LVwG-700057/13/MB/KHU

Linz, 23.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde von Herrn D. D., vertreten durch RA E. W. D., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. Mai 2014, GZ: BZ-Pol-05018-2013, betreffend eine Übertretung des Meldegesetzes 1991,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafe mit EUR 100,‑‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: 40 Stunden) festgesetzt und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auf
EUR 10,‑‑ herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. Mai 2014, GZ: BZ-Pol-05018-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs 1 Z 1 iVm §§ 1 Abs 1, 2
Abs 1, 4 Abs 1, 4a Abs 1 und 7 Abs 1 Meldegesetz 1991 (im Folgenden: MeldeG) eine Geldstrafe von 200 Euro sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 93 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Zumindest seit dem 17.09.2013 (Abmeldefrist läuft ab !) haben Sie die Unterkunft in W., xstraße x (Unterkunftgeber: Herr S. D., geboren am x) aufgegeben und es dabei unterlassen, sich innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Tagen davor oder danach bei der (zuständigen) Meldebehörde abzumelden; per 26.08.2013 haben Sie sich an dieser Adresse angemeldet;

bei der erstmaligen (polizeilichen) Überprüfung am 13.03.2013 konnten Sie nicht angetroffen werden; bei einer weiteren polizeilichen Kontrolle am 19.09.2013 konnte festgestellt werden, dass Sie - auch aufgrund der Aussage von Frau H. D. (geboren am x) - aus der oa. Wohnung bereits ausgezogen sind !).“

 

Begründend verwies die Behörde im Wesentlichen auf die Anzeige bzw. Stellungnahme des Stadtpolizeikommandos Wels, in der Versuche der Kontaktaufnahme mit dem Bf am 13. und 19. September 2013 dargestellt wurden. In der Wohnung seien weder Fahrnisse noch sonstige Gegenstände gefunden worden, die auf eine Unterkunftnahme des Bf hingewiesen hätten. An beiden Tagen sei die Schwägerin des Unterkunftgebers anwesend gewesen, die angegeben habe, sie würde den Bf umgehend abmelden.

 

Die Aussagen des Bf, er sei nicht ausgezogen und seine Fahrnisse befänden sich zur Gänze in der Wohnung, seien als reine Schutzbehauptung zu werten. Grundsätzlich bestehe für jedermann die Pflicht, sich als Unterkunftnehmer über die jeweiligen Bestimmungen des MeldeG zu informieren. Daher sei auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten. In Bezug auf die Strafbemessung führte die Behörde aus, dass im Wesentlichen keine Straferschwernisgründe vorlägen. Im Verwaltungsstrafregister scheine keine (einschlägige) Vormerkung auf. Die Verhängung der Verwaltungsstrafe werde aus spezialpräventiven Gründen für erforderlich erachtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom
26. Mai 2014, in der beantragt wurde, das Verwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers der kurdischen Sprache durchführen sowie das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig aufheben und das Strafverfahren einstellen.

 

 

Begründend führte der Bf im Wesentlichen aus:

„Nach Begründung der Behörde bzw Einlassung der Polizei habe in der spärlich ausgestatteten Wohnung keine Fahrnisse von mir („NICHTS") wahrgenommen werden können.

 

Die Wohnung ist einfach ausgestattet, mein Bruder, die Schwägerin und deren Kinder besitzen nicht viel, ich besitze aufgrund Flucht und unklarem Aufenthaltsstatus noch weniger. Meine in der Wohnung des Bruders gelagerten Fahrnisse - eineinhalb Nylonsackerl - fallen wohl deshalb auch nicht auf (sind den Polizisten nicht aufgefallen). Daraus folgt aber nicht, dass meine Fahrnisse nicht in der Wohnung gelagert wurden. Meine Einlassung im Einspruch vom 9.10.2013 ist richtig.

 

Auch die Aussage der Schwägerin und die vorgenommene amtliche Abmeldung durch den Bruder ist kein Indiz für die damalige Unrichtigkeit der aufrechten Anmeldung. Ich komme aus einem Land, indem sich speziell kurdische Menschen vor der Polizei (oder der Armee) fürchten müssen, und somit einem Kontakt mit Polizisten ausweichen wollen. Eine derart über Jahrzehnte antrainierte Verhaltensweise kann in Österreich nicht in kurzer Zeit geheilt werden. Als mich die Polizei mehrmals hintereinander in der Wohnung des Bruders suchte, war mein Bruder derart verängstigt, dass er mich sicherheitshalber abmeldete, so wie die Polizisten dies auch ausdrücklich gegenüber der Schwägerin verlangten.

 

[...]

Mit ein bisschen Mehr an interkulturellem Verständnis hätten die Polizisten die Wohnung des Bruders auch gar nicht betreten, denn dabei haben sie auf meine Schwägerin bedrohlich gewirkt und sie in Unruhe versetzt. Genügt hätte das Hinterlassen einer Notiz oder einer Ladung. Die Beamten hatten auch keinen Grund meine Abmeldung zu fordern. Es ist jedenfalls dem Bruder die von der Polizei gewünschte Vornahme der Abmeldung nicht vorzuwerfen.

 

Der Bruder ist meine einzige soziale Stütze in Österreich. Ich versuche zwar auch in anderen Landesteilen Österreichs Arbeit zu finden und bin daher manchmal wochenlang weg, aber ich komme immer wieder zum Bruder zurück.

 

Schon deshalb war ich nicht verpflichtet mich abzumelden. Denn gemäß § 4 Abs 1 MeldeG ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden, wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt. „Entscheidend für die Abmeldung ist das faktische Verlassen der bisherigen Unterkunft und die Unmöglichkeit der Rückkehr; ...“ (VwGH 26.1.2012; 2011/01/0206) „Eine Aufgabe der Unterkunft ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn aus den äußeren Umständen hervorgekommen ist, dass eine Person ihre faktische Beziehung zu der Unterkunft gänzlich gelöst hat"... (VwGH 14.10.2005; 2004/05/0221)

 

Weder habe ich die Beziehung zum Bruder aufgegeben, noch ist meine Rückkehr in dessen Wohnung unmöglich, sondern kehre ich sogar regelmäßig in die Wohnung des Bruders zurück.“

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 14. August 2014, eingelangt am
19. August 2014, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor. Dieses entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Behörde und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. November 2014. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bf war von 26. August 2013 bis zu der am 17. Oktober 2013 erfolgten amtlichen Abmeldung an der Adresse xstraße x, x W. mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die Unterkunft wurde ihm von seinem Bruder zur Verfügung gestellt, der die ggst. Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bewohnte. Zumindest seit dem 13. September 2013 hielt sich der Bf nicht mehr in der ggst. Wohnung auf und hatte auch keine Fahrnisse mehr dort untergebracht.

 

Der Bf war bislang unbescholten, verfügt über kein Einkommen und kein Vermögen.

 

2. Der Bf brachte in seiner Beschwerdeschrift vor, dass er auch nach dem 13. September 2013 noch in der ggst. Wohnung gewohnt habe und seine spärlichen Besitztümer vielmehr übersehen worden seien. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der hierzu befragte Zeuge BezInsp. W., dem anlässlich seines zweimaligen Einschreitens am 13. sowie 19. September 2013 jeweils freiwillig Zutritt zu der Wohnung gewährt wurde, jedoch an, dass es sich um eine kleine Wohnung gehandelt habe, die quasi leer gewesen sei. Damit sei für den Zeugen alles klar erkennbar gewesen, weshalb für ihn schon beim ersten Einschreiten ersichtlich gewesen sei, dass der Bf nicht dort wohnte. Es sei nichts vom Bf anwesend gewesen, etwa keine Schuhe, keine Zahnbürste, etc. Die Schwägerin des Bf habe sich außerdem bei seinem zweiten Einschreiten dahingehend geäußert, dass der Bf nicht mehr in der ggst. Wohnung wohne und man sie vielmehr mit dieser Angelegenheit nicht mehr behelligen solle. Ferner gab der Zeuge an, dass er den Bf außerdem nie im Stadtgebiet angetroffen habe.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sieht keinen Grund, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Zeugen unter Wahrheitspflicht gemachten Aussagen anzuzweifeln. Der Zeuge machte einen glaubhaften und ehrlichen Eindruck und konnte auf Nachfrage ein schlüssiges und stichhaltiges Bild von den Umständen, die in der Wohnung vorgefunden werden konnten, zeichnen. Der Zeuge gab insbesondere auch zu erkennen, dass er – aufgrund der Größe der Wohnung und der spärlichen Ausstattung – auch auf Details achten und deshalb die Unterkunftnahme durch eine dritte erwachsene Person ausschließen konnte. Die schriftliche Einlassung des Bf, dass seine spärlichen Besitztümer übersehen worden seien, erscheint nach den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung damit nicht nachvollziehbar, sodass davon auszugehen ist, dass der Bf zumindest ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Einschreitens des Zeugen am 13. September 2013 nicht mehr in der ggst. Wohnung wohnte.

 

III. Rechtslage:

 

Gemäß § 4 Abs 1 MeldeG ist innerhalb von drei Tagen davor oder danach bei der Meldebehörde abzumelden, wer seine Unterkunft in einer Wohnung aufgibt. Die Meldepflicht trifft gemäß § 7 Abs 1 MeldeG den Unterkunftnehmer.

 

Gemäß § 1 Abs 1 MeldeG sind Unterkünfte Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden. Nach Abs 4 par cit sind Wohnungen Unterkünfte, soweit es sich nicht um Beherbergungsbetriebe handelt. Fahrzeuge und Zelte gelten dann als Wohnung, wenn sie im Gebiet derselben Gemeinde länger als drei Tage als Unterkunft dienen.

 

§ 1 Abs 6 MeldeG normiert, dass ein Wohnsitz eines Menschen an einer Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

 

§ 1 Abs 7 MeldeG bestimmt wiederum, dass der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet ist, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

 

Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind gem. § 1 Abs 8 MeldeG insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

Gemäß § 1 Abs 9 ist demgegenüber obdachlos, wer nirgends Unterkunft genommen hat.

 

Gemäß § 7 Abs 1 trifft die Meldepflicht den Unterkunftnehmer.

 

Gemäß § 22 Abs 1 Z 1 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2
180 Euro, zu bestrafen, wer die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Unterkunftnahme dann vor, wenn von einer Unterkunft (Wohnung) ein widmungsgemäßer Gebrauch gemacht wird. Dies wird bei der Unterkunft in einer Wohnung zumeist dann der Fall sein, wenn eine Person diese tatsächlich zum Wohnen oder Schlafen benützt. Eine Unterkunftnahme wird daher überall dort anzunehmen sein, wo Räume von einer oder mehreren Personen zur Befriedigung eines, wenn auch nur vorübergehenden, Wohnbedürfnisses tatsächlich benützt werden. Zu den Wohnbedürfnissen muss man aber nicht bloß das Nächtigen, sondern auch das „Sichdarinaufhalten“, seine Sachen zu verwahren und hievon grundsätzlich andere auszuschließen, zählen. Hingegen setzt die Unterkunftnahme nicht voraus, dass in den jeweiligen Räumen sämtliche Wohnbedürfnisse ständig bzw. ununterbrochen befriedigt werden (vgl. VwGH 23.09.2002; Zl. 2002/05/0834 mwN.).

Die Meldevorschriften stellen sowohl betreffend das Nehmen als auch die Aufgabe einer Unterkunft auf ein tatsächliches Naheverhältnis bzw. dessen Wegfall des Meldepflichtigen zur Unterkunft ab. Eine Aufgabe der Unterkunft kann daher grundsätzlich nur angenommen werden, wenn aus den äußeren Umständen – etwa durch Entfernung der persönlichen Gegenstände des täglichen Gebrauches aus der Wohnung – hervorgekommen ist, dass eine Person ihre Beziehung zu der Unterkunft gänzlich gelöst hat. Damit ist die Aufgabe der Unterkunft mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, in dem die faktische Beziehung zwischen der Person und der Unterkunft, wenn auch nur vorübergehend, gänzlich gelöst wird. Entscheidend für die Abmeldung ist das faktische Verlassen der bisherigen Unterkunft und die Unmöglichkeit der Rückkehr; auf die Gründe, die dazu geführt haben, kommt es in melderechtlicher Hinsicht nicht an (vgl. etwa nur VwGH 26.01.2012, Zl. 2011/01/0206 mwN, sowie das o.g. Erkenntnis des VwGH).

 

2. Im konkreten Fall konnte festgestellt werden, dass der Bf zumindest seit dem erstmaligen Einschreiten der Exekutive am 13. September 2013 keine Unterkunft mehr in der Wohnung in der xstraße x in W. hatte, da sich bereits zu diesem Zeitpunkt keinerlei Sachen des Bf mehr in der Wohnung befanden und sein Auszug auch von der Schwägerin bestätigt wurde. Der Bf hat somit die ggst. Wohnung jedenfalls seit 13. September 2013 nicht mehr zum Aufenthalt sowie zum Verwahren seiner Sachen benutzt. Damit ist aus den äußeren Umständen hervorgekommen, dass keine faktische Beziehung zwischen dem Bf und der Unterkunft mehr bestand. Auch dafür, dass der Bf sich bloß vorübergehend nicht in der Wohnung aufgehalten hätte, gibt es aufgrund der o.g. äußeren Umstände keinerlei Hinweise.

 

Damit war der Bf gemäß § 4 Abs 1 MeldeG verpflichtet, die Aufgabe der Unterkunft zu melden. Die Abmeldung des Hauptwohnsitzes erfolgte jedoch erst durch die behördliche Abmeldung am 17. Oktober 2013 – sohin jedenfalls nicht durch den Bf und nicht innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist von drei Tagen.

 

Insofern ist das Tatbild des § 22 Abs 1 Z 1 MeldeG erfüllt.

 

3. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da
§ 22 MeldeG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5
Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Der Bf bringt insofern keine tauglichen Gründe vor, weshalb nicht zumindest Fahrlässigkeit gem. § 5 VStG anzunehmen ist.

 

4. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl ua VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt. Darüber hinaus normiert Abs 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs 3 leg cit ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl § 34 StGB).

 

Von der belangten Behörde wurde festgehalten, dass „im Wesentlichen“ keine Straferschwernisgründe vorliegen und im Verwaltungsstrafregister keine (einschlägigen) Vormerkungen aufschienen. Die Verhängung einer Verwaltungsstrafe sei aus spezialpräventiven Gründen für erforderlich erachtet worden.

 

Zur behördlichen Strafbemessung ist festzuhalten, dass zwar einzuräumen ist, dass der Bf durch seine Tat das im MeldeG grundgelegte öffentliche Interesse an einem geordneten Meldewesen geschädigt hat. Im konkreten Fall war die bisherige Unbescholtenheit des Bf jedoch jedenfalls (spürbar) als Strafmilderungsgrund zu werten, zumal auch keine Straferschwernisgründe ersichtlich sind. Ferner war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass der Bf über kein Einkommen und kein Vermögen zu verfügen.

Im Ergebnis war das Straferkenntnis unter Berücksichtigung der Strafmilderungsgründe sowie der Angemessenheit der Strafe im Verhältnis zum Schuld- und zum Unrechtsgehalt der Tat demnach mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Strafhöhe auf 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 40 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gem § 52 Abs 8 VwGVG kein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG mit 10 Euro festzusetzen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter