LVwG-600502/5/Sch/CG

Linz, 17.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr.  Schön über die Beschwerde des Herrn Ing. T H, geb. 19.., R, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. August 2014, GZ: VerkR96-42483-2013, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960),

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat Herrn Ing. T H (dem nunmehrigen Beschwerdeführer) im angefochtenen Straferkenntnis vom 12. August 2014, GZ: VerkR96-42483-2013, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 4 StVO 1960 vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

 

Sie  haben an einer Kreuzung mit dem Vorschriftszeichen „HALT“ und einer auf der Fahrbahn angebrachten Haltelinie nicht an dieser angehalten.

 

Tatort: Gemeinde Leonding, Gemeindestraße Ortsgebiet, Rottmayrstraße – Richtung/Kreuzung: Kreuzung Rottmayrstraße / Gaumbergstraße.

Tatzeit: 17.10.2013, 15:10 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 9 Abs.4 StVO

 

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, Audi A6 A Q, schwarz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von            falls diese uneinbringlich                        gemäß

            ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

60,00 Euro         24 Stunden                           § 99 Abs. 3 lit. a StVO

 

Allfällige weitere Ansprüche (z.B. über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder über privatrechtliche Ansprüche):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 70,00 Euro.“

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Dieses ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Gemäß § 44 Abs.2 VwGVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

 

3. In Vorbereitung der Beschwerdeentscheidung hat der unterfertigte Richter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich einen Lokalaugenschein durchgeführt. Dabei wurde zum einen festgestellt, dass das Vorschriftszeichen „Halt“ im Zuge der im Ortsgebiet gelegenen Rottmayrstraße vor der querenden Gaumbergstraße, also in der damaligen Fahrtrichtung des Beschwerdeführers, etwa 10 m vor der Kreuzung angebracht ist und damit der Kundmachungsvorschrift des § 51 Abs.2 StVO 1960, wo eine maximale Entfernung dieses Vorschriftszeichens von der Kreuzung im Ortsgebiet von 10 m angeordnet ist, entspricht.

In Bezug auf die Sperrlinie wurde festgestellt, dass diese sich rechtsseitig beginnend vom Fahrbahnrand über den rechten Fahrstreifen hin erstreckt und dann linksseitig einen Knick aufweist. Somit deckt die Haltelinie den gesamten Verkehr, der aus der Rottmayrstraße kommt, ab und muss diese überfahren werden, gleichgültig, ob nach rechts oder nach links in die Gaumbergstraße eingebogen wird. Die Haltelinie, wie sie sich nunmehr darstellt, entspricht allerdings offenkundig nicht der Situation, wie sie zum Vorfallszeitpunkt gegeben war. Auf einem der vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbilder ist ersichtlich, dass aufgrund vorangegangener Asphaltierungsarbeiten die Sperrlinie nur bruchstückhaft vorhanden war. Jener Verkehr, der von der Rottmayrstraße nach links in die Gaumbergstraße einbog, war von der Haltelinie nicht betroffen, da diese vom neuen Fahrbahnbelag überdeckt war. Lediglich jener Verkehr, der im engen Bogen nach rechts einbog, musste die hier noch teilweise vorhandene Haltelinie passieren.

 

4. Aufgrund der nunmehr wieder zur Gänze hergestellten Haltelinie ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber, wenngleich die entsprechende Verordnung nicht im Akt einliegt, die Anhaltepflicht für den gesamten Verkehr auf der Rottmayrstraße vor der Gaumbergstraße vor der Haltelinie anordnen wollte und nicht bloß für die Rechtsabbieger. Die Situation, wie sie sich dem Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt dargestellt hatte, hat sich also nicht mit der vom Verordnungsgeber angeordneten Anhaltepflicht gedeckt. Diese Tatsache muss als Kundmachungsmangel in Bezug auf die verordnete Haltelinie angesehen werden, welcher der Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung entgegensteht (VwGH 24.11.2006, 2006/02/0232 ua).

Zumal Haltelinien zweifellos als verordnungspflichtige Bodenmarkierungen im Sinne des Judikats des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1989, G52/89 ua, anzusehen sind, haben sie durch ordnungsgemäße Kundmachung in Erscheinung zu treten, widrigenfalls sie keine Ge- oder Verbotswirkung für die Straßenverkehrsteilnehmer zu entwickeln vermögen.

 

Der Beschwerde war somit Folge zu geben, ohne auf die weitwändigen Ausführungen im Rechtsmittel eingehen zu müssen.

 

 

Zu II.:

Die Kostenentscheidung ist in den im Spruch zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Zu III.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Für den Beschwerdeführer ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Schön