LVwG-410400/2/MZ/IS

Linz, 03.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des I.B., geb. x, vertreten durch RA Dr. G.S., x, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 8.7.2014, AZ: S-11.736/13-2,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 8.7.2014, AZ: S-11.736/13-2, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) folgende Verwaltungsübertretung angelastet:

 

„Sie haben, wie am 26.02.2013, um 10.30 Uhr, in L., x, im Lokal `R.´, von Organen des Finanzamtes Salzburg-Stadt anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. B. A. GmbH, etabl. in x, P., und somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet, indem Sie mit zwei Glücksspielgeräten mit den Gehäusebezeichnungen … seit 25.02.2013 auf eigene Rechnung und Gefahr Glücksspiele in Form eines elektronischen Glücksrades … durchgeführt haben und aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen haben, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.“

 

Der Bf habe daher § 9 Abs 1 VStG iVm §§ 2 Abs 1 und 4 und 52 Abs 1 Z 1 Tatbild 1 GSpG idF BGBl I 2012/112 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.800,- Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen, verhängt wurde.

 

II. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. In seinem Schriftsatz bringt der Bf auf das hier Wesentliche verkürzt ua vor, es sei aktenkundig, dass die in Rede stehenden Geräte nach deren Aufstellung bis zur Kontrolle durch die Finanzpolizei noch nicht bespielt worden seien, weshalb eine Bestrafung des Bf wegen Veranstaltung nicht erfolgen könne. Er beantrage (ua deswegen) die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung.

 

III.a.) Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 12.8.2014 die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist.

 

c.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Bei einer am 26.2.2013 um 10.30 Uhr durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei im „R.“ in L. wurden unter anderem zwei „Fun-Wechsler“ betriebsbereit vorgefunden. Diese wurden – der Einvernahme des Lokalbetreibers zufolge – am Tag davor aufgestellt und bis zum Kontrollzeitpunkt noch nicht bespielt (siehe Niederschrift vom 26.2.2013, Zahl: 046/70064/0113). Gegenteilige Hinweise sind dem Verwaltungsakt, insb. den vorgelegten Aufzeichnungen der Finanzpolizei, nicht zu entnehmen. Eigentümer der genannten Geräte ist die B. A. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer seit 19.9.2007 der Bf ist (siehe Firmenbuchauszug vom 18.3.2013).

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.) Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I 2011/76 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

b.) Im ggst Fall wurden von der Finanzpolizei im „R.“ (unter anderem) zwei im Eigentum der Fa. B. A. GmbH stehende „Fun-Wechsler“ betriebsbereit vorgefunden, die am Tag davor aufgestellt und bis zum Kontrollzeitpunkt von keiner Person bespielt wurden. Die belangte Behörde ging in Folge davon aus, dass der Bf im Sinne des GSpG verbotene Ausspielungen „veranstaltet“ hat.

 

„Veranstalten“ im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG kann jedoch nicht mit dem „anbieten“ von verbotenen Ausspielungen gleichgesetzt werden. Historisch lässt sich dies insofern belegen: § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idF BGBl I 2003/125 stellte unter Strafe, wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften des GSpG „veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht“. Mit BGBl I 2008/126 wurde § 52 Abs 1 Z 1 leg cit dahingehend geändert, als nunmehr eine Übertretung begeht, wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften des GSpG „veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht“. Schließlich erlangte § 52 Abs 1 Z 1 GSpG mit BGBl I 2010/111 seinen heutigen (bzw den zur Tatzeit geltenden) Wortlaut; Glücksspiele „anzubieten“ ist seither nicht mehr als strafbares Verhalten erfasst.

 

Dass „veranstalten“ und „anbieten“ verschiedene Bedeutungen haben, geht auch aus § 2 Abs 1 Z 1 GSpG hervor, in welchem der Gesetzgeber unterscheidet, ob ein Unternehmer Glücksspiele „veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht“.

 

Strafrechtsquelle ist – im Sinne des Grundsatzes „nullum crime sine lege“ – ausschließlich das geschriebene Gesetz. Vor dem dargestellten historischen Hintergrund ist nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich davon auszugehen, dass „veranstalten“ weiter geht als bloßes „anbieten“. Würde nämlich das bereithalten von bespielbaren Glücksspielgeräten bereits eine Veranstaltung darstellen, bliebe für den Tatbestand des „anbietens“ kein Raum mehr (und man müsste dem Gesetzgeber unterstellen, sinnloses normiert zu haben). Dem Bf, der als Geschäftsführer jener Firma, der die beiden zur Bespielung bereitgehaltenen, jedoch noch nicht bespielten Fun-Wechsler gehören, fungiert, könnte daher – den Ermittlungsergebnissen der Finanzpolizei zufolge – vorgeworfen werden, Ausspielungen entgegen den Vorschriften des GSpG angeboten, nicht jedoch veranstaltet zu haben. Dabei handelt es sich allerdings – seit BGBl I 2010/111 – um keine Verwaltungsstraftat mehr.

 

Bis zu dem Zeitpunkt, in welchem eine Person ein solches Angebot einer Ausspielung annimmt, kommt deshalb lediglich der Versuch einer Veranstaltung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in Betracht. Ein solcher Versuch ist jedoch nach § 8 Abs 1 VStG ausschließlich dann strafbar, wenn eine Verwaltungsvorschrift diesen ausdrücklich für strafbar erklärt. Eine solche Anordnung findet sich im Glücksspielgesetz nicht und wäre die erstmalige Konfrontation mit dem Vorwurf der versuchten Straftat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wohl auch nicht mehr zulässig.

 

c) Eventuell hätte dem Bf aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes – was hier nicht weiter geprüft werden braucht – das Organisieren oder unternehmerisch Zugänglichmachen von nach dem GSpG verbotenen Ausspielungen angelastet werden können. Ein „Auswechseln“ des Tatvorwurfes durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in eine solche Richtung ist jedoch vor dem Hintergrund des § 44a VStG nicht zulässig.

 

Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

d) Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 52 Abs 9 VwGVG die Verpflichtung des Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da die Frage, ob „veranstalten“ im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auch bloßes „anbieten“ von Glücksspiel erfasst, soweit ersichtlich in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht behandelt wurde, und der Beantwortung dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die existente Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, in welcher bereits die Aufstellung eines Glücksspielapparates in betriebsbereitem Zustand als strafbarkeitsbegründend angesehen wurde, bezieht sich auf den anders lautenden § 51 Abs 1 Z 5 GSpG idF vor BGBl I 2010/54 (s etwa VwGH 23.6.1995, 91/17/0022; 21.4.1997, 96/17/0488).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer

Beachte:

Revision anhängig