tatsache, dass ein Anwendungsvorrang des Unionsrechts im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt) auf die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Kriminologie verzichtet werden konnte.

Dafür, dass die Einführung von Beschränkungen in Form etwa eines Konzessionssystems zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten jedenfalls den intendierten Zwecken, insbesondere dem Spielerschutz, dient, spricht bereits, dass die Zugänglichkeit zu derartigen Ausspielungen beschränkt und die Durchführung derselben einer besseren Kontrolle unterworfen werden kann. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann es sich bei der Normierung eines derartigen Systems um eine geeignete Maßnahme handeln, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken, dies wird auch durch den EuGH im Urteil C-390/12 in RZ 41 ausdrücklich festgehalten. Wie sich aus der zitierten Studie aus dem Jahr 2011 ergibt, ist auch der durch das Monopol ausgeübte Lenkungseffekt insofern von Bedeutung, als es die höchste Problemprävalenz im Bereich des Glücksspiels mit Automaten außerhalb einer Spielbank gibt. Durch das Monopol kann auch das Glücksspielangebot und die Akzeptanz weg von den Problembereichen hin zu anderen Bereichen gelenkt werden, innerhalb derer die Problemprävalenz weniger hoch ist.

Ferner weist der Bundesminister für Finanzen in der Stellungnahme vom 18.9.2014 unter anderem auch auf mehrere zur Erreichung der durch das GSpG intendierten Zwecke umgesetzte Maßnahmen hin. So ist unter anderem eine Spielerschutzstelle errichtet worden, soll durch die Anbindung von Glücksspielautomaten an die Bundesrechenzentrum GmbH die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen im Automatenbereich ermöglicht werden und werden nähere Regelungen betreffend die einzelnen Spiele und den Zutritt zu Glückspielen getroffen. Durch die Aufsichts- und Auskunftsverpflichtungen der Konzessionäre bestehe auch eine umfassende Aufsicht über das konzessionierte Glücksspiel. In diesem Zusammenhang wird in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen unter anderem ausgeführt, dass ein Teil der staatlichen Aufsicht über Spielbanken auch die Werbung betrifft, wobei diesbezüglich die Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabs in § 56 GSpG geregelt ist. Dieser wird laut dem Bundesminister für Finanzen durch Nebenbestimmungen im Konzessionsbescheid und durch Berichtspflichten insbesondere zu Werbekonzepten präzisiert. Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels komme es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798 und 2013 667 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz (vgl. Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen).

 

Zu Recht führt der Bundesminister für Finanzen aus, dass in Bezug auf die Werbetätigkeit (für legales Glücksspiel) die Rechtsprechung des EuGH nicht so zu verstehen ist, dass mitgliedstaatliche Beschränkungen des Glücksspiels unzulässig wären, wenn die Konzessionäre für das legale Glücksspiel werben dürfen. Aus EuGH Dickinger/Ömer, C-347/09, geht hervor, dass – um das Ziel, die Spieltätigkeiten in kontrollierte Bahnen zu lenken zu erreichen – die zugelassenen Anbieter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zu den nicht geregelten Tätigkeiten bereitstellen müssen, was an und für sich das Anbieten einer breiten Paletten von Spielen, Werbung in einem gewissen Umfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken beinhalten kann (vgl, RN 64 uHa Placanica, C338/04, RN 55 und Stoß, C-316/07, RN 101). Es lässt sich aus dieser Entscheidung zudem ableiten, dass der Konzessionär zumindest in einer Weise werben dürfen muss, die im Hinblick auf die Attraktivität seines Angebotes, den notwendigen Lenkungseffekt ermöglicht. Nach dem EuGH (15.9.2011, C-347/09) muss eine vom Inhaber eines staatlichen Monopols durchgeführte Werbung aber maßvoll und eng auf das begrenzt werden, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen darf die Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, indem etwa das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die verführerische bedeutende Gewinne in Aussicht stellt. Die Beurteilung, ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt bzw. ermuntert, ergibt sich grundsätzlich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei kommt es darauf an, ob die Werbeaussage von einem noch nicht zur Teilnahme entschlossenen durchschnittlichen Empfänger als Anreiz zur Teilnahme zu verstehen ist oder nur als sachliche Information über die legale Möglichkeit, einen etwa vorhandenen Entschluss zur Teilnahme umzusetzen (dt BVerwG 20.06.2013, 8 C 10.12 mwN). Wie ein an das Publikum gerichteter Werbespot zu verstehen ist, ist vom Gericht ohne Beiziehung eines Sachverständigen beurteilen (dt BVerwG 20.06.2013, 8 C 10.12). Die Frage, welche Wirkung eine Werbeaussage auf die beteiligten Verkehrskreise hat, ist dabei eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (OGH 10.11.1998, 4Ob243/98h). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte daher auch im Falle eines Auslandssachverhaltes unterbleiben müssen.

In der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom 18.9.2014 wird darauf hingewiesen, dass den Konzessionären bescheidmäßig Standards für die Glückspielwerbung vorgeschrieben wurden, unter anderem hinsichtlich Spielerschutz, sowie, dass die Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabes vom Finanzminister als Aufsichtsbehörde überprüft wird. Der Umstand, dass die Konzessionäre Rechtsmittel eingelegt haben, vermag das gesetzliche System eben so wenig zu erschüttern, wie auch ein Verhalten des Normunterworfenen an sich nicht zu einer Unanwendbarkeit eines gesetzlichen Systems führen kann.

Festzuhalten ist weiters, dass eine Beschränkung der Werbung des Konzessionärs, wie es sich die Bf offenbar wünschen, nach der Judikatur des EuGH nur so weit gehen darf, als dies zum Schutz des Verbrauchers erforderlich ist, weil ansonsten wiederum, diesmal in die andere Richtung, eine Verletzung der DL-Freiheit vorliegen würde (C-176/11 vom 12. Juli 2012, HIT hoteli u.a.).

Das Gericht geht davon aus, dass der Normtext der österreichischen Regelung in ihrem Wortlaut, nach welchem sie Konzessionäre und Bewilligungsinhaber zu einem „verantwortungsvollen Maßstab“ mahnt annähernd den Worten des EuGH folgt, wenn dieser eine „maßvolle Werbung“ verlangt, und deshalb im Einklang mit dessen Judikatur ist.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände, eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nach Ansicht des erkennenden Gerichts selbst dann nicht vorliegen würde, wenn diese aufgrund eines Auslandssachverhaltes relevant wäre. Sie verfolgen (zumindest auch) vom EuGH anerkannte Gründe des Allgemeininteresses, sind geeignet diese zu erreichen und es ist im Verfahren darüber hinaus keine Unverhältnismäßigkeit hervorgekommen.

III.3. Aus § 53 Abs. 3 GSpG ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.6.1997, 94/17/0388), dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist, wobei das Gesetz offen lässt, ob der Bescheid im Falle, dass diese Personen nicht identisch sind, aber alle der Behörde bekannt sind, jeder dieser Personen zuzustellen ist.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde nicht nur der ErstBf als Inhaberin der Geräte und Betreiberin und Veranstalterin der Glücksspiele, sondern auch Frau M.M.J.L. (ZweitBf), offenbar als natürliche Person, zugestellt. Die ZweitBf ist nach dem vorliegenden Ermittlungsergebnis Komplementärin der ErstBf. In Bezug auf diese Rechtsstellung der ZweitBf konnte der bekämpfte Bescheid ihr gegenüber als natürliche Person keine Rechtswirksamkeit entfalten. Im Verfahren hat sich nicht erwiesen, dass die ZweitBf selbst Inhaberin, Veranstalterin bzw. Eigentümerin war. Vielmehr war dies nur die rechtsfähige Kommanditgesellschaft, weshalb die Beschwerde im Spruchpunkt II. mangels Parteistellung zurückzuweisen war (vgl. VwGH v. 12.3.2014, 2013/17/0708).

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Pohl