LVwG-410376/21/MZ/BZ/TK

Linz, 02.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des J. J. G., geb. x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G. S., x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 15. April 2013, GZ Pol96-200-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungs-strafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15. April 2013, GZ Pol96-200-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von insgesamt 8.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 Tatbild 1 GSpG mit der Begründung verhängt, dass die T.  wie am 26. Juni 2012 in x, im Lokal mit der Bezeichnung "B.", von Organen der Finanzpolizei anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden sei, zumindest in der Zeit von Dezember 2009 bis 28.06.2012 mit acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten verbotene Ausspielungen veranstaltet habe. Mit den vorgefundenen Glücksspielgeräten seien wiederholt Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt worden und sei aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil die dafür erforderliche Konzession nicht vorgelegen habe. Der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T. sei dafür verantwortlich.

 

I.2. Das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15.04.2013 wurde nach einem Zustellversuch am 18.04.2013 hinterlegt. Die Abholfrist begann am 19.04.2013. Der Rechtsvertreter des Bf brachte erstmals am 20.12.2013 vor, dass der Bf wegen krankheitsbedingter Abwesenheit von der Annahmestelle von einer allfälligen Zustellung des Straferkenntnisses keine Kenntnis erlangen konnte. Am 21. Mai 2014 wurde das Straferkenntnis vom 15.04.2013 neuerlich zugestellt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 10. Juni 2014. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 23.09.2014 ist das Oö. Landesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses durch Hinterlegung am 19.04.2013 nicht erfolgt ist. Die Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses ist demnach am 21.05.2014 erfolgt. Das Rechtsmittel des Bf vom 10.06.2014 ist somit rechtzeitig und zulässig.

 

In der Beschwerde wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass den Kunden bekannt gewesen sei, dass bei den gegenständlichen Automaten keine vermögenswerten Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Es würde sich bei den Geräten um reine Unterhaltungsautomaten handeln, bei denen maximal Punkteguthaben zu spielen seien. Auszahlungen insbesondere in Form von vermögenswerten Leistungen seien den Kunden nie in Aussicht gestellt worden. Weiters würden sämtliche Glücksspielgeräte über eine Automatik-starttaste verfügen und würden Serienspiele möglich sein. Am Gerät Nummer 2 sei zudem ein Maximaleinsatz von über 10 Euro möglich. Somit würde eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliegen. Auch sei die verhängte Geldstrafe von 8.000 Euro völlig unverhältnismäßig und in keiner Weise schuld- und tatangemessen. Zuletzt wird auf die Entscheidung des Oö. LVwG, LVwG-410269/6/Gf/Rt, LVwG-410285/4/Gf/Rt, vom 08.05.2014 verwiesen und die Unionsrechtswidrigkeit des GSpG aufgezeigt.

 

Aus diesen Gründen werden die Aufhebung des angefochtenen Straf-erkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 10. Juli 2014 die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt und hat am 23. September 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Mit Schreiben vom 26. September 2014 wurde dem Bf, der belangten Behörde sowie der Organpartei die Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Die hiezu abgegebenen Stellungnahmen verweisen im Wesentlichen auf die bereits vorgebrachten Stellungnahmen bzw. auf die eingebrachte Beschwerde.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht – in Ergänzung zu den Punkten I.1. und I.2. – von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer von der Abgabenbehörde am 28. Juni 2012 im Lokal mit der Bezeichnung "B." in x, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden:

 

FA-Nr. Gehäusebezeichnung Seriennummer

FA-Nr. 1 Pigs can Fly XAR601837

FA-Nr. 2 Interactive Games

FA-Nr. 3 Dollar Bill XAR601853  

FA-Nr. 4 Ambassador Games Austria

FA-Nr. 5 Multi Gaming System, Multi Box

FA-Nr. 6 Interactive Games

FA-Nr. 7 Apollo 8457

FA-Nr. 8 Ambassador Games Austria

 

Diese Geräte befanden sich zumindest seit 1. Dezember 2009 im oa Lokal.

 

Der Spielablauf stellt sich bei den verfahrensgegenständlichen Walzenspielgeräten generalisierend wie folgt dar:

 

Bei diesen Geräten konnten virtuelle Walzenspiele durchgeführt werden, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Wie der GSp26-Dokumentation und der Fotodokumentation eindeutig zu entnehmen ist, verfügten sämtliche Walzenspielgeräte über eine Automatik-Start-Taste. Weiters ist der GSp26-Dokumentation sowie der Fotodokumentation zu entnehmen, dass diese Gerätschaften auch über einen Banknoteneinzug verfügten und dass bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 und 3 bis 8 eine Einsatzsteigerung mit vorgeschaltetem Würfelspiel möglich war.

 

Bei dem Gerät mit der FA-Nr. 2 wurde durch die Organe der Finanzpolizei ein möglicher Höchsteinsatz von 15 Euro festgestellt.

 

Im Rahmen der Kontrolle durch die Organe der Finanzpolizei wurden auch Probespiele durchgeführt, bei denen auf dem Gerät mit der FA-Nr. 1 bei dem Spiel mit der Bezeichnung „Pigs can Fly“ ein Mindesteinsatz von 0,50 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 20 Euro und 8 Supergames (SG) festgestellt werden konnte. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 198 SG in Aussicht gestellt wurde.

 

Auf dem Walzenspielgerät mit der FA-Nr. 3 konnte im Rahmen der Probespiele durch die Organe der Finanzpolizei unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung "Dollar Bill" gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro + 48 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 10 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 20 Euro + 998 SG in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Im Zuge der Kontrolle wurde auf dem Gerät mit der FA-Nr. 4 ein Spiel mit der Bezeichnung "4 Wins" gespielt. Bei diesem Spiel betrug der festgestellte Mindesteinsatz 0,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 8 SG in Aussicht gestellt wurde. Der festgestellte Maximaleinsatz betrug 5 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 98 SG in Aussicht gestellt wurde.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 5 wurde im Zuge der Kontrolle ein Spiel mit der Bezeichnung "Lucky Seven" gespielt. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,25 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 12,50 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 5 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 20 Euro in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Im Zuge der Kontrolle wurde auf dem Gerät mit der FA-Nr. 7 ein Spiel mit der Bezeichnung "Scatter Fruits" gespielt. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,30 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 10 Euro und 29 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 10 Euro und 499 SG in Aussicht ausgestellt wurde.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 8 wurde im Zuge der Kontrolle ein Spiel mit der Bezeichnung "MB Gold" gespielt. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,45 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 43 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 4,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in Höhe von 20 Euro und 448 SG in Aussicht ausgestellt wurde.

 

II.3.  Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie die dabei vorgefundenen Geräte gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei. Die Funktionsweise der Geräte und die Feststellungen zu den auf diesen Gerätschaften möglichen Spielen samt Mindest- und Maximaleinsätzen sowie den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen gründen insbesondere auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation sowie den GSp26-Dokumentationen. Die Anzeige der Finanzpolizei enthält auch eine Beschreibung des Spielablaufs und lässt sich diese Beschreibung auch mit den Lichtbildern, die der Anzeige angeschlossen waren, in Einklang bringen. Die beschriebene Funktionsweise stimmt auch im Wesentlichen mit den festgestellten Abläufen in anderen (veröffentlichen) Entscheidungen zu Walzenspielen überein, sodass aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei bestehen.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 50 Abs 1 GSpG ist das Landesverwaltungsgericht zuständig.

 

IV.2. Nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (grundlegend etwa VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249) ist bei Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit (§ 168 StGB) und verwaltungsstrafrechtlicher Strafbarkeit gemäß § 52 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet, unternehmerisch zugänglich macht oder sich daran beteiligt, dabei Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als 10 Euro ermöglicht bzw ob Serienspiele veranlasst wurden. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über 10 Euro ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an dem verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomat jeweils geleistet werden kann, und, ob Serienspiele veranlasst werden können (vgl VwGH 09.09.2013, 2013/17/0320 uva).

Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

IV.3. Gemäß § 52 Abs 3 GSpG in der seit 1.3.2014 geltenden Fassung BGBl I Nr. 13/2014 ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach    § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht werden. Ob diese Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden. Bis zum 1.3.2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume vor dem 1.3.2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des zum Tatzeitpunkt primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen) kann die Anwendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit bereits eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern (vgl dazu auch jüngst VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121-5).

 

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Es ist also zur Frage, in welcher Fassung die Strafnorm des § 52 GSpG anzuwenden ist, auf die Gesamtauswirkung der Novelle BGBl I Nr. 13/2014 zu achten. Die Regelung der Subsidiarität in § 52 Abs 3 GSpG darf also nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusammenhang mit den sonstigen Änderungen des § 52 GSpG durch diese Novelle gesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 52 Abs 1 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014 eine erhebliche Verschärfung der Strafdrohungen vorsieht: Die Höchststrafe wird von 40.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben und es werden (erstmals) Mindeststrafen von bis zu 6.000 Euro eingeführt. § 52 GSpG ist in der aktuellen Fassung daher für den Täter jedenfalls ungünstiger als in der zur Tatzeit geltenden Fassung. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (24 der Beilagen XXV. GP) ergibt sich im Übrigen, dass der Gesetzgeber keinesfalls eine "Entkriminalisierung" des Glückspielrechtes anstrebte, sondern ganz im Gegenteil eine "wirksame und effektive Vollziehung" der Strafbestimmungen des Glücksspielgesetzes. § 52 GSpG ist daher in seiner Gesamtheit in der zur Tatzeit geltenden Fassung anzuwenden.

 

Hinzu kommt, dass eine allfällige den Tatbestand nach § 168 StGB und nach § 52 GSpG erfüllende strafbare Handlung gemäß §§ 57 ff StGB nach einem Jahr verjährt, wobei spätestens mit der Kontrolle am 28.06.2012 das strafbare Verhalten aufhörte.

 

Im Ergebnis kommt daher jedenfalls dann, wenn die gegenständlichen Glücksspiele (auch) den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen, eine Bestrafung nach § 52 GSpG nicht in Betracht.

 

IV.4. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Gerät mit der FA-Nr. 2 Einzeleinsätze über 10 Euro (konkret 15 Euro) möglich waren. Weiters ergibt sich, dass bei den verfahrensgegenständlichen Geräten mit den FA-Nrn. 1 und 3 bis 8 Serienspiele ermöglicht bzw veranlasst wurden, zumal der Banknoteneinzug potentielle Spieler dazu verleitet höhere Beträge einzuspeisen und der fragliche Unterhaltungswert bei den Walzenspielen jedenfalls bei Betätigen der Automatik-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, zumal der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchen vom Spielguthaben und Walzenlauf solange nacheinander automatisch abläuft, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird und der Blick der Spieler bei den im Sekundentakt monoton ablaufenden Walzenspielen wohl vorwiegend auf den sich verändernden Stand des Spielguthabens gelenkt wird (vgl auch OGH 6 Ob 118/12i: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."). Mittels bloß einmaliger Betätigung der Automatik-Start-Taste konnte im Übrigen auch eine Vielzahl von Walzenläufen in Serie bewirkt werden, bei denen (auch bei Einzeleinsätzen von weniger als 10 Euro pro einzelnem "Walzenlauf") insgesamt (bei mehreren "Walzenläufen" zusammengerechnet) mehr als 10 Euro eingesetzt werden konnten. Überdies bestand bei diesen Gerätschaften eine äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relation. Vom OGH (20.04.1983, 11 Os 39/83) wurde bereits ein Verhältnis von 1:60 als günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn beurteilt, die die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht indiziert. Gegenständlich bestand aber entsprechend den festgestellten Einsätzen samt den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Supergames, die laut den in der Entscheidung OGH 20.03.2013, 6 Ob 118/12i, wiedergegebenen Feststellungen im Ergebnis 10 Euro wert sind, noch günstigere Relationen von bis zu 1:1000 beim festgestellten Mindesteinsatz. Somit bestand eine günstigere Relation als jene, die der OGH in der Entscheidung 11 Os 39/83 als Indiz für den Anreiz für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht wertete. Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher, insbesondere unter Berücksichtigung der festgestellten Funktion der Automatik-Start-Taste, jedenfalls die Ermöglichung bzw Veranlassung von Serienspielen. Es liegt somit eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor. Auf die weiteren Vorbringen in der Beschwerde war daher nicht mehr einzugehen.

 

IV.5. Hinsichtlich einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist festzuhalten, dass sich der Bf nach der Judikatur des VwGH (vgl hierzu etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 sowie jüngst VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121-5) auf keinen Sachverhalt beruft, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde. Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet daher bereits deswegen (mangels Auslandsbezug) aus.

 

 

V.  Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Strafverfahren auf der Grundlage des § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer