LVwG-300426/16/BM/PP

Linz, 06.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier
über die Beschwerde des Herrn M S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. A R, x, x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25.06.2014, BZ-Pol-09039-2013 wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeiternehmerInnenschutzgesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.10.2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde im Spruchpunkt 1. als unbegründet abgewiesen. In den Spruchpunkten 2. bis 4. wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 32 Stunden herabgesetzt werden. 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer hinsichtlich Spruchpunkt 1. einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200 Euro zu leisten. Hinsichtlich Spruchpunkte 2. bis 4. ermäßigt sich nach § 64 VStG der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf je 80 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist diesbezüglich gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.   

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.+II.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25.06.2014, BZ-Pol-09039-2013, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 AschG iVm § 17 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung, §§ 130 Abs. 1 Z 5 iVm § 4 Abs. 1 ASchG, § 130 Abs. 1 Z 7 iVm § 5 ASchG, § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 5 Arbeitsmittelverordnung, Geldstrafen in der Höhe von jeweils 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je
40 Stunden, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegen folgende Tatvorwürfe zugrunde:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma M G M und F, x, x, (Arbeitgeberin) nachfolgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten. Es wurde am 16.05.2013 im Zuge einer Unfallerhebung (zu Punkt 1.) und am 22.05.2013 im Zuge einer weiteren Erhebung (zu Punkt 2. - 4. Einsicht in die Evaluierungsunterlagen) in der oa. Firma durch den Arbeitsinspektor Ing. W, AI Wels, festgestellt, dass zwei Arbeitnehmer, namentlich N S und N S, an dem im Werkzeugbau aufgestellten B. B. Arbeiten durchgeführt haben und

 

1.   Reinigungsarbeiten (Entfernen des Ölfilms, welcher sich an der Oberfläche des Kühlschmiermittels im Späneförderer befand) an dem in Betrieb befindlichen Arbeitsmittel durchgeführt wurden, obwohl Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden dürfen und durch geeignete Maßnahmen ein unbeab­sichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu verhindern ist und hat der Arbeitgeber dadurch seine Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Die Reinigungsarbeiten wurden wie folgt durchgeführt: Herr S begab sich in das Innere des B. und schöpfte Öl mit einem Kaffeebecher in einen Kübel. Um das Förderband weiterbewegen zu können, schloss Herr S die Zugangstür, (verriegelte die bewegliche trennende Schutzeinrichtung) zum Innenraum des Arbeitsmittels, wobei sich Herr S nach wie vor im Inneren befand. Herr S wollte die Späneförderung in Gang setzen, betätigte am Bedientableau vermutlich die falsche Taste, worauf der Werkzeugtisch in Bewegung gesetzt wurde und Herr S zwischen Werkzeugtisch und Maschinenrahmen eingeklemmt wurde und sich dabei Verletzungen im Beckenbereich zuzog.

2. Bei der Einsicht in die Evaluierungsunterlagen wurde festgestellt, dass die mit der Verwendung des Arbeitsmittels B. bestehenden Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer nicht ermittelt und beurteilt wurden, obwohl Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen und hat der Arbeitgeber hierdurch die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung von Gefahren verletzt.

 

3. Bei der Einsicht in die Evaluierungsunterlagen wurde festgestellt, dass das Entfernen des Öls von der Oberfläche des Kühlschmiermittels am B. B., in den Sicherheits- und Gesundheits­schutzdokumenten keine Berücksichtigung fand und auch keine Aussagen darüber getroffen wurden, welche Maßnahmen zur Gefahrenverhütung zu treffen sind, obwohl Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, in einer der Anzahl der Beschäftigten und den Gefahren entsprechenden Art und Weise die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung schriftlich festzuhalten (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente) und soweit dies aus Gründen der Gefahren­verhütung erforderlich ist, ist diese Dokumentation arbeitsplatzbezogen vorzu­nehmen. Der Arbeitgeber hat dadurch die Verpflichtungen betreffend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente verletzt.

 

4. In den dem Arbeitsinspektionsorgan vorgelegten Unterweisungsnachweisen von N S, datiert mit 07.09.2011 und N S, datiert mit 15.10.2003, fehlt der Bezug, wie das Entfernen des Ölfilms aus der Späne­fördereinrichtung zu erfolgen hat, welche Gefahren damit verbunden sind und wie Gefährdungen von anderen Arbeitnehmerinnen zu vermeiden sind, obwohl wenn die Verwendung eines Arbeitsmittels mit einer Gefahr für Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmerinnen verbunden ist, Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass alle Arbeitnehmerinnen die diese Arbeitsmittel verwenden, eine angemessene Unterweisung im Sinne des § 14 ASchG erhalten und hat der Arbeitgeber hierdurch seine Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, es sei richtig, dass die Arbeitnehmer N S und N S an der Anlage B. am 16.05.2013 Wartungsarbeiten durchgeführt haben, wobei es im Zuge dieser Arbeiten zu einem Arbeitsunfall kam, bei welchem Herr S leicht verletzt wurde.

Zu diesem Unfall sei es allerdings nur deshalb gekommen, weil Herr S in das Innere der Anlage eingestiegen sei, um den Ölfilm an der Oberfläche des Kühlschmiermittels im Späneförderer zu entfernen. Herr S habe das Öl händisch mit einem Kaffeebecher abgeschöpft, obwohl die gegenständliche Maschine extra mit einer Ölabscheideanlage (Skimmer) ausgerüstet sei um ein händischen Abschöpfen des Öls zu vermeiden. Dies sei sowohl Herrn S als auch Herrn S im Zuge von Einschulungen am Gerät mitgeteilt worden und sei ihnen deshalb bekannt gewesen.

Um sich die weitere Reinigung zu erleichtern, habe Herr S seinen Kollegen S gebeten, die Maschine in Betrieb zu setzen. Eine Inbetriebnahme der Maschine setze aber voraus, dass die Türe von außen verschlossen sei und die Einschaltvorrichtung bewusst betätigt werde (doppelter Kontrollmechanis­mus). Herr S habe daher auf Anweisung des Herrn S bewusst ent­gegen aller Schutzvorschriften der M GmbH von außen das abgesicherte Tor geschlossen und die Anlage durch betätigen der Einschaltvorrichtung und der Blickkontakt zu S geschlossen, wodurch Herr S eingeklemmt worden sei.

Die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Arbeitsgerät bestehenden Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer seien zuvor durch den Sicherheitsbeauftragten DI W F ermittelt und beurteilt worden. Auf Grundlage dieser Ermittlungen seien sodann die entsprechenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festgelegt und schriftlich dokumentiert worden.

Beide Mitarbeiter seien vor Arbeitsbeginn im Umgang mit dem gegenständlichen Betriebsmittel eingeschult worden und über Gefahren und einzuhaltende Sicher­heitsvorschriften durch W O unterrichtet worden. Diese Einschulung habe neben dem sicheren Betrieb auch die Reinigung des Betriebsmittels umfasst. Dazu seien auch das Handbuch des Betriebsmittels zur Kenntnis gebracht worden.

Darüber hinaus seien die Arbeitnehmer durch den deutlichen Aushang „Werkzeugbau-Gefahren/Sicheres Verhalten“ darauf hingewiesen worden, dass das Betriebsmittel im Falle der Reinigung jedenfalls auszuschalten sei und weise dieser Aushang zusätzlich darauf hin, dass vor der Aufnahme solcher Wartungsarbeiten das Handbuch zu konsultieren sei. Auch würden entsprechende Unterweisungen der Arbeitnehmer zur Verhinderung von diesbezüglichen Fehlverhalten erfolgen, welche auch schriftlich dokumentiert worden seien.

Herr S und S haben somit bewusst und absichtlich gegen jegliche Arbeitsanweisungen und Schutzvorschriften ihres Arbeitgebers gehandelt.

 

Zum Vorwurf der Übertretung nach § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 17 Abs. 1 AM-VO:

Dass sich das Arbeitsmittel, an welchem die Reinigung durchgeführt wurde, im Betrieb befunden habe, werde nicht bestritten. Diese Inbetriebnahme sei allerdings entgegen den gelten Sicherheitsvorschriften der M GmbH geschehen und entgegen den erfolgten Unterweisungen an die Mitarbeiter. Durch den doppelten Kontrollmechanismus bei dem Arbeitsmittel sowie durch die erfolgten Sicherheitsanweisungen und Gefahrenvermeidungshinweise werde jedenfalls durch geeignete Maßnahmen ein unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten des konkreten Arbeitsmittels ausreichend verhindert.

Eine derartige, den Sicherheitsanweisungen des Betriebes und das bewusste Ausschaltung der Kontrollmechanismen zuwider gehende und bewusste Inbetriebnahme sei jedoch von § 17 Abs. 1 AM-VO nicht umfasst. Es sei lebens­fremd und denk unmöglich von einem Arbeitgeber zu verlangen, Arbeitnehmer hinsichtlich jeglicher – auch noch so absurden – Eventualitäten und Risiken aufzuklären und Maßnahmen dagegen zu treffen. Selbst die noch so um­fassendsten Schutzmaßnahmen hätten ein derart beabsichtigtes Vorgehen der Arbeitnehmer nicht verhindern können. Dies ergebe sich auch daraus, dass weder die Betriebsanleitung des Herstellers dieser Maschine noch die Betriebs­anleitungen anderer Hersteller vergleichbarer CNC-Bearbeitungszentren oder Evaluierungshilfen für Bearbeitungszentren der deutschen x auf diese Gefährdung bezugnehmen bzw. solche Gefahren nicht in Erwägung ziehen würden.

Es könne von einem vernünftigen Arbeitnehmer erwartet werden, dass er Sicher­heitsunterweisungen, die noch dazu durch doppelte Kontrollmechanismen auch technisch abgesichert seien, einhalte. Eine zweckwidrige Verwendung eines Arbeitsmittels sei immer möglich und auch nicht verhinderbar. Denke man eine derartige Verpflichtung des Arbeitgebers weiter, so müsse er auch bei einem Hammer darüber aufklären, dass dieser dem Mitarbeiter nicht auf den Kopf geschlagen werden dürfe. Im konkreten Fall hätte der Arbeitgeber die Mitarbeiter darüber Unterweisen müssen, dass eine Inbetriebnahme der Laserschneid­maschine und der Umgehung aller Schutzvorrichtungen unzulässig sei, wenn sich ein Mitarbeiter innerhalb des Schneidekastens befinde. Die Ansicht des AI Wels in der Stellungnahme vom 21.10.2013, dass seitens der Behörde lediglich der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 AM-VO angezeigt worden sei, sei nicht richtig. Aus der Aufforderung zur Rechtfertigung der Stadt Wels vom 12.09.2013 ergebe sich sehr wohl, dass die Inbetriebnahme als auch das Unterlassen geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung der Inbetriebnahme isd § 17 Abs. 1 Satz 2 AM-VO angezeigt worden sei. Ungeachtet dessen müssten hinsichtlich § 17 Abs. 1 AM-VO natürlich beide Sätze im Zusammenhang gesehen werden und würden diese einen einzigen Tatbestand bilden.

 

Zum Vorwurf der Übertretung nach § 130 Abs. 1 Z 5 ASchG iVm § 4 Abs. 1 ASchG:

Um die Gefahren zu ermitteln und zu beschreiben sei seitens der M GmbH der Sicherheitsbeauftragte DI F bereits 1996 angewiesen worden, eine Arbeitsplatz-beschreibung sowie eine Gefahrenermittlung des x. durchzuführen und zu dokumentieren. Diese sei am 17.03.1997 bzw. 14.01.1997 erfolgt. In der Folge sei diese Erstevaluierung aufgrund neuerer sicherheitstechnische Erkenntnisse entsprechend adaptiert worden.

Bei der Gefahrenermittlung seien insbesondere die Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte, die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln, die Verwen­dung von Arbeitsstoffen, die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Gestaltung der Arbeitsverfahren, Arbeitsvorgange und deren zusammenwirken, die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten sowie der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer berücksichtigt worden. Betreffend die Wartungs- und Reinigungsarbeiten sei in Übereinstimmung mit der Betriebs­anleitung des Herstellers in der dokumentierten Gefahrenermittlung festgelegt worden, dass das Gerät auf jeden Fall auszuschalten sei. Die Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer von außen das abgesicherte Tor schließe und die Maschine einschalte, während sich der andere Arbeitnehmer in der Maschine befinde und die Anweisung gebe, die Maschine in Betrieb zu nehmen, habe bei der Gefahrenermittlung selbst durch eine qualifizierten Fachmann nicht vorgesehen werden können.

 

Zum Vorwurf der Übertretung nach § 130 Abs. 1 Z 7 iVm § 5 ASchG:

Die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maßnahmen zur Gefahrenverhütung seien durch DI F schriftlich festgehalten worden. Der Aushang „Werkzeugbau-Gefahren/Sicheres Verhalten“, in welchem die Maßnahmen zusammengefasst festgehalten seien, sei am Arbeitsplatz sichtbar angebracht. Dieser Aushang informiere im speziellen auch darüber, dass das Betriebsmittel außer Betrieb zu setzen sei, bevor Reinigungsarbeiten durchgeführt werden können. Darüber hinaus seien den Mitarbeitern auch die Sicherheitshinweise im Handbuch des Betriebsmittels B. zur Kenntnis gebracht worden. Auch seien die Arbeit­nehmer mündlich hinsichtlich des sicheren Betriebes des Betriebsmittels sowie dessen Reinigung unterwiesen worden und seien diese Unterweisungen auch schriftlich vermerkt worden. Auch auf die Notwendigkeit zur Außerbetriebnahme der Maschine sei dabei hingewiesen worden.

 

Zum Vorwurf der Übertretung nach § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 5 AM-VO:

Sowohl Herr S als auch Herr S seien vor Aufnahme ihrer Tätigkeiten im Bereich Schlosserei/Werkzeugbau vom Mitarbeiter Herrn W O nach­weislich arbeitsplatz-bezogen unterwiesen worden, was von den Arbeitnehmern des Betriebes auch bestätigt werde. Diese Unterweisung habe neben Inbetrieb­nahme und Verwendung des Betriebsmittels sowie Störungen im Arbeitsablauf und notwendige Schutzmaßnahmen etc. insbesondere auch den Hinweis, dass Reinigungsarbeiten an dieser Maschine ausnahmslos im abgeschalteten Zustand durchgeführt werden dürfen.

 

Selbst wenn einer der objektiven Tatbestände erfüllt wäre, könne dem Bf kein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden. Die in § 5 Abs. 1 2. Satz VStG verankerte widerlegliche Schuldvermutung zu Lasten des Täters verlange, dass dieser von sich aus mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen habe. Aus der Rechtsprechung des VFGH ergebe sich, dass die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Bf im individuellen Einzelfall so elastisch zu halten seien, dass keine Verletzung des Art. 6 Abs. 2 EMRK eintrete.

Der Bf habe nicht mit Unrechtsbewusstsein gehandelt, da er alle Sicherheits­vorschriften beachtet habe und nicht damit rechnen habe können, dass die Arbeitnehmer dies Vorschriften nicht beachten und die Maschine während eines Reinigungsvorganges in Betrieb nehmen würden. Es mangle daher bereits an der objektiven Voraussehbarkeit des Erfolgs, da selbst für einen einsichtigen und besonnen Menschen in der Lage des Täters es keineswegs innerhalb der allge­meinen Lebenserfahrung liege, dass sich die Arbeitnehmer derart vorschrifts­widrig verhalten und über alle Sicherheitsvorschriften hinwegsetzen würden. Dies zeige sich insbesondere auch daran, dass nicht einmal die Betriebsanleitungen des Herstellers noch anderer vergleichbarer Hersteller eine derartige Gefahr in Betracht ziehen würden.

Darüber hinaus mangelt es auch an der Zumutbarkeit des sorgfaltsgemäßen Handelns.

 

Selbst bei Annahme eines schuldhaften und daher strafbaren Verhaltens hätte die Behörde zu einer geringeren Strafe kommen müssen. So habe die Behörde die Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer straferschwerend gewertet, obwohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenige Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, bereits auf Ebene der objektiven Kriterien der Strafbemessung zu erfolgen habe. Ein Erschwerungsgrund liege somit nicht vor.

Die Behörde habe zudem den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bf nicht ausreichend berücksichtigt. Wäge man die Milderungs- und nicht vorhandenen Erschwerungsgründe gegeneinander ab, so hätte die Behörde die Strafe jedenfalls geringer bemessen müssen. Dies auch im Hinblick darauf, dass das Ausmaß des Verschuldens des Bf als wesentliche Komponente der Strafbemessung wenn überhaupt bloß als geringfügig zu werten wäre. Unter diesen Gesichtspunkten wäre auch eine außerordentliche Milderung oder ein Absehen von der Strafe in Betracht zu ziehen gewesen.

Die belangte Behörde habe es auch unterlassen amtswegig den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu erheben.

 

Aus diesen Gründen richtet der Bf an das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich die Anträge

das Landesverwaltungsgericht möge

‒ eine mündliche Verhandlung durchführen,

‒ das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos Aufheben und das Verfahren einstellen, in eventu

‒ die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabsetzen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Verwaltungs­strafakt und in die vom Bf vorgelegt Unterlagen sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.10.2014, an welcher der Rechtsvertreter des Bf sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wels teilgenommen haben.

Als Zeugen einvernommen wurden der verunfallte Arbeitnehmer N S, Herr N S, Herr DI W F sowie Ing. F W vom Arbeitsinspektorat Wels.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der M G M und F im Standort x, x.

Zur maschinellen Ausstattung in der Abteilung „Werkzeugbau“ im Betrieb gehört unter anderem auch das „B. B.“; diese Maschine ist grundsätzlich selbsttätig und verfügt zur Sicherheit der Bediener über eine integrierte Schutzvorrichtung in Form einer Türverriegelungsfunktion. Diese Funktion soll sicherstellen, dass bei aktivierter Türverriegelung der Betrieb der Maschine bei Öffnen einer Maschinentür deaktiviert wird und erst bei Schließen der Türe und Betätigen der Einschaltvorrichtung wieder aktiviert werden kann.     

Am 16.05.2013 sollte die in Rede stehende Anlage, nachdem sie für ca. einen Monat auf Grund von Servicearbeiten nicht in Funktion stand, wieder in Betrieb genommen werden. Im Zuge der Inbetriebnahme wurde von den Arbeitern S und S bemerkt, dass sich an der Oberfläche des Kühlmittels ein Ölfilm gebildet hatte. Diesen Ölfilm wollten die Arbeiter vor Wiederinbetriebnahme der Anlage entfernen. Vorerst erfolgte die Abschöpfung des Öls von den Arbeitnehmern bei Stillstand der Maschine von außen. Um sich die Reinigungsarbeit zu erleichtern, begab sich der Arbeiter S in das Innere der Anlage und beauftragte den Arbeiter S die Zugangstür, die als Schutzeinrichtung dient, zu schließen und die Maschine in Betrieb zu nehmen. Grund für die Inbetriebnahme war, die Späneförderung in Gang zu setzen, um besser zum Öl zu gelangen. 

Im Zuge dieser Reinigungsarbeit bei laufendem Betrieb der Anlage wurde der Arbeiter S zwischen Werkzeugtisch und Maschinenrahmen eingeklemmt und erlitt dabei Verletzungen im Beckenbereich.

Nach Aussage der Arbeitnehmer S und S wurde diese Tätigkeit selb­ständig durchgeführt, eine Arbeitsanweisung hierfür soll es nicht gegeben haben.

 

Sämtliche Arbeitnehmer werden vor Arbeitsaufnahme auf die jeweiligen von ihnen zu bedienenden Maschinen eingeschult; alle zwei Jahre werden diese Schulungen wiederholt. Bei diesen Schulungen werden die Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass Wartungs- und Reinigungsarbeiten nicht an in Betrieb befindlichen Maschinen durchgeführt werden dürfen. Im Nahbereich der gegenständlichen Maschine befindet sich ein Aushang in deutscher Sprache, der Gefahren- und Sicherheitshinweise für die Abteilung Werkzeugbau enthält; ua. wird darauf hingewiesen, dass bei Wartungs- und Reparaturarbeiten die Maschine auszuschalten und die Betriebs- und Wartungsanleitung zu lesen ist.

 

Die M G M und F hat Herrn DI W F in seiner Eigenschaft als Sicher­heitsfachkraft beauftragt, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer in der Betriebsstätte bestehenden Gefahren zu ermitteln, beurteilen und dokumentieren. Als Nachweis hierfür wurden vom Bf folgende Unterlagen vorgelegt:

- „Arbeitsplatzbeschreibung Arbeitsplatz/Bereich (Tätigkeit): CNC-Fräszentrum, Kontroll-Nr.: K1-2, vom 17.3.1997“;

- „(arbeitsplatzbezogenes) Maßnahmenblatt, Arbeitsplatz/Bereich: CNC-Fräszentrum, Kontroll-Nr.: K1-2, vom 17.3.1997“;

- „Gefahrenermittlung, Arbeitsmittel, -platz/-bereich: Werkzeugbau, Kontroll-Nr.: K1, vom 14.1.1997;

- „Gefahrenblatt Werkzeugbau“.

Diese Unterlagen beziehen sich allgemein auf die Abteilung „Werkzeugbau“; eine Gefahrenermittlung und Beurteilung samt anschließender Dokumentation konkret für die Anlage B. ist nicht erfolgt.

 

Weiters vorgelegt wurde das „Handbuch Bediensicherheit B. samt Betriebsanleitung G. Schnellfrequenz-Spindeln“; aus diesen Unterlagen geht hervor, dass Öl ein wesentliches Betriebsmittel der Anlage B. darstellt. Bezug genommen wird darin ua. auf durchzuführende Ölwechsel und Reinigung von Kühlmittel sowie auf das Auftreten von Lecköl.

 

Die vorliegenden von den Arbeitern N S und N S unterschriebenen Unterweisungsnachweise stellen ebenfalls nicht konkret auf die Anlage B. ab, sondern allgemein auf den Arbeitsplatz in der Abteilung Werkzeugbau.

 

4.2. Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem Akten­inhalt, dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den vom Bf vorgelegten und unter 4.1. aufgelisteten Unterlagen.

 

Fest steht, dass am 16.5.2013 die Arbeiter S und S Reinigungsarbeiten an der in Betrieb befindlichen Anlage „B.“ durchgeführt haben. Dies wurde von den Zeugen S und S übereinstimmend ausgesagt und vom Bf auch nicht bestritten.

 

Betreffend die Ermittlung, Beurteilung und Dokumentation der für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren wurde vom Zeugen DI W F in der mündlichen Verhandlung angegeben, im Unter­nehmen als Sicherheitsfachkraft die entsprechende Ermittlung und Beurteilung samt anschließender schriftlicher Dokumentation für die gesamte Betriebsstätte vorgenommen zu haben. Vom Zeugen DI F wurde bestätigt, dass die unter 4.1. aufgelisteten Unterlagen die vorgenommene Dokumentation der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren darstellt. Ebenfalls bestätigt wurde, dass in dieser Dokumentation nicht konkret auf die Anlage „B.“ Bezug genommen wurde; dies wurde damit erklärt, dass die Gefahrenermittlung nicht für jede einzelne Maschine vorgenommen wurde, sondern anhand einer einzelnen CNC-Maschine die Ermittlung durchgeführt und die Ergebnisse als für alle zum Zeitpunkt der Überprüfung im Einsatz gestandenen gleichwertigen CNC-Maschinen gültig gesehen wurde.

Nach den weiteren Ausführungen des Zeugen wurde bei der Anlage B. eine Gefahrenermittlung hinsichtlich der Entfernung von Ölen auch von vornherein nicht für erforderlich erachtet (vgl. VHS vom 24.10.2014, S. 5: „Die vom Hersteller vorgesehene Sicherheitseinrichtung, nämlich dass die Maschine nur dann in Betrieb gesetzt werden kann, wenn die Türe geschlossen ist, ist ausreichend. Auch vom Hersteller wird darauf hingewiesen, dass bei innenliegenden Wartungsarbeiten die Maschine auszuschalten ist. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Maschine eine Ölabsaugung enthält, die es nicht unbedingt notwendig macht, dass der Ölfilm händisch entfernt wird bzw. nicht in dem Umfang, wie vorliegend passiert.“).

Die Aussagen der Zeugen S und S zeigen, dass wohl eine Unterweisung dahingehend erfolgt ist, dass an in Betrieb befindlichen Maschinen keine Reinigungsarbeiten durchgeführte werden dürfen, nicht aber wie im Fall einer erforderlichen Ölreinigung vorzugehen ist. Vom Bf wird auch nichts Gegenteiliges behauptet, sondern angeführt, dass den Arbeitnehmern auf Grund entsprechender Anweisungen bewusst sein musste, dass bei Reinigungsarbeiten die Maschine auszuschalten ist.

 

5. In der Sache hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Zu Spruchpunkt 1.:

 

5.1.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeit­geber/in entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verord­nungen, die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Nach § 17 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) dürfen Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeits­mitteln durchgeführt werden. Durch geeignete Maßnahmen ist ein unbeab­sichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu ver­hindern.

 

5.1.2. Nach dem durchgeführten Beweisverfahren steht fest, dass die Anlage B. in Betrieb war, als der Arbeit­nehmer S im Inneren der Anlage Reinigungsarbeiten, im konkreten das Entfernen eines Ölfilms, durchgeführt und sich dabei Verletzungen zugezogen hat.

 

Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist daher erfüllt.

 

Soweit der Bf vorbringt, der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 17 Abs. 1 AM-VO sei nur erfüllt, wenn neben der Durchführung von Reinigungs-arbeiten an einer in Betrieb befindlichen Maschine auch keine geeigneten Maßnahmen gegen ein unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten des Arbeitsmittels gesetzt worden seien, ist dem entgegenzuhalten, dass § 17 Abs. 1 AM-VO in Satz 1 und 2 zwei voneinander unabhängige Verpflichtungen enthält, die jeweils für sich einzuhalten und im Falle eines Verstoßes strafbar sind.

Vorliegend liegt der Strafvorwurf darin, dass an einer bestimmten in Betrieb befindlichen Maschine von Arbeitnehmern Reinigungsarbeiten durchgeführt wurden und damit gegen § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG verstoßen wurde. Der im Spruch angeführte Halbsatz „und durch geeignete Maßnahmen ein unbeab­sichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu ver­hindern ist“ stellt lediglich eine Zitierung des Gesetzeswortlautes dar und ist vom Strafvorwurf nicht umfasst.

 

5.2. Zu Spruchpunkt 2. und 3.:

 

5.2.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt.

 

Nach § 4 Abs. 1 ASchG sind Arbeitgeber sind verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beur­teilen. Dabei sind die Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 anzu­wenden. Insbesondere sind dabei zu berücksichtigen:

1.  die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,

2.  die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln,

3.  die Verwendung von Arbeitsstoffen,

4.  die Gestaltung der Arbeitsplätze,

5.  die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusam­menwirken,

6.  die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten, der Arbeits­umgebung, der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsorganisation und

7.  der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer.

 

Nach § 130 Abs. 1 Z 7 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geld­strafe von 166 Euro bis 8.324 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in ent­gegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Ver­pflichtungen betreffend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente ver­letzt.

 

Gemäß § 5 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, in einer der Anzahl der Beschäftigten und den Gefahren entsprechenden Weise die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sowie die durchzuführenden Maß­nahmen zur Gefahrenverhütung schriftlich festzuhalten (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente). Soweit dies aus Gründen der Gefahrenverhütung erforderlich ist, ist diese Dokumentation arbeitsplatzbezogen vorzunehmen.

 

5.2.2. Im Spruchpunkt 2. wird dem Bf vorgeworfen, die mit der Verwendung des Arbeitsmittels B. bestehenden Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer nicht ermittelt und beurteilt zu haben, obwohl Arbeitgeber dazu nach § 4 ASchG verpflichtet sind.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass konkret für das Arbeitsmittel B. B. eine Gefahrenermittlung und -beurteilung nicht vorgenommen wurde.

Die vom Bf in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen beziehen sich allgemein auf den Arbeitsplatz „x“ bzw. auf die Abteilung „Werkzeugbau“, eine auf das Arbeitsmittel B. konkret abstellende Gefahren­ermittlung liegt nicht vor.

Aus § 4 ASchG geht hervor, dass nicht nur die Arbeits­stätte allgemein, sondern auch das jeweilige Arbeitsmittel zu analysieren ist, um die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen zu beurteilen, die dort für die beschäftigten Arbeitnehmer vorliegen.

Gegenständlich nimmt die Bedienungsanleitung selbst Bezug auf bestehende Gefahren und Restrisiken bei der Benutzung der Anlage B.; schon daraus ergibt sich bereits, dass mit dem Einsatz der gegenständlichen Anlage Gefahren in jede Richtung verbunden sein können und der Arbeitgeber sohin zur Ermittlung und Beurteilung der für die Arbeitnehmer bestehenden Gefahren bei Verwendung des Arbeitsmittels B. verpflichtet war (siehe auch VwGH 21.10.2005, 2004/02/0006).

Da eine Analyse zur Beurteilung der mit der Verwendung der Anlage B. möglicherweise bestehenden Gefahren für die Arbeitnehmer in keine Richtung erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand der in Spruchpunkt 2. vorgeworfenen Verwaltungsübertretung, der auf die grundsätzliche Pflicht der Gefahrenermittlung abstellt, erfüllt ist.     

 

5.2.3. Wie oben ausgeführt wurde hinsichtlich des Arbeitsmittels B. keinerlei Gefahrenermittlung und -beurteilung vorgenommen. Demnach wurde auch kein Gesundheitsschutzdokument diesbezüglich angelegt.

Ebenso wenig finden sich in dem allgemein für die Abteilung Werkzeugbau erstellten Dokument Maßnahmen zur Gefahrenverhütung bei der Reinigung einer Anlage, die der B.anlage gleicht; schon gar nicht wird auf die Reinigung von Ölrückständen eingegangen.

Wie oben bereits ausgeführt, ergeben sich bereits aus dem vorgelegten Handbuch und der Bedienungsanleitung betreffend die Anlage B., dass mit dem Betrieb der Maschine Gefahren verbunden sind.

In der Bedienungsanleitung wird eben auf die Verwendung von Ölen und die entsprechenden Handhabung Bezug genommen, woraus geschlossen werden kann, dass eventuelle Gefahren hinsichtlich eines Ölaustritts und der damit in Zusammenhang stehenden Wartung zu untersuchen und dokumentieren gewesen wäre.

Dem Bf ist zwar insofern zuzustimmen, als nicht jedwede Gefahr, sondern nur solche potentielle Gefahren zu beurteilen sind, die im Zusammenhang mit der üblichen Betriebsweise der Anlage stehen.

Gegenständlich ist vom Vorliegen einer solchen potentiellen Gefahr auszugehen, da nach dem vorgelegten Handbuch der in Rede stehenden Anlage Öl ein wesentliches Einsatzmittel ist. Schon aus diesem Grund hätte bei der Beurteilung ein besonderes Augenmerk auf mögliche Gefahren in Verbindung mit eventuell durchzuführenden Reinigungsvorgängen gelegt werden müssen.

Auch durch die vom Bf ins Treffen geführte automatische Ölabsaugung wird die Verpflichtung der Gefahrenermittlung nicht obsolet, da das Vorhandensein einer solchen Automatik Reinigungsarbeiten nicht ersetzt und Funktionsstörungen nicht ausschließt. Auch im Handbuch wird auf mögliche Ölleckagen verwiesen.

 

Dass den Arbeitnehmern bewusst sein musste, dass Wartungsarbeiten nicht an in Betrieb befindlichen Maschinen durchgeführt werden dürfen, kann den Bf nicht entlasten; hierzu wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach in Hinsicht auf die Verpflichtung nach § 5 AschG es rechtlich unerheblich ist, wenn den Arbeitern die Gefahren, die zum Unfall führten, bewusst gewesen sind.

 

5.3. Zu Spruchpunkt 4.:

 

5.3.1. Nach § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen betreffend die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 5 Arbeitsmittelverordnung müssen ArbeitgeberInnen dafür sorgen, dass alle ArbeitnehmerInnen, die diese Arbeitsmittel verwenden, eine angemessene Unterweisung im Sinne des § 14 ASchG erhalten, wenn die Verwendung eines Arbeitsmittels mit einer Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Arbeit­nehmerInnen verbunden ist.

5.3.2. Nach dem durchgeführten Beweisverfahren steht fest, dass die Arbeitnehmer eine entsprechende Unterweisung, wie bei einem händischen Ölentfernen vorzugehen ist, nicht erhalten haben. Die vorgelegten Unterweisungsnachweise beziehen sich allgemein auf die Abteilung „Werkzeugbau“ und belegen lediglich, dass die Arbeitnehmer auf den Arbeitsvorgang sämtlicher Maschinen und Werkzeuge eingeschult wurden.

Auch in der mündlichen Verhandlung ist aus den Aussagen der einvernommenen Arbeit­nehmern hervorgekommen, dass die Gefahr des händischen Ölentfernens kein Thema der vorgenommen Unterweisungen war.

 

6. Zum Verschulden ist auszuführen, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestim­men, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsüber­tretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen oder durch Beibringen von Beweismitteln zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bf nicht gelungen.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden.

Vom Bf wurde hierzu vorgebracht, er habe nicht in Unrechtsbewusstsein gehan­delt, da er alle Sicherheitsvorschriften beachtet habe und nicht damit rechnen habe können, dass die Arbeitnehmer diese Vorschriften nicht beachten und die Maschine während eines Reinigungsvorganges in Betrieb nehmen würden.

 

Dieses Vorbringen vermag den Bf jedoch nicht zu entschuldigen:

 

Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Ver­antwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maß­nahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Ein­haltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeit­nehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten per­sönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Ange­legenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der dem Bf nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht alleine dadurch erbracht werden, dass die ihn treffende Verantwortung auf eine hierzu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Personen Vorsorge getroffen worden ist (VwGH 18. 9. 1991, 90/19/0177 u.a.).

Demnach ist es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für die Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisen, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. etwa VwGH 23.3.2012, 2010/02/0263).

Das entsprechende Kontrollsystem hat auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH 24.5.2013, 2012/02/0072). Das eigenmächtige Verhalten des Arbeitnehmers zeigt nach der Judikatur des VwGH gerade, dass kein wirksames Kontrollsystem vorhanden war (dazu VwGH 23.5.2006, 2005/02/0248).

Auch reichen stichprobenartige Überprüfungen und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus (VwGH 27.1.2012, 2010/02/0242). Selbst eine Verwarnung für den ersten festgestellten Verstoß ist nach Ansicht des VwGH für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht ausreichend (vgl. VwGH 19.10.2001, 2000/02/0228).

 

Im Lichte dieser VwGH-Judikatur genügt das vom Bf vorgebrachte Kontrollsystem nicht den geforderten Anforderungen. Vom Bf wird lediglich auf durchgeführte Schulungen und Unterweisungen der Arbeitnehmer verwiesen, es wird jedoch nicht darauf eingegangen, in welcher Form die erfolgten Anweisungen kontrolliert wurden, um sicherzustellen, dass diese Anordnungen auch befolgt werden. Das Beweisverfahren hat gezeigt, dass die Arbeitnehmer entgegen den Anweisungen gehandelt haben. Gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen hat das entsprechende Kontrollsystem aber Platz zu greifen.  

Auch der Einsatz der Sicherheitsfachkraft kann den Bf nicht entlasten, vielmehr hat sich der Bf selbst von der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu überzeugen.

 

Der Bf hat die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sohin auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. 

 

7. Zur Strafhöhe ist auszuführen:

 

7.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

7.2. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geld­strafen in der Höhe von je 1.000 Euro bei einem Strafrahmen von 166 Euro bis 8.324 Euro verhängt. Bei der Strafbemessung wurden die von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhältnisse, nämlich monatliches Nettoein­kommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten heran­gezogen. Als strafmildernd wurde die Verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten­heit gewertet, straferschwerend wurde die Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer gesehen.

Festzuhalten ist, dass sich die verhängten Geldstrafen grundsätzlich im unteren Bereich der gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen bewegen. Dennoch sieht sich das LVwG veranlasst, die Geldstrafen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit neu festzusetzen. Dies vor dem Hintergrund, dass bei der Strafbemessung auch der Unrechtsgehalt der jeweiligen Tathandlung zu berücksichtigen ist. Zwar ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich die Gesundheit der Arbeitnehmer hinsichtlich sämtlicher vorgeworfener Übertretungen gleich (hoch) zu werten, allerdings ist der im Spruchpunkt 1. vorgeworfenen Tathandlung eine erheblichere Intensität der Beeinträchtigung des Rechtsgutes beizumessen, als den übrigen Verwaltungsübertretungen.

 

Eine Herabsetzung der Geldstrafe betreffend die im Spruchpunkt 1. vorgeworfene Übertretung ist nicht zu vertreten. Auch wenn man davon ausgeht, dass der von der belangten Behörde herange­zogene Erschwerungsgrund der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechts­gutes als objektives Strafbemessungskriterium zu sehen ist, ändert dies nichts daran, dass die verhängte Geldstrafe als angemessen zu sehen ist, vor allem wenn man bedenkt, dass das strafbare Verhalten des Bf eine schwere Verletzung des Arbeitnehmers nach sich gezogen hat.

 

Entgegen der Auffassung des Bf ist nicht davon auszugehen, dass die vorliegenden Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, liegt doch nur der Milderungsgrund der Unbescholtenheit vor.

 

Die Voraussetzung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG liegen nicht vor, da schon die kumulativ erforderliche Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes für die Verwaltungsübertretungen nicht gegeben ist.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier