LVwG-300536/7/Bm/Rd

Linz, 21.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn Ing. A K, vertreten durch P C S H GmbH, c/o Herrn M H und Frau A G, x, gegen das Straf­erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. November 2014, Ge96-87-2014/HW, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitneh­mer­Innen­­schutzgesetz (ASchG) iVm der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO),  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herab­gesetzt werden. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abge­wiesen.

 

II.       Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit 100 Euro (10 % der nunmehr festgesetzten Geldstrafe) bestimmt. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbei­trages zum Beschwerdeverfahren.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
4. November 2014, Ge96-87-2014/HW, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.660 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von vier Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 17 Abs. 1 AM-VO verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungs­strafrechtlich Verant­wort­licher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Arbeitgeberin P C S H GmbH, FN x, Sitz in H, Geschäftsanschrift: x, folgende Übertretung der Arbeitsmittelver­ordnung zu verant­worten hat:

Die Arbeitsinspektorin DI B vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Unfallerhebung am 18. Juni 2014 festgestellt, dass am 12. Mai 2014 (Tatzeit) in der Arbeitsstätte x, der P C S H GmbH der Arbeitnehmer R G zur Beseitigung einer Störung am Fill-Formenträger, FT-H. H.25.12,5, BJ 12/2004, den Formenträger in Betrieb nehmen ließ. Dadurch wurde § 17 Abs. 1 AM-VO übertreten, wonach Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Be­seitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchge­führt werden dürfen.   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bean­tragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass kein Verstoß gegen § 17 Abs. 1 AM-VO vorliege, da das Ermittlungsverfahren entgegen der im Straferkenntnis getroffenen Feststellungen kein Verschulden des Beschwerde­führers ergeben habe. Richtig sei, dass der verunfallte Mitarbeiter seit 31 Jahren im Betrieb als Schäumer angestellt sei. Dabei erfolgte die Bedienung von Maschinen über den gesamten Zeitraum ohne jedwede Zwischenfälle. Der Mitarbeiter verfüge im Umgang mit den Maschinen im Allgemeinen und den Fill-Formenträgern im Speziellen über jahrelange und beste Kenntnisse und sei in jährlich bis halbjährlichen Abständen geschult und von technischen Neuerungen eingewiesen worden. Die periodische Unterweisung sei vom Vorgesetzten vorgenommen und die Kenntnisnahme durch den verunfallten Mitarbeiter durch schriftliche Gegenzeichnung dokumentiert worden. Die dokumentierten Unter­weisungsunterlagen beinhalten den Hinweis, dass bei Störungen oder Abwei­chungen, die Produktion unterbrochen und der Schichtführer gerufen werden müsse. Es sei dem Arbeitgeber nicht zumutbar und werde dies vom Gesetzgeber auch nicht gefordert, dass über die regelmäßig abgehaltenen Sicherheits­schulungen hinaus weitere Schulungen durchzuführen seien. Die Schulungs­unterlagen werden jeweils nach Unterfertigung in Abschrift beim Personalbüro hinterlegt und wurden am 18. September 2014 anlässlich des Betriebsbesuches der Arbeitsinspektorin vorgelegt.

 

Weiters wurde die Funktionsweise der konkreten Maschine näher dargelegt. So sichere ein doppelter Lichtschranken (links/rechts) im Bedienbereich den Mit­arbeiter dahingehend, dass die Maschine von diesem nicht in Betrieb genommen werden könne, wenn er sich unmittelbar vor den Formen bzw. der Formenträger befinde, um z.B. geschäumte Produkte den Formen zu entnehmen. Das Steuer­gerät befinde sich außerhalb des gesicherten Bereichs, sodass ein Auslösen der Formen- bzw. Formträgerbewegung ausgeschlossen sei, wenn sich der Schäumer oder andere Personen innerhalb des Lichtschrankenbereichs be­finden. Für die konkrete Bedienung dieser Maschine sei jeweils ein Mitarbeiter/Schicht vorge­sehen und nur dieser eine Mitarbeiter für den Betrieb dieser Maschine eingeteilt.

 

Mit Feststellung der Störung habe der Mitarbeiter nunmehr  - aus der sich bereits außer Betrieb befindlichen Maschine – aus der Form ein Produkt entnommen und nach Beendigung dieser Arbeiten – in einem gewissen Maß an Unbesonnenheit und gegen jedwede langjährige Übung und Vorgaben – einen Kollegen kurzfristig gebeten, die Maschine wieder in Betrieb zu setzen. Zum Zeitpunkt der Quittierung der Störung durch diesen Kollegen befand sich der Mitarbeiter daher im zwar grundsätzlich gesicherten, jedoch selbst vom Schutz deaktivierten, Arbeitsbereich des Gesamtsystems. Das Steuergerät, mit welchem die Maschine in Betrieb genommen bzw. abgestellt werden könne, liege außerhalb der Reichweite des Mitarbeiters. Es muss daher für den Fall einer Störungsbehebung der Mitarbeiter den Sicherheitsbereich verlassen, aus der Kabine durch die Lichtschranke heraustreten und kann allenfalls von außen – somit im gesicherten Bereich – versuchen, eine Störung zu quittieren. Nachfolgende Bewegungen im Sicherheitsbereich erfolgen daher entsprechend den Vorgaben zu einem Zeitpunkt, wo sich der Mitarbeiter bereits außerhalb des Gefahrenbereichs be­wegt. Der Sicherheitsablauf siehe vor, dass eine Inbetriebnahme aufgrund des Sicherungsmechanismus nicht durch den Maschinenführer selbst (der sich bei der Maschine befindet) erfolgen kann. Weitere Mitarbeiter seien im Rahmen des festgelegten Ablaufs nicht vorgesehen und sei ihnen auch nicht erlaubt, in den Maschinenbetrieb eines anderen Mitarbeiters einzugreifen. Die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen würden gewährleisten, dass die Inbetriebnahme der Maschine während besonderer Arbeiten iSd § 17 AM-VO nicht möglich sei. Dies sei auch im Rahmen einer Evaluierungsprüfung durch den TÜV Austria im
Jahr 2012 festgestellt und 2014 aktualisiert worden. Der TÜV Austria habe keinerlei Feststellungen zu einer möglicherweise nicht ausreichenden Sicherheits­vor­kehrung getroffen und habe auch nicht den ermittelten Prozessablauf bemängelt. Die Verletzung sei daher ausschließlich und allein durch das weisungswidrige Verhalten des grundsätzlich äußerst erfahrenen Mitarbeiters ausgelöst worden, indem unter Zuhilfenahme eines weiteren Mitarbeiters und unter eigenmächtiger Umgehung des Systems, die Maschine wieder in Gang gesetzt worden sei.

 

Zum Verschulden wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zur Sicherung des Arbeitsschutzes bzw. für die Sicherheit der Mitarbeiter alle notwendigen Maßnahmen getroffen habe, um eine Inbetriebnahme von Maschinen bei der Durchführung besonderer Arbeiten bestmöglich zu gewähren. Eine erfolgte und für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbare Umgehung dieser Sicherungen könne nicht zu einer Haftung des Unternehmens bzw. des Beschwerdeführers führen. Keine Sicherung könne 100%igen Schutz durch Umgehung bei ent­sprechender Sachkenntnis bieten. Bereits der TÜV Austria habe keine tech­nischen Feststellungen gegen das installierte Kontrollsystem und auch die bewiesenen Anweisungen, dass lediglich ein Mitarbeiter an der Maschine beschäftigt sein sollte, getroffen. Dies unterstreiche deutlich, dass die Maß­nahmen gerade dafür installiert waren, derartige Unfälle zu verhindern. Sollte jedes weisungswidrige Verhalten eines verunfallten Mitarbeiters zu einem Verschulden des Verant­wortlichen führen, könne kein Betrieb mit Mitarbeitern geführt werden, denn ein Kontrollsystems könne nur insoweit installiert werden, als Menschen darin eingebunden sind, die die Anweisungen des Kontrollsystems entsprechend zu befolgen und abzubilden haben. Aufgrund des aufgezeigten Kontrollsystems mit technischen und schulungsintensiven Ablaufplänen sei ein fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers nicht zu erkennen. Es sei auch nicht vorstellbar, was der Beschwerdeführer noch zusätzlich hätte machen müssen/sollen, damit dieser Unfall hätte vermieden werden können.

 

Ein schwerwiegendes Verschulden – wie vom Arbeitsinspektorat Linz – vorge­halten, sei zu verneinen, da sämtliche zur Sicherheit der Arbeitnehmer notwen­digen Vorkehrungen getroffen wurden, regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter mit dem Umgang der Maschinen erfolgen, bislang dem Unternehmen keine Verletzung seiner Treuepflicht gegenüber den Mitarbeitern vorzuwerfen sei. Zudem sei strafmildernd zu werten, dass der Beschwerdeführer nicht einschlägig in Erscheinung getreten sei und sich bemüht habe, weitere nachteilige Folgen zu verhindern, zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen und volle Koopera­tions­bereitschaft gezeigt habe. Eine schwerwiegende Übertretung liege aus den genannten Gründen keinesfalls vor, weshalb keine Strafanzeige zu erstatten gewesen wäre.              

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungsgericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und äußerte sich mit Stellungnahme vom 18. März 2015 dahingehend, dass die letzte dokumentierte Schulung des verunfallten Arbeitnehmers vom 2. März 2012 stamme. Bei einer neuerlichen Erhebung zu den Unterweisungen in der Abteilung Schäumerei am 17. März 2015 konnte in den zwei Jahren vor dem Unfall keine Dokumentation einer Unterweisung vorgelegt werden, sodass der Erschwerungsgrund der unzureichenden Unter­weisung aufrecht bleibe. Weshalb der Arbeitnehmer die Störungsbehebung in der Art und Weise durchgeführt habe, sei bislang nicht geklärt worden. Darauf, ob das laut Betriebsunterweisung zur Störungsbehebung befugte spezielle Fachpersonal (Schichtführer, hausinterne IH, mechanische Fertigung, Formenbau ggf. externes Fachpersonal) in der Nachtschicht zur Verfügung gestanden sei, werde nicht eingegangen. Auch am 17. März 2015 habe keine Dokumentation über eine Er­mittlung und Beurteilung der in der Abteilung Schäumerei bestehenden Belastun­gen durch die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsorganisation („Evaluierung der psychischen Belastungen“) vorgelegt werden können.  

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der Sachverhalt erscheint hinreichend geklärt, zumal das konkrete Arbeitsmittel über Sicherheitsvorkehrungen verfügt, welche vom TÜV Austria aus technischer Hinsicht auch als ausreichend beurteilt wurden. Selbst vom Arbeitsinspektorat Linz wurde die technisch korrekte Absicherung der Maschine bestätigt. Es hat daher nur mehr die rechtliche Beurteilung der Verschuldensfrage zu erfolgen.      

 

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhand­lung absehen, wenn in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Von keiner der Verfahrensparteien wurde die Durchführung einer Verhand­lung beantragt.

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage konnte daher eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 17 Abs. 1 Arbeitsmittel-Verordnung (AM-VO) dürfen Einstell-, War­tungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durch­geführt wer­den. Durch geeignete Maßnahmen ist ein unbeabsichtigtes, unbefug­tes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu verhindern.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.2. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der P C S H GmbH mit dem Firmensitz in x und mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich iSd § 9 Abs. 1 VStG.

Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, dass von einem Arbeitnehmer des Unternehmens an der gegenständlichen in Betrieb befindlichen Anlage eine Störung beseitigt wurde.

Es hat daher der Beschwerdeführer als im gegenständlichen Fall für die Ein­haltung der Verwaltungsvorschriften der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) iVm des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) verantwortliches Organ der Arbeitgeberin zu verantworten, dass am 12. Mai 2014 der Arbeitnehmer R G zur Beseitigung einer Störung am Fill-Formenträger, den Formenträger entgegen der Bestimmung des § 17 Abs. 1 AM-VO in Betrieb nehmen hat lassen. Der Beschwerdeführer erfüllt den objektiven Tatbestand der ihm zur Last geleg­ten Verwaltungsübertretung und hat diese auch zu verantworten.

 

5.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Die vom Beschwerdeführer ange­strebte Entlastung ist im Sinne des § 5 Abs. 1 letzter Satz VStG nicht gelungen.

 

5.3.2. Vom Beschwerdeführer wurde eingewendet, dass es sich beim Verun­fallten um einen Mitarbeiter handelt, der bereits seit 31 Jahren im Betrieb als Schäumer angestellt sei und von diesem die Bedienung der Maschinen bislang ohne Zwischenfälle erfolgt sei, über allgemeine und im Speziellen über jahre­lange beste Kenntnisse verfüge, es sich zusammengefasst um einen besonnenen und verlässlichen Mitarbeiter handelt, welcher in jährlichen bis halbjährlichen Schulungen und bei technischen Neuerungen eingewiesen wurde. Die Verletzung sei daher ausschließlich und allein durch das weisungswidrige Verhalten des grundsätzlich äußerst erfahrenen Mitarbeiters ausgelöst worden, in dem unter Zuhilfenahme eines weiteren Mitarbeiters unter eigenmächtiger Umgehung des Sicherheitssystems die Maschine wieder in Gang gesetzt wurde.

 

Hinsichtlich des Einwandes des eigenmächtigen Handels von Mitarbeitern ist der Beschwerdeführer auf die zahlreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema zu verweisen (vgl. VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0002; 19.10.2001, 2000/02/0228; 22.10.2003, 2000/09/0170, 23.5.2006, 2005/02/0248; 20.4.2004, 2003/02/0243; 14.12.2007, 2007/02/0277, 15.10.2009, 2008/09/0102 alle mit Vorjudikatur). Es kann daher kein Vertrauen darauf gegeben werden, dass die eingewiesenen laufend geschulten Arbeitneh­mer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten.

 

Vom Beschwerdeführer wurde das installierte Kontrollsystem so dargestellt, dass die periodischen Unterweisungen vom Vorgesetzten vorgenommen und die Kenntnisnahme durch schriftliche Gegenzeichnung dokumentiert werde. Die Schulungsunterlagen würden jeweils nach Unterfertigung in Abschrift beim Personalbüro hinterlegt werden.

 

Ein hierarchisch aufgebautes Kontrollsystem hat zu enthalten, welche Maßnah­men im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontroll­systems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die einschlägigen Vorschriften auch tat­sächlich befolgt. Weiters, welche Maßnahmen der an der Spitze der Unterneh­mens­hierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funk­tionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilte Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften auch an die jeweils unterge­ordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 5.8.2009, 2008/02/0128, 5.8.2009, 2008/02/0127, 25.1.2005, 2004/02/0294 u.v.m. zum Thema „Kontrollkette“). Es bedarf daher des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH 5.9.2008, 2008/02/0129, mit Vorjudikatur).

 

Dem Beschwerdeführer sind grundsätzliche Maßnahmen bezüglich der Instal­lation eines Kontrollsystems nicht in Abrede zu stellen. Jedoch wurden vom Beschwerdeführer keinerlei Vorbringen gemacht, dass von ihm auch Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Weisungen erfolgt sind und welche Konsequenzen die Arbeitnehmer bei deren Nichteinhaltung zu erwarten haben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner zahlreichen und ständigen Rechtsprechung bezüglich Kontrollsystems ausspricht, reichen Anweisungen und Belehrungen für ein effizientes und effektives Kontrollsystem nicht aus, zumal ein solches nur dann funktionieren kann, wenn dies durch entsprechende Kontrollen sicherge­stellt werden kann.

 

Vom Beschwerdeführer wurden zahlreiche Schulungsnachweise aus den
Jahren 2009 bis 2011 vorgelegt. Die letzte Schulung des Verunfallten erfolgte laut vorgelegten Unterlagen am 2. März 2012, die nächste Schulung erst am
2. Juni 2014, sohin nach dem gegenständlichen Vorfall. Aufzeichnungen, dass auch im Jahr 2013 Schulungen durchgeführt wurden, sind weder aus dem vorge­legten Verwaltungsstrafakt ersichtlich noch wurden diese im Zuge des Beschwer­deverfahrens vorgelegt. Es war daher der Schluss zu ziehen, dass keine – aus welchen Gründen auch immer – stattgefunden haben.

 

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Erteilung von Weisungen, das Aus­teilen von Sicherheitsdatenblätter, die Abhaltung von Schulungen zur Vermei­dung von Verstößen gegen die einschlägigen Vorschriften nicht für das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems ausreichen und durch die fehlende Kontrolle und die konkrete Benennung der Konsequenzen bei fehlender Einhaltung, dem Kontrollsystem Mängel anhaften.

 

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Entlastungsbeweise waren daher nicht geeignet, ihn von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien, weshalb er auch in subjektiver Hinsicht die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verant­worten hat. 

 

6.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

6.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen her­beigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Das Rechtsgut ist im gegenständlichen Fall intensiv beeinträchtigt worden.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.660 Euro verhängt. Der Straf­rahmen für die zur Last gelegte Übertretung reicht von 166 Euro bis 8.324 Euro. Ein Wiederholungsfall liegt gegenständlich nicht vor. Strafmildernd wurde gewertet, dass keine einschlägigen Verwaltungsstrafvormerkungen vorliegen. Straferschwerend wurde gewertet, dass es zu einem Arbeitsunfall gekommen sei, bei welchem es zu Fingerquetschungen gekommen ist, die stationär behandelt werden mussten, sich der Unfall während der Nachtschicht ereignete und der zuständige Instandhalter nur über Rufbereitschaft erreichbar gewesen sei und die Gefahrenermittlung iSd § 4 Abs. 5 Z 6 ASchG für den Bereich der Schäumerei zumindest bis zum 15. Juli 2014 nicht „ermittelt“ bzw. beurteilt worden sei. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit war dem Be­schwerdeführer aufgrund einer Verwaltungsstrafvormerkung nach der StVO 1960 aus dem Jahr 2012 nicht mehr zugute zu halten.

Mangels Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, der Sorgepflicht für zwei Kinder sowie von einem Vermögen von 50.000 Euro und vom Besitz einer Immobilie ausgegangen und hat diese der Strafbemessung zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten, sodass diese auch vom Landesver­waltungsgericht Oberösterreich bei seiner Strafbemessung herangezogen werden konnte.

 

Grundsätzlich bedürfen Verwaltungsübertretungen nach dem ASchG, bei welchen es zu einem Arbeitsunfall mit nicht unerheblichen Folgen gekommen ist, im Hinblick auf den general- und spezialpräventiven Aspekt durch die Verhängung von höheren Strafen, einer strengeren Ahndung. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bislang noch nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist und ihm das Vorliegen eines – wenngleich keinesfalls mängelfreien – Kontroll­systems nicht in Abrede zu stellen war, und bei der konkreten Maschine vom TÜV Austria die Sicherheitsvorrichtungen als ausreichend eingestuft wurden, dieser Umstand vom Arbeitsinspektorat auch nicht in Abrede gestellt wurde, war das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gehalten, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung stand aber der Umstand entgegen, dass die letzte nachweisbare Schulung am 2. März 2012 erfolgte und für das Jahr 2013 keinerlei Dokumentation über abgehaltene Schulungen und Anweisungen vorgelegt wurden. Die nunmehr verhängte Geldstrafe erscheint tat- und schuld­angemessen und auch geeignet, den Beschwerdeführer künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des ASchG iVm der AM-VO hintanzuhalten. An dieser Stelle soll der Beschwerdeführer aber auch mit Nachdruck darauf hinge­wiesen werden, dass im Falle weiterer einschlägiger Vorkommnisse er jedenfalls mit empfindlich höheren Verwaltungsstrafen zu rechnen haben wird. Dann würden die oben zu seinen Gunsten noch getätigten Erwägungen keinesfalls mehr Platz greifen können.  

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen nicht vorlagen.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Da vom Beschwerdeführer keinerlei konkrete Ausführungen wann, wie oft und durch wen Kontrollen durchgeführt werden, dargelegt wurden, konnte kein geringes Verschulden erkannt werden. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.    

 

7. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war spruchgemäß herabzusetzen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).  

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier