LVwG-300584/9/KLi/BD

Linz, 01.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 13. Jänner 2015 des T C, geb. x, x, x, vertreten durch die Dr. H O R KG, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 9. Dezember 2014,
GZ: BZ-Pol-77087-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Dezember 2014,
GZ: BZ-Pol-77087-2014, wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) vorgeworfen, er habe als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der C KG, x, x (Arbeitgeberin), welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keine Bevollmächtigten bestellt habe, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten: Die o.a. Firma habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, ab 19. August 2014, 8.00 Uhr bis zumindest zur Kontrolle am 20. August 2014 um 9.30 Uhr, Frau M J, geb., als Dienstnehmerin (Reinigungsarbeiten) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt. Es sei keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt. Obwohl diese Dienstnehmerin nicht von der Vollversicherung im Sinne des
§ 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensions-versicherung vollversichert sei, sei hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden.

 

Über den Bf wurde deshalb gemäß § 111 iVm § 33 Abs. 1 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheits-strafe von 146 Stunden verhängt. Ferner wurde der Bf verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 218 Euro zu leisten.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 13. Jänner 2015, mit welcher das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang angefochten wird.

 

Zusammengefasst bringt der Bf vor, dass es sich bei den Arbeitsleistungen der Frau M J um eine unentgeltliche Mithilfe einer Verwandten im Familienbereich handeln würde. Diese sei nur als Gast im Lokal des Bf anwesend gewesen und habe ohne Absprache mit diesem begonnen, bei Reinigungs­arbeiten im Zusammenhang mit einer Baustelle zu helfen, dies ohne Auftrag und ohne jede Vereinbarung über eine Entgeltlichkeit.

 

Wenngleich es nachvollziehbar sei, dass eine „familiäre Mithilfe“ im Rahmen einer GmbH nicht möglich sei, wären diese Voraussetzungen hier nicht gegeben. Bei der vom Beschuldigten geführten KG, bei der lediglich die Gattin des Beschuldigten als Kommanditistin eingetragen sei, sei es völlig unverständlich, dass dieses Unternehmen nicht als Familienbetrieb angesehen werde. Der von der belangten Behörde angeführte Vergleich mit einer Kommanditgesellschaft von 100 bis 1.000 Mitarbeitern sei deshalb nicht nachvollziehbar. Eine familiäre Mithilfe in einer Kommanditgesellschaft, wie jener des Bf und seiner Ehegattin, müsse daher möglich sein.

 

Die Zeugin M J, welche die Cousine der Ehegattin des Bf sei, habe freiwillig im Unternehmen mitgeholfen. Die Begründung der belangten Behörde, dass in der Folge ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der C KG und der Zeugin M J angestrebt worden sei, könne nicht zur Verneinung einer Mithilfe im Familienbereich führen.

 

Es werde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Bf eingeleitete Verwaltungsstraf­verfahren einzustellen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Bf betreibt in x, x, das Unternehmen C KG. Es handelt sich hiebei um den Betrieb eines Restaurants, welcher bereits seit einiger Zeit durchgeführt wird. Zusätzlich ist geplant, am selben Standort auch ein Hotel mit 16 Zimmern zu errichten und zu betreiben.

 

II.2. Im Sommer 2014 wurden Baustellenarbeiten zur Errichtung des Hotels durchgeführt. Es waren dazu Professionisten auf der Baustelle tätig, welche die Umbaumaßnahmen für die Errichtung des Hotels durchführten.

 

II.3. Der Bf ist persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der C KG. Seine Ehegattin, C C, ist die einzige Kommanditistin dieser Gesellschaft. Bei der Zeugin M J handelt es sich um die Cousine der Ehegattin des Bf.

 

II.4. Die Cousine war zunächst in der Nähe von Zagreb tätig und reiste später nach Österreich, um dort eine Beschäftigung im Hotel des Bf anzutreten. Geplant war, dass die Cousine dort als Zimmermädchen tätig werden sollte. Wenige Wochen vor dem geplanten Antritt des Beschäftigungsverhältnisses begab sich die Cousine nach Österreich, um gemeinsam mit dem Bf und seiner Ehegattin für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung Sorge zu tragen und die Formalitäten zu erledigen. In dieser Zeit wohnte die Cousine beim Bf, wo sie kostenlos Unterkunft und Verpflegung erhielt. Um nicht für die kurze Zeit bis zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung wieder zurück nach Kroatien reisen und sodann wieder nach Österreich zurückkehren zu müssen, wurde diese Verein­barung aus Vereinfachungsgründen getroffen.

 

Die Cousine hatte für die Gewährung von Kost und Logis kein Entgelt zu leisten. Vielmehr bestand zwischen dem Bf, seiner Ehegattin und deren Cousine die Auffassung, dass es im Bereich einer Verwandtschaft normal sei, sich derartige Leistungen zu gewähren. Im Gegenzug war die Cousine dazu bereit, auf die drei Kinder des Bf aufzupassen und seine Ehegattin im Haushalt zu unterstützen, dies nicht zuletzt deshalb, da diese wegen des Betriebs des Restaurants und der Baustelle beruflich ausgelastet war.

 

Zwischen der C KG und dem AMS war auch bereits eine Übereinkunft dahingehend getroffen worden, dass die Beschäftigungsbewilligung relativ kurzfristig positiv entschieden werden könnte. Die Cousine bzw. der Bf warteten daher lediglich noch die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ab. Bereits im Zuge der Vorbereitung der Eröffnung des Hotels hätte die Cousine dort sodann arbeiten können, um zum Beispiel Zimmer vorzubereiten, Reinigungsarbeiten zu verrichten und Betten zu beziehen.

 

II.5. Eine Vereinbarung darüber, welche Tätigkeiten die Cousine in der Zwischenzeit bis zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung bzw. zum Antritt ihres Dienstverhältnisses verrichten sollte, wurde nicht getroffen. Es war auch nicht Bedingung für den Bf, dass ihm die Cousine im Restaurant und/oder Hotelbetrieb helfen müsste, um erst danach die angebotene Dienststelle zu erhalten. Vielmehr hätte sie diese Arbeit ohnehin bekommen. Der Bf oder dessen Ehegattin haben der Cousine auch nicht aufgetragen, sie solle zwischenzeitig im Restaurantbetrieb behilflich sein und dort Reinigungs- und/oder Servicearbeiten verrichten.

 

Vielmehr bestand für alle Beteiligten die Auffassung, dass im Rahmen einer Familie derartige Hilfsdienste unentgeltlich erbracht werden. Die Cousine hatte auch die Auffassung, freiwillig zu helfen und sich gleichsam für Kost und Logis zu revanchieren. Darüber hinaus war es für die Cousine auch selbstverständlich, für den Erhalt von Kost und Logis Geschirr wegzuräumen, einen Tisch abzuwischen etc., so wie dies auch ein Besucher bei Freunden durchführt.

 

II.6. Am Kontrolltag begab sich zunächst der Bf auf die Baustelle. Seine Ehegattin und die Cousine kamen später nach. Die Kinder des Bf waren zu dieser Zeit in der Schule, sodass die Cousine nicht alleine zuhause bleiben wollte. Deshalb kam man überein, dass sie mit ins Lokal kommen könnte. Erst zur Mittagszeit begab sich die Cousine jeweils nach Hause, weil dann auch die Kinder des Bf von der Schule nach Hause kamen und sie dann nicht mehr alleine war.

 

Am Kontrolltag befanden sich die Cousine und die Ehegattin des Bf im Restaurant. Der Bf befand sich auf der Baustelle. Seine Ehegattin musste das Restaurant noch einmal kurz verlassen und ließ die Cousine dort zurück. Der Cousine wurde nicht aufgetragen, dass sie in der Zwischenzeit Aufräum- oder Reinigungstätigkeiten verrichten sollte. Dennoch entschied sich die Cousine freiwillig dazu, derartige Leistungen zu verrichten, zumal die Angestellten des Restaurantbetriebes erst um 10.00 Uhr dort eintreffen würden.

 

II.7. Noch während die Ehegattin des Bf vom Restaurant abwesend war, begann die Kontrolle durch die Finanzpolizei. Diese Kontrolle konzentrierte sich zunächst auf den Baustellenbetrieb zur Hotelerrichtung. Im Zuge der Kontrolle wurde allerdings auch die Cousine angetroffen. Eine Vernehmung der Cousine zu den von ihr verrichteten Reinigungsarbeiten erfolgte nicht. Auch der Bf wurde nur am Ende seiner Vernehmung zur Beschäftigung der Cousine befragt, während das Hauptaugenmerk der Kontrolle auf der Beschäftigung von Baustellenarbeitern lag.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zur C KG und zur Eigenschaft des Bf und dessen Ehegattin ergeben sich aus dem Akteninhalt bzw. aus dem darin befindlichen Firmenbuchauszug. Hiebei handelt es sich um völlig unbedenkliche Erhebungsergebnisse, welche den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden konnten.

 

III.2. Die Feststellungen zum Geschäftsbetrieb des Bf gehen ebenfalls aus dem Akteninhalt hervor. Ferner hat der Bf in seiner Vernehmung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich seinen Restaurantbetrieb bzw. den geplanten Hotelbetrieb nachvoll­ziehbar geschildert. Dieser Geschäftsbetrieb blieb auch allseits unbestritten. Auch diese Sachverhaltsfeststellungen konnten daher problemlos getroffen werden.

 

III.3. Die persönlichen Verhältnisse des Bf, seiner Ehegattin sowie der Zeugin M J gehen ebenfalls schon aus dem Akteninhalt hervor und haben sich auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wiederum bestätigt. Insbesondere hat sich auch ergeben, dass es sich bei der Zeugin M J um die Cousine der Ehegattin des Bf handelt, welche somit in verwandtschaftlicher Beziehung steht.

 

III.4. Die Feststellungen zur geplanten Beschäftigung der Cousine und zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung haben sich ebenfalls im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergeben. Sowohl der Bf als auch dessen Ehegattin und die Cousine wurden dazu befragt. Die Aussagen aller Beteiligten waren übereinstimmend, wirkten aber dennoch nicht abgesprochen. Insbesondere gaben sowohl der Bf als auch seine Ehegattin an, dass mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Oberösterreich beim AMS ein entsprechender Antrag eingebracht worden war. Beide Ehegatten gaben an, dass mit einer positiven Erledigung nach den Aussagen der zuständigen Mitarbeiterin des AMS Oberösterreich gerechnet werden hätte können. Auch die Aussage der Cousine stimmte damit überein. Anhaltspunkte dafür, den Erledigungen der Formalitäten keinen Glauben zu schenken, haben sich somit im Verfahren nicht gezeigt.

 

Ebenso erscheint es nachvollziehbar, dass der Bf – nachdem mit einer positiven Erledigung kurzfristig zu rechnen gewesen wäre – kein Risiko dahingehend eingehen wollte, durch eine vorzeitige Beschäftigung der Cousine gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen zu verstoßen und dadurch die positive Erledigung zu gefährden. Wenngleich offensichtlich der Bf bereits in der Vergangenheit mit Verstößen gegen das AuslBG konfrontiert war, konnten derartige Verstöße dem nunmehrigen Verfahren nicht zugrunde gelegt werden.

 

Darüber hinaus hat sich im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch ergeben, dass der Bf für die Reinigungs- und Aufräumarbeiten in seinem Restaurantbetrieb ohnehin über fix angestellte Mitarbeiter verfügte, während derartige Tätigkeiten auf der noch nicht abgeschlossenen Baustelle für den Hotelbetrieb noch gar nicht erforderlich waren. Für den Zeitraum der Vorbereitungsarbeiten zur Eröffnung des Hotels hätte die Cousine bereits über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt.

 

Die Darstellungen des Bf, seiner Ehegattin und der Cousine dahingehend dass man bis zu diesem Zeitpunkt abwarten wollte, erscheinen daher glaubwürdig. Dass die Cousine auch Kost und Logis im Haus des Bf erhielt, um nicht nach Einreichung der Anträge für die Beschäftigungsbewilligung kurzzeitig zurück nach Kroatien und später nach Österreich zurückkehren zu müssen, erscheint plausibel. Dass sich die Cousine dadurch revanchierte, im Haushalt zu helfen oder auf die Kinder aufzupassen, stellt tatsächlich eine familienhafte Mithilfe dar.

 

III.5. Die Regelung der Zwischenzeit, dass die Cousine im Haus des Bf wohnen konnte, ist somit glaubhaft. Dass die Cousine allerdings nicht tagtäglich alleine zuhause bleiben wollte und deshalb am Vormittag mit ins Lokal kam und am Nachmittag zum Wohnhaus zurückkehrte, ist daher durchaus vorstellbar. Die Ehegattin des Bf und die Cousine haben außerdem unter Wahrheitspflicht angegeben, dass ihr keinerlei Auftrag dazu erteilt wurde, im Lokal zu helfen. Außerdem war es nicht Bedingung für den Erhalt einer Arbeitsstelle im Hotel des Bf, dass diese zuerst im Lokal aushelfen hätte müssen. Auch die Ehegattin des Bf trug der Cousine nicht auf, sich zwischenzeitig im Restaurantbetrieb nützlich zu machen.

 

Vielmehr sah es die Cousine als eine familiäre Verpflichtung, als Gegenleistung für Kost und Logis im Restaurantbetrieb zu helfen. Diese Hilfe erfolgte freiwillig. Darüber hinaus handelte es sich dabei nicht um gründliche Reinigungstätigkeiten, sondern um kleine Handreichungen, so zum Beispiel das Abservieren von Kaffee­geschirr oder das Ausputzen von Aschenbechern. Umfassende Arbeitsleistungen wurden von der Cousine nicht erbracht und waren ihr auch nicht aufgetragen worden. Hiefür gab es angestelltes Personal des Bf.

 

III.6. Auch am Kontrolltag wurde der Cousine kein Auftrag dazu erteilt, während der Abwesenheit des Bf oder dessen Ehegattin in der Zwischenzeit im Lokal Tätigkeiten zu verrichten. Nachdem das angestellte Servicepersonal noch nicht im Lokal eingetroffen war, entschied sich die Cousine selbst dazu, in der Zwischenzeit das von ihr verwendete Kaffeegeschirr wieder zu reinigen. Die Cousine begründete dies damit, dass es normal sei, derartige Handreichungen zu verrichten, wenn man bei Verwandten zu Besuch ist.

 

III.7. Die Kontrolltätigkeiten der Finanzpolizei konzentrierten sich in erster Linie auf die Überprüfung der Baustelle und der dort beschäftigten Bauarbeiter. Allerdings wurde auch die Cousine im Restaurant bzw. auf der Baustelle angetroffen. Die Cousine selbst wurde zu ihren Tätigkeiten nicht befragt. Der Bf wurde lediglich am Ende seiner Vernehmung dazu vernommen. Von einem zirka 3,5-seitigen Protokoll beschränkt sich die diesbezügliche Vernehmung auf einen 8-zeiligen Absatz. Detaillierte Erhebungen wurden weder von der Finanzpolizei noch von der belangten Behörde getätigt, sodass aus der kurzen Beschreibung der Reinigungsarbeiten der Cousine kein Beschäftigungsverhältnis abgeleitet werden konnte.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unab­hängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie ent­weder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienst­geber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsver­sicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundes­gesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungs­widrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsüber­tretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

IV.5. Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaft­liche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg.cit. können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürger­lichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden. Ferner ist gemäß Abs. 3 leg.cit. ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirt­schaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Nach Abs. 4 leg.cit. sind Schein­geschäfte und andere Scheinhandlungen für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend. Gemäß Abs. 5 leg.cit. gelten die Grundsätze, nach denen (1.) die wirtschaftliche Betrachtungsweise, (2.) Schein­geschäfte, Form­mängel und Anfechtbarkeit sowie (3.) die Zurechnung nach den §§ 21 und 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechts und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5. die Berichterstattungspflicht;

6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9. die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, indem das unterschiedliche Gewicht beim einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

V.2. Gegenständlich ist insofern zu beurteilen, welche der oben genannten Merkmale im Sinne einer wertenden Gesamtschau überwiegen und ob sich daraus ein Dienstverhältnis und eine unselbständige Tätigkeit ergibt oder nicht.

 

Anhand des festgestellten Sachverhaltes lässt sich ersehen, dass die Cousine nicht aufgrund von Anweisungen des Bf oder dessen Ehegattin tätig wurde. Wenngleich zu einem späteren Zeitpunkt eine Beschäftigung im Betrieb des Bf angedacht war, hat eine solche zum Kontrollzeitpunkt noch nicht stattgefunden.

 

Vielmehr war der Bf selbst im Zeitpunkt der Dienstverrichtungen bzw. unmittel­bar davor im Restaurantbetrieb gar nicht anwesend. Auch die Ehegattin des Bf hat der Cousine nicht aufgetragen, sie solle inzwischen im Lokal sauber machen oder aufräumen. Dementgegen war es so, dass die Cousine bis zum Dienstantritt im Haus des Bf zu Gast war und aufgrund des bestehenden Verwandtschafts­verhältnisses dort wohnen konnte. Insofern erachtete es die Cousine als angebracht, sich dadurch zu revanchieren, dass sie kleinere Handreichungen selbst verrichtete.

 

Die Cousine war auch noch nicht in den Geschäftsbetrieb integriert, sie arbeitete nicht im Verband mit anderen Mitarbeitern. Vielmehr wusste sie lediglich, dass es noch weitere Angestellte gab, die im Laufe des Vormittages ihren Dienst antraten, war aber selbst noch nicht in diesen Arbeitsverband eingegliedert.

 

Insgesamt ergibt sich somit, dass die Merkmale einer unselbständigen Tätigkeit nicht derart gravierend waren, dass von einer solchen ausgegangen hätte werden können.

 

V.3. Die Behörde ist berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, wie dies im gegenständlichen Fall bei Reinigungsarbeiten der Fall ist), die jedoch nur, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 12. September 2012, Zl. 2010/08/0237). Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungs­verhältnis steht, da dies – wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen – unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 22. Juli 2013,
Zl. 2012/08/033, mwN.) [VwGH 19.12.2012, 2012/07/0165; 26.05.2014, 2012/08/0207]. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165).

 

V.4. Im vorliegenden Fall kann von der Vermutung einer unselbständigen Tätigkeit nicht von vorneherein ausgegangen werden. Insbesondere hat sich im Zuge des Verfahrens nämlich ergeben, dass es sich bei der angetroffenen Person um die Cousine der Ehegattin des Bf handelte. Im Rahmen des Erhebungs­verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kam darüber hinaus hervor, wie genau der Ablauf einer Anstellung der Cousine im Betrieb des Bf geplant war. Es hat sich insofern ergeben, dass bereits ein Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eingeleitet worden war, mit dessen positivem Abschluss in Kürze gerechnet wurde. Insofern ist es auch plausibel, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Risiko einer arbeitsrechtlichen Verwaltungs­übertretung eingegangen worden wäre. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch, dass Arbeitsleistungen der Cousine im Kontrollzeitpunkt noch nicht erforderlich waren. Im Restaurantbetrieb waren diese nicht geboten, zumal dort ohnehin bereits angemeldete Mitarbeiter tätig waren; im Hotelbetrieb waren die Baustellenarbeiten noch nicht so weit fortgeschritten, dass hier bereits Vorbereitungsarbeiten für die Eröffnung durch die Cousine geleistet werden hätten müssen.

 

Dass die Cousine sich veranlasst sah, im Haushalt oder im Lokalbetrieb selbst kleinere Aufräumarbeiten zu verrichten, kann noch nicht dazu führen, dass hier eine unselbständige Tätigkeit unter Anweisung des Bf verrichtet worden wäre. Vielmehr erscheint es lebensnahe, dass die Cousine nicht alleine im Haus des Bf bleibt, während dieser und die Ehegattin im Betrieb arbeiten und die Kinder in der Schule sind, sondern dass sie selbst einen anderen Zeitvertreib für sich sucht oder sich „nützlich macht“. Darüber hinaus hat sich auch ergeben, dass die Cousine nicht jeden Tag Reinigungsarbeiten im Restaurantbetrieb oder auf der Baustelle verrichtete.

 

V.5. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen Erkenntnisse vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0285, mwN, und vom 14. Jänner 2010, Zl. 2009/09/0276, sowie auf letzteres Bezug nehmend, das vom 19. Jänner 2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungs­gesetz ergangenen Erkenntnisse vom 18. Mai 2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0101) [VwGH 12. Juli 2011, 2009/09/0101 und
19. Dezember 2012, 2012/08/0165].

 

V.6. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ergibt sich insofern sehr wohl ein verwandtschaftliches Naheverhältnis zwischen der Cousine und dem Bf.

 

V.7. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass einem Vorbringen zu Gefälligkeitsleistungen entsprechend auf den Grund gegangen werden muss.

 

In der Entscheidung vom 21. September 1995, 95/09/0124, hatte der Beschwerdeführer nämlich im Ergebnis das Vorliegen einer bewilligungs­pflichtigen Beschäftigung damit bestritten, dass sowohl Kost und Logis als auch die von den Ausländern erbrachten Leistungen letztendlich auf deren verwandt­schaftlicher Beziehung zu seiner Ehegattin beruht hätten. Kost und Logis seien ihnen nämlich als Verwandtenbesuch (Gäste) eingeräumt worden, die von ihnen geleisteten Arbeiten stellten einen Freundschafts- bzw. Verwandtschaftsdienst dar. Anlass ihres Besuches seien nicht die Arbeiten an seinem Wohnhaus gewesen, sondern die Verbesserung der Deutschkenntnisse und die Erkundung von Arbeitsmöglichkeiten in Österreich. Damit hat der Beschwerdeführer aber Tatsachen behauptet, die nicht von vornherein als rechtlich unerheblich ange­sehen werden können. Sollten sie nämlich zutreffen, ist nicht auszuschließen, dass die Tätigkeit der angetroffenen Ausländer bei verständiger Gesamt­würdigung aller im Beschwerdefall maßgeblichen Umstände nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen ist. Erweist sich nämlich, dass die Ausländer wegen ihres Verwandtschaftsverhältnisses gleichsam aus Gefälligkeit aufgenommen wurden, kann daraus nicht mehr zwingend eine Beziehung zu den von ihnen verrichteten Arbeiten gezogen werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1990, 90/09/0062). Nach der Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht jede Tätigkeit schlechthin schon als Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen (im Beschwerdefall kommt die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit.a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit.b) in Betracht, wobei dafür nach ständiger Rechtsprechung die Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden maßgebend ist (vgl. die Erkenntnisse vom
11. Juli 1990, 90/09/0062, vom 17. Jänner 1991, 90/09/0159, vom
26. November 1992, 92/09/0193 und vom 22. April 1993, 92/09/0384) [VwGH 21. September 1995, 95/09/0124].

 

In einer weiteren Entscheidung vom 11. Juli 1990, 90/09/0062, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit einem Vorbringen auseinanderzusetzen, wonach der Beschwerdeführer über Ersuchen des ihm bekannten Vaters eines angeblichen Dienstnehmers diesen bei sich aufgenommen hatte, ihm zwar kein Entgelt, jedoch freie Kost und Unterkunft gewährte, wofür der angebliche Dienstnehmer stundenweise im Stall und bei Heuarbeiten des Beschwerdeführers mithalf. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit den Akten des Verwaltungsverfahrens davon aus, dass der genannte Ausländer beim Beschwerdeführer freie Kost und freies Quartier gehabt hat. Sie zog weiters daraus den Schluss, dass der genannte Ausländer „dafür unentgeltlich stundenweise in der Landwirtschaft und im Gastbetrieb“ Arbeiten verrichtet habe. Abgesehen davon, dass damit noch nicht hinreichend die für das Vorbringen einer persönlichen bzw. wirtschaftlichen Abhängigkeit erforderliche Beweis­führung erbracht bzw. Feststellungen darüber getroffen worden sind, entbehrt diese Schlussfolgerung auch des logisch zwingenden Zusammenhanges, insbesondere deshalb, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, dass er den genannten Ausländer gleichsam aus Gefällig-keit gegen dessen ihm bekannten Vater bei sich aufgenommen habe. Eine Aus-einandersetzung mit diesem Vorbringen ist dabei unterblieben, weil die belangte Behörde von der Rechtsauffassung ausgegangen ist, dass bereits die Duldung, das bedeutet im Ergebnis die Nichtunterbindung von Tätigkeiten eines Aus-länders in dem im Beschwerdefall gegebenen Rahmen (Landwirtschaft und gast-gewerblicher Betrieb), selbst wenn diese Tätigkeiten ohne jegliche Verpflichtung, lediglich gefälligkeitshalber erbracht worden sind, bereits eine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstelle [VwGH 11. Juli 1990, 90/09/0062].

 

V.8. Der vorliegende Fall ist mit den bisher entschiedenen Fällen vergleichbar. Ein verwandtschaftliches Naheverhältnis konnte vom Bf, dessen Ehegattin und deren Cousine nachgewiesen werden. Es kann auch nicht automatisch von einer unselbständigen und anmeldepflichtigen Tätigkeit der Cousine ausgegangen werden, nur weil zu einem späteren Zeitpunkt eine derartige Beschäftigung tatsächlich geplant war. Die Besonderheit des gegenständlichen Falles liegt tatsächlich darin, dass aufgrund der erst später geplanten Beschäftigung die Cousine bereits in Österreich aufhältig war, um zunächst die verwaltungs­behördlichen Bewilligungsverfahren durchzuführen und sodann zuzuwarten, bis die entsprechenden behördlichen Entscheidungen vorliegen. Nachdem von Seiten der Behörden eine kurzfristige Erledigung angekündigt worden war, ist es auch lebensnahe, dass die Cousine bis zum Vorliegen der Bestätigungen nicht extra wieder in ihre Heimat zurückreist, sondern diese kurze Zeitspanne in Österreich abwartet. Nachdem ohnedies ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Bf bestand, wurden ihr von diesem eben angeboten, Kost und Logis bei ihm zu erhalten. Der organisatorische Ablauf ruft insofern keine Bedenken hervor.

 

V.9. Einen sehr ähnlichen Fall hatte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. September 2012, 2011/08/0127, zu beurteilen. Auch hier ging es um die Frage einer Tätigkeit als Dienstnehmerin. Ebenfalls handelte es sich um Reinigungsarbeiten einer Person in einem Hotelbetrieb. Die Lebens­gefährtin des verstorbenen Vaters eines Geschäftsführers eines Hotels verrich­tete dort Reinigungstätigkeiten. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus:

 

Zunächst ist von der – insofern unbestrittenen – Sachlage auszugehen, dass J.D. von den Kontrollorganen bei der Verrichtung von Abwasch- und Putztätigkeiten im Hotel der beschwerdeführenden Partei angetroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt nicht als Dienstnehmerin gemeldet war. Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen ange­troffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Arbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2010/08/0091). Die beschwerdeführende Partei hat im Verwaltungsverfahren aber solche atypischen Umstände dargelegt, indem sie – die entgeltliche Beschäftigung der J.D. in persönlicher Abhängigkeit bestreitend – ausgeführt hat, dass J.D. lediglich Gefälligkeitsdienste im Rahmen der „familiären Beistandspflicht“ verrichte. J.D. habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Vorgaben gehabt, einen bestimmten Dienst zu verrichten und sei keinen Arbeitszeiten unterlegen und habe keine Treuepflichten gehabt. Dazu ist anzumerken, dass die gegenständliche Tätigkeit im Rahmen eines Betriebs der beschwerdeführenden Partei – einer GmbH – und nicht eines Betriebs ihres Geschäftsführers ausgeübt wurde (vgl. zu dieser Unterscheidung in Zusammenhang mit § 12 Abs. 6 lit.d AlVG die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2005, Zl. 2004/08/0167 und vom 31. Mai 2000, Zl. 96/08/0024). Das auf die familiäre Beziehung der J.D. zum Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei abzielende Vorbringen kann schon aus diesem Grund keine Vermutung einer unentgeltlichen Beschäftigung als Ausfluss einer (quasi-)familienrechtlichen Verpflichtung begründen. Abgesehen davon bestünde auch zwischen dem Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei und der ehemaligen Lebensgefährtin seines (verstorbenen) Vaters keine familienrechtliche Beistandsverpflichtung. Das Fehlen einer familienrechtlichen Mitarbeitspflicht allein rechtfertigt allerdings nicht ohne weiteres den Schluss, dass schon deshalb ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1980, Zl. 100205/78, VwSlg. 10.258A/1980). Denn das unbestrittene Bestehen eines familiären Naheverhältnisses der hier vorliegenden Art lässt insbesondere nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass der ehemaligen Lebensgefährtin des Vaters des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Partei Unterkunft und Verpflegung nur aufgrund einer von ihr ausgeführten Beschäftigung im Betrieb gewährt worden ist. Es kann auch – anders als in anderen Fallkonstellationen – weder aus dem Umstand des Antreffens bei Ausübung einer Tätigkeit allein auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG geschlossen werden, noch aus der Gewährung von Kost und Quartier auf einen aus einem solchen Beschäftigungsverhältnis resultierenden Entgeltanspruch, sofern – wie hier – von der beschwerdeführenden Partei ein substantiiertes Vorbringen zum Motiv der Mithilfe erstattet wird, das geeignet ist, den wahrgenommenen Vorgang als unentgeltliche Mithilfe im Rahmen eines familiären Naheverhältnisses – wenngleich nicht aufgrund familiärer Beistands-verpflichtung – darzutun. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde daher entsprechende Feststellungen zur Ausgestaltung der Tätigkeit der J.D. treffen müssen, anhand derer sich beurteilen lässt, ob ein Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorlag oder ob J.D. tatsächlich Tätigkeiten aus reiner Gefälligkeit verrichtete, ohne dabei in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zu stehen. Die belangte Behörde hat aus dem Umstand, dass keine familienähnliche Mithilfe vorliege, abgeleitet, dass J.D. „weisungs- und kontrollunterworfen“ gewesen sei und mit Betriebsmitteln der beschwerdeführenden Partei ausgestattet sei bzw. diese verwende. Im angefochtenen Bescheid finden sich jedoch keine Feststellungen, aus denen eine persönliche Abhängigkeit der J.D. ersichtlich wird. Insbesondere wurde nicht festgestellt, ob J.D. betrieblichen Ordnungsvorschriften unterlag, ob sie zur (persönlichen) Arbeitsleistung verpflichtet war, worin die angenommene Weisungs- und Kontrollunterworfenheit bestand oder ob J.D. bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten hatte. Mangels solcher Feststellungen kann der belangten Behörde nicht darin gefolgt werden, dass im Zeitpunkt der Betretung jedenfalls ein Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG vorlag. Somit fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 2 ASVG.

 

 

V.10. Der hier zu beurteilende Fall lässt sich mit der vorangegangenen Entscheidung 2011/08/0127 durchaus vergleichen. Gegenständlich war die Cousine der Ehegattin des Bf im Hotelbetrieb anwesend und verrichtete dort gefälligkeitshalber Reinigungsarbeiten. Eine spezifische Unterscheidung zur vorangegangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht ersichtlich. Zusammengefasst kann daher auch vorliegend auf eine Gefälligkeitsleistung und eine Tätigkeit im Rahmen eines familiären Naheverhältnisses geschlossen werden. Die Person der Cousine der Ehegattin des Bf ist mit der ehemaligen Lebensgefährtin des verstorbenen Vaters eines Beschwerdeführers vergleichbar. Darüber hinaus erfolgte der Hotelbetrieb in der zitierten Rechtsprechung im Rahmen einer GmbH, hier besteht eine Kommanditgesellschaft. Auch dieser Umstand ändert daher nichts daran, dass ein Gefälligkeitsdienst bzw. eine Tätigkeit im Rahmen eines familiären Naheverhältnisses erfolgte. In beiden Fällen wurden Hilfstätig­keiten in einem Hotel- bzw. Restaurantbetrieb durchgeführt.

 

V.11. Zusammengefasst liegt gegenständlich insofern ein Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst bzw. im Rahmen eines Familienverbandes vor, welcher nicht dem ASVG unterliegt. Insofern war der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht-sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer