LVwG-600716/5/Kof/BD

Linz, 23.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn A. M., geb. 19.., K.straße, St. V., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt
Ing. Mag. A. G., L. Straße, St. V. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 30.12.2014, VerkR96-11266-2014 betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand, nach der am 20. Februar 2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit Strafverfügung vom 09. Oktober 2014, VerkR96- 11266-2014 über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) wegen einer näher bezeichneten Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2e StVO eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt.

 

 

 

Diese Strafverfügung wurde dem Bf – im Wege der Hinterlegung – am Dienstag, dem 14. Oktober 2014 zugestellt.

 

Mit Eingabe vom 31. Oktober 2014 hat der Bf

·      einen Einspruch gegen diese Strafverfügung erhoben und

·      einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

 

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 06. November 2014,

VerkR96-11266-2014 diesen Einspruch als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, LVwG-600586/6
– nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung –
als unbegründet abgewiesen.

 

Die belangte Behörde hat nunmehr mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den Antrag des Bf auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs.1 und Abs.4 iVm § 24 VStG abgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art.135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Am 20. Februar 2015 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bf teilgenommen und folgende Stellungnahme abgegeben hat:

„Ich verweise auf meine bisherigen Eingaben, insbesondere auf die Beschwerde vom 29.01.2015. Betreffend die Versäumung der Einspruchsfrist liegt nur ein minderer Grad des Versehens („leichte Fahrlässigkeit“) vor. Es wird daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben, den behördlichen Bescheid aufzuheben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.“

 

Inhaltlich ist auszuführen:

 

Dem Bf wurde – wie dargelegt – die verfahrensgegenständliche Strafverfügung am Dienstag, dem 14. Oktober 2014 zugestellt.

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG sowie der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung in dieser Strafverfügung ist ein Einspruch innerhalb von zwei Wochen – gerechnet ab Zustellung – einzubringen.

 

Ende der Rechtsmittelfrist war somit Ablauf des Dienstag, 28. Oktober 2014.

 

Der Bf verfügt über einen sog. „Klappkalender“, hat sich beim Umblättern – und somit beim Durchzählen der „Zweiwochenfrist“ – um eine Woche geirrt und dadurch das Ende der Einspruchsfrist irrtümlich am 03. November 2014 eingetragen.

 

Nach der Rechtsansicht des Bf sowie dessen Rechtsvertreters handelt es sich beim Irrtum hinsichtlich dem Ende der Rechtsmittelfrist um einen „minderen Grad des Versehens“ iSd § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG.

 

Dazu ist vom LVwG festzustellen:

Das „Unterbleiben einer händischen Berechnung der Frist“ ist kein minderer Grad des Versehens;  VfGH vom 07.10.2009, B749/09.

 

In Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen trifft jede Partei in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht;

VwGH vom 22.03.2012, 2012/09/0019 mit Vorjudikatur

 

Von einem minderen Grad des Versehens kann keine Rede sein, wenn die zur Einhaltung von Fristen erforderliche Sorgfalt gröblich verletzt wird.

Der Wiedereinsetzungswerber – oder sein Vertreter – darf nicht die im Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben;

VwGH vom 21.11.2003, 2003/02/0244;

 

Die fehlerhafte Berechnung der Rechtsmittelfrist stellt zweifellos ein grobes Verschulden dar; VwGH vom 11.09.2001, 2001/21/0061 mit Vorjudikatur.

 

Eine korrekte Fristvormerkung besteht nicht nur in dem rein technischen Vorgang der Eintragung der Frist – hier: Fehler beim Umblättern im Fristvormerkkalender – sondern auch in der Berechnung dieser Frist, sodass von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden kann;

VwGH vom 28.07.1995, 95/02/0168.

 

Jede Verfahrenspartei trifft eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Wahrnehmung von Fristen; VwGH vom 25.06.1996, 96/11/0034.

 

Der Wiedereinsetzungswerber darf die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben;

VwGH vom 26.02.2014, 2012/13/0051 mit weiteren Judikaturhinweisen.

 

Insbesondere ist jedem Führerscheinbesitzer – welcher über die geistige Eignung zum Lenken von KFZ verfügt bzw. verfügen muss – zumutbar, eine Rechtsmittel-(hier: Einspruchs-)frist von zwei Wochen richtig zu berechnen und einzutragen.

 

 

Der Bf hätte daher, ausgehend vom 14. Oktober 2014, durch eine einfache „Kopfrechnung“ das Ende der Rechtsmittelfrist – Dienstag, dem 28. Oktober 2014 – ermitteln können sowie erkennen müssen, dass das Ende der Rechtsmittelfrist nicht erst im November 2014 sein kann.

 

Abgesehen davon ist festzustellen:

Das Ende einer – vom Bf durch das „unrichtige Umblättern“ auf den Klappkalender eingetragenen – dreiwöchigen Frist wäre nicht am Montag, dem 03. November 2014, sondern am Dienstag, dem 04. November 2014 gewesen. –

Betreffend das Ende der Rechtsmittelfrist hat der Bf auf seinem „Klappkalender“ nicht nur die „falsche Woche“, sondern auch den „falschen Wochentag“ eingetragen.

 

Diese unrichtige Berechnung der Rechtsmittelfrist stellt im Hinblick auf die zitierte Judikatur des VwGH ein den minderen Grad des Versehens iSd § 71 Abs.1 Z1 AVG (iVm § 24 VStG) übersteigendes Verschulden dar.

 

Speziell wird auf das VwGH-Erkenntnis vom 26.08.2010, 2009/21/0400 verwiesen:

 

Die dortige Bf hat

·      erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist einen rechtsfreundlichen Vertreter aufgesucht und

·      vorgebracht, aufgrund ihres Alters – die Bf war zu diesem Zeitpunkt
ca. 20 Jahre alt – der Rechtsunkundigkeit und des Fehlens entsprechender Lebenserfahrung, insbesondere im Umgang mit Behörden, sei ihr eine allfällige Fristversäumnis erst beim Kontakt mit dem Rechtsvertreter bewusst geworden.

 

Der VwGH hat die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Der vorliegende Fall ist nahezu identisch mit jenem Fall, der dem VwGH

im Erkenntnis vom 26.08.2010, 2009/21/0400 zu Grunde gelegen hat.

 

Es war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und

der behördliche Bescheid zu bestätigen.

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler