LVwG-550408/7/KLe/AK

Linz, 16.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Senat H (Vorsitzender: Dr. Bleier, Berichterin:
Maga. Lederer, Beisitzer: Dipl.-Ing. T) über die Beschwerde des J S, x, x, vertreten durch Dr. M H, Rechtsanwalt, x, x, gegen den Bescheid der Agrar-behörde Ober­österreich vom 16. Oktober 2014, GZ: LNO-100954/163-2014-Oh/Ko, nach der am 10. Februar 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Agrarbehörde vom 16. Oktober 2014,
GZ: LNO-100954/163-2014-Oh/Ko, wurde der Flurbereinigungsplan „U E“ erlassen. Mit diesem Bescheid wurden die Eigentumsverhältnisse einschließlich der entsprechenden Grunddienstbarkeiten neu geregelt.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung seinem gesamten Umfang nach aufzuheben.

 

Die Beschwerde wird wie folgt begründet:

„Der Bescheid verletzt den Beschwerdeführer auch in seinen verfassungs­gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten auf Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG), Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG), Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 5 StGG, Art. 1 des 1 ZP EMRK) und Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK), Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK), Trennung von Justiz und Verwaltung (Art. 94 B-VG).

I. Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer ist u.a. Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ x, KG x, mit den Grundstücken Nr. x und Nr. x.

1.2. Der Beschwerdeführer ist in mehreren, von den Behörden getrennt geführten Verwaltungsverfahren im Zuge des Straßenbauprojektes „U E" betroffen, die sich allesamt auch auf die gegenständliche Liegenschaft erstrecken. Auch das gegenständliche Flurbereinigungsverfahren, mit der bereits erkennbaren Bezeichnung „U E", wurde nicht eingeleitet, um bestehende Mängel der Agrarstruktur etc. im Sinne des Oö. FLG zu beseitigen, sondern dient nur der für das Straßenprojekt „U E“ notwendigen Grundeinlöse und Zwecken des Straßenbauprojektes und bringt für den Beschwerdeführer sogar eine erhebliche Besitzzersplitterung und unzumutbare Bewirtschaftungserschwerungen mit sich.

Hierzu sind u.a. straßenrechtliche Enteignungsverfahren anhängig. Neben diesen Enteignungsverfahren ist der Beschwerdeführer auch von weiteren, getrennten Enteignungsverfahren im Zuge der „U E", und zwar zur Errich­tung bzw. Umlegung einer Wasserversorgungsanlage und einer Abwasserbesei­tigungs­anlage, betroffen, was zu einer gänzlichen Entwertung seiner Grund­stücke führt.

1.3. Im Zuge des Verfahrens betreffend der Errichtung bzw. Umlegung einer Wasserversorgungsanlage hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit Bescheid vom 07. August 2013,
GZ: UW.4.1.6/0317-1/5/2013, eingelangt am 13. August 2013, der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 2011, GZ: Wa-2011-301639/16-Gra/Lei, gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben und das Enteignungsverfahren als unzulässig erachtet.

1.4. Um, dessen ungeachtet, den Bau des Straßenprojektes „U E" sofort fortführen zu können, hat die Agrarbehörde Oberösterreich in einem weiteren Verfahren, dem Flurbereinigungsverfahren „U E", nach Aufhebung des Enteignungs-/Bewilligungsverfahrens für die Errichtung der Wasserversorgungs-anlage die vorläufige Übernahme der bisherigen Grundstücke des Beschwerdeführers zugunsten der Gemeinde E bis spätestens 15. September 2013 angeordnet. Wenige Tage nach dieser Anordnung erfolgte sofort der tatsächliche Weiterbau der Abwasser­beseitigungs- und Wasserversorgungs-anlage, ohne weiteres Bewilligungs­verfahren.

1.5. Gegen diesen Bescheid der Agrarbehörde Oberösterreich vom
28. August 2013, GZ: LNO-100954/121-2013-Oh/Ko, hat der Beschwerdeführer am 16. September 2013 Berufung erhoben.

1.6. In der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2014 wurden sämtliche Beweisanträge, insbesondere auf Einholung eines Sachverständigengutachtens eines nicht amtlichen Sachverständigen und eines Lokalaugenscheines zur Frage, ob überhaupt eine Bewirtschaftung des Grundstückes des Beschwerdeführers möglich ist, abgelehnt.

1.7. Mit Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes vom 11. Februar 2014 wurde gemäß § 28 Abs. 1 VwGG die Beschwerde (früher: Berufung) des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Dessen ungeachtet hat der in der übermittelten Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses aufscheinende Senat jedoch selbst Zweifel eingestanden, ob ein agrartechnisches Mitglied des Landesagrarsenates nunmehr als fachkundiger Laienrichter in einem Senat des Oö. Landesverwaltungsgerichtes im selben Flurbereinigungsverfahren fungieren könne. Dennoch wurde das Verfahren fortge­führt.

II. Beschwerdegründe:

2. Rechtliche Begründung:

2.1. Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten:

Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK), Verstoß gegen das Recht auf Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG) und Verstoß gegen die Trennung von Justiz und Verwaltung (Art. 94 B-VG).

2.1.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verstößt bereits die Mitwirkung eines befangenen Mitgliedes gegen diese grundrechtlichen Schutz­vorschriften. Insbesondere reicht der äußere Anschein der Parteilichkeit sogar eines „früher" im Landesdienst tätigen Mitgliedes (vgl. VfGH, Leitsatzent­scheidung B 1258/06). Der Verfassungsgesetzgeber hatte bereits bei der Einrich­tung der UVS beabsichtigt, dass diese Behörden den spezifischen Anforderungen der Art. 5 und 6 EMRK entsprechen sollten, so VfGH B 1258/06, was gegenständlich durch die Beiziehung eines weisungsgebundenen Beamten, der im selben Verfahren (früherer Verfahrensabschnitt des Flurbereinigungs­ver­fahrens) mit denselben Parteien willensbildend tätig war, erheblich verletzt ist.

Der angefochtene Bescheid beruht auf vorausgehenden Verfahren/Ver­fahrens­abschnitten, an denen der äußere Anschein der Parteilichkeit gegeben war. Der im vorausgehenden Verfahrensabschnitt bei der Entscheidung des Landes­verwal­tungsgerichtes Oberösterreich dem Senat angehörige fachkundige Laienrichter
DI T war im behördlichen Flurbereinigungsverfahren „U E“: Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen; Berufung von J S zu GZ: Agrar(Bod)-100518/6-2013 als Mitglied des Landes­agrarsenates bei der Willensbildung beteiligt und für die Entscheidung mitverant­wortlich.

Dabei ging es sogar um die Herstellung eines sogenannten „Industrieweges im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens", was bereits gezeigt hat, dass Teile des Straßenbauprojektes „U E" in das Flurbereinigungsverfahren, für das eine andere Behörde als jene für das Straßenbauprojekt zuständig ist, unzulässig ausgelagert wurden (vgl. die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, zu gewerbe- und baurechtlichen Verfahren, die zu einem Missbrauch der Rechtsformen geführt haben). In diesem selben Behördenverfahren war überdies die beisitzende Richterin, Maga. Karin Lederer, sogar die Berichterstatterin. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist aufgrund der Tatsachen, dass gegenständlich zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides eben aus demselben Flurbereinigungsverfahren der fachkundige Laienrichter und die beisitzende Richterin zu befinden hatten, im Sinne der Rechtsprechung des EGMR und des VfGH ein äußerer Anschein der Parteilichkeit anzunehmen (VfGH,
B 1258/06).

Art. 6 EMRK sieht eine materielle Gewaltenteilung dahingehend vor, dass über zivilrechtliche Ansprüche („civil rights") ein unparteiisches Gericht entscheiden muss. Dies ist nicht gewahrt, wenn im selben Verfahren ein weisungsgebundener Beamter, der zuvor im selben Verfahren bereits entschieden hat, fungiert.

2.1.2. Unzulässige Auslagerung bzw. unzulässiges Flurbereinigungsverfahren:

Auch das gegenständliche Flurbereinigungsverfahren, mit der Bezeichnung „U E", wurde nicht eingeleitet, um bestehende Mängel der Agrarstruktur etc. im Sinne des Oö. FLG zu beseitigen, sondern dient nur der für das Straßenprojekt „U E“ notwendigen Grundeinlöse und bringt für den Beschwerdeführer sogar eine erhebliche Besitzzersplitterung und unzumut­bare Bewirtschaftungs-erschwerungen mit sich.

Gegenständlich liegt auch eine unzulässige Auslagerung von straßenbau­behördlichen Verfahren in das Flurbereinigungsverfahren vor.

Da die Flurbereinigung ausschließlich durch das Straßenbauprojekt bedingt ist, liegt eine unzulässige Doppelgleisigkeit des Verfahrens vor. Auch Nebenentschädigungen, die im Rahmen der Grundeinlöse zu tragen gewesen wären, wurden in das Flurbereinigungsverfahren ausgelagert.

Darüber hinaus wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 07. August 2013,
GZ: UW.4.1.6/0317-1/5/2013, die wasserrechtliche Bewilligung und die Enteig­nung auf den gegenständlichen Grundstücken aufgehoben. Damit liegt auch ein unzulässiger Eingriff in das Eigentum des Antragstellers aufgrund der Entschei­dung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vor. Die Grundstücke können daher von Vornherein nicht in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen werden.

2.1.3. Verstoß gegen das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG):

Im Zuge dieses Verfahrens hat - wie ausgeführt - das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMFLUW) mit Bescheid vom 07. August 2013, GZ: UW.4.1.6/0317-1/5/2013, der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 2011, GZ: Wa-2011-301639/16-Gra/Lei, gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben und das Enteignungsverfahren als unzulässig erachtet. Der angefochtene Bescheid verstößt daher auch gegen das Grundrecht des Art. 83 Abs. 2 B-VG, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder eine ihr gesetzlich zukommende Zuständigkeit rechtswidriger Weise ablehnt.

Die Behörde hat die Grundstücke in das gegenständliche Verfahren unzulässiger Weise einbezogen. Weiters ist ein weiteres Verfahren betreffend abwasser­rechtliche Bewilligung hinsichtlich der Grundstücke vor dem Verwaltungsge­richtshof nach wie vor anhängig, das der Behörde bekannt ist. Auch daraus ergibt sich die Unzulässigkeit des angefochtenen Bescheides.

2.1.4. Bescheiderlassung durch unzuständige Behörde:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird eine Person durch einen Bescheid u.a. dann in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 2 StGG; Art. 7 Abs. 1 BVG) verletzt, wenn die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren überhaupt oder in einem entscheidenden Punkt - insbe­sondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens - jegliche Ermittlungstätigkeit unterlässt (vgl. z.B. VfSIg 8808/1980 [m.w.N.], 10338/1985 und 11213/1987).

Dies trifft im vorliegenden Fall zum einen deshalb zu, weil der Beschwerdegegner sämtliches vorgebrachtes Vorbringen zur Aufhebung des Bescheides des Bundes­ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 07. August 2013, GZ: UW.4.1.6/0317-1/5/2013, gänzlich übergeht und selbst einräumt, dass die Flurbereinigung ausschließlich aufgrund des Straßenbau­projektes „U E" „durchgeführt werden musste", sodass auch aus diesem Punkt der Bescheid rechtswidrig ist.

2.2. Inhaltliche Rechtswidrigkeit:

2.2.1. Die Voraussetzungen des § 22 Oö. FLG sind nicht erfüllt.

Durch die Umlegung der Straße ist die neue Fläche nicht mehr zu bewirtschaften. Der ausschließliche Zweck liegt in der Realisierung des Straßenbauprojektes, das die bisherigen Grundflächen des Beschwerdeführers zerteilt und die Bewirtschaftung erst so unzumutbar erschwert, was einer Enteignung entspricht. Da sich keine sachliche Rechtfertigung für ein derartiges Vorgehen des Beschwerdegegners findet, liegt sohin - jedenfalls objektive - Willkür vor, wodurch der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art. 2 StGG bzw. Art. 7 B-VG verletzt wurde.

2.2.2. Unzumutbarkeit der Bewirtschaftung:

Durch die Umlegung würde ein wesentlicher Teil dieser Parzelle abgetrennt und eine Grundstückskonfiguration geschaffen, die eine weitere Verwertung oder Bewirtschaftung der Flächen ausschließt. So wird durch diese Umlegung das bisherige angrenzende Wirtschaftsgebäude und Garagengebäude völlig abge­trennt. Durch die kleine Fläche ist jegliche sinnvolle weitere Bewirtschaftung ausgeschlossen und ein unverhältnismäßiger und unvertretbarer Nachteil für die Grundstückseigentümer geschaffen.

Wie bereits im Behördenverfahren zur „U E“ von der Behörde selbst festgestellt, steigt der Arbeitsbedarf bei Verkürzung auf Feldlängen von unter 200 m bis 160 m an, die Flächenleistung sinkt. Es sind vor allem die Verluste an Wendezeiten, die bei kurzen Feldlängen zu einem erhöhten Aufwand an Arbeitszeit führen. Bei Feldlängen unter 50 / 40 m ist eine Feldabwertung bzw. eine gesamte Resteinlöse sinnvoll (Gutachten W M, Seite 21, Enteignungsverfahren). Dies bestätigt die unzulässige Auslagerung des Verfahrens und zeigt gegenständlich die Unzumutbarkeit der weiteren Bewirt­schaftung, da Feldlängen unter 40 m vorliegen.

Beweis: einzuholendes Sachverständigengutachten eines nicht amtlichen Sach­ver­­ständigen, Ortsaugenschein.

Die Bewirtschaftungsverhältnisse werden durch die Zusammenlegung auf dem Grundstück damit so gravierend eingeschränkt und unzumutbar verschlechtert. Das Grundstück kann daher nicht bearbeitet werden.

2.2.3. Enteignung hinsichtlich einer Fläche von 825 ohne Grundlage:

Darüber hinaus würde ein Verlust von 825 eintreten, die offensichtlich im Rahmen der Zusammenlegung für andere Zwecke verwendet werden, insbe­sondere für die Errichtung von Straßen. Dies ist unzulässig und stellt eine Umgehung dar, die nicht den Zwecken des Flurbereinigungsverfahrens entspricht und wurde diese Grundeinlöse im Grundeinlöseverfahren „eingespart". Der angefochtene Bescheid geht weiters auf das im Verfahren vorgelegte Gutachten des Herrn Sachverständigen DI R N vom 20. Oktober 2013, das die Grundflächen des Beschwerdeführers als „Bauland" ausweist, nicht ein (siehe Schriftsatz vom 10. Februar 2014 und vorgelegtes Gutachten).

2.2.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Enteignung begründet; er greift somit in das Eigentumsrecht (Art. 5 StGG) unzulässig ein.

Gerade diese Enteignung liegt im gegenständlichen Fall - wie oben begründet aufgezeigt - mehrfach vor. Jedenfalls liegt eine unverhältnismäßige und unzumutbare Eigentumsbeschränkung vor. Hier ist diese sogar in mehrfacher Hinsicht gegeben durch isolierte Enteignungsverfahren für die Errichtung der Landesstraße und Gemeindestraße für die Umfahrungsstraße und durch die bekämpfte „de facto Enteignung" im Flurbereinigungsverfahren zugunsten der Gemeinde E zwecks Errichtung einer Wasserversorgungs- und Abwasser­beseitigungsanlage für ein Straßenbauprojekt ohne entsprechende Bewilligungen und ohne entsprechender Entschädigung.

2.2.5. Der gegenständliche Bescheid beruht auf weiteren unrichtigen Grund­lagen:

Unrichtige Erhebung der Bodenqualität.

Die Begründung im Flurbereinigungsverfahren, die sich auf eine „schlechtere" Bodenqualität beim behördlich angeordneten Verfahren stützen will, war - wie erst jetzt bekannt wurde - völlig unzutreffend. So hat der Beschwerdeführer im Zuge der Grabungsarbeiten für das Straßenprojekt nunmehr erst feststellen können, dass seine Bodenqualität „ausgezeichnet" - ohne jede Schotterein­lagerung, wie diese von der Behörde unzutreffend behauptet wurde - ist. Darauf wurde die Behörde mit Beweisen hingewiesen, sie hat ihr Verfahren dennoch unzulässig fortgesetzt und wäre aufgrund der unrichtigen Bewertung das vorausgegangene Verfahren aufzuheben gewesen bzw. lag damit kein rechtskräftiger Bewertungsplan vor. Da kein rechtskräftiger Bewertungsplan vorliegt, hindert dies bereits die Erlassung des gegenständlichen Bescheides.

Beweis: vorgelegte Lichtbilder etc., PV.“

 

Die Agrarbehörde hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 29. Dezember 2014,
GZ: LNO-100954/171-2014-Oh/Ko, dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich vorgelegt.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­ein­sichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war sowohl antragsgemäß als auch im Sinne der nach § 24 Abs. 1 VwGVG sowie der aus Art. 47 Abs. 2 der GRC abzuleitenden Rechte durchzuführen. Gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden.

 

An der Verhandlung nahmen Mag. H O als Vertreter der Agrar­behörde Oberösterreich, DI N M und DI H S als sachverständige Organe, der Beschwerdeführer und dessen rechtsfreundliche Vertretung teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Begleitend zum Bau der „U E“ hat die Agrarbehörde Oberösterreich das Flurbereinigungsverfahren "U E" für ein Gebiet im Ausmaß von ca. 24 ha eingeleitet, um bestehende Mängel der Agrarstruktur oder solche, die durch den Bau der „U E“ entstehen würden, möglichst rasch wieder zu beheben und die Nachteile an der räumlichen Agrarstruktur für landwirtschaftliche Betriebe grundsätzlich möglichst klein zu halten.

 

Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer der Grundstücke Nr. x, x und x, je KG H, und Alleineigentümer des Grundstückes Nr. x, KG H, im Gesamtausmaß von ca. 1 ha 70 a. Bei den Besitzkomplexen, bestehend aus ad01 und aq01, handelte es sich um eine nahezu rechteckige Grundfläche, die in West/Ostrichtung durch einen bestehenden Wirtschaftsweg durchschnitten wurde und in deren westlichem Bereich sich zwei Gebäude befinden. Diese Fläche wies hinsichtlich der Bewirtschaftbarkeit ursprünglich ein gutes Längen/Breitenverhältnis auf. Die Lage der Gebäude erschwerte die Bewirtschaftung in diesem Bereich bereits vor der Flurbereinigung. Durch den Bau der „U E“ wurde dieser Besitzkomplex durchschnitten, wobei zwei getrennte Komplexe entstanden sind.

 

Der Beschwerdeführer hat nach Abzug der durch das Land Oberösterreich eingelösten bzw. enteigneten Grundstücksteile Trennstück 12 und 17 (vgl. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E vom 5. April 2013, BauR01-6-6-2012, und Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3. April 2013, Verk-960200/9-2013-Ba/Eis) im Gesamtausmaß von 3670 bzw. einem Tauschwert von 10.945,80 Euro einen Abfindungsanspruch von 26.659,52 Euro. Die Abfindung des Beschwerdeführers (Lit. AD) beträgt 26.994,20 Euro und übersteigt den Anspruch um 334,68 Euro.

 

Alle im Flurbereinigungsverfahren von der Agrarbehörde Oberösterreich bisher erlassenen Bescheide sind rechtskräftig.

 

Die verfahrensgegenständlichen Komplexe werden zur Gänze ackerbaulich genutzt bzw. mit handelsüblicher Agrartechnik (4-Schar Volldrehpflug) zur Gänze bearbeitet. Der Beschwerdeführer legte im Zuge der mündlichen Verhandlung Lichtbilder vor, aus denen ersichtlich ist, dass der verfahrensgegenständliche Bereich geackert ist. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass im Jahr 2014 Kürbisse mangels Bewirtschaftbarkeit eingegangen seien, ist nicht nachvoll­ziehbar, da augenscheinlich der Bereich mit einem Pflug bearbeitet worden ist und somit der Komplex offensichtlich bewirtschaftbar ist. Die behauptete Unbewirtschaftbarkeit der Grundstücke liegt daher nicht vor. Aufgrund der vorgelegten Lichtbilder bzw. der im Akt einliegenden Lichtbilder und Orthofotos war ein Lokalaugenschein entbehrlich.

 

Der in der Beschwerde angeführte Flächenverlust von „825 “ resultiert aus der Zuteilung einer verbesserten Bonität im Bereich des Abfindungskomplexes AD 01. Der Mittelwert der Bonität erhöht sich von 2,71 auf 2,88 Euro (+ 5,9 %). Die Fläche des Abfindungskomplexes AD 01 beträgt 9358 (- 9,3 %). Der wertbedingte „Flächenverlust" beträgt somit 874 (10232 - 9358 =
874 m²). Die südliche Länge des Abfindungskomplexes beträgt 90 m und die nördliche Länge 70 m.

 

Verfahrensbedingte Änderungen zur Grundaufbringung (Grundabzüge gemäß
Oö. FLG) für gemeinsame Maßnahmen und Anlagen (für den Ausbau Wegenetzes oder der Anlage ökologischer Begleitmaßnahmen) wurden im Flurbereinigungs­verfahren „U E“ nicht vorgenommen.

 

Gemäß rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Gemeinde F sind die im Flurbereinigungsverfahren einbezogenen Grundstücke nicht als „Bauland" ausgewiesen, sondern als Grünland. Überdies sind derzeit weder im „Teil­regionalen Standortentwicklungskonzept" noch im „Örtlichen Entwicklungs­konzept" (ÖEK) der Gemeinde F Erweiterungsmöglichkeiten vorgesehen. Es handelt sich gemäß § 12 Abs. 6 Oö. FLG nicht um Grundstücke von besonderem Wert. Vielmehr bezeichnet das „Teilregionale Standortentwicklungs­konzept" die gegenständlichen Flächen als „landwirtschaftliche Gunstlage von regionaler Bedeutung".

Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers brachte in der münd­lichen Verhandlung vor, dass es sich im verfahrensgegenständlichen Bereich um 11052 Dorfgebiet handle, er auf die Beilagen zum „Bewertungsgutachten - Ermittlung von Entschädigungen für Grundstücksflächen, die mit der Bezeich­nung „13“ im Grundeinlöseplan im Zusammenhang mit dem Projekt Umlegung der Landesstraße im Baulos „U E - 1. Bauabschnitt“ im Gebiet der Gemeinde F in Anspruch genommen werden“ vom 20. Oktober 2013, erstellt von DI R N, DI Dr. S N und Mag. E N, verweise und diese Fläche daher eine Fläche von besonderem Wert darstelle.

 

In dieser Beilage wird Folgendes angeführt:

BESTEHENDE WOHNGEBÄUDE IM GRÜNLAND                               +Nr. 6

Adresse: x; S J u. P    KG.: H

Gst. Nr.: x+x                     Fläche: 11052

davon sind 960 m² Baulandfläche“

 

Bereits aus der Überschrift ergibt sich eindeutig, dass es sich um ein Wohngebäude im GRÜNLAND handelt und nicht 11052 Bauland vorliegen.

 

Der Bescheid betreffend Besitzstandsausweis und Bewertungsplan ist, wie bereits erwähnt, rechtskräftig. Es ist daher von den damals festgelegten Bewer­tungsgrundlagen auszugehen. Ob nunmehr beim Straßenbau bzw. beim Aushub der Straße eine tatsächlich bessere Bodenqualität vorgelegen hat, stützt sich auf bloße Mutmaßungen des Beschwerdeführers, da der Boden des verfahrens­gegenständlichen Komplexes neben dieser Grube liegt, somit keine Aufschlüsse hinsichtlich dieser Bodenqualität zulässt. Dem Antrag auf Einholung eines dies­bezüglichen Sachverständigengutachtens war nicht zu entsprechen, da es sich offenkundig um einen Erkundungsbeweis handelt. Der Beweisantrag ist „an sich“ ungeeignet, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (vgl. VwGH 4.7.1997, 97/03/0079).

Der Beschwerdeführer gibt zunächst in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass sich an der Bodenqualität in der Zeit zwischen Bewertung und Bau der Straße nichts geändert habe. Diese Aussage wird jedoch unmittelbar danach vom rechtsfreundlichen Vertreter dahingehend abgeändert, als sich nach den Baumaß­nahmen die Bodenqualität massiv verschlechtert habe, weil „verdich­tende Baumaßnahmen durchgeführt“ worden wären. Dies sind ebenfalls bloße Behauptungen, die auch nicht durch die vorgelegten Lichtbilder bekräftigt werden konnten.

 

Des Weiteren wurde erstmalig in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die bereits gebaute Straße mit ihren Nebenanlagen (Bankett, Böschung) 3 m in den Abfindungskomplex hineinragen würde und dieser unbewirtschaftbar sei. Da nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine strikte Bindung an die Beschwerde (§ 27 VwGVG) besteht (E 17.12.2014, Ro 2014/03/0066), ist auch auf dieses Vorbringen näher einzugehen: Das sachverständige Organ der Agrarbehörde führte dazu aus, dass es zwar noch keine Schlussvermessung gebe (diese werde über Antrag der Baufirma durchgeführt), jedoch seitens der Agrarbehörde Messungen durchgeführt wurden und diese ergeben hätten, dass die Straße bzw. Nebenanlagen keinesfalls 3 m auf dem Abfindungskomplex des Beschwerdeführers liegen würden. Die Straßenlinie, die im Enteignungsprojekt festgelegt wurde, wurde eingehalten.

 

Nach Bewertung der unproduktiven Gesamtkosten erzielt der Beschwerdeführer auf dem Abfindungskomplex AD 01 einen jährlichen Kostenvorteil von zumindest 125,16 Euro nach erfolgter Flurbereinigung. Die im Zuge des Enteignungs­bescheides festgesetzten Entschädigungen waren dabei nicht zu berücksichtigen.

 

Die Feststellungen stützen sich aus dem Verfahrensakt bzw. ergeben sich aus der fachlichen Stellungnahme der beiden sachverständigen Organe der Agrarbehörde und deren Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Angaben wurden im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Dem Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines war nicht zu ent­sprechen, da aus den im Akt befindlichen Fotos ersichtlich ist, dass es sich um eine ebene, geackerte Fläche handelt. Es erübrigte sich daher die Einholung eines weiteren Gutachtens.

 

Das erkennende Gericht folgt diesen fachlichen Ausführungen, wobei der Beschwerdeführer diesen auf Berechnungen basierenden Darstellungen und Schlussfolgerungen sachlich nicht entgegenzutreten vermochte und bloße Gegenbehauptungen aufstellte.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

§ 1 Oö. FLG

(1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch

1.   die Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie

2.   die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe

nach zeitgemäßen volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und ökolo­gischen Gesichtspunkten in einem Zusammenlegungsverfahren verbessert oder neu gestaltet werden.

 

(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch

1.   Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserver­hältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder

2.   Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie z.B. die Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasser­läufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten, Schulbauten, Sport­plätzen, Friedhöfen).

 

Nach § 15 Abs. 1 Oö. FLG ist die Neuordnung des Zusammenlegungsgebietes die Festlegung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, der neuen Flureinteilung sowie der dieser entsprechenden Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse. Die Agrarbehörde hat bei der Neuordnung des Zusammenlegungsgebietes eine Gesamtlösung in rechtlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht anzu­streben und dabei auf eine den Raumordnungszielen und -grundsätzen (§ 2
Oö. Raumordnungsgesetz 1994) entsprechende, geordnete Entwicklung des ländlichen Lebens-, Wirtschafts- und Naturraumes sowie auf eine geordnete Entwicklung der Betriebe Bedacht zu nehmen. Sie hat dabei die Bestimmungen des § 1 zu beachten, die Interessen der Parteien und der Allgemeinheit gegen­seitig abzuwägen und zeitgemäße betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und ökologische Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei der Neuordnung sind ökologische Maßnahmen, wie vor allem die Erhaltung, Neustrukturierung und Neuschaffung von Ökoverbundsystemen, anzustreben.

 

§ 19 Oö. FLG schreibt die Anforderungen fest, an welchen die Übereinstimmung einer Abfindung mit dem Gesetz zu messen ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 hat jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch darauf, unter Anrechnung der Grundaufbringung gemäß § 16 Abs. 2 entsprechend dem Wert ihrer in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Hierbei ist insbesondere auf die lagebedingten Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten (§ 12 Abs. 2) der Grundstücke Bedacht zu nehmen.

Zufolge § 19 Abs. 7 Oö. FLG müssen alle Grundabfindungen einer Partei in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit allen in das Verfahren einbezogenen Grund­stücken der Partei weitgehend entsprechen und bei ordnungsgemäßer Bewirt­schaftung ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg wie die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke der Partei ermöglichen. Die Grundabfindungen müssen aus Grundflächen bestehen, die eine günstige Form und Größe aufweisen und ausreichend erschlossen sind.

Nach § 19 Abs. 8 Oö. FLG hat das Verhältnis zwischen dem Flächenausmaß und dem Wert der gesamten Grundabfindungen einer Partei dem Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten in das Verfahren einbezogenen Grund­stücke der Partei möglichst zu entsprechen. Unvermeidliche Abweichungen sind bis zu einschließlich einem Fünftel dieses Verhältnisses zulässig.

Gemäß § 19 Abs. 9 Oö. FLG ist der Bemessung der Abfindung der Abfindungs­anspruch zugrunde zu legen. Der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Wert der Grundabfindung darf nicht mehr als 5 % des Wertes des Abfindungsanspruches betragen und ist in Geld auszugleichen.

 

Ein Flurbereinigungsverfahren dient von seinem gesetzlichen Auftrag her der Förderung des betroffenen Gebietes (Agrarstrukturverbesserung) und nicht nur den einzelnen Grundeigentümern. Die Wahrung öffentlicher Interessen ist den damit befassten Behörden und nicht den einzelnen Grundeigentümern überantwortet. Aus öffentlichen Interessen kann kein subjektiv-öffentliches Recht abgeleitet werden. Die Beschwerdeführer haben somit keinen Anspruch darauf, dass bei der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens eine ihnen vorschwe­bende, ihrer Ansicht nach im öffentlichen Interesse liegende Optimallösung realisiert wird.

 

Die Veränderung von Komplexen muss immer im Gesamtzusammenhang mit dem Flurbereinigungserfolg gesehen werden. Nachteile bei einem Komplex können bei anderen Komplexen ausgeglichen werden und dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Der wirtschaftliche Gesamtvorteil für den Beschwerdeführer ist nachvollziehbar und schlüssig bewiesen. Durch die Neuordnung ist für den Betrieb des Beschwerdeführers jedenfalls kein wirtschaftlicher Nachteil gegeben. Für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung ist deren Gesamtvergleich mit dem gesamten Altbesitz entscheidend (vgl. VwGH 23.2.2006, 2004/07/0147).

Da durch das Enteignungsverfahren der Besitzstand des Beschwerdeführers geändert wurde, wurde auch der Abfindungsanspruch dementsprechend geändert. Die durch die „U E“ beanspruchten Flächen wurden außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens enteignet und nicht im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens aufgebracht.

 

Zur tunlichst gleichen Beschaffenheit der Abfindung ist auszuführen, dass der gesamte Besitz- bzw. Abfindungsbereich eben ist und hinsichtlich der Nutzungseignung als Acker keine Unterschiede bestehen. Der Anbau von Feldfrüchten ist hinsichtlich der Bodenbonität nicht eingeschränkt. Eine Verschlechterung des Standortes hinsichtlich der tunlichst gleichen Beschaf­fenheit ist daher auszuschließen.

 

Durch die Zusammenführung der Komplexteile ad1a und ad2a kommt es zu einer massiven Reduktion von Fahrstrecken, da große Umwege durch die neue Straße vermieden werden. Durch die Neuordnung kommt es weiters zu einer Verbesserung der Komplexgrößen, da aus zwei Komplexen ein Komplex geschaffen wird.

 

Der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Wert der Grundabfindung darf nicht mehr als 5 % des Wertes des Abfindungsanspruches betragen und ist in Geld auszugleichen. Gemäß der Abfindungsberechnung beträgt die Überabfindung 334,68 Euro. Dies entspricht einer Überabfindung von 1,25 %, welche sich klar im gesetzlichen Rahmen von 5 % des Wertes des Abfindungsanspruches bewegt.

 

Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass nur der Vergleich des Besitzstandes nach der Enteignung und der Abfindung rechtlich möglich ist.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist klar nachvollziehbar, dass das Flurbereini­gungs­verfahren begleitend zum Bau der „U E“ eingeleitet wurde. Die Grundaufbringung, insbesondere im Fall des Beschwerdeführers, erfolgte allerdings nicht durch eine gemeinsame Aufbringung der Grundeigentümer, sondern jeweils in Einlöseverfahren bzw. im gegenständlichen Fall im Enteig­nungswege.

 

Das bedeutet, dass die Agrarbehörde bei der Neuordnung von der gegebenen Situation nach der Enteignung auszugehen hat, da das Enteignungsverfahren von anderen Gebietskörperschaften bzw. auf Basis anderer Rechtsgrundlagen abgewickelt worden ist und zu einer Änderung des rechtskräftigen Besitzstandes geführt hat.

 

Ob die Flurbereinigung lediglich dem Straßenprojekt zur „U E“ diene, wurde bereits in der Bescheidbegründung der Agrarbehörde ausgeführt. Ziel der Flurbereinigung „U E“ sei vorwiegend die Abwendung von Agrarstrukturmängeln (Durchschneidungsnachteile), die durch das Straßen­projekt verursacht würden. Dies ergibt sich im Übrigen schon aus dem Titel der Flurbereinigung. Wäre die Flurbereinigung nicht gleichzeitig mit dem Bau der Umfahrung durchgeführt worden, so wären die Grundflächen des Beschwerde­führers durch die Straßenfläche zerteilt worden und er hätte zwei kleine Komplexe. Gerade die Durchführung der Flurbereinigung im Zuge des Baues der „U E“ unterstützt die Landwirte dahingehend, dass sie im Ergebnis bewirtschaftbare Grundflächen erhalten.

 

Der Begriff Enteignung trifft im Zuge eines Agrarverfahrens nicht zu, da durch das wertgleiche Tauschverfahren den Parteien wieder ihre Abfindungsansprüche zustehen.

 

Die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens  bzw. die gleichzeitige Durchfüh­rung eines Enteignungsverfahrens ist verfassungsrechtlich unproblematisch. Ob und zu welchem Zeitpunkt eine Flurbereinigung erforderlich ist, richtet sich nach den im Gesetz (§§ 1 und 28 Oö. FLG) fixierten Zielen und Aufgaben.

 

Ein Flurbe­reinigungs­verfahren kann auch zu dem Zweck durchgeführt werden, ein Straßen­projekt zu unterstützen oder die Agrarstrukturmängel (Durchschnei­dungs­nachteile) abzuwenden, die durch ein solches Projekt verursacht werden. Die Verfahrenseinleitung erfolgt nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen. Dem Argument des Beschwerdeführers, eine Entscheidung des gegenständlichen Ver­fahrens sei zum derzeitigen Zeitpunkt unzulässig, kann sich das Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich nicht anschließen.

 

Ein Flurbereinigungsverfahren dient von seinem gesetzlichen Auftrag her der Förderung des betroffenen Gebietes (Agrarstrukturverbesserung) und nicht nur den einzelnen Grundeigen­tümern. Die Wahrung öffentlicher Interessen ist den damit befassten Behörden und nicht den einzelnen Grundeigentümern überant­wortet. Der Beschwerde­führer hat somit keinen Anspruch darauf, dass bei der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens eine ihm vorschwebende, seiner Ansicht nach im öffentlichen Interesse liegende Optimallösung realisiert wird.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bau der „U E“ für den Beschwerdeführer natürlich eine deutliche Erschwernis der agrarischen Verhältnisse im Vergleich vor dem Bau mit sich gebracht hat, diese jedoch durch das Flurbereinigungsverfahren wesentlich gemildert wurden.

 

Es liegen somit alle im Oö. FLG 1979 normierten Voraussetzungen für die Flurbereinigung vor.

 

Befangenheit:

Gemäß § 6 VwGVG haben sich die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes, fachkundige Laienrichter und Rechtspfleger unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten.

 

Die in dieser Bestimmung genannten Organe des Verwaltungsgerichtes haben sich bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes nach § 7 Abs. 1 AVG der Ausübung ihres Amtes zu enthalten.

 

Nach § 7 Abs. 1 AVG haben Verwaltungsorgane (gilt auch für die richterlichen Organe des Verwaltungsgerichtes) sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1.   in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2.   in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3.   wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4.   im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

 

Ein Ablehnungsrecht gegenüber den in dieser Bestimmung genannten Organen des Verwaltungsgerichtes steht den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfah­rens nicht zu.

 

Befremdlich erscheint, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2014 selbst die Befangenheit eines Mitgliedes des erkennenden Senates behauptet hat und jetzt in der Beschwerde plötzlich anführt, dass der Senat „jedoch selbst Zweifel eingestanden habe, ob ein agrartechnisches Mitglied des Landesagrarsenates nunmehr als fachkundiger Laienrichter in einem Senat des Oö. Landesverwaltungsgerichtes im selben Flurbereinigungsverfahren fungieren könne.“

 

Im Übrigen wurde gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Februar 2014, LVwG-550024/8/KLe/AK, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2014, E 164/2014-5, abgelehnt.

 

Nunmehr wurde vom Beschwerdeführer die Befangenheit auch auf die im vorhergehenden Verfahren tätige Berichterin des Senates H ausgedehnt.

 

Der fachkundige Laienrichter und die Berichterin des Senates H hatten in einem Berufungsverfahren vor dem Oö. Landesagrarsenat betreffend die „U E“ (Bescheid des Oö. Landesagrarsenates vom 5. August 2013, Agrar(Bod)-100518/6-2013, betreffend den Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen) zwar als dessen agrartechnisches Mitglied bzw. als Bericht­erstatterin fungiert, jedoch wurde diese Entscheidung weder in erster Instanz durchgeführt, noch besteht ein - einen Befangenheitsgrund bildenden - Bezug zum gegenständlichen Be­schwerde­verfahren.

 

Bei den Mitgliedern des Landesagrarsenates handelte es sich in dieser Funktion um weisungsfreie Mitglieder. Der Senat H des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich besteht ebenfalls aus weisungsfreien Richtern und einem fach­kun­digen, weisungsfreien Laienrichter.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

III.           Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil dem Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine solche Rechtsprechung fehlt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Frage, ob ein agrartechnisches Mitglied bzw. eine Berichterstatterin eines Landesagrarsenates nunmehr als fachkundiger Laien­richter bzw. als Berichterin in einem Senat bei einem Landesverwaltungs­gericht im selben Flurbereinigungsverfahren fungieren darf, vom Verwaltungs­gerichtshof noch nicht behandelt wurde.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesver­waltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  B l e i e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 30. Juni 2015, Zl.: E 731/2015-10

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 31. März 2016, Zl.: Ro 2015/07/0038-7