LVwG-300023/6/Re

Linz, 13.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das  Landesverwaltungsgericht  Oberösterreich  hat  durch  seinen  Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck vom 19.12.2013, GZ:042-11/13-18/13, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.12.2013, Ge96-4059-2013, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes (ARG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Im Grunde des § 50 VwGVG  wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.12.2013, Ge96-4059-2013, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Bescheid vom 3.12.2013, Ge96-4059-2013, das Strafverfahren gegen Herrn Ing. C.W. als unbeschränkt haftender Gesellschafter der W. GmbH & Co KG mit Sitz in  L., x, als Arbeitgeber wegen der am 8.1.2013 im Rahmen einer durchgeführten Überprüfung der Arbeitszeiten festgestellten Übertretungen nach §§ 7 Abs. 1 iV. mit 27 Abs. 1 ARG gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Dies nach Darlegung der Rechtslage und des wesentlichen Sachverhaltes mit der Begründung, die den Verfahren in den Strafanträgen des Arbeitsinspektorates angeführten Arbeitsstunden seien unbestritten an Feiertagen geleistet worden. Für die Feiertagsarbeit bestehen mehrere Ausnahmeregelungen in § 12 ARG. Neben generellen Ausnahmen bestimmt § 12a ARG die Zulassung weiterer Ausnahmen für die Wochenend- und Feiertagsruhe durch Kollektivvertrag. Diese Ausnahmen kommen zu den in § 12 ARG festgelegten Ausnahmen hinzu. Durch die kollektivvertraglichen Regelungen würden die Aufzählungen der Feiertage in der Anlage zur ARG – VO, Abschnitt XV. 5. erweitert.

§ 5 Abs. 4 des geltenden Kollektivvertrages spreche von „Einvernehmen“. Die Ansicht des Arbeitsinspektorates, wonach für dieses Einvernehmen Schriftlichkeit erforderlich wäre, werde von der Behörde nicht geteilt. Einvernehmen könne auch mündlich hergestellt werden, Schriftlichkeit werde vom Kollektivvertrag nicht gefordert. In der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 8.5.2013 werde lediglich auf die Anlage zur ARG–VO verwiesen und die darin aufgezählten Feiertage wiedergegeben und in der Stellungnahme vom 25.6.2013 werde lediglich von einer fehlenden schriftlichen Betriebsvereinbarung gesprochen und auf § 12a ARG bzw. den geltenden Kollektivvertrag in keiner Weise Bezug genommen. Im Kollektivvertrag sei von „Einvernehmen“ und nicht von einer „Betriebsvereinbarung“ die Rede. Dass ein Einvernehmen mit dem Zentralbetriebsrat hergestellt worden sei, liege glaubhaft vor.

 

Gegen diesen Bescheid vom 3.12.2013 richtet sich die innerhalb offener Frist vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eingebrachte Berufung (nunmehr Beschwerde) vom 19.12.2013. Begründend wird darin vorgebracht, im Kollektivvertrag werde für Einzelvereinbarungen deshalb Schriftlichkeit vorgeschrieben, um später im Streitfall den Inhalt leichter feststellen zu können. Es wäre unlogisch, für Einzelvereinbarungen Schriftlichkeit vorzusehen, für Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber/in und Betriebsrat jedoch nicht. Insbesondere wenn der Betriebsrat nur aus einem Mitglied bestehe, würde im Streitfall Aussage gegen Aussage stehen. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sei daher davon auszugehen, dass die Kollektivvertragsparteien ebenso wie für Einzelvereinbarungen das Formerfordernis der Schriftlichkeit vorsehen wollten. Dass eine Betriebsvereinbarung gemäß § 29 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) immer schriftlich abgeschlossen werden müsse, sei dann, wenn mit „Einvernehmen“ der Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemeint sei, überflüssig, die Schriftlichkeit ausdrücklich zu erwähnen. Verwiesen wird auf die Entscheidung des OGH vom 18.12.2002, 9 ObA 206/02b, ergangen zu einem anderen Kollektivvertrag, wonach dann, wenn in einem Kollektivvertrag stehe, dass die betriebliche (generelle) Arbeitszeiteinteilung und –verteilung vom Vorstand im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgesetzt werde, damit eine Bezugnahme auf § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG gemeint sei, somit der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Laut Lehre und Judikatur (OGH vom 27.5.2004, 8 0bA 97/03b) herrsche Übereinstimmung, dass in Fällen mit Zustimmung der Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemeint sei. An anderen Stellen verwende der Gesetzgeber ausdrücklich den Begriff „Betriebsvereinbarung“. Wenn nicht ausdrücklich von einer Betriebsvereinbarung gesprochen werde, könne nicht daraus geschlossen werden, dass keine gemeint sei. Gleiches gelte für die Kollektivvertragsparteien. Immer wenn ein Gesetz den Abschluss von schriftlichen Einzelvereinbarungen in Betrieben ohne Betriebsrat vorsehe, sehe es in Betrieben mit Betriebsrat den Abschluss von Betriebsvereinbarungen vor, nicht aber bloß eine formlose Zustimmung. Dem Gesetzgeber sei somit Schriftlichkeit wichtig. Auch § 97 ArbVG liste Angelegenheiten auf, die in Betriebsvereinbarungen geregelt werden könnten, so auch Angelegenheiten der Arbeitszeitgestaltung. Den Kollektivvertragsparteien könne nicht unterstellt werden, dass sie für ähnliche Angelegenheiten eine formlose Zustimmung für ausreichend erachten.

Beantragt werde die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der Beschuldigte im Sinne des Strafantrages bestraft werde.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Berufung (Beschwerde) gemeinsam und mit dem zugrunde liegenden Verfahrensakt zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Rechtsmittelvorbringen abgegeben.

 

Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht OÖ. (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz VerwaltungsgerichtsbarkeitsÜbergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge96-4059-2013 sowie Wahrung des Parteiengehörs gegenüber dem Beschuldigten in Bezug auf das eingebrachte Rechtsmittel.

 

Diesem entgegnend bringt Herr Ing. C.W., vertreten durch die K. & P. Rechtsanwälte KG, ergänzend vor, dass bei Auslegung eines Kollektivvertrages in erster Linie der Wortsinn zu erforschen sei und die sich aus dem Text des Kollektivvertrages ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen sei. Maßgebend sei, welchen Willen des Normgebers der Leser aus dem Vertragstext entnehmen könne. Die im gegenständlichen Sachverhalt zu diskutierende Textierung des zitierten Kollektivvertrages ergebe für jeden Leser zwingend, dass das Einvernehmen mit dem Betriebsrat ein formloses Einvernehmen sei. Es werde im gegenständlichen Fall auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, dass für die Feiertagsarbeit in den Betrieben des Beschuldigten jeweils das Einvernehmen mit dem Betriebsrat hergestellt worden sei. Auch werde nicht bezweifelt, dass in derartigen Betrieben die zwingende Notwendigkeit der Durchführung derartiger Feiertagsarbeiten für die Sicher­stellung des Funktionierens in Bezug auf Gesundheitseinrichtungen gegeben sei. Aus den Interpretationsregelungen der Judikatur für Kollektivverträge ergebe sich, dass in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich sei. Für die Frage der Strafbarkeit einer aus dem Wortlaut definitiven zulässigen Feiertagsarbeit dürfe es nicht Aufgabe des Normunterworfenen sein, in Lehre und Judikatur nachzuforschen, ob eine Bestimmung, die bloßes Einvernehmen anordnet, nicht auch dahingehend verstanden werden könne, dass dieses Ein­vernehmen eine Betriebsvereinbarung meinen könnte. Für die Auslegung der konkreten kollektivvertraglichen Norm existiere keine Judikatur. Aus der ange­sprochenen zivilrechtlichen (und nicht strafrechtlichen) Judikatur könne das Erfordernis der Schriftlichkeit für das Einvernehmen nicht abgeleitet werden. Aus der in der Beschwerde zitierten Entscheidung ergebe sich nicht die in der Beschwerdeschrift unterstellte Interpretation. Vielmehr behandle diese Judikatur die Deckung einer schriftlich vorhandenen Betriebsvereinbarung durch eine ent­sprechende Kollektivvertragsnorm. Außerdem treffe den Beschuldigten auch kein Verschulden. Nicht nur der Beschuldigte, sondern auch die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz verneine ausdrücklich das Erfordernis einer Betriebs­vereinbarung für die Zulässigkeit der Feiertagsarbeit in den gemäß § 5 Abs. 4 des Kollektivvertrages für das Textilreinigergewerbe vorgesehenen Fällen. Mangels Judikatur zur konkreten Norm sei daher die Annahme des Betriebs­leiters, das Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Zulässigkeit von Feiertagsarbeit bedürfe keiner Schriftlichkeit, die nicht vorwerfbar. Beantragt werde daher die Einstellung des Strafverfahrens bzw. die Bestätigung des vom Arbeitsinspektorat bekämpften Bescheides.

 

3. Das Oö. Verwaltungsgericht geht von nachstehend festgestelltem Sachverhalt aus:

 

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt und den abgegebenen, umfangreich begründeten Aussagen der Verfahrensparteien steht unbestritten fest:

Herr Ing. C.W. ist unbeschränkt haftender Gesellschafter und als solcher verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der W. GmbH & Co KG.

Namentlich angeführte Arbeitnehmer der W. GmbH & Co KG, L., wurden, wie das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck anlässlich einer Überprüfung am 8.1.2013 festgestellt hat, an den Feiertagen Freitag, 26. 10.2012, Donnerstag, 1.11.2012 und Mittwoch, 26.12.2012 zu konkret ange­führten Zeiten beschäftigt. Entsprechend der Anzeige des Arbeitsinspektorates wurden in der Folge mit Strafverfügung vom 11.4.2013, Ge96-4059-2013, Geld­strafen wegen Übertretung der Vorschriften des Arbeitsruhegesetzes verhängt, weil Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden haben.

§ 5 Abs. 4 des Kollektivvertrages für das Textilreinigergewerbe, abgeschlossen zwischen der Bundesinnung Mode- und Bekleidungstechnik, Berufszweig – Textilreiniger, Wäscher und Färber einerseits sowie dem Österreichischen Gewerkschaftsbund andererseits bestimmt, dass in allen Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, Feiertagsarbeit nur im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat schriftlich mit Einzelvereinbarung eingeführt werden kann, wobei auf die Erfüllung der Aufgabe des Betriebes im Gesundheitsdienst und auf die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer/innen Rücksicht zu nehmen ist.

Unbestritten blieb weiters, dass im Unternehmen W. GmbH & Co KG ein Einvernehmen zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung bezüglich Feiertagsarbeit an den oben zitierten Feiertagen hergestellt wurde. Dieses Vorbringen erfolgte unter Angebot der zeugenschaftlichen Aussage der Zentralbetriebsrätin, war glaubwürdig und wurde dem vom Arbeitsinspektorat nicht widersprochen.

 

4. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes:

 

Gemäß § 7 Abs. 1 ARG haben Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 0.00 Uhr und spätestens um 6.00 Uhr des Feiertages beginnen muss.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 leg.cit. sind durch Verordnung für Arbeitnehmer in bestimmten Betrieben Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe für Arbeiten zuzulassen, wenn diese

1.   zur Befriedigung dringender Lebensbedürfnisse notwendig sind;

2.   im Hinblick auf während der Wochenend- oder Feiertagsruhe hervortretende Freizeit- und Erholungsbedürfnisse und Erfordernisse des Fremdenverkehrs notwendig sind;

3.   zur Bewältigung des Verkehrs notwendig sind;

4.   aus technologischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang erfordern;

5.   im Bergbau aus technologischen oder naturbedingten Gründen oder aus Gründen der Sicherheit einen ununterbrochenen Fortgang erfordern;

6.   wegen der Gefahr des Misslingens von Arbeitserzeugnissen nicht aufgeschoben werden können, soweit diese Gefahr nicht durch andere Maßnahmen abgewendet werden kann oder

7.   wegen der Gefahr des raschen Verderbens von Rohstoffen nicht aufgeschoben werden können und nach der Art des Betriebes auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt sind.

 

Gemäß § 12a Abs. 1 ARG kann der Kollektivvertrag weitere Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe zulassen, wenn dies zur Verhinderung eines wirtschaftlichen Nachteils sowie zur Sicherung der Beschäftigung erforderlich ist.

 

Gemäß Abschnitt XV. (Gesundheitswesen und Sanitärdienste) Ziffer 5. (Wäschereien für den Gesundheitsdienst) der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung betreffend Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe (Arbeitsruhegesetz-Verordnung – ARG-VO), dürfen Arbeitnehmer während der Wochenend- und Feiertagsruhe nachstehend angeführte Tätigkeiten während der jeweils angeführten Zeiträume ausüben:

Anlieferung in den Betriebsraum, sortieren, waschen, zentrifugieren, trocknen, bügeln oder pressen, reparieren (nähen), expedieren, verpacken und verladen: Christi Himmelfahrt und Fronleichnam; 15.8., 26.10. und 8.12., wenn diese Feiertage auf einen Donnerstag fallen. Stehen der 25. und 26.12. mit einem Sonntag in unmittelbarer Verbindung, gilt an einem dieser Tage die Ausnahme betreffend die vorgenannten Tätigkeiten.

 

Weitere Ausnahmen können sich, wie aus dem oben zitierten § 12a ARG abzuleiten, aus einem Kollektivvertrag ergeben.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz sind Kollektivverträge Vereinbarungen, die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber einerseits und der Arbeitnehmer andererseits schriftlich abgeschlossen werden.

Gemäß § 2 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz können durch Kollektivverträge können geregelt werden:

1.   Die Rechtsbeziehungen zwischen den Kollektivvertragsparteien;

2.   die gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer;

3.   die Änderung kollektivvertraglicher Rechtsansprüche gemäß Z 2 der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer;

4.   Maßnahmen im Sinne des § 97 Abs. 1 Z 4;

5.   Art und Umfang der Mitwirkungsbefugnisse der Arbeitnehmerschaft bei Durchführung von Maßnahmen gemäß Z 4 und von Maßnahmen im Sinne des § 97 Abs. 1 Z 9;

6.   gemeinsame Einrichtungen der Kollektivvertragsparteien;

7.   sonstige Angelegenheiten, deren Regelung durch Gesetz dem Kollektivvertrag übertragen wird.

 

Gemäß § 29 ArbVG sind Betriebsvereinbarungen schriftliche Vereinbarungen, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist.

 

Im Rahmenkollektivvertrag für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeiter sowie die gewerblichen Lehrlinge im Gewerbe der Textilreiniger, Wäscher und Färber, gültig ab 1.1.1989, in der Fassung vom 1.1.2011, wird unter § 5 Abs. 4 betreffend die Feiertagsarbeit in Wäschereien, festgelegt:

In allen Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, kann Feiertagsarbeit nur im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat schriftlich mit Einzelvereinbarung eingeführt werden, wobei auf die Erfüllung der Aufgabe des Betriebes im Gesundheitsdienst und auch die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer/innen Rücksicht zu nehmen ist.

 

In einer Fußnote nennt der Rahmenkollektivvertrag als gesetzliche Feiertage gemäß § 7 Abs. 2 ARG: 1.1. (Neujahr), 6.1. (Heilig-Drei-Königs-Tag), Ostermontag, 1.5. (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15.8. (Maria Himmelfahrt), 26.10. (Nationalfeiertag), 1.11. (Allerheiligen), 8.12. (Maria Empfängnis), 25. und 26.12. (Weihnachten). Der Karfreitag gilt als Feiertag für die Angehörigen der Evangelischen Kirche A.B. und H.B. der Altkatholischen Kirche und der Methodistenkirche.

 

Den zitierten Gesetzesmaterialen ist somit zu entnehmen, dass dem grundsätzlichen Verbot, Arbeitnehmer an Feiertagen zu beschäftigen, mehrere Ausnahmemöglichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen gegenüberstehen. In diesem Sinne wird im gegenständlichen Verfahren in Anwendung der Arbeitsruhe-Verordnung bzw. des Rahmenkollektivvertrages betreffend den Berufszweig Textilreiniger, Wäscher und Färber nicht bezweifelt, dass es sich im Unternehmen des Herrn Ing. C.W. um ein Unternehmen im Sinne des Abschnittes XV. Ziffer 5 der Arbeitsruhegesetz-Verordnung bzw. des § 5 Abs. 4 des Rahmenkollektivvertrages, nämlich um eine Wäscherei, die unter anderem auch im Gesundheitsdienst tätig ist und somit an bestimmten, ausdrücklich genannten Feiertagen eine Ausnahme von der gesetzlich vorgesehenen Feiertagsruhe rechtfertigen, handelt.

 

Im gegenständlichen Verfahren wird dem Arbeitgeber vorgeworfen, Arbeitnehmer am Freitag, 26.10.2012 (Nationalfeiertag), am 1.11.2012 (Allerheiligen) und am Mittwoch, 26.12. (Stephanitag) beschäftigt zu haben.

Da diese Tage im Jahr 2012 nicht unter die Ausnahmeregelung des XV. Abschnittes der Arbeitsruhegesetz-Verordnung fallen, ist die Prüfung der Zulässigkeit dieser Feiertagsarbeit im Sinne des Kollektivvertrages durchzuführen.

Demnach sind Ausnahmen in Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, nur im „Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat schriftlich mit Einzelvereinbarung“ zulässig.

 

Die entscheidende Frage, ob die im gegenständlichen Fall unbestritten vorliegende Zustimmung des Betriebsrates im Unternehmen als ausreichend im Sinne des von § 5 Abs. 4 des Kollektivvertrages geforderten Einvernehmens anzusehen ist, wird von der belangten Behörde dahingehend begründet, als Einvernehmen entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus auch mündlich hergestellt werden kann und eine Schriftlichkeit dieses Einvernehmens vom Kollektivvertrag nicht gefordert werde. Im Kollektivvertrag sei von „Einvernehmen“ und nicht von einer „Betriebsvereinbarung“ die Rede. Eine Betriebsvereinbarung im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes wird somit im gegenständlichen Fall gesetzlich nicht gefordert, weshalb keine Verwaltungsübertretungen vorlägen.

 

Das Landesverwaltungsgericht schließt sich bei der Beurteilung dieser Frage, ob § 5 Abs. 4 des Rahmenkollektivvertrages für die Gewerbe der Textilreiniger, Wäscher und Färber vom 1.1.1989, in der Fassung vom 1.1.2011 dahingehend auszulegen ist, dass hier von lediglich einem herzustellenden Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, und nicht von einer zwingend schriftlich abzuschließenden Betriebsvereinbarung im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes die Rede ist, im Ergebnis an. Dies im Wesentlichen unter Hinweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach Kollektivverträge nach ständiger Rechtsprechung in ihrem normativen Teil nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten, auszulegen sind (9 ObA 146/94, 9 ObA 165/94, 9 ObA 802/94). Dabei ist vom objektiven Inhalt der Norm auszugehen. Die Normadressaten, denen nur der Text des Kollektivvertrages zur Verfügung steht, müssen sich darauf verlassen können, dass die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat und dieser so gilt, wie er von ihnen verstanden werden muss. In erster Linie ist daher der Wortsinn – auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen – und die sich aus dem Text des Kollektivvertrages ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu erforschen (OGH 9 ObA 146/94, 9 ObA 802/94).

Demnach müssen sich die Normadressaten, im gegenständlichen Fall der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, allenfalls auch der diesen vertretenden Betriebsrat, im Sinne der ständigen Rechtsprechung darauf verlassen können, dass die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat (OGH 9 ObA 62/95).

Aus diesen wörtlichen Interpretationsregeln ist somit im Sinne des Vertreters des Arbeit gebenden Unternehmens aus § 5 Abs. 4 in Bezug auf Feiertagsarbeit in Wäschereien zu lesen, dass Feiertagsarbeit im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat eingeführt werden kann.

 

Der Oberste Gerichtshof spricht in seiner im Zivilverfahren ständigen Judikatur auch aus, dass bei der Auslegung eines Kollektivvertrages in erster Linie der Wortsinn zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrages ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen ist (9 ObA 295/89, 9 ObA 601/92 u.a.). Maßgebend ist demnach, welchen Willen des Normgebers der Leser aus dem Vertragstext entnehmen kann.

 

Dem folgend muss dem Leser des Kollektivvertrages auch und umso mehr im Verwaltungsstrafverfahren zugebilligt werden, dass er beim Lesen des § 5 Abs. 4 des zitierten Rahmenkollektivvertrages betreffend die Feiertagsarbeit in Wäschereien davon ausgeht, dass in einschlägigen Wäschereien ein Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat nicht ausschließlich mit schriftlicher Betriebsvereinbarung im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes hergestellt werden kann.

Für den Arbeitgebervertreter spricht letztlich in diesem Falle auch, dass die für ihn im Zweifel für Auskünfte zur Verfügung stehende Behörde in erster Instanz, die im gegenständlichen Verfahren belangte Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, eben diese Auffassung vertritt und ihm diese Auskunft erteilt hätte, was gleichzeitig die Beurteilung der Verschuldensfrage zu Gunsten der verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Person der Arbeitgeberin ausschlaggebend beeinflusst hätte.

 

Wenn das Arbeitsinspektorat in seiner Beschwerde ebenfalls auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, insbesondere auf die Entscheidung vom 18.12.2002, 9 ObA 206/02p verweist, so ist hiezu festzustellen, dass diese Entscheidung auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht vollständig anwendbar ist. Dies im Wesentlichen, weil im zitierten OGH-Urteil von einer bestehenden Betriebsvereinbarung ausgegangen wird und inhaltlich ein angebliches Zustandekommen einer Individualvereinbarung durch betriebliche Übung diskutiert wird. Auch die vom berufungswerbenden Arbeitsinspektorat zitierte Entscheidung vom 27.5.2004, 8 ObA 97/03b ist nicht direkt entscheidungsbeeinflussend, da hier Hauptdiskussion zu den Fragen des Vorliegens einer zustimmungspflichtigen Maßnahme iSd § 96a ArbVG im Zusammenhang mit dem hiefür gesetzlich vorgesehenen Erfordernis der Feststellung der Betriebsvereinbarung einerseits bzw. dem Vorliegen eines Sachverhaltes, wofür die Zustimmung iSd § 96a Arbeitsverfassungsgesetz durch eine Betriebsvereinbarung erfolgen muss, vorliegt, diese Fragen aber wiederum im gegenständlichen Verfahren nicht in dieser Art im Vordergrund stehen und im Übrigen, wie auch der Beschwerde zu entnehmen ist, im Zusammenhang mit einem anderen Kollektivvertrag ergangen ist.

 

Insgesamt konnte daher aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage der als Beschwerde zu behandelnden Berufung des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck keine Folge gegeben werden und war wie im Spruch zu entscheiden.

 

II.

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG Bedeutung insofern zukommt,  als eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 5 Abs. 4 des Rahmenkollektivvertrages der Textilreiniger, Wäscher und Färber vom 1. Jänner 1989, in der Fassung vom 1. Jänner 2011, insbesondere dahingehend, ob Feiertagsarbeit in Wäschereien, die im Gesundheitsdienst tätig sind, nur durch Abschluss einer schriftlichen Betriebsvereinbarung im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat, wenn ein solcher vorhanden ist, eingeführt werden kann oder ob das Vorliegen eines formlosen Einvernehmens zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat hiefür ausreichend sein kann.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer ordentlichen Revision sind beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Reichenberger

Beachte:

Die Revisionen wurden als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 31. August 2015, Zlen. Ro 2015/11/0013 und 0014-5