LVwG-650304/11/Kof/BD

Linz, 17.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Josef Kofler über die Beschwerde der C D – F.inhaber
M K, geb. X, vertreten durch
Herrn Rechtsanwalt M F, X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10. Dezember 2014,
BZ-VerkR-04003-2014 betreffend Entziehung der Fahrschulbewilligung, nach der am 10. Februar 2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde

als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid bestätigt.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem KFG die – mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 22.01.2009, BZ-VerkR-04015-2008 erteilte – Fahrschulbewilligung entzogen. Einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist eine umfangreich begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Gegenstand des behördlichen Bescheides ist die Entziehung der Fahrschulbewilligung.

Das LVwG OÖ. ist daher nur berechtigt, über die Entziehung der Fahrschulbewilligung abzusprechen;  VwGH vom 23.09.2014, Ro 2014/11/0074.

 

Der behördliche Bescheid stützt sich

·      einerseits auf die sowohl nach der OÖ. BauO, als auch nach dem KFG nicht bewilligten Räumlichkeiten und

·      andererseits auf die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des Fahrschulinhabers.

 

Gemäß § 110 Abs.1 KFG darf eine Fahrschulbewilligung nur erteilt werden, wenn – abgesehen von vielen anderen Voraussetzungen – die für die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern erforderlichen Räume sichergestellt sind.

 

Gemäß § 112 Abs.4 KFG sind Änderungen hinsichtlich der Schulräume nur mit Zustimmung der Bezirksverwaltungsbehörde zulässig.

 

Bei diesen Schulräumen handelt es sich um eine „Qualitätsanforderung“

als sachliche Voraussetzung für den Erwerbsantritt;

VfGH vom 16.12.1999, G69/99, G70/99 - Punkt 3.1.3

 

Gemäß § 115 Abs.2 lit.b KFG ist die Fahrschulbewilligung zu entziehen, wenn die in § 110 Abs.1 angeführten sachlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.

 

Am 10. Februar 2015 wurde beim LVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der F.inhaber, dessen Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde, ein Amtssachverständiger des Magistrates der Stadt Wels für Bauangelegenheiten sowie ein Amtssachverständiger für F.angelegenheiten teilgenommen haben.

 

Bei dieser mVh wurde zuerst die Angelegenheit „Schulräume“ erörtert.

 

Gutachtliche Stellungnahme des Herrn Ing. F D:

Am 04. September 2014 fand in der F. eine Amtshandlung durch mehrere Amtsorgane statt, bei welcher auch ich anwesend war. Dabei habe ich festgestellt, dass der Bauzustand in den Fahrschulräumlichkeiten nicht mehr dem nach der
OÖ. Bauordnung im Jahr 2003 genehmigten Zustand entsprochen hat.

 

 

 

Es wurden einige Zwischenwände geändert und auch die Fluchtwege.

Auch die Raumnutzung wurde teilweise geändert, dies könnte Einfluss auf den Brandschutz haben.

 

Feststellung des Verhandlungsleiters:

Der für Bauangelegenheiten zuständige Sachbearbeiter des Magistrates der
Stadt Wels, Herr AS hat mit Stellungnahme vom 03.02.2015 zusammengefasst Folgendes mitgeteilt: „Die vorgenommenen baulichen Änderungen sind gemäß der OÖ. Bauordnung anzeigepflichtig. Die entsprechende Anzeige wurde am
12. Jänner 2015 erstattet. Das entsprechende Verwaltungsverfahren befindet sich im Status „Vorbegutachtung“ durch den bautechnischen Sachverständigen.“

 

Stellungnahme des Herrn Ing. FD:

Der derzeitige Bauzustand wurde von mir – nach Vorlage einer entsprechenden Ergänzung – als positiv beurteilt. Ich kann jedoch nicht angeben, zu welchem Zeitpunkt der sogenannte „Kenntnisnahmebescheid“ ergehen wird. Dies ist eine Angelegenheit der Behörde und nicht eine Angelegenheit des Sachverständigen.

 

Über Befragen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers gebe ich an, dass diese meine positive Stellungnahme sich auch auf das Fluchtwegekonzept bezieht.

 

Meines Erachtens hat am 04. September 2014 – an diesem Tag fand die Amtshandlung im F.gebäude statt – keine Gefahr in Verzug bestanden unter der Voraussetzung, dass sich höchstens 15 Personen gleichzeitig in den F.räumlichkeiten aufhalten.

 

Falls sich mehr als 15 Personen gleichzeitig in den F.räumlichkeiten aufhalten, ist erforderlich, dass die Fluchttüren nach außen aufgehen.

 

Stellungnahme des Beschwerdeführers M K und des Herrn Rechtsanwalt Dr. MF:

Ein „Kenntnisnahmebescheid“ des Magistrats der Stadt Wels betreffend

die baulichen Änderungen wurde bislang nicht erlassen.

 

Sachverständige Zeugenaussage des Herrn Dipl.Ing. KH:

Am 04. September 2014 fand in den Räumlichkeiten der F. eine Amtshandlung statt, an welcher auch ich – in meiner Funktion als Sachverständiger für F. – teilgenommen habe. Dabei wurde von mir festgestellt, dass die gesamte Anordnung der F.räumlichkeiten gegenüber der im Jahr 2009 erteilten Genehmigung komplett verändert wurde.

Die Lehrsäle sind nicht mehr in jenen Räumlichkeiten als im Jahr 2009 bewilligt, sondern wurden verlegt.

 

 

 

Stellungnahme des Verhandlungsleiters:

Der Beschwerdeführer sowie dessen Rechtsvertreter bestätigen, dass die Anordnung der F.räumlichkeiten, speziell der Lehrsäle nicht mehr dem
im Jahr 2009 genehmigten Zustand entsprechen.

Das Büro sowie der Computerprüfungsraum wurden nicht verändert.

Der Beschwerdeführer bestätigt, dass die Lehrsäle sich nicht mehr dort befinden, wo sie sich im Zeitpunkt der Fahrschulbewilligung im Jahr 2009 befunden haben.

 

Betreffend die F.räume ist somit im Ergebnis festzustellen:

Die F.räume wurden im Jahr 2003 nach der OÖ. BauO und im Jahr 2009 nach dem KFG bewilligt. Seither wurden in diesen Schulräumen umfangreiche bauliche Änderungen vorgenommen, sodass sowohl der nach der OÖ. BauO,
als auch der nach dem KFG bewilligte Zustand heute nicht mehr existiert.


Anders ausgedrückt: Der nunmehrige Bauzustand dieser Schulräume ist sowohl nach der OÖ. BauO, als auch nach dem KFG derzeit konsenslos.

 

Betreffend die OÖ. BauO ist festzustellen:

Der Bf hat am 12. Jänner 2015 eine entsprechende Anzeige an den Magistrat der Stadt Wels erstattet. Das Verwaltungsverfahren nach der OÖ. BauO befindet sich im Status „Vorbegutachtung“ durch den bautechnischen Sachverständigen.

Ein „Kenntnisnahmebescheid“ des Magistrates der Stadt Wels betreffend diese baulichen Änderungen wurde bislang nicht erlassen.

 

Hinsichtlich der Voraussetzungen nach dem KFG ist festzustellen, dass der Bf
diese Änderungen der Schulräume der F.behörde noch nicht gemäß
§ 112 Abs.4 KFG angezeigt hat.

 

Von einer Bewilligung darf erst dann Gebrauch gemacht werden,

wenn diese rechtskräftig erteilt wurde;

VwGH vom 25.05.2007, 2007/02/0133; vom 04.03.1992, 91/03/0097

 

Selbst wenn bei den Schulräumen die sachlichen Voraussetzungen für

·      einen „Kenntnisnahmebescheid“ nach der OÖ. BauO sowie

·      eine Zustimmung nach § 112 Abs.4 KFG

vorliegen sollten, ist folgendes festzustellen:

 

Die Frage der „Bewilligungspflicht“ ist völlig abstrakt und losgelöst von jener der „Bewilligungsfähigkeit“ zu sehen; VwGH vom 30.01.2014, 2011/05/0157.

Es kommt nicht auf die „Bewilligungsfähigkeit“ eines baulichen Vorhabens, sondern darauf an, ob dieses Vorhaben tatsächlich bewilligt ist;

VwGH vom 23.02.2010, 2009/05/0029; vom 20.10.2009, 2008/05/0265.

 

 

 

Eine bauliche Änderung ist auch dann als konsenswidrig zu qualifizieren,

wenn diese ohne erforderliche Kenntnisnahme einer Bauanzeige erfolgte.

VwGH vom 28.04.2006, 2005/05/0070.

 

Eine baubehördliche Kenntnisnahme nach der OÖ. BauO vermag eine Zustimmung nach § 112 Abs.4 KFG – und umgekehrt – nicht zu ersetzen.

VwGH vom 30.05.1995, 95/05/0111; vom 20.09.2005, 2005/05/0267;

vom 24.06.2009, 2008/05/0240.

 

Die Schulräume dürfen erst dann benützt werden, wenn

·      der „Kenntnisnahmebescheid“ nach der OÖ. BauO rechtskräftig erlassen

und

·      die Zustimmung nach § 112 Abs.4 KFG rechtswirksam erteilt wurde.

 

Betreffend die Fahrschule sind die Voraussetzungen

·      „Schulräume“ einerseits und

·      „Vertrauenswürdigkeit des F.inhabers“ andererseits

– abgesehen von allen übrigen Voraussetzungen – kumulativ zu erfüllen.

 

Bereits das Fehlen einer dieser Voraussetzungen hat

-          im Erteilungsverfahren zur Versagung der Bewilligung bzw.

-          im Entziehungsverfahren zur Entziehung der Bewilligung

zu führen;   VwGH v. 27.06.2014, 2013/02/0084; v. 12.09.2006, 2006/020160; v. 27.09.2007, 2004/11/0183; v. 14.11.2001, 2001/03/0154; v. 31.03.2005, 2001/03/0101; vom 22.04.1997, 97/04/0001.

 

Da die in § 110 Abs.1 KFG angeführten Voraussetzung „Schulräume“ derzeit nicht vorliegt, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der behördliche Bescheid zu bestätigen.

 

Somit kann dahingestellt bleiben, ob beim Fahrschulinhaber iSd § 109 Abs.1 lit.b KFG die Vertrauenswürdigkeit vorliegt oder nicht.

 

Durch die Abweisung der Beschwerde hat sich der Punkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erledigt; siehe die in Walter–Thienel, Verwaltungs-verfahren, Band I, 2. Auflage, E 45 zu § 64 Abs.2 AVG zitierte Judikatur.

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 11. Juni 2015, Zl.: E 669/2015-9