LVwG-600671/8/BR LVwG-600672/8/BR

Linz, 16.02.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des W B, X, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz - vertreten durch den Magistrat der Stadt Linz, vom 29.10.2014, GZ: 0031025/2014 und 0010368/2014, nach der am 16.2.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung,

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde jeweils als unbegründet abgewiesen.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist vom Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren ein weiterer Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von je 20 Euro zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

I. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit den oben angeführten Straferkenntnissen über den Beschwerdeführer Geldstrafen von je 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 46 Stunden auferlegt, weil er

1) am 23.06.2014 um 11.12 Uhr in 4020 Linz, auf Höhe L., Flyer mit dem Text: „X" zu Werbezwecken verteilt habe und

2) am 21.02.2014 um 13.40 Uhr in 4020 Linz, auf Höhe L., sogenannte Flyer zu Werbezwecken verteilt habe.

Die ausgesprochenen Geldstrafen wurden auf § 82 Abs. 1 iVm 99 Abs. 3 lit.d StVO 1960 gestützt.

 

 

I.1. Begründend führte die Behörde Folgendes aus:

Mit Anzeige des Ordnungsdienstes der Stadt Linz vom 27.02.2014 wurde dem Bezirksverwal­tungsamt der Stadt Linz der im Spruch angeführte Sachverhalt zur Kenntnis gebracht.

 

Mit Strafverfügung vom 23.06.2014 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dar­gestellten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von      € 200,00 ausgesprochen, für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 92 Stunden verhängt.

 

Mit Schreiben vom 16.07.2014 hat der Beschuldigte dagegen Einspruch erhoben und diesen damit begründet, dass er am 23.06.2014 um 11.12 Uhr in Linz, L., keine Flyer mit dem oben angeführten Text an Passanten verteilt habe.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 09.09.2014 wurde der Beschuldigte nochmals zur Ab­gabe einer Stellungnahme eingeladen. Mit Fax vom 06.10.2014 äußerte sich der Beschuldigte dahingehend, dass er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, und daher sieht er auch keine Veranlassung der Aufforderung zur Rechtfertigung nachzukommen. Weiters verwies er auf seine Stellungnahme vom 16.07.2014.

 

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

§ 82 Abs. 1 StVO schreibt vor, dass für die Benützung der Straße zu verkehrsfremden Zwecken (das Verteilen von Flyern zur Werbung ist so ein verkehrsfremder Zweck) eine Bewilligung erfor­derlich ist. Eine solche lag zum Tatzeitpunkt nicht vor.

Den Ausführungen des Ordnungsdienstes („Wir trafen Herrn B zum wiederholten Mal auf der L. Flyer verteilen") in der Anzeige wird von der erkennenden Behörde mehr Glauben geschenkt, als der bloßen Behauptung des Beschuldigten keine Flyer verteilt zu haben. Eine Ab­lichtung der vom Beschuldigten verteilten Flyer liegt der Anzeige bei. Die Anzeige erscheint der erkennenden Behörde schlüssig und glaubhaft. Der Rechtfertigung des Beschuldigten wird kein Glauben geschenkt.

 

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen der StVO lauten auszugs­weise wie folgt:

 

§ 82 Abs.1:

Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich ...

Abs. 2:

Eine Bewilligung nach Abs. 1 ist auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern oh­ne Kennzeichentafeln erforderlich.

§ 99 Abs.3:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, ...

d) wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbeson­dere ohne Bewilligung eine nach § 82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach § 64 abhält, ...

 

Es ist somit der Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hin­sicht erfüllt.

 

Schuldfrage:

Die StVO sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Ge­fahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

    der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

 

Der Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte mit der Rechtfertigung nicht erbracht werden. Zwar dort gewesen zu sein, aber keine Flyer verteilt zu ha­ben, erscheint der Behörde als bloße Schutzbehauptung, der nicht gefolgt wird.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tat­bestandsmäßigkeit erwiesen.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nach­teilige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschul­dens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstra­fen zu berücksichtigen.

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wer­tung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbe­messung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend war nichts zu werten. Aufgrund der bisherigen Unbescholtenheit und des geschätzten Einkommens von € 1000,00 wurde die Höhe des Strafbetrages von € 200,00 in der Strafverfügung auf € 100,00 ab­gesenkt; die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend anzupassen.

 

Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse ging die Be­hörde aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1000,-- aus. Der Beschuldigte wurde mit Schreiben vom 09.09.2014 aufgefordert, seine Einkom­mens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben, ansonsten von einem monatli­chen Nettoeinkommen von € 1000,- und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen würde. Der Beschuldigte äußerte sich dazu innerhalb der gewährten Frist nicht.

 

Werden Angaben über die Vermögensverhältnisse verweigert, so hat die Behörde diese einzu­schätzen. Sollten dabei Umstände zum Nachteil des Beschuldigten unberücksichtigt bleiben, die ohne dessen Mitwirkung der Behörde nicht bekannt sein konnten, so hat sich dies der Beschul­digte selbst zuzuschreiben, (vgl. VwGH 14.1.1981, 3033/80).

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungs­gründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

 

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- ­und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung.“

 

 

 

II. Zur Beschwerde:

Grundsätzlich bestritt der Beschwerdeführer beide Tatvorwürfe, indem er das Verteilen von Werbefolder (Zettel) generell in Abrede stellt.

Betreffend den Tatvorwurf vom 23.06.2014 kopierte er an der Vorderseite der ihm am 04.11.2014 zugestellten Straferkenntnisse einen mit 22.11.2014 datierten Text, dem zur Folge er sich gegen die mit dem Straferkenntnis übermittelten ungerechtfertigten Rechnung 920140143339 wenden würde. Abschließend verweist der Beschwerdeführer auf die Beilage 8, welche, soweit im Grunde nachvollziehbar, ihrerseits über den Text der Strafverfügung vom 30.06.2014 kopiert wurde und worin lediglich zum Ausdruck gelangte, keine Flyer verteilt gehabt zu haben.

Betreffend den Vorfall vom 21.02.2014 findet sich dem Straferkenntnis „die Rechnung“ vom 30.10.2014 über den am 29.11.2014 in Höhe von € 110 fällig gewesenen Betrag beigeschlossen, worauf handschriftlich vermerkt wurde „wird bestritten“ und sich das Datum 22.11.2014 beigefügt findet und vom Beschwerdeführer unterschrieben ist.

In der ebenso in Kopie beigefügten Strafverfügung findet sich im oberen Bereich der Einspruchstext aufkopiert, worin auf angebliche Zustellmängel hinsichtlich der Strafverfügung verwiesen wurde.

Ebenso wurde vom Beschwerdeführer betreffend das Straferkenntnis mit dem im Grunde inhaltsgleichen Tatvorwurf vom 21.2.2014 verfahren.

 

 

 

 

III. Die Behörde hat dem Oö. Landesverwaltungsgericht den Verfahrensakt mit Vorlageschreiben vom 03.11.2014 in einem ungebundenen Konvolut zur Entscheidung vorgelegt.

Es wurde darauf hingewiesen, dass bei den Schriftstücken, die keinen Eingangsvermerk aufweisen, der Tag des erfassten Schriftstücks im elektronischen Akt mittels Scan als Tag des Einlangens bei der Behörde gelte.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG durchzuführen.

Beweis erhoben wurde durch zeugenschaftliche Vernehmung der einschreitenden Organe, S. W und E. L, sowie des Beschwerdeführers als Beschuldigten. An der öffentlichen mündlichen Verhandlung nahm auch ein Vertreter der Behörde teil.

 

 

 

III.1. Die behördliche Aktenlage:

 

Da die Beschwerdepunkte aus den über den Text der Strafverfügung bzw. der Straferkenntnisse einkopierten Anmerkungen einer inhaltlichen Nachvollziehbarkeit entbehrten und diese Eingaben in beiden Fällen nicht den Formalanforderungen einer Beschwerde entsprachen, wurde der Beschwerdeführer mit hiesigem Schreiben vom 12.01.2015 zur Verbesserung aufgefordert. Darin wurde ihm der Gesetzestext gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG zur Kenntnis gebracht und er unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG eingeladen, binnen Wochenfrist eine entsprechende Klarstellung seiner Beschwerden herbeizuführen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass widrigenfalls die Beschwerden zurück-gewiesen werden müssten.

Diese Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 15.01.2015 zugestellt.

Der Beschwerdeführer erschien nach vorheriger Interaktion im h. Präsidium am 21.01.2015 beim zuständigen Richter und erklärte im Rahmen einer mit ihm aufgenommenen Niederschrift, sich in jüngster Zeit zahlreichen Operationen unterzogen zu haben. Die meiste Zeit wäre er in Spitälern gewesen und habe daher keine Zeit gehabt die Beschwerde genauer zu gestalten. Er lege ein Foto betreffend eines chirurgischen Eingriffes, dem er sich kürzlich zu unterziehen gehabt habe, vor.  Weiters wies er darauf hin auch an einem Augenkrebs zu leiden und sich in diesem Zusammenhang 30 Bestrahlungen und insgesamt 34 Operationen zu unterziehen gehabt zu haben.  

 

 

III.2. In der Sache gab der Beschwerdeführer im Rahmen einer niederschriftlich protokollierten Klarstellung seiner Beschwerde(n) schließlich an, als sogenannter Einmannbetrieb Mode für ältere Damen zu verkaufen und diesbezüglich Altersheime zu beliefern.

Die als Beschwerden beabsichtigten Eingaben habe er einfachheitshalber aus Zeitmangel in die ihm zugestellten Dokumente (Strafverfügungen und Straferkenntnisse) einkopiert. Bei der Zustellung der Strafverfügungen sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen, weil eine Strafverfügung bei der Post falsch eingereiht worden wäre, wobei er den Verdacht hegen würde, jemand habe zu verhindern versucht, dass er die Post erhalte, weil die Sendung (Strafverfügung) für ihn bei der Post für einen Herrn D - als Aussteller der Strafverfügung – eingelegt worden wäre.

Er habe jeweils keinesfalls Werbung verteilt, sondern habe lediglich postfertige Briefe mitgeführt und wäre mit diesen am Weg zur Post gewesen. Diese habe er in einem Paket mit etwa 30 Stück beisammen gehabt, als ihm gegenüber des K zwei Wachorgane der Stadt Linz entgegengekommen seien, ihn gefragt hätten was er denn hier verteilen würde. Er habe denen gesagt nichts zu verteilen sondern diese Zettel zur Post zu tragen.

Sodann habe ihm das städtische Wacheorgan mit stattlicher Figur einen Zettel einfach aus der Hand gerissen. Der Beschwerdeführer legte einen solchen Zettel im Zuge der Einvernahme vor. Darauf ist inhaltlich von einem „Saison Totalabverkauf bei X“ die Rede. Ebenfalls legte er ein Kuvert vor, welches an eine Adresse gerichtet war, von der diese Sendung als „verzogen“ an ihn zurückgegangen ist.

Im Zuge dieser Amtshandlung sei ihm von dem stattlich in Erscheinung tretenden Organ der Stadt Linz sogar ein Schlag gegen seinen Bauch versetzt worden, woraufhin er gesagt habe „sie greifen mich jetzt nicht mehr an“. Als Gipfel der Frechheit bezeichnete es der Beschwerdeführer, dass die ihn begleitende junge Beamtin ihm gegenüber postwendend zum Ausdruck gebracht gehabt habe, er hätte das Wachorgan zuerst angegriffen, was sie gesehen habe.

Wie die Beamten zu seiner Adresse gekommen sind, sei ihm unerklärlich, weil die Einschreiter von ihm keine Adresse bekommen und ihn auch gar nicht nach seiner Adresse oder sonstigen Personaldaten gefragt gehabt hätten.

 

 

IV. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

 

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde betreffend den Vorfall vom 21.02.2014 von den dazu zeugenschaftlich einvernommenen Überwachungsorganen übereinstimmend ausgesagt, den Beschwerdeführer beim Verteilen von den zur Anzeige genommenen „Werbebotschaften (Zetteln, Flyern) während etwa fünf Minuten im Zuge der Annäherung an dessen Standort in der Nähe der Mozartkreuzung beobachtet zu haben. Diese Zettel habe er aus einer Mantel- oder Jackentasche genommen und an Passanten verteilt. Wenn etwa ein Passant einen Zettel wegwarf, sei dieser vom Beschwerdeführer sofort wieder aufgehoben worden. Beide Zeugen schlossen dezidiert eine vorgelegene Kuvertierung dieser Zettel aus. Die Adresse des Beschwerdeführers wurde laut Zeugen über den Erhebungsdienst auf Grund sichergestellter Zettel erhoben.

Die Darstellung des Beschwerdeführers, er hätte diese Zettel kuvertiert zur Post bringen wollen, erwies sich sohin als reine Schutzbehauptung. Sie steht einerseits im Widerspruch zu den übereinstimmenden Darstellungen der Aufsichtsorgane, wobei selbst das vom Beschwerdeführer vorgelegte Kuvert, aus dem eine Fehlzustellung an eine Frau A H mit dem Hinweis „verzogen“ keinesfalls belegt, dass diese Flyer vom Beschwerdeführer nicht verteilt, sondern damals postfertig kuvertiert zur Post transportiert werden hätten sollen. Warum sollten die Aufsichtsorgane der Stadt Linz den Beschwerdeführer wahrheitswidrig des Zettelverteilens beschuldigen und im öffentlichen Raum kuvertierte Briefe öffnen, um den Beschwerdeführer anzeigen zu können. Dies wäre geradezu absurd, wobei eine derartige Falschbehauptung den glaubwürdig und sachlich auftretenden Kontrollorganen nicht zugedacht werden kann.

Selbst die Gestaltung dieser Werbebotschaft lässt auf eine postalische Versendung an einen ausgesuchten Kundenkreis logisch gesehen nicht gerade realistisch erscheinen.

Daher wurde der Verantwortung bzw. der Darstellung des Beschwerdeführers nur der Charakter einer Zweckbehauptung zugemessen.

Nicht gefolgt konnte dem Beschwerdeführer schließlich auch darin werden, die Zeugin W wäre im Februar gar nicht an der Amtshandlung beteiligt gewesen, weil seiner Erinnerung nach das weibliche Aufsichtsorgan kleiner und blond gewesen wäre. Dies widerlegte die Zeugin auch mit einem im Zuge der Verhandlung vorgelegten Einsatzbericht.

So wird den glaubwürdig auftretenden Kontrollorganen einmal mehr nicht zugesonnen, dass diese Amtshandlung gleichsam einer anderen Person zugeschrieben worden wäre. Auch dafür fand sich kein wie immer gearteter Anhaltspunkt. Derartiges zu tun würde einmal mehr keinen Sinn erkennen lassen.

Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich lediglich auf dem Weg zur Post gewesen, hätte er wohl nicht schon geraume Zeit an einem Standort beobachtet werden können und hätte er diesen wohl in Richtung Post und nicht bloß auf die andere Straßenseite verlegt, um offenkundig zu versuchen der Kontrolle zu entgehen.

Insgesamt vermochte den Darstellungen des Beschwerdeführers, der immer wieder seine Krankheit ins Spiel zu bringen versuchte, keine sachliche Überzeugungskraft zuerkannt werden. Wenn er schließlich den hier einschreitenden Beamten eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft androhte, vermag dies lediglich als unsachlicher, unangemessener und letztlich untauglicher Versuch gewertet werden, das Gericht von seiner Verantwortung zu überzeugen.

 

Den im Zuge seines Schlussvortrages und von ihm als „letzten Trumpf“ bezeichneten Antrages auf Einvernahme, einer weder dem Namen und Adresse nach benannten Zeugin, zum Beweis, der Beteiligung eines blonden Aufsichtsorgans am 21.02.2014, war mangels Sachbezuges nicht nachzukommen. Das Landesverwaltungsgericht vermochte, wie oben bereits ausgeführt, an der wahrheitskonformen Darstellung der Amtsorgane in deren Wahrnehmung des Zettelverteilens keine Zweifel zu hegen.

Was den Vorfall vom 23.06.2014 betraf, war die Zeugin W die Meldungslegerin und das sie begleitende männliche Organ war ein Herr S, wobei diese sich an den damaligen Ablauf nicht mehr näher zu erinnern vermochte. Diesbezüglich lässt sich aus der noch am gleichen Tag verfassten Anzeige ein im Ergebnis inhaltsgleicher Sachverhalt in Form der Verteilung einer inhaltsgleichen Werbebotschaft ableiten.

Das Landesverwaltungsgericht erachtet demnach im Rahmen der Beweiswürdigung die Verteilung der bezeichneten Werbezettel im Bereich der Landstraße auch an diesem Tag als erwiesen.

 

 

V. Rechtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Durch die beispielsweise Aufzählung "zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung" im § 82 Abs. 1 StVO wollte der Gesetzgeber klarlegen, für welche Art von Benützung der Straßen er eine Bewilligungspflicht angeordnet wissen wollte, nämlich vor allem für die Ausübung eines Gewerbes, für Reklame usw., wobei der Begriff "Werbung" heute gemeinhin im wirtschaftlichen Sinn verstanden werden müsse (hier: Verteilung von Flugzetteln; Hinweis E 15.3.1965, 1210/64, sowie ZVR 1990/55 mit Hinweis auf VwGH 18.1.1989, 88/02/0052). Darin vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass die Auslegung des § 82 Abs. 1 StVO 1960 unter dem Gesichtspunkt der in der StVO geregelten Straßenpolizei dort ihre Schranken finde, wo die Sorge für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Wegen aufhört.

Im Sinne dieser Bestimmung ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Auch das Anbringen von Reklamezetteln hinter den Scheibenwischern parkender Autos ist etwa als eine verkehrsfremde Benützung der Straße im Sinne des § 82 Abs.1 StVO anzusehen (VwGH  20.04.2001, 2000/02/0244) mit Hinweis auf VwGH 11.5.1990, Zl. 89/18/0197.

 

 

V.1. Mit der Beschwerde werden keine Umstände vorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können. Vielmehr ist auf Grund wiederholter Wahrnehmungen des Zettelverteilens von der Kenntnis dessen Rechtswidrigkeit seitens des Beschwerdeführers auszugehen.

Andererseits ist wohl auf den hier nur als gering einzuschätzenden objektiven Tatunwert zu verweisen, demgegenüber jedoch insbesondere auf Grund der Nachhaltigkeit der Begehung und der bis zur Inkaufnahme von groben Beschimpfungen gegenüber den Ordnungshütern sowie der völligen Uneinsichtigkeit, von schwerer subjektiver Tatschuld einerseits, andererseits auch von einem manifesten Präventionsbedarf auszugehen gewesen.

 

 

V.2. Zur Straffestsetzung gilt es zu bemerken, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Dem Beschwerdeführer ermangelt es offenbar jeglicher Unrechtseinsicht, sodass auf Grund der offenkundigen Nachhaltigkeit der ihm zur Last liegenden Aktivitäten einer entsprechenden Bestrafung aus spezialpräventiven Überlegungen bedarf.

In der hier ausgesprochenen Geldstrafe von jeweils 100 Euro kann daher bei einem bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen und einer Pension in Höhe von 1.200 Euro ein Ermessensfehler der Behörde nicht erblickt werden, wobei das Landesverwaltungsgericht die Krankengeschichte des Beschwerdeführers und des von ihm sogar bildlich glaubhaft gemachten schwer angeschlagenen Gesundheitszustandes, das damit allenfalls „einzufordern versuchte“ Verständnis für sein Verhalten, wiederum durchaus begreiflich sein mag.

Dennoch musste seiner Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben.

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs.6 Z1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 27. Mai 2015, Zl. Ra 2015/02/0089 bis 0090-4