LVwG-300600/9/KL/PP LVwG-300607/8/KL/PP

Linz, 03.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde und den Vorlageantrag des Herrn A B, L, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 1. Dezember 2014, SV96-38-2014, und gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 8. Jänner 2015, SV96-38-2014, jeweils gerichtet gegen das Strafausmaß, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. März 2015

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde des Beschuldigten vom 23. Dezember 2014 wird gemäß § 50 VwGVG abgewiesen.

Dem Vorlageantrag des Beschuldigten vom 21. Jänner 2015 wird gemäß § 50 iVm § 15 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass die in der Beschwerde­vorentscheidung verhängten Geldstrafen je Delikt auf 1.200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils auf 2 Tage herabgesetzt werden.

 

 

II.      Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 240 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 1. Dezember 2014, SV96-38-2014, wurden über den Beschwerdeführer (kurz: Bf) Geldstrafen in der Höhe von 730 Euro in zwei Fällen, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG verhängt, weil er als Verantwortlicher der Firma A. B GmbH in X, zu verantworten hat, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 17. Juli 2014 um 9:20 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtver­sicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzu­melden und wurde die Meldung erst am 17.03.2014 um 9:40 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

1. D E, geb. x

2. S L, geb. x

Arbeitsantritt: 17.07.2014, 9:00 Uhr

Beschäftigungsort: x

Tatort: Gemeinde P, H

Tatzeit: 17.07.2014, 9:20 Uhr

 

2.1. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde durch das Finanzamt vom
16. Dezember 2014, eingelangt am 16. Dezember 2014, eingebracht und das verhängte Strafausmaß bekämpft. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe mit Strafver­fügung von 13. Jänner 2011, SV96-92-2010, bestehe und daher vom Straf­rahmen im Wiederholungsfall auszugehen sei, nämlich von einem Strafrahmen von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro.

 

2.2. Weiters wurde Beschwerde durch den Beschuldigten vom 23. Dezember 2014, eingelangt bei der Behörde am 30. Dezember 2014, erhoben und die Herabsetzung der Strafe für S  L  auf 365 Euro und auch für D  E  beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass die einschlägige Vorstrafe aufgrund eines verspäteten Einspruches in Rechtskraft erwachsen sei. Die Verspätung sei vom beauftragten Rechtsanwalt zu verant­worten gewesen. Tatsächlich habe nie die Möglichkeit bestanden den Standpunkt und das mangelnde Verschulden zu beweisen. Auch im gegenständlichen Verfahren handle es sich hinsichtlich S L um die Verkettung unglücklicher Um­stände und sei jedenfalls von Beginn der Beschäftigung an eine Meldung bei der OÖ. GKK beauftragt worden.

 

2.3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 8. Jänner 2015, SV96-38-2014, hat die Bezirkshauptmannschaft Perg aufgrund der Beschwerde der Finanzpolizei,
Team 43, vom 16. Dezember 2014 dieser Beschwerde stattgegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe abgeändert, dass jeweils Geldstrafen von
2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
50 Tagen verhängt wurde. Zur Strafbemessung wurde begründend ausgeführt, dass nach den Umständen der Tat eine zumindest grob fahrlässige Hand­lungsweise zu unterstellen sei und die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden können. Auch sei zugrunde zu legen, dass mit Strafverfügung vom 13. Jänner 2011, SV96-92-2010, bereits einmal wegen einer Übertretung nach § 111 Abs. 1 ASVG rechtskräftig bestraft wurde. Es sei daher im gegenständlichen Fall von einem Wiederholungsfall aus­zugehen und betrage die Mindeststrafe 2.180 Euro je betroffener Arbeit­nehmerin. Es sei dem Antrag der Bf in Bezug auf die Strafhöhe vollinhaltlich Rechnung getragen worden.

 

2.4. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung hat der Beschuldigte einen Vorlageantrag vom 21. Jänner 2015, eingelangt am 22. Jänner 2015, einge­bracht und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungs­gericht beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass die Beschwerdevorent­scheidung im Grunde der Beschwerde der Finanzpolizei gegen das Straf­erkenntnis vom 1. Dezember 2014 ergangen sei, diese Beschwerde aber dem Beschuldigten nicht zur Kenntnis gebracht worden sei und der Inhalt daher ihm unbekannt sei und er sich daher durch das gesetzlich gewährleistete Recht auf Parteiengehör verletzt erachte. Auch habe er selbst Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 1. Dezember 2014 innerhalb der Beschwerdefrist einge­bracht und sei diese Beschwerde bei der Beschwerdevorentscheidung völlig unberücksichtigt geblieben. Darüber hinaus sei eine pauschale Ersatz­freiheitsstrafe von 50 Tagen verhängt worden und belaste diese einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Auch sehe § 111 ASVG als Ersatzfreiheitsstrafe ein Höchst­maß in Höhe von zwei Wochen vor und dürfte die Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt daher vier Wochen nicht übersteigen. Auch dies mache den Bescheid rechts­widrig. Es wurde daher die Aufhebung beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht mit der Bitte um Entscheidung vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19. März 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Beschuldigte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen; als sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung ist Herr
Mag. G H erschienen und hat an der Verhandlung teilgenommen.
Es wurde eine schriftliche Einzelvollmacht vom 18. März 2015 vorgelegt. Weiters hat ein Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr an der Verhandlung teilgenommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

4.1. Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. B mit Sitz in P. In der mündlichen Verhandlung wird eine Einzelvollmacht vom 18. März 2015 zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung zugunsten Herrn Mag. G H vorgelegt. Ausdrücklich ist in der Vollmacht angeführt, dass Unentgeltlichkeit vereinbart ist. Mag. G H ist Gesellschafter, nicht jedoch Geschäftsführer der Dkfm. M W S mit Sitz in P,. Er ist bei dieser Steuerberatungskanzlei beschäftigt, betreut auch den Beschuldigten, nicht jedoch hinsichtlich Lohnverrechnung und Anmeldung zur Sozialversicherung, weil diese Angelegenheiten in einer eigenen Abteilung der Steuerberatungskanzlei vorgenommen werden, wobei er dieser Abteilung nicht angehört.

Sowohl die Beschwerde des Beschuldigten als auch die Beschwerde des Finanzamtes gegen das Straferkenntnis vom 1. Dezember 2014 richten sich gegen das verhängte Strafausmaß. Auch der Vorlageantrag richtet sich gegen die Straferhöhung in der Beschwerdevorentscheidung. Der Sachverhalt, nämlich die Beschäftigung der beiden Arbeitnehmerinnen zum Tatzeitpunkt, wird hingegen nicht bestritten.

Hinsichtlich des Aktenvorganges steht fest, dass der Beschuldigte erst durch die Beschwerdevorentscheidung von einer Beschwerde des Finanzamtes Kenntnis erlangte, das Finanzamt hingegen überhaupt erst durch eine Verständigung und Ladung durch das Oö. Landesverwaltungsgericht Kenntnis von der Beschwerde und auch vom Vorlageantrag des Beschuldigten erlangte. Ein gegenseitiges Parteiengehör fand daher im erstbehördlichen Verfahren nie statt.

Zur Strafbemessung wies der Beschuldigtenvertreter auf die besonderen Umstände des Tatherganges hin. Es steht fest, dass die Arbeitnehmerin D E lediglich am Tattag beschäftigt wurde, weil für ein Catering eine weitere Arbeitskraft erforderlich war. Sie war von der in der Küche arbeitenden M A ohne Wissen des Beschuldigten gerufen und eingesetzt. Die Beschäftigung fand ab 9:00 Uhr statt. Die Arbeitnehmerin S L wurde bereits in einer Voranmeldung für den 14. Juli 2014 der Sozialversicherung bekannt gegeben. Tatsächlich begann sie jedoch ihre Beschäftigung nicht am 14. Juli 2014, sondern erst am Tattag, dem 17. Juli 2014 um 9:00 Uhr. Der Beschuldigte führt aus, dass es sich dabei bei der Avisomeldung um einen Irrtum bzw. einen Schreibfehler gehandelt hat.

Beide Arbeitnehmerinnen haben ein Personenblatt ausgefüllt und als Arbeits­beginn den 17. Juli 2014 9:00 Uhr angegeben. Eine nachgewiesene Anmeldung erfolgte am selben Tag um 9:40 Uhr, also 20 Minuten nach Kontrollbeginn um 9:20 Uhr.

Dem Beschuldigten wurden in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom
6. August 2014 ein Einkommen von zirka 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorge­pflichten vorgehalten. Diese persönlichen Verhältnisse wurden vom Beschul­digten nicht bestritten oder abgeändert. Hingegen bringt er als mildernde Umstände vor, dass die rechtskräftige Vorstrafe nur aufgrund der Fristver­säumnis des Rechtsanwaltes zustande gekommen ist. Auch führt er an, dass er pro Jahr zirka 180 Meldungen an die Sozialversicherung macht und daher bedacht ist, die Meldungen von geringfügig Beschäftigten rechtzeitig und gesetzeskonform durchzuführen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der Aktenlage und der Ausführungen der Parteien erwiesen.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Da sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag das Strafausmaß bekämpft wurde und die Herabsetzung bzw. Aufhebung der Strafe beantragt wurde, ist auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht mehr einzugehen und dieser in Rechtskraft erwachsen.

 

5.2. Zur Bevollmächtigung für die mündliche Verhandlung ist auszuführen:

Gemäß § 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis (Abs. 1). Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben (Abs. 3).

 

Mit der vom Beschuldigten vorgelegten schriftlichen Vollmacht wurde die darin genannte Person als natürliche Person zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung bevollmächtigt. Es handelt sich dabei um eine gültige Vollmacht nach § 10 AVG.

Ausdrücklich wurde in der vorgelegten Vollmacht die Unentgeltlichkeit vereinbart. Es ist daher der Bevollmächtigte auch im Hinblick auf § 10 Abs. 3 AVG zuzu­lassen. Hingegen beruft sich der Parteienvertreter nicht auf eine berufsmäßige Parteienvertretung. § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG kommt daher nicht zur Anwendung. Im Grunde des Umstandes, dass keine berufsmäßige Parteienver­tretung vorliegt, war auch daher das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, insbesondere § 3 WTBG, nicht heranzuziehen.

 

5.3. Gemäß § 14 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerde­vorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungs­gericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen (Abs. 2).

Eine Beschwerdevorentscheidung kommt auch dann in Betracht, wenn von mehreren Parteien gegen einen Bescheid eine Beschwerde erhoben wurde. Diesfalls hat die Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung über sämtliche Beschwerden unter einem abzusprechen (Eder/Martschin/Schmid, Das Ver­fahrensrecht der Verwaltungsgerichte, nwv, Seite 53, K4). Sofern die Behörde von der Ermächtigung des vorgeschlagenen § 14 Gebrauch macht, soll Beschwerdegegenstand im Bescheidbeschwerdeverfahren der Verwaltungs­gerichte die Beschwerdevorentscheidung sein (RV2009 in Eder/Martschin/ Schmid, Seite 52).

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrages mitzuteilen (Abs. 2).

 

Der gegen eine Beschwerdevorentscheidung vorgesehene Rechtsbehelf ist der Vorlageantrag, welcher schriftlich binnen zwei Wochen bei der Behörde einzu­bringen ist. Da infolge eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung (abweichend vom bisherigen § 64a Abs. 3 AVG) nicht außer Kraft tritt, ist Beschwerdegegenstand im Bescheidbeschwerdeverfahren vor dem Verwaltungs­gericht die Beschwerdevorentscheidung der Behörde (Eder/Martschin/Schmid, Seite 55, K1 und K2).

 

Wie der Beschuldigte zu Recht bemängelt und auch die Amtspartei zu Recht ausführt, wurde weder Parteiengehör hinsichtlich der eingebrachten Beschwerden gewahrt, noch erfolgte eine Verständigung über einen Vorlageantrag. Weiters wurde von der belangten Behörde die Beschwerde des Beschuldigten unberück­sichtigt gelassen, obwohl die Behörde mit der Beschwerdevorentscheidung über sämtliche Beschwerden unter einem abzusprechen gehabt hätte. Es wurden daher erhebliche Verfahrensvorschriften verletzt. Da hinsichtlich der Beschwerde des Beschuldigten noch keine Erledigung ergangen ist, die Zweimonatsfrist für eine Beschwerdevorentscheidung aber gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG bereits abgelaufen ist, hatte das Landesverwaltungsgericht über die Beschwerde zu entscheiden. Im Grunde des gleichzeitig eingebrachten Vorlageantrages war aber auch über die angefochtene Beschwerdevorentscheidung abzusprechen. Da von sämtlichen Parteien lediglich das Strafausmaß bekämpft wurde, war lediglich hinsichtlich der verhängten Strafen ein Ausspruch zu treffen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Wiederholung des Schuld­spruches durch die belangte Behörde lediglich als Korrektur eines Schreib­fehlers hinsichtlich der Meldung am 17. Juli 2014, und nicht wie ursprünglich im Straferkenntnis am 17. März 2014, gewertet wird. Eine Berichtigung von Schreibfehlern kann jederzeit erfolgen.

 

5.4. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird wie folgt erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet, und diese Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungs­behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Sowohl im Straferkenntnis als auch in der Beschwerdevorentscheidung verweist die belangte Behörde auf eine rechtskräftige Strafverfügung vom 13. Jänner 2011, SV96-92-2010, wegen einer Übertretung nach § 111 Abs. 1 ASVG. Die Beschwerdevorentscheidung führt zu Recht im Sinn der Beschwerde des Finanzamtes aus, dass vom erhöhten Strafsatz im Wiederholungsfall mit einer Mindeststrafe von 2.180 Euro und dem Höchstsatz bis 5.000 Euro auszugehen war. Im Straferkenntnis wurde darüber hinaus auch berücksichtigt, dass die irrtümliche Anmeldung der Frau S L für 14. Juli 2014 erfolgte. Auch sei eine nachträgliche Anmeldung beider Dienstnehmerinnen unmittelbar nach Kenntnisnahme erfolgt und der gesetzmäßige Zustand hergestellt worden.

 

Aufgrund der einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafe, die zu Folge der Rechts­kraft nicht mehr vom Landesverwaltungsgericht zu beurteilen ist und für das Landesverwaltungsgericht bindend ist, war vom Wiederholungsfall auszugehen. Dieser sieht als Mindeststrafe 2.180 Euro je Delikt vor.

Gemäß § 20 VStG, welcher auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Anwen­dung findet, kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Im Grunde der Ausführungen des Beschuldigten in der Beschwerde und im Vorlageantrag sowie auch im Grunde der Umstände, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargestellt wurden, war vom Landesverwaltungsgericht festzustellen, dass die Beschäftigung beider Arbeitnehmerinnen vom Beschul­digten zu keiner Zeit bestritten wurde. Die Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen begann 20 Minuten vor der Kontrolle. Die Anmeldung der Arbeitnehmerinnen erfolgte 20 Minuten nach der Kontrolle. Wenngleich auch im Sinn des Gesetzeswortlautes eine Anmeldung nicht vor Beginn der Beschäftigung statt­fand, so war doch unter Zugrundelegung der aufgezeigten Umstände der Unrechtsgehalt der Tat bzw. der Schutzzweck der Norm in geringer Weise verletzt, entging doch der Sozialversicherung kein Beitrag und ist kein Schaden erwachsen, da umgehend eine Meldung erfolgte. Wenn auch das Vorbringen des Beschuldigten, dass er von der Beschäftigung der Frau D E zu Beschäftigungsbeginn nicht Bescheid wusste, den Beschuldigten nicht ent­schuldigt, da er als Gewerbetreibender und Arbeitgeber über die entsprechenden Vorschriften Kenntnis haben muss und sich auch über seinen Betrieb informieren muss, so ist doch zugute zu halten, dass die Arbeitnehmerin nur einen Tag aus­hilfsweise beschäftigt wurde und eine Meldung umgehend nach Kontrollbeginn stattfand. Hinsichtlich der Arbeitnehmerin L führt das Finanzamt zwar zu Recht aus, dass die Meldung für 14. Juli 2014 nicht auch selbstverständlich für 17. Juli 2014 gelte und für den Beschuldigten auch die Möglichkeit bestanden habe, eine Mindestanmeldung telefonisch am selben Tag vor Arbeitsbeginn bei der Sozialversicherung durchzuführen. Auch in diesem Fall ist aber als mildernd zu berücksichtigen, dass durch die Avisomeldung der Beschuldigte zu erkennen gab, dass er gewillt ist, eine Anmeldung vorzunehmen und ein Irrtum dies­bezüglich zwar nicht schuldbefreiend aber mildernd wirken kann. Im Übrigen war auch bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte häufig geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer hat und auch ständig Meldungen an die Sozialversicherung macht, nämlich zirka 180 Mal im Jahr. Aus dieser grund­sätzlich gesetzeskonformen Vorgehensweise kann daher geschlossen werden, dass der Beschuldigte sehr wohl bemüht ist, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und rechtzeitig eine Meldung vorzunehmen. Auch ist seit der rechts­kräftigen Strafverfügung vom Jänner 2011 eine lange Zeit verstrichen, während der sich der Beschuldigte wohl verhalten hat. Auch dies war mildernd zu werten. Ebenfalls als Milderungsgrund gilt das Geständnis des Beschuldigten. Angesichts der aufgezeigten besonderen Umstände des Falles konnte daher von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ausgegangen werden und in Anwendung des § 20 VStG die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von
2.180 Euro auf 1.200 Euro je Arbeitnehmerin herabgesetzt werden. Dies ent­spricht annähernd der halben Mindeststrafe. Eine weitere Herabsetzung war jedoch nicht gerechtfertigt. Es soll die verhängte Geldstrafe je Arbeitnehmerin den Beschuldigten anleiten, in Hinkunft noch achtsamer in seinem Betrieb vorzugehen, sich über allfällige kurzfristig Beschäftigte zu erkundigen, seine Arbeitnehmer dahingehend anleiten, ihn von kurzfristigen Beschäftigungen sofort zu informieren, um letztlich eine rechtzeitige Anmeldung vorzunehmen. Auch ist die nunmehr verhängte (herabgesetzte) Geldstrafe den Einkommens­verhältnissen, welche mit 2.000 Euro monatlich geschätzt wurden, angepasst. Sorgepflichten wurden vom Beschuldigten nicht angeführt und waren daher nicht zu berücksichtigen.

Die vom Beschuldigten geforderte Geldstrafe war im Hinblick auf den erhöhten Strafrahmen hingegen nicht möglich.

Ein geringfügiges Verschulden des Beschuldigten war nicht festzustellen, weil das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher die Voraussetzung eines geringfügigen Verschuldens nicht gegeben und war daher nicht gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG mit einem Absehen vom Strafverfahren und Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen.

 

Die Einwände des Beschuldigten hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe bestehen zu Recht.

Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchst­maß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen (§ 16 VStG).

§ 111 Abs. 2 ASVG sieht für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheits­strafe bis zu zwei Wochen vor. Diese Grenze wurde von der belangten Behörde in gesetzwidriger Weise erheblich überschritten. Weiters ist für jedes Delikt eine gesonderte Geldstrafe und auch eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe im Grunde des im Verwaltungsstrafverfahren herrschenden Kumulationsprinzips nach § 22 VStG zu verhängen.

Es war daher im Grunde der herabgesetzten Geldstrafe, die im untersten Bereich des noch möglichen Strafrahmens gelegen ist, auch die Ersatzfreiheitsstrafe je Delikt erheblich herabzusetzen. Die nunmehr festgelegte je Delikt verhängte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnis zur Geldstrafe.

 

6. Da die Geldstrafe je Delikt herabgesetzt wurde, ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 240 Euro.

Weil das angefochtene Straferkenntnis nicht bestätigt wurde und die mit Beschwerdevorentscheidung festgelegten Geldstrafen herabgesetzt wurden, ent­fällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt