LVwG-780021/11/MB

Linz, 02.03.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des J D,
geb. x, X, wegen Verletzung der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Nichtaushändigen der Visitenkarte des einschreitenden Organes, Nichtbekanntgabe der Dienststelle bzw. Telefonnummer der Dienststelle des einschreitenden Organes bzw. nicht deutliches Bekanntgeben der Dienstnummer des einschreitenden Organes am 6. Juli 2014 gegen 3.10 Uhr, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz wird festgestellt, dass die Richtlinie für das Einschreiten der Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Handeln des der Landespolizeidirektion Oberösterreich zuzurechnenden Organes am 6. Juli 2014 gegen 3.10 Uhr nicht verletzt wurde.

 

II.      Gemäß §§ 53 iVm 35 iVm § 1 VwG-Aufwandsersatzverordnung wird der Beschwerdeführer verpflichtet dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektion Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Schreiben an das Bundesministerium für Inneres und an die Korruptionsstaatsanwaltschaft vom 9. Juli 2014 erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) unter anderem Aufsichtsbeschwerde wegen der Nichtbekanntgabe der Dienstnummer, der Dienststelle und der Telefonnummer einschreitender Exekutivorgane der Landespolizeidirektion Oberösterreich im Zuge einer Amtshandlung am 6. Juli 2014.

 

Der Bf beantragte darin die Feststellung, dass eine Verletzung der Verordnung des Bundesministers für Inneres, mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen wurden (BGBl 266/1993; in der Folge: RLV), durch das Verhalten des einschreitenden Organes gegeben sei.

 

Der Bf führt dazu im Wort wie folgt begründend aus:

 

„Am 6.7.2014, um ca. 02.35 Uhr fuhr ich im Rahmen einer Taxifahrt vom Hauptplatz in Linz nach Gallneukirchen. Auf der Hafenstraße, unmittelbar nach der Fa. R. wurde ich von der Polizei angehalten und aufgefordert, auf den dort befindlichen Platz (hintere Firmenausfahrt) zuzufahren.

In der Folge wurde ich von einem Polizisten, ungepflegtes Äusseres, verwilderter Bart, fettleibig, nicht wirklich ordnungsgemäß adjustiert (verschmuddelte Uniform) beanstandet. Er sprach mich mit meinem Familiennamen an und meinte, ein ehemaliger Polizist hat schon die Gesetze zu kennen und ich habe beim Taxifahren ein Hemd und lange Hosen zu tragen. Der Polizist verlangte keinerlei Urkunden und gab an, ich solle weiterfahren sonst wird es wieder zum Schreiben.

Unter einem halte ich fest, dass ich wohl ein sauberes T-Shirt, aber auch lange Hosen trug. Da ich nicht aus dem Taxi ausstieg, hatte der Einschreiter auch gar keine Gelegenheit, eine Wahrnehmung in Bezug auf mein Beinkleid zu tätigen.

Meine Fahrgäste zeigten sich erbost über das provozierende Verhalten des Polizisten.

Gegen 03.10 Uhr kam ich zum Anhalteort auf der Hafenstraße (die Fahrt nach Gallneukirchen hatte ich erledigt) zurück, schaltete die Videdoaufnahme meines Handys ein und forderte nunmehr den Polizisten auf, mir seine Visitenkarte auszuhändigen. Gleichzeitig teilte ich ihm mit, dass ich nunmehr etwas mehr Zeit habe und setzte ihn auch davon in Kenntnis, dass ich die Amtshandlung auf Video aufnehme. Sogleich begann er zu schreien, er verbiete mir das Aufnehmen auf Video und forderte mich auf, das Handy sofort auszuschalten.

Das verweigerte ich und forderte ihn erneut auf, mir seine Visitenkarte auszuhändigen. Rasch nannte er nun eine Nummer und meinte, ich hätte seine Dienstnummer auf meinem Video. In der Folge forderte ich ihn auf, mir auch seine Dienststelle sowie die Telefonnummer der Dienststelle bekannt zu geben.

Er antwortete wörtlich: „Das geht sie überhaupt nichts an."

Nunmehr wies ich deutlich auf § 9 der RLV hin und forderte ihn erneut auf, mir seine Dienstnummer, die Dienststelle sowie die Telefonnummer der Dienststelle bekannt zu geben bzw. eine Visitenkarte auszuhändigen.

Seine Antwort: "Das geht sie nichts an. Machen sie endlich Meter. Sie stören eine Amtshandlung. Sie sind wohl schon zu lange weg von der Polizei. Die Gesetze haben sich geändert. Wenn sie nicht endlich Meter machen, nehme ich vom Recht der Wegweisung Gebrauch."

 

Ich teilte ihm mit, dass er mit mir eine Amtshandlung hat und fragte ihn nunmehr, wer der Lenker jenes Zivilstreifenwagens ist, dessen Motor die längste Zeit am Stand lief - im Fahrzeug, vermutlich ein Skoda mit x Kennzeichen, befand sich niemand. Bereits um 02.35 Uhr war bei diesem Pkw der Fahrzeugmotor gelaufen und ihm Fahrzeug befand sich ebenfalls niemand. Weiter hinten war noch ein Streifenwagen, VW, glaublich mit dem Kennzeichen x abgestellt. Dessen Fahrzeugmotor lief allerdings nicht.

Da mir der Einschreiter den Lenker nicht bekannt gab, fragte ich einen weiteren Polizisten nach dem Lenker des Fahrzeuges und weswegen der Fahrzeugmotor lief. Auch dieser verweigerte die Auskunft.

Also sagte ich wie folgt: "Wenn niemand von euch weiß wer das Fahrzeug hier abstellte und den Motor laufen lässt, werde ich eben den Zündschlüssel abziehen, diesen sicherstellen und zur Polizeidirektion bringen."

Kaum hatte ich das gesagt, stürzten alle vier Polizisten auf mich zu und der fettleibige, ungepflegte Polizist erfasste mich am rechten Oberarm und drängte mich mit aller Gewalt mit seinem Körper, mich fest am rechten Oberarm umklammernd, vom Anhalteplatz, zwischen Zaun und dem Fahrzeug mit dem laufendem Fahrzeugmotor, mehrere Meter in Richtung Gehsteig zur Hafenstraße und stieß mich schließlich mit dem Rücken gegen die dort befindliche Straßenlaterne.

Dabei sagte er wörtlich: "Ich mache von meinem Recht der Wegweisung Gebrauch. Sie stören eine Amtshandlung. Machen sie endlich Meter oder ich werde sie festnehmen."

Die einzige Amtshandlung hatte der Polizist allerdings mit mir und mit sonst niemanden. Auch die anderen Polizisten, welche alle auf mich zustürzten hatten keine Amtshandlung und beschäftigten sich ausschließlich mit mir.

Durch die körperlichen Attacken spürte ich zwar einen Druckschmerz am Oberarm sowie leichte Schmerzen am Rücken als er mich gegen die Straßenlaterne stieß, wurde aber nicht verletzt!

Um 03.17 Uhr ging ich daher weg um nicht festgenommen zu werden - teilte den Polizisten allerdings noch mit, dass sie von mir noch hören werden.

Dazu der ungepflegte Polizist hämisch lachend: "Wenn sie etwas schreiben haben wir wenigstens wieder etwas zum Lachen. So wie immer, wenn sie sich beschweren.!"

Die Dienstnummer ist am Video nicht einwandfrei verständlich weil der Polizist absichtlich so sprach um zu verhindern, dass die Dienstnummer verständlich klingt. Dürfte aber etwas mit der Zahl x zu tun haben.

Das 7-Minuten Video kann ich gerne vorspielen oder vielleicht überhaupt gleich ins Internet stellen!

 

Unter einem beantrage ich die Feststellung, dass eine Verletzung der RLV vorliegt.

Eine eventuelle Entscheidung durch das OÖ. Landesverwaltungsgericht stelle ich in Aussicht weil mir bekannt ist, dass erst vor wenigen Wochen in einer Angelegenheit bei der Polizei Perg gegen das Landespolizeikommando entschieden wurde.

Den ungepflegten Polizisten zeige ich wegen Nötigung, Gefährlicher Drohung und Missbrauchs der Amtsgewalt an.

Gegen den Lenker des Zivilstreifenwagens erstatte ich die Anzeige iS des § 102 Abs. 4 KFG 1967 wegen dem vorschriftswidrigen Laufenlassen des Motors.

Ich wende mich deshalb direkt an das Innenministerium, weil unter der Führung des P. die Polizei in Oberösterreich immer mehr verkommt und dieser mit der Führung ganz offensichtlich total überfordert ist. Ein typisches Beispiel dafür, dass auf gar keinen Fall die fachliche Qualifikation bei der Postenschacherei in Österreich maßgebend ist!

An die Korruptionsstaatsanwaltschaft wende ich mich deshalb, weil die STA in Linz für die Korruptheit bekannt ist, wenn es um Beamte geht...!!!“

 

2. Mit Schreiben vom 18. August 2014 teilte die Landespolizeidirektion (in der Folge: belangte Behörde) dem Bf den von ihr erhobenen und angenommenen Sachverhalt mit und folgerte, dass kein Fehlverhalten der einschreitenden Organe erkennbar sei.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wort wie folgt aus:

 

„Bezug nehmend auf Ihre an das Bundesministerium für Inneres und die Korruptionsstaatsanwaltschaft gerichtete und in der Folge zuständigkeitshalber an die Landespolizeidirektion Oberösterreich weitergeleitete Eingabe vom 9.7.2014 wird Ihnen mitgeteilt, dass die Angelegenheit von vorgesetzter Stelle überprüft wurde.

 

Der einschreitende Beamte wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert. Demnach haben Sie, wie Sie auch in Ihrer Eingabe mitteilten, den Beamten aufgefordert, seine Visitenkarte auszuhändigen. Da der Beamte keine Karte mehr mitführte - die letzte Karte hatte er bei einer Amtshandlung zuvor verbraucht und er war noch nicht dazugekommen, neue Karten zu besorgen - nannte er Ihnen seine Dienstnummer mündlich. Dies bestätigen Sie auch in Ihrer Eingabe. Da dem Beamten bekannt war, dass Sie das Gespräch auf Ihrem Handy aufnahmen, ging er davon aus, dass die Dienstnummer deshalb für Sie nachvollziehbar mündlich bekanntgegeben worden ist und er daher der Verpflichtung der Bekanntgabe der Dienstnummer auf andere zweckmäßige Weise im Sinne des § 9 RLV nachgekommen ist.

 

Dass die Dienstnummer nicht einwandfrei verständlich war, kann seitens der Landespolizeidirektion Oberösterreich nicht beurteilt werden. Die am Ort der Amtshandlung anwesenden Beamten konnten den Wortlaut jedenfalls wahrnehmen.

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich kann auf Grund der vorliegenden Stellungnahmen und Berichte kein Fehlverhalten bei der Bekanntgabe der Dienstnummer feststellen.

 

Die in Ihrer Eingabe dargelegten weiteren Vorwürfe werden sowohl von der Sicherheits-und verwaltungspolizeilichen Abteilung der LPD als auch von der Staatsanwaltschaft geprüft.“

 

3. Mit Schreiben vom 25. August 2014 (eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 26. August 2014) erhob der Bf Richtlinienbeschwerde gem. § 89 Abs. 4 SPG beim Landesverwaltungsgericht und stellt den Antrag, dass festgestellt werden möge, dass eine Richtlinienverletzung durch den Polizisten begangen wurde.

 

Begründend führt der Bf wie folgt aus:

 

„Innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist von 14 Tagen (persönliche Übernahme des Briefes der LPD am 20.8.2014 vom Briefträger) beantrage ich eine Entscheidung über eine Richtlinienbeschwerde und begründe wie folgt:

Am 6.7.2014, zwischen 03.10 und 03.17 Uhr forderte ich den Einschreiter in Linz, Hafenstraße, mehrmals auf, mir seine Visitenkarte auszuhändigen bzw. mir seine Dienststelle sowie die Telefonnummer dieser Dienststelle bekanntzugeben.

Der Polizist verweigerte jedoch die Bekanntgabe mit der Begründung, dies gehe mich nichts an. Auch als ich ihn auf die Gesetzesstelle (§ 9 RLV) hinwies und dezidiert auch aufforderte, die Daten aufzuschreiben verweigerte er mit der Begründung, dass ich seine Dienstnummer ohnehin auf dem Video hätte und der Rest gehe mich nichts an, ich solle lieber Meter machen, sonst werde er mich festnehmen. Im Übrigen hätten sich auch laut Aussage des Polizisten die Gesetze in der Zwischenzeit geändert und ich sei eben nicht mehr am laufenden weil ich schon zu lange von der Polizei weg sei!

Ganz am Anfang der Amtshandlung murmelte er absichtlich eine unverständliche, undeutliche Nummer und wies trotz mehrmaliger Aufforderung meinerseits darauf hin, dass ich seine Dienstnummer ohnehin schon auf dem Video hätte. Der Polizist wendete sich beim Murmeln der Dienstnummer absichtlich vom Mikrofon ab und wiederholte die Dienstnummer trotz mehrmaliger Aufforderungen meinerseits nicht ein einziges mal.

Laut Schreiben der LPD vom 18.8.2014 könne man zwar nicht sagen, ob die Dienstnummer auf dem Video verständlich sei, diese wurde jedoch von den übrigen Polzisten, von denen allerdings kein einziger angeben konnte, wer den Streifenwagen mit laufendem Motor abstellte, einwandfrei verstanden! Demnach hätte der Polizist die Dienstnummer für mich nachvollziehbar bekannt gegeben und er wäre daher seiner Verpflichtung - was ist allerdings mit der Dienststelle und der Telefonnummer der Dienststelle - zur Bekanntgabe der Dienstnummer angeblich nachgekommen.

Nur zu gut, dass die übrigen Polizisten alles verstanden, so nahmen sie dann wohl auch die Drohungen des Einschreiters sowie seine weiteren Äußerungen von wegen, die Dienststelle und deren Telefonnummer gehen mich nichts an, wahr!

Zur Aussage, der Einschreiter hätte zuvor angeblich seine letzte Visitenkarte verbraucht führe ich an, dass er auch auf andere, zweckmäßige Art und Weise seiner Verpflichtung iS des § 9 RLV hätte nachkommen können. So ist auf dem Video meine Aufforderung mehrmals deutlich wahrnehmbar, dass ich den Polizisten mehrmals aufforderte, eine Visitenkarte auszuhändigen oder gegebenenfalls die Daten aufzuschreiben und mir die Daten auszuhändigen!

Zur Rechtfertigung von wegen, er hätte die letzte Visitenkarte unmittelbar zuvor verbraucht, halte ich wie folgt fest:

Diesen Polizisten nahm ich bereits vor Mitternacht, also am 5.7.2014 bei auf der A7, Abfahrt X während einer anderen Taxifahrt wahr. Er war mit mehreren anderen Polizisten im Zuge eines Planquadrates zwecks Lenker- und Fahrzeugkontrolle tätig.

Nach dem Einrücken von diesem Einsatzort in x und dem neuerlichem Ausrücken zur x hätte er einerseits seine verschmuddelte Uniform wechseln, eine entsprechende Körperpflege durchführen und sich auch mit Visitenkarten versorgen können!!!

Das Nichtaushändigen des Führer- oder Zulassungsscheines ist iS des Gesetzes ein reines „Ungehorsamsdelikt" und strafbar. Auch dann, wenn man z.B. die Dokumente zu Hause vergessen hat.

Da allgemein bekannt ist, dass es bei der Polizei in Oberösterreich, offensichtlich ob der schwachen, inkompetenten Führung - die Postenbesetzung erfolgt nicht nach der fachlichen Qualifikation bzw. fachlichen Kriterien, sondern ausschließlich offensichtlich nur nach dem „Parteiengehorsam" -zahlreiche Ermittlungen - auch strafrechtlich relevante - gibt, war auch mit dem geg. Schreiben der LPD für O.Ö. vom 18.8.2014 keine objektive, rechtlich fundierte Stellungnahme zu erwarten.

Unter einem füge ich einen Gleichdruck meines Schreibens vom 9.7.2014 sowie eine Kopie des Schreibens der LPD für O.Ö. vom 18.8.2014 bei.

Auffallend ist auch, dass seitens der LPD der rechtliche Hinweis fehlt, dass nur binnen 14 Tagen nach Erhalt des Schreibens ein Antrag beim LvWG für O.Ö. zwecks Feststellung einer Richtlinienversetzung eingebracht werden kann!

Aus den angeführten Gründen beantrage ich die bescheidmäßige Feststellung, dass eine Richtlinienverletzung, begangen durch den Polizisten, vorliegt.“

 

4. Mit Schreiben vom 28. August 2014 forderte das Landesverwaltungsgericht die belangte Behörde unter Zusammenfassung der Beschwerdepunkte zur Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift – mit abschriftlicher Zusendung an den Bf – auf.

 

5. Mit Schreiben vom 16. September 2014 erstattete die belangte Behörde unter gleichzeitiger Aktenvorlage und Beantragung der vollumfänglichen und kostenpflichtigen Abweisung der Beschwerde nachstehende Gegenschrift:

 

„I. Sachverhalt

 

In der Nacht vom 5. Zum 6. Juli 2014 fand eine Schwerpunktaktion des Verkehrsreferates des SPK Linz statt, wobei ua die Kontrolle von Taxilenkern angeordnet war und in deren Verlauf in der Zeit von ca. 02.00 bis 03.30 Uhr eine Kontrollstelle im Bereich x in Linz eingerichtet wurde.

Im Zuge dieser routinemäßigen Verkehrskontrollen wurde auch das Taxi des Beschwerdeführers, in dem sich zu dieser Zeit Fahrgäste befanden, am
06. Juli 2014 gegen 02.31 Uhr von Revlnsp T. L. der Verkehrsinspektion Linz zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Der Beschwerdeführer war dem Beamten persönlich bekannt, er war nur wenige Stunden zuvor um 23.22 Uhr des 05.07.2014 von Revlnsp L. kontrolliert und wegen Delikten nach der Oö. Taxi- und Mietwagenbetriebsordnung (keine entsprechende Kleidung gem. § 6 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 1 Oö Taxi- und Mitwagen-Betriebsordnung iVm
§ 15 GelVerkG; Beleuchtung des Taxischildes nicht eingeschaltet gem. § 34 Abs. 7 iVm
§ 44 Abs. 1 Oö Taxi- und Mietwagenbetriebsordnung iVm § 15 Gel-VerkG) zur Anzeige gebracht worden, siehe Beilagen 1 und 2.

Revlnsp L beanstandete bei der Kontrolle um 02.31 Uhr neuerlich die nach der Oö. Taxi- und Mietwagen-Betriebsordnung nicht entsprechende Kleidung des Beschwerdeführers sowie den Umstand, dass bei der Beförderung von Fahrgästen das Taxischild nicht beleuchtet war und kündigte weitere diesbezügliche Anzeigen an, siehe Beilagen 3 und 4.

 

Anschließend wurde dem Beschwerdeführer die Weiterfahrt gestattet.

 

Ca. 3/4 Stunde später kam der Beschwerdeführer zum Standort der Verkehrskontrolle zurück, zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Kunden mehr im Taxi. Der Beschwerdeführer, der ein Handy in der Hand hielt und erklärte, dass er das Gespräch aufzeichnen würde, verlangte von Revlnsp L. die Visitenkarte mit der Dienstnummer sowie die Nennung der Dienststelle und die Telefonnummer der Dienststelle.

Revlnsp L erklärte ihm, dass er keine Visitenkarte bei sich habe - die letzte Karte habe er bei einer Amtshandlung zuvor verbraucht und er sei noch nicht dazu gekommen, sich neue Karten zu besorgen - und er gab seine Dienstnummer mündlich bekannt. Revlnsp L gab Mag. F. gegenüber an, dass er dem Beschwerdeführer die letzten vier Stellen (x) einer insgesamt siebenstelligen Dienstnummer (x) bekanntgab, da dies für eine eindeutige Identifizierung ausreiche und es auch leichter zu merken sei. Als Dienststelle nannte er die Landespolizeidirektion Oberösterreich, deren Telefonnummer dem Telefonbuch zu entnehmen wäre. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die Amtshandlung mit seinem Handy aufnahm, schien dies für den Beamten ausreichend nachvollziehbar, zumal der Beamte dem Beschwerdeführer aufgrund früherer Amtshandlungen bereits bekannt sein dürfte.

Bei der konkreten Amtshandlung waren Insp W. H. der Verkehrsinspektion Linz, Insp J. Z. der PI E und Insp F. O., dzt. Absolvent des Fachkurses beim B, zugegen. Revlnsp L. beendete in weiterer Folge die Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer und hielt ein anderes Fahrzeug zum Zwecke der Fahrzeugkontrolle an.

 

Der Beschwerdeführer bemängelte in weiterer Folge, dass beim am Kontrollpunkt abgestellten Dienstfahrzeug (x, Audi A6) der Motor lief und verlangte zu wissen, wer der Lenker sei, andernfalls er den Schlüssel abziehen und bei der nächsten Polizeidienststelle abgeben würde. Dabei ging der Beschwerdeführer in Richtung des Dienstfahrzeuges, weshalb er von Insp O. mit Nachdruck aufgefordert wurde, dies zu unterlassen. Aufgrund seines uneinsichtigen Verhaltens wurde der Beschwerdeführer schließlich von Revlnsp L. am Oberarm ergriffen und mit maßhaltender Gewalt einige Schritte zurückgezogen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er sich beschweren würde und verließ den Ort der Amtshandlung. Er wurde wegen seines Verhaltens nach § 81 Abs. 1 SPG (Ordnungsstörung) zur Anzeige gebracht, siehe Beilage 5.

Weiters wurde der Beschwerdeführer neuerlich (Tatzeit 03.15 Uhr) wegen des Tragens nicht entsprechender Kleidung beim Lenken eines Taxis nach der Oö. Taxi- und Mietwagenbetriebsordnung sowie wegen eines nicht funktionierenden Abblendlichtes nach § 102 Abs. 1 KFG zur Anzeige gebracht, siehe Beilagen 6 und 7.

Im Zusammenhang mit gegenständlicher Amtshandlung war vom Beschwerdeführer am 11.7.2014 eine Anzeige nach den §§ 302, 105 und 107 StGB, § 102 Abs. 4 KFG und § 9 RLV an das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung ergangen, welche am 16.7.2014 der Landespolizeidirektion mit dem Ersuchen um Veranlassung erforderlicher Maßnahmen im eigenen Bereich übermittelt wurde, da keine Zuständigkeit des BÄK nach dem BAK-G erkannt werden konnte, Beilage 8. Die Erhebungen wegen der dem Beamten vom Beschwerdeführer vorgeworfenen Gerichtsdelikte werden derzeit vom K des S L geführt.

Das wegen Verdacht nach § 102 Abs. 4 KFG (Laufenlassen des Motors des Dienst-Kfz am Stand während der Verkehrskontrollen) gegen den Beamten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gemäß § 45 VStG eingestellt (Anm.: Im Kofferraum des Streifenwagens war der Alkomat x eingebaut, mit welchem während der Schwerpunktaktion Alkotests durchgeführt wurden. Zum Betrieb des Alkomaten bei mehreren aufeinander folgenden Alkotests ist eine Betriebsspannung erforderlich, welche die Fahrzeugbatterie allein über einen längeren Zeitraum nicht aufrecht erhalten kann. Daher war es notwendig, den Fahrzeugmotor zur Versorgung der Fahrzeugbatterie und den daran angeschlossenen Verbrauchern laufen zu lassen), siehe Beilage 9.

Das vom Büro Organisation, Strategie und Dienstvollzug der Landespolizeidirektion Oberösterreich an den Beschwerdeführer in gegenständlicher Angelegenheit am 18.8.2014 gem. § 89 Abs. 2 SPG ergangene Antwortschreiben ist gemeinsam mit der Rechtfertigung des Beamten als Beilage 10 angeschlossen.

 

II. Rechtliche Würdigung

 

Gemäß § 97 Abs. 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen udgl.) zum Anhalten aufzufordern.

Gemäß § 31 Abs. 1 SPG hat der Bundesminister für Inneres zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens und zur Minderung der Gefahr eines Konfliktes mit Betroffenen durch Verordnung Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erlassen. Im Speziellen ist in diesen Richtlinien zur näheren Ausführung gesetzlicher Anordnungen unter anderem dafür vorzusehen, dass (§ 31 Abs. 2 Ziff. 2 SPG) die Bekanntgabe der Dienstnummern der einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in einer der jeweiligen Amtshandlung angemessenen Weise, in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte zu erfolgen hat.

In der gemäß § 31 SPG erlassenen Richtlinien-Verordnung (RLV), BGBl.Nr. 266/1993 idgF ist dazu folgendes ausgeführt:

Gemäß § 9 Abs. 1 der RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen ihre Dienstnummer bekanntzugeben. Dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Die Bekanntgabe der Dienstnummer aus anderen Anlässen ist dem Organ freigestellt.

Gemäß § 9 Abs. 2 der RLV ist die Dienstnummer in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekanntzugeben. Sofern gewährleistet ist, dass dem Betroffenen die Dienstnummer auf andere Weise unverzüglich zur Kenntnis

 

gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden. Die zusätzliche Nennung seines Namens ist dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes freigestellt.

Nach ho. Ansicht entspricht die mündliche Bekanntgabe der Dienstnummer den Bestimmungen nach § 9 Abs. 2 der RLV (... kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden) und konnte der einschreitende Beamte aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer erklärt hatte, das Gespräch mit dem Beamten mit seinem Handy aufzeichnen zu wollen, davon ausgehen, dass die mündliche Bekanntgabe der Dienstnummer auch dokumentiert wurde. Die üblicherweise verwendeten Visitenkarten waren dem Beamten nicht verfügbar, weil er die letzte in Zuge einer Unfallaufnahme während des Nachtdienstes vom 3. zum 4.7.2014 einer Partei ausgehändigt hatte.

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind im Verwaltungsstrafverfahren abzuhandeln und nicht Gegenstand der Richtlinienbeschwerde.

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich stellt den Antrag, die Richtlinienbeschwerde wegen Nichtaushändigung einer Visitenkarte kostenpflichtig als unberechtigt abzuweisen.

 

III. Kosten

 

An Kosten werden im Sinne der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, verzeichnet.

Vorlageaufwand:          € 57,40

Schriftsatzaufwand:  € 368,80

 

Gegebenenfalls wird als Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde € 461,00 geltend gemacht.“

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht erhob Beweis durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Akt, die eingebrachten Schriftsätze und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Ladung des handelnden Organes.

 

2. Aufgrund der sich so darstellenden Beweislage, der Aussagen des Zeugen L und der Angaben des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist nachfolgender Sachverhalt festzustellen:

 

In der Nacht vom 5. auf 6. Juli 2014 fand eine Schwerpunktaktion des Verkehrsreferates der Landespolizeidirektion statt. Es war hier u.a. die Kontrolle von Taxilenkern angeordnet. Im Zuge dessen wurde im Bereich der
x in L eine Kontrollstation eingerichtet. Im Laufe der Schwerpunktkontrollen wurde in der verfahrensgegenständlichen Nacht auch der Bf mit seinem Taxi (mit Fahrgästen) angehalten und kontrolliert (ca. 2.31 Uhr). Diese Kontrolle wurde abgeschlossen und sodann dem Bf die Weiterfahrt erlaubt. Ca. eine 3/4 Stunde später kehrte der Bf zum Kontrollort zurück. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine Amtshandlung mit dem Bf. Der Bf ging auf den Zeugen – welcher die vormalige Kontrolle u.a. durchgeführt hatte – zu, hielt ein aktives Handy zur Video- bzw. Tonaufzeichnung vor den Zeugen. Daraufhin forderte er den Zeugen auf, ihm eine Visitenkarte auszuhändigen, seine Dienststelle und die Telefonnummer der Dienststelle zu nennen. Der Zeuge teilte dem Bf daraufhin mit, dass er die Aufzeichnung unterlassen solle. Weiters teilte der Zeuge dem Bf mit, dass er die letzte Visitenkarte bei einer vormaligen Amtshandlung ausgegeben habe und keine weitere Visitenkarte zur Verfügung habe. Daraufhin nannte der Zeuge dem Bf von Angesicht zu Angesicht die letzten vier Stellen seiner Dienstnummer (x). Diese Ziffern reichen zur Identifikation des Exekutivorganes aus. Der Zeuge ist im Zeitpunkt der Nennung davon ausgegangen, dass seine Worte für den Bf verständlich waren und auf der Aufnahme für diesen hörbar sind. Der Bf hat diese vier Ziffern auch verstanden. Zudem ist festzustellen, dass nicht festgestellt werden kann, dass diese Nennung der Ziffern auf der Aufnahme nicht ordentlich hörbar sind, da der Bf die Wiedergabe der Aufnahme verweigert und die Aussagen des Bf’s hinsichtlich der Aufnahmequalität und seines Vertrauens darauf widersprüchlich sind. Vielmehr ist festzustellen, dass der Bf die Dienstnummer des Zeugen verstanden und sich diese auch gemerkt hat. Einerseits ist das Vorbringen des Bf hinsichtlich des Vertrauens auf die Aufnahme widersprüchlich, denn er gibt an, dass er gesehen habe, wie sich der Zeuge bei der Bekanntgabe der Dienstnummer vom Mikrofon weggedreht und genuschelt habe. Anderorts gibt der Bf aber auf die Frage, warum er nicht selbst sofort die Dienstnummer mit dem Handy aufgenommen habe, an, dass er eben auf die Aufnahme vertraut habe. Wie der Bf jedoch auf eine derart – in seiner Aussage skizzierte – Aufnahme unter „erschwerten“ Bedingungen vertrauen vermochte, konnte der Bf nicht erklären. Hinzutritt, dass auch keine Zweifel an der Gedächtnisstärke des Bf bestehen können, zumal dieser selbst sofort seine (alte) Dienstnummer aus seiner aktiven Zeit als Exekutivorgan wiedergeben kann.

 

Weiters ist festzustellen, dass der Zeuge dem Bf die Dienstnummer nicht aufgeschrieben, dem Bf die Telefonnummer der Dienststelle nicht genannt und dem Bf die Adresse der Dienstelle nicht bekannt gegeben hat.

 

 

III.

 

1. Funktionell zuständig sind in Bezug auf sämtliche der in Art. 130 Abs. 1 B-VG geregelten Beschwerdetypen – und damit auch für auf § 89 SPG gestützte Richtlinienbeschwerden – nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG grundsätzlich die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

2. Gemäß § 2 VwGVG iVm SPG iVm § 3 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichter zur Entscheidung zuständig.

 

3. Gemäß § 31 Abs. 2 Z. 2 SPG i.V.m. § 9 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung, BGBl.Nr. 266/1993 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 155/2012 (im Folgenden: RLV), haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen hin ihre Dienstnummer bekanntzugeben; dies gilt jedoch nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre.

 

3.1. Nach § 9 Abs. 2 RLV ist die Dienstnummer in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekanntzugeben. Sofern gewährleistet ist, dass dem Betroffenen die Dienstnummer auf andere Weise unverzüglich zur Kenntnis gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden.

 

4. Gemäß § 89 Abs. 4 SPG hat jeder, dem gemäß § 89 Abs. 2 SPG mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Das Landesverwaltungsgericht hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

 

5. Einleitend ist festzuhalten, dass die Beschwerde des Bf rechtzeitig iSd § 89 Abs. 4 SPG eingebracht wurde.

 

5.1. Zunächst ist zu erkennen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Richtlinien für das "Einschreiten" der Organe (§ 31 Abs. 1 SPG 1991), die sie bei der "Erfüllung ihrer Aufgaben" (§ 5 Abs. 1 RLV) zu beachten haben, erlassen wurden. Unter "Einschreiten" ist - unter Beachtung des Zwecks der Richtlinien, Konflikte zwischen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und Betroffenen zu mindern - ein unmittelbar gegen einen Dritten gerichtetes oder sonst außenwirksames Amtshandeln zu verstehen (VwGH vom 16. Juni 1999, Zl. 98/01/0477).

 

5.2. Insofern erfährt der Begriff der Amtshandlung Konturen. Die Amtshandlung ist vom bloßen hoheitlichen bzw. schlichthoheitlichen Tätigwerden der Exekutivorgane abzugrenzen. Unter Amtshandlung ist sohin ein Handeln von Exekutivorganen gegenüber einer bestimmten Person oder Personengruppe zu verstehen.

 

5.3. Gemäß § 9 Abs. 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen von einer Amtshandlung Betroffenen ihre Dienstnummer bekannt zu geben. Im konkreten Fall stellt sich nun die Frage, ob nach formaler Beendigung einer Amtshandlung eine Betroffenheit von eben dieser (vormaligen) Amtshandlung weiter gegeben sein kann und sich der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 RLV hierauf erstreckt.

 

5.3.1. Blickt man auf § 30 Abs. 1 SPG, so ergibt sich zunächst, dass der Gesetzgeber den Konnex zwischen der Handlung der Exekutivorgane und dem „Auskunftsrecht“ differenziert erfasst. § 30 Abs. 1 SPG spricht im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 RLV davon, dass „[...] Bei der Ausübung von Befugnissen [...]“ der Betroffene von der Dienstnummer auf Verlangen in Kenntnis zu setzen ist. In diesem Zusammenhang endet das Informationsrecht des § 30 Abs. 1 SPG idR konsequent mit der Beendigung der Ausübung der Befugnisse (vgl. VwGH vom 29. Juni 2000, Zl. 96/01/1071; Hauer/Keplinger, SPG4 § 30 Anm. 4 mN). Anders formuliert hingegen § 9 Abs. 1 RLV. Hierin wird auf eine Betroffenheit von einer Amtshandlung abgestellt. Diese Betroffenheit kann sich aber in zeitlicher Hinsicht auch nach Abschluss der Amtshandlung fortsetzen. Insofern legt diese Wortwahl einen im Vgl. zu § 30 SPG (zeitlich) weiteren Anwendungsbereich der Verhaltensregeln der RLV im Punkt der Identifikationsregeln nahe.

 

5.3.2. §§ 31 Abs. 1 und 89 Abs. 2 SPG konkretisieren dahingehend, dass die RLV ihre Anwendung lediglich „[...] beim [...]“ Einschreiten der Organe, von dem der Beschwerdeleger „[...] betroffen [...]“ war, entfaltet.

 

5.3.3. Insofern kann hieraus geschlossen werden, dass der Anwendungsbereich der Verhaltensrichtlinie des § 9 Abs. 1 RLV mit dem Einschreiten absolut begrenzt ist. Da nun aber nicht auf die konkrete Ausübung der Befugnisse (vgl. § 30 SPG) abgestellt wird, sondern die bloße Betroffenheit von der Amtshandlung ausreicht, ist das formale Ende der Amtshandlung für die Anwendung der Verhaltensregel des § 9 Abs. 1 RLV nicht als harte (zeitliche) Zäsur anzusehen, zumal die Beendigung selbst meist keine scharfen zeitlichen Grenzen aufweist. Vor dem Hintergrund der Intention des Gesetzgebers bei Einführung des Systems der relevierbaren Berufspflichten (Hauer/Keplinger, SPG4 299) und im Hinblick auf § 9 Abs. 1 RLV muss dem Betroffenen eine (kurze) Überlegungsfrist gewährt werden, in der er seinen Informationsentschluss fassen kann. Diese Überlegungsfrist ist aber iSd §§ 31 Abs. 1 und 89 Abs. 2 SPG derart zu verstehen, dass ein enger Konnex zur Amtshandlung erforderlich ist und sich an der konkreten Amtshandlung orientiert.

 

6. In diesem Zusammenhang ist im verfahrensgegenständlichen Fall zu erkennen, dass im Zeitpunkt des Auskunftsersuchens des Bf keine Amtshandlung stattgefunden hat. Vielmehr fand 45 Minuten vor dem Auskunftsersuchen eine Amtshandlung statt, in die der Bf eingebunden war. Im Zuge dieser Amtshandlung bestand die Berufspflicht nach der RLV. Der enge zeitliche Konnex zu dieser Amtshandlung ist durch den verstrichenen Zeitraum durchbrochen und war daher der Anwendungsbereich der RLV iSd § 9 Abs. 1 nicht mehr gegeben.

 

7. Selbst wenn man von einem solchen Zusammenhang ausgeht, ist zu erkennen, dass der Anordnung des § 9 Abs 2 RLV durch das einschreitende Organ entsprochen wurde. Dem Bf wurde die zur Identifizierbarkeit notwendige Dienstnummer ausreichend zur Kenntnis gebracht. Der Bf hat die verbale Bekanntgabe verstanden und sich diese Dienstnummer auch gemerkt. Das einschreitende Organ konnte zudem davon ausgehen, dass der Bf die Dienstnummer mit seinem Handy, für ihn hörbar, aufgenommen hat.

 

8. Gemäß § 9 Abs. 2 RLV ist die Bekanntgabe der Dienstnummer in der Regel durch Aushändigen einer Visitenkarte durchzuführen. Dies ist aber entsprechend der Formulierung nicht der ausschließlich verpflichtende Modus – nur die Regelmodus. Sofern nämlich gewährleistet ist, dass dem Bf die Dienstnummer auf andere Weise (z.B. auch verbal) unverzüglich zur Kenntnis gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden.

 

Hierbei ist zu erkennen, dass lediglich im Modus der Bekanntgabe der Dienstnummer im Wege der Visitenkarte auf dieser auch die Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer enthalten sind. Wird eine andere zweckmäßige Weise durchgeführt, so reduziert sich die Kommunikation auf die Dienstnummer.

 

8.1. Insofern kann – da der Modus der verbalen Mitteilung der Dienstnummer gewählt wurde – aus diesem Grund keine Verletzung der RLV erkannt werden.

 

9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach den §§ 53, 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 2013/517 ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 887,20 Euro (Vorlageaufwand:57,40 Euro + Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro + Verhandlungsaufwand: 461 Euro) zuzusprechen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen waren, der grundsätzliche Bedeutung zukommen und dazu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soweit ersichtlich vorhanden ist. Als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist zunächst die Interpretation des Begriffes der Amtshandlung zu erkennen. Einerseits ist hier die Frage – im Hinblick auf LVwG-780016/2/Gf/Rt – der Abgrenzung zur schlichten Dienstverrichtung bzw. Aufgabenwahrnehmung der Exekutivorgane angesprochen, andererseits ist die Abgrenzung zum Begriff des Einschreitens iSd § 31 SPG Thema. In weiterer Folge kann die zeitliche Komponente der Geltung des § 9 Abs. 1 RLV als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erkannt werden, zumal auf die Betroffenheit von einer Amtshandlung abgestellt wird und dies einen Unterschied zu § 30 SPG (samt der dazu vorhandenen Rsp des Verwaltungsgerichtshofes) darstellt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 24. Mai 2016, Zl.: Ro 2015/01/0015-4