LVwG-650293/2/SCH/SA

Linz, 15.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der H.V. AG, x, vertreten durch die Rechtsanwälte G, x, vom 30. Dezember 2014 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems  vom 5. Dezember 2014, GZ. VerkR01-551-1-2013-Hm, wegen Vorschreibung einer Gebühr gemäß § 4 Abs. 5b StVO 1960,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene behördliche Bescheid behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Bescheid vom 5. Dezember 2014, VerkR01-551-1-2013-Hm, der Vorstellung der H.V. AG, x, vom 12. August 2014 gegen den Mandatsbescheid vom 6. August 2014, VerkR01-551-1-2013-Hm, keine Folge gegeben und im Bescheidspruch Nachstehendes angeordnet:

„Sie haben als Haftpflichtversicherer des Herrn P. am 17.02.2014 das Unfallprotokoll angefordert, welches Ihnen am 18.02.2014 übermittelt wurde. Für diese Amtshandlung wurde Ihnen die Gebühr von 36 Euro vorgeschrieben. Die Gebühr ist binnen 4 Wochen mittels beiliegendem Erlagschein auf das angeführte Konto zu überweisen. Wenn Sie diese Zahlungsaufforderung nicht befolgen, muss der Geldbetrag durch Einbringung einer Exekution hereingebracht werden.“

Als Rechtsgrundlage wurde § 4 Abs. 5b StVO 1960 angeführt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin, nunmehr rechtsfreundlich vertreten, rechtzeitig Beschwerde eingebracht.

Diese ist samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden. Damit ist dessen Zuständigkeit zur Entscheidung gegeben, die gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter wahrzunehmen ist.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG nicht erforderlich.

 

3. Dem angefochtenen Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 21. November 2013 hat sich an einer in der entsprechenden Polizeianzeige näher umschriebenen Örtlichkeit ein Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden ereignet, an dem Herr R.P., dessen Kraftfahrzeug bei der Beschwerdeführerin haftpflichtversichert ist, beteiligt war. Vom zweitbeteiligten Unfalllenker ist – obwohl ein gegenseitiger Identitätsnachweis möglich gewesen wäre – eine Unfallaufnahme durch Polizeiorgane herbeigeführt worden. Bei ihm ist laut Aktenlage die hiefür gemäß § 5b StVO 1960 vorgesehene Gebühr von 36 Euro eingehoben worden.

 

In der Folge hat die Beschwerdeführerin mit nach Verbesserungsauftrag erfolgter Eingabe vom 17. Februar 2014 Akteneinsicht begehrt. Dieses Schreiben ist im Verein mit der vorangegangenen Eingabe vom 11. Dezember 2013 zu verstehen, worin es heißt:

„Nach unseren Informationen sollen über diesen Vorfall bei Ihnen Unterlagen aufliegen. Als Versicherer haben wir ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht. Bitte senden Sie uns gegen Kostenvergütung eine Kopie der Akte. Die Ermächtigung hiefür legen wir bei…“

 

In dieser, ebenfalls im Akt einliegenden „Ermächtigung“ heißt es:

„H.V. AG wird von mir aus Anlass dieses Vorfalles ermächtigt, in die Strafakte, in meine Krankengeschichte, in Befunde, Gutachten etc. der Krankenkasse und sonstiger Sozialversicherer Einsicht zu nehmen und Abschriften bzw. Fotokopien anzufertigen…“

Diese Ermächtigung ist vom Versicherungsnehmer der Beschwerdeführerin unterfertigt worden.

Somit ist die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung auch zutreffend ausführt, als Vertreterin des Unfallbeteiligten im Sinne des § 10 AVG anzusehen. Im Wesen einer Vertretung liegt es naturgemäß, dass die vom Vertreter gesetzten Handlungen dem Vertretenen zuzurechnen sind. Schon aus diesem Grund kann die Erklärung eines Vertreters nicht für seine Person die Rechtswirkungen entfalten, die er dadurch herbeiführt, sondern müssen sich diese auf den Vertretenen beziehen.

 

Abgesehen davon stellen die Bestimmungen des § 4 Abs. 5 und 5a StVO 1960 auf die in Abs. 1 genannten Personen ab. Diese sind jene, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Wenn nunmehr § 4 Abs. 5b StVO 1960 die Einhebung einer Gebühr von 36 Euro für Verständigungen nach Abs. 5 und Meldungen nach Abs. 5a unter den dort genannten Bedingungen vorsieht, dann kann es sich bei den Verpflichteten nur um Personen im Sinne des § 4 Abs. 1 StVO 1960, also die Unfallbeteiligten, handeln. Die Gebühr kann daher auch nur solchen Personen vorgeschrieben werden und nicht anderen, etwa dem Haftpflichtversicherer eines Unfallbeteiligten.

Die Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs. 5b StVO 1960 besagen, dass der Gesetzgeber dabei von der Überlegung ausging, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Aufnahme von Verkehrsunfällen, bei denen lediglich Sachschaden entstanden ist und ein Identitätsnachweis möglich war, ein bislang kostenloses Service erbracht haben, wofür seit Inkrafttreten dieser Bestimmung am 1. Juli 1996 eben nunmehr eine Gebühr fällig wird. Es geht also um diese Dienstleistung der Exekutive vor Ort und nicht darum, dass allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt, etwa bei der versicherungsrechtlichen Abwicklung des Unfallschadens, eine Ausfertigung des polizeilichen Protokolles beansprucht wird.

Die Beschwerdeführerin ist daher mit ihren in diese Richtung abzielenden Ausführungen im Rechtsmittel im Ergebnis im Recht, weshalb der Beschwerde Folge zu geben war.

 

 

Zu II.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

S c h ö n