LVwG-350127/12/GS/PP

Linz, 26.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn M.B.,
geb. x, x, x, vom 3.1.2015 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23.12.2014, GZ: 3.01-ASJF, betreffend Einstellung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23.12.2014, GZ: 3.01-ASJF, wurde hinsichtlich Herrn M.B., x, x, entschieden:

 

„1. Die mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2.5.2008 und 27.12.2012 zuerkannte Leistung wird mit 31.12.2014 einge­stellt.

 

2. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wird gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen.

 

Rechtsgrundlagen

 

Zu 1. §§ 27, 34 OÖ. BMSG iVm § 4 Abs. 1 Z 1.“

 

Ihren Bescheid begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der nunmehrige Beschwerdeführer (in Folge: Bf) aufgrund des Bescheides vom Bürgermeister der L. L. vom 2.5.2008 eine Leistung sozialer Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes („Sozialhilfe“) bezogen habe. Per Bescheid vom 27.12.2011 wäre dem Bf ab 1.10.2011 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden Geldleistungen für alleinstehende Personen zuerkannt worden. Im Rahmen von Überprüfungen des Haushalts wäre in den letzten Jahren mehrmals versucht worden, den Bf an seinem gemeldeten Hauptwohnsitz anzutreffen. So wäre er am 23.10.2012 um 10:30 Uhr, 24.10.2012 um 11:40 Uhr, 25.10.2012 um 18:20 Uhr, 10.7.2013 um 8:50 Uhr, 12.7.2013 um 12:00 Uhr, 15.7.2013 um 14:00 Uhr, 19.7.2013 um 10:00 Uhr, 13.3.2014 um 10:30 Uhr, 17.3.2014 um 11:15 Uhr, 18.3.2014 um 9:20 Uhr, 23.10.2014 um 18:30 Uhr, 24.10.2014 um 12:00 Uhr, 27.10.2014 um 8:30 Uhr und am 3.11.2014 um 11:00 Uhr nicht angetroffen worden. Nach den ersten Erhebungen des Aufenthaltes am 31.8.2011 um 9:20 Uhr, am 1.9.2011 um 10:45 Uhr und am 2.9.2011 um 9:40 Uhr, bei denen der Bf nicht angetroffen worden wäre, hätte der Bf am 3.1.2012 niederschriftlich erklärt, dass er sich einerseits ausschließlich an seinem Hauptwohnsitz aufhalte und sich andererseits abmelden würde, sollte aufgrund seiner Krankengeschichte ein Aufenthalt außerhalb von L. erforderlich sein. Seither wären die angeführten Erhebungen erfolgt, bei denen der Bf nicht in der Wohnung angetroffen worden wäre. Der Bf wäre am 6.11.2014 schriftlich dazu aufgefordert worden, die Abrechnungen von Strom und Wärme sowie die Kontoauszüge der letzten sechs Monate zu belegen. Dieser Aufforderung sei der Bf insofern nachgekommen, als er am 19.11.2014 seine Stromrechnung sowie die Kontoauszüge belegt hätte. Für das Fehlen der Abrechnung der Wärme wäre mündlich Nachsicht erteilt worden, da diese noch nicht beim Bf eingetroffen sei. Laut dem am 19.11.2014 belegten Detailplan zur Jahresabrechnung der L. AG, Strom hätte der Bf in der Zeit von 1.10.2013 bis zum 30.9.2014 Strom der L. AG in einem Ausmaß von 5 kWh verbraucht. Dazu sei Folgendes festzuhalten: Der gesamte Energieverbrauch des Haushaltes des Bf laut Abrechnung der L. AG entspreche etwa dem einer 50 Watt Glühlampe, die ein Jahr lang täglich etwa 16 Minuten leuchtet. Laut fernmündlicher Auskunft des L. AG Kundencenters auf die allgemeine Frage, was dieser Stromverbrauch bedeuten könne, wäre angegeben worden, dass eine Wohnung mit diesem Stromverbrauch wohl leer stehe. Selbst ein Kühlschrank höchster Energie­effizienzklasse habe einen höheren Jahresstromverbrauch als auf dem einge­brachten Detailplan zur Jahresabrechnung der L. AG abgerechnet worden wäre. Der Bf hätte auf das Schreiben von der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 5.12.2014 insofern reagiert, als er am 16.12.2014 ein Schriftstück eingebracht hätte, in dem er ausgeführt habe, dass er sich viel in der frischen Luft aufhalten müsse, da ihm das vom Arzt empfohlen worden wäre. Er erkläre den geringen Stromverbrauch insofern, als er die Wohnung am Abend  überwiegend mit Kerzen beleuchte und er über keine der in durchschnittlichen Haushalten üblichen Elektrogeräte wie Kühlschrank, Herd, Waschmaschine und Fernseher verfüge. Außerdem gab er in diesem Schreiben an, auch üblicherweise außerhalb der eigenen Wohnung das Angebot seines Fitnessstudios zu duschen annehme. Seine Mahlzeiten nehme er außerhalb der Wohnung ein, etwa durch das Angebot eines S.-Marktes, da er selbst nicht kochen könne. Als weiteren Hinweis zum geringen Stromverbrauch gebe er an, die allgemeine Waschküche seines Wohnhauses zu nutzen. Die Angabe zur Waschmaschine wäre seither erhoben worden, es zeige sich, dass er wie angegeben die Waschküche des Hauses nutzen könne. Ein Waschgang koste wie von ihm angegeben etwa
20 Eurocent. Aufgrund der Erhebungsergebnisse sowie der belegten Strom­abrechnung werde dennoch davon ausgegangen, dass er sich nicht an seiner gemeldeten Adresse, sondern hauptsächlich an einem anderen Ort in einem Haushalt, den der Bf nicht bekannt gegeben habe, aufhalte. Da er dadurch die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 4 Oö. BMSG nicht erfülle, werde die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs mit 31.12.2014 eingestellt.

 

I.2. In der dagegen von Herrn B. rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 3.1.2015 bringt der Bf begründend im Wesentlichen vor, dass er eine Stromnachzahlung von 189,57 Euro habe (siehe Beilage). Es gebe auch Zeugen, die ihn mindestens drei Mal in der Woche in der Wohnung gesehen hätten. Laut Anordnung seiner Ärzte müsse er sich sehr viel bewegen: d.h. Fitnessstudio, walken, spazieren gehen, wandern, soviel wie möglich wegen des gesund­heitlichen Zustandes. Im Jahr 2002 hätte er einen Herzinfarkt gehabt, der auch seine Psyche komplett kaputt gemacht habe – es wären Angstzustände wegen Herzrasen dazugekommen. Er hätte die Anordnung vom Arzt, sehr viele Kontakte mit Menschen zu haben, nicht allein in der Wohnung zu sitzen (wegen der Psyche). Es habe auch Gespräche mit seinem Betreuer Herrn F. gegeben, dass er viel unterwegs sein solle und lerne da auch Frauen kennen, bei denen er auch öfters übernachte. Herr F. habe gesagt, dass das kein Problem, sondern Privatsache sei. Es gäbe auch nie eine Vorschrift, wie oft er in der Wohnung sein müsse. Das Einzige, was er gemacht hätte laut Anordnung seiner Ärzte, dass er sich sehr viel bewegen müsse und durch seine Psyche sehr viel Kontakt mit anderen Menschen haben müsse (Arztbrief liegt im Akt). Es sei eine Katastrophe, wenn wer keine positive Entscheidung bekomme.

 

I.3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 24.1.2015 dem Oö. Landes­verwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

I.4. Mit Schreiben vom 5.2.2015, beim Oö. LVwG eingelangt am 9.2.2015, brachte der Bf eine „Beschwerde – Ergänzung“ zum gegenständlichen Verfahren ein.

 

I.5. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.3.2015. An dieser nahmen der Bf, zwei Vertreter der belangten Behörde sowie die als Zeugin geladene direkte Nachbarin Frau M.H. teil.

 

 

II. Das Oö. LVwG geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf M.B. ist österreichischer Staatsbürger, ledig, und hat seinen Hauptwohnsitz in L., x, angemeldet. An dieser Adresse hat er im Tiefparterre eine ca. 40 m² große Wohnung gemietet.

An Elektrogeräten besitzt der Bf dort ein Radio, eine mobile Kochvorrichtung und eine Filterkaffeemaschine. Fernseher und Kühlschrank hat er nicht.

Seine Wäsche wäscht der Bf regelmäßig in der Gemeinschaftswaschmaschine des Wohnhauses.

Der Bf entleert regelmäßig seinen Postkasten.

Von der unmittelbar neben ihm wohnenden Nachbarin Frau M.H. wurde er regelmäßig im Wohnhaus x gesehen.

3 – 4 Mal pro Woche nächtigt der Bf in seiner Wohnung. Fixe Lebensgefährtin hat der Bf keine.

Aufgrund des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2.5.2008 bezog der Bf eine Leistung sozialer Hilfe des Lebensunterhaltes. Mit 1.10.2011 wurde dem Bf bis zum verfahrensgegenständlichen Einstellungs­bescheid Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen für alleinstehende Personen zuerkannt („Bedarfsorientierte Mindestsicherung“).

 

 

III. Beweiswürdigung

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem LVwG schilderte der Bf, dass er lediglich 3 – 4 Mal in der Woche in seiner Wohnung übernachtet. Er führte weiters im Wesentlichen aus, dass er im Durchschnitt 3 – 4 Mal pro Woche aufgrund ärztlicher Empfehlung im Fitnessstudio trainiert und sich immer außer Haus etwas zu essen besorgt, da er nicht kochen kann. Seine Wäsche wäscht er regelmäßig in der Gemeinschaftswaschmaschine seines Wohnhauses (20 Cent/ Waschgang).

Die als Zeugin geladene unmittelbare Nachbarin des Bf (im Tiefparterre befinden sich nur die Wohnung des Bf und die der Zeugin) schilderte glaubwürdig, dass sie den Bf in den letzten Jahren (Ausnahme: die letzten paar Wochen seit dem Einstellungsbescheid) regelmäßig im Wohnhaus x in L. gesehen hat. Weiters sagte sie aus, dass sie den Bf auch hin und wieder bei der Gemeinschaftswaschmaschine angetroffen hat. An einen überfüllten Postkasten des Bf kann sie sich nicht erinnern. Die Zeugin hatte nie das Gefühl, dass Herr B. tatsächlich gar nicht mehr in der x in seiner Wohnung lebt.

Aufgrund dieser glaubwürdigen Aussagen der unmittelbaren Nachbarin des Bf geht die erkennende Richterin in Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Bf nach wie vor an dieser Adresse hauptwohnsitzgemeldet ist und seitens der belangten Behörde noch kein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Meldegesetz eingeleitet worden ist, davon aus, dass sich der Bf die meiste Zeit in seiner Wohnung aufhält.

Der Bf legte dem Gericht eine Bestätigung seines Fitnessstudios vor, wonach er von Jänner 2014 bis Ende November 2014 regelmäßig 3 – 4 Mal die Woche im Studio trainiert hat. Ein regelmäßiges Duschen im Fitnessstudio ist demnach nachvollziehbar.

Ein regelmäßiges körperliches Training wird ärztlicherseits aufgrund seines Gesundheitszustandes empfohlen. Weiters bewegt sich der Bf viel im Freien (walken, spazieren gehen, wandern).

Die regelmäßigen Fitnessstudiobesuche und das ständige Bewegungsprogramm im Freien erklären, dass der Bf bei insgesamt 14 Überprüfungen innerhalb eines 2-jährigen Beobachtungszeitraumes (23.10.2012 – 3.11.2014) durch Organe der belangten Behörde nicht in seiner Wohnung angetroffen wurde.

Der niedrige Energieverbrauch erklärt sich durch die kleine Wohnungsgröße, das regelmäßige Duschen des Bf im Fitnessstudio, das Fehlen eines Kühlschrankes und Fernsehers, Essenseinnahme außer Haus und der Tatsache, dass der Bf zirka
3 Mal pro Woche außer Haus nächtigt (bei verschiedenen Frauen und Freunden).

In Anbetracht der genannten glaubwürdigen Aussage der unmittelbar neben dem Bf wohnenden Nachbarin schenkt die erkennende Richterin den Aussagen des Bf über die regelmäßige Anwesenheit in seiner Wohnung Glauben.

 

 

IV. Rechtsgrundlagen und rechtliche Erwägungen:

 

IV.1. Der Bf hat sowohl eine (fristgerechte) Beschwerde als auch eine Beschwerde – Ergänzung erstattet, wobei letztere außerhalb der 4-wöchigen Beschwerdefrist eingegangen ist.

 

Gemäß § 27 VwGVG erfolgt die Prüfung des angefochtenen Bescheides „auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4)“. Laut § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG muss der Bf die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, vorbringen. Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich eine Bindung des Verwaltungsgerichtes an die vorgebrachten Beschwerdegründe.

 

Aufgrund der Fristbindung der Beschwerde können dabei nur jene Beschwerde­gründe relevant sein, die innerhalb der 4-wöchigen Beschwerdefrist vorgebracht werden. Eine spätere Ergänzung der Beschwerde um weitere Gründe vermag den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes daher nicht mehr zu erweitern, sodass die vom Bf eingebrachte Beschwerde – Ergänzung keine rechtlichen Wirkungen hat.

 

Im konkreten Fall hat dies für den Bf in Bezug auf den Prüfungsumfang freilich keine weiteren Auswirkungen, war doch auch schon der ursprünglichen Beschwerde jedenfalls zu entnehmen, aus welchen Gründen die Wohnung nach wie vor von ihm tatsächlich bewohnt wird.

 

IV.2. Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 1 Abs. 1 des Landesgesetzes, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindest­sicherung in Oberösterreich erlassen wird (Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG), LGBl. 74/2011 idgF, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. BMSG soll(en) durch bedarfsorientierte Mindestsicherung

1.   soziale Notlagen verhindert werden (präventive Hilfe),

2.   Personen befähigt werden, soziale Notlagen aus eigener Kraft abzuwenden und dauerhaft zu überwinden (Hilfe zur Selbsthilfe),

3.   die notwendigen Bedürfnisse von Personen, die sich in sozialen Notlagen befinden, gedeckt werden (Hilfe zur Bedarfsdeckung),

4.   eine nachhaltige soziale Stabilisierung angestrebt werden.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. BMSG ist bei der Leistung bedarfsorientierter Mindest-sicherung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körper­liche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraus­setzung des § 19 oder des § 19 a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.

a)   österreichische Staatsbürgerinnen oder –bürger oder deren Familienan­gehörige,

b)   Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c)   EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d)   Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Dauerauf­enthalt-Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e)   Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist die Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4

1.   von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2.   bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§7).

 

Eine soziale Notlage gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt bei Personen vor,

1.   die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2.   den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaften leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

§ 19 Meldegesetz sieht vor:

(1) Die Meldebehörde hat auf Grund der im Melderegister enthaltenen Melde­daten auf Antrag zu bestätigen, dass, seit wann und wo der Antragsteller oder ein Mensch, für den die Meldepflicht trifft, angemeldet ist (Meldebestätigung)

(2) Auf begründeten Antrag hat sich eine Meldebestätigung auf frühere Anmeldungen einschließlich der zugehörigen Abmeldungen innerhalb einer Orts­gemeinde zu beziehen. Meldebestätigungen auf Grund der im Zentralen Melde­register enthaltenen Daten beziehen sich stets auf alle aufrechten Anmeldungen im Bundesgebiet oder die letzte Abmeldung; die dafür zu entrichtenden Verwaltungsabgaben sind in der gemäß § 16a Abs. 8 zu erlassenden Verordnung festzusetzen.

 

Den Erläuterungen zu den Bestimmungen des § 4 Oö. BMSG (vgl. AB 434/2011 BlgLT XXVIII.GP) ist zu entnehmen, dass die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung im Wesentlichen jenen nach § 6 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 und 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 entsprechen. Allerdings wird zur Erleichterung des Vollzuges eine nähere Umschreibung des rechtmäßigen Aufenthalts vorgenommen. Die konkreten Antragserfordernisse bestimmen sich nach § 28 Oö. BMSG und den darin zitierten melderechtlichen Vorschriften.

Mit dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts (vgl. VwGH 16.6.1992, 92/11/0031) im Abs. 1 Z 1 ist nicht bloß ein vorübergehender Aufenthalt gemeint. Aus Aufenthaltsort wird sohin der Ort anzusehen sein, wo sich jemand die meiste Zeit aufhält. Die Absicht, sich dauernd an diesem Ort niederzulassen, ist nicht erforderlich. Ein bloß kurzfristiger Aufenthalt an einem Ort ohne die Absicht, dort Wohnung zu nehmen oder längere Zeit zu bleiben, wie z.B. ein Aufenthalt während einer Reise oder zu Besuchszwecken, reicht zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Regelfall nicht aus.

 

Der gewöhnliche Aufenthalt ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes einerseits vom vorübergehenden Aufenthalt und andererseits vom ordentlichen Wohnsitz abzugrenzen. Unter dem gewöhnlichen Aufenthalt ist jener Ort zu verstehen, in dem in der bestimmten und erkennbaren Absicht Aufenthalt genommen wird, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen. Für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes ist eine gewisse Dauer erforderlich und, dass dort auch tatsächlich der Mittelpunkt des Lebens liegt. Als gewöhnlicher Aufenthaltsort ist nur der Ort anzusehen, wo sich jemand die meiste Zeit aufhält.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Oö. BMSG ist die Leistung mit schriftlichem Bescheid einzu­stellen, wenn eine der Leistungen für den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung wegfällt. Dies gilt auch dann, wenn der Hilfsbedürftige seinen Hauptwohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt, in den örtlichen Zuständigkeitsbereich einer anderen Bezirksverwaltungsbehörde verlegt.

 

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Einstellungsbescheid konkret offensichtlich auf das Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG: Gewöhnlicher Aufenthalt im Land und Erfüllung der Voraussetzungen des
§ 19 Meldegesetz....

 

Die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. 9/1992 idF BGBl. I 135/2009, sind dann erfüllt, wenn alternativ entweder eine Meldebe­stätigung oder eine Hauptwohnsitzbestätigung für Obdachlose in Oberösterreich vorliegt.

Unstrittig hat der Bf seinen Hauptwohnsitz in der xin L., Oberösterreich, angemeldet.

Nach hL entfaltet eine Hauptwohnsitzmeldung Tatbestandswirkung für die Frage, welcher Ort als Hauptwohnsitz einer Person gilt, sodass von einem Haupt­wohnsitz auch dann auszugehen ist, wenn die Bezeichnung zu Unrecht erfolgt ist. (s. dazu mwN Thienel, Art. 6 B-VG, in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1.Lfg.1999 Rz 87 ff).

 

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist davon auszugehen, dass sich der Bf die meiste Zeit in seiner Wohnung in der x in L., Oberösterreich, aufhält, wo er auch seinen Hauptwohnsitz angemeldet hat. Dadurch, dass der Bf regelmäßig im Wohnhaus gesehen wurde, sein Postkasten laufend entleert wurde und er in der Gemeinschaftswaschküche seine Wäsche reinigt, ist die Absicht des Bf erkennbar, dass dort der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen liegt. Die Wohnung ist daher als Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen anzusehen. Somit ist auch die persönliche Anspruchsvoraussetzung des „gewöhnlichen Aufenthaltes im Land Oberösterreich“ gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG gegeben.

 

Zusammenfassend wird festgehalten, dass aus den angeführten Gründen die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 Oö. BMSG nach wie vor gegeben sind, weshalb die belangte Behörde den angefochtenen Einstellungs­bescheid zu Unrecht erlassen hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, nämlich der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzu­heben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger