LVwG-150387/3/MK/EG

Linz, 27.03.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der D W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauthausen vom 30. Juni 2014, Zl. 030/0/30/2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die nachstehende Auflage zusätzlich vorgeschrieben wird:

„Gebäude und bauliche Anlagen auf unmittelbar an das zu bebauenden Grundstück angrenzenden Grundstücken sowie der Hausbrunnen auf Gst.Nr. x, KG M, sind aus bautechnischer Sicht beweiszusichern.“

Im Übrigen bleibt der bekämpfte Bescheid vollinhaltlich aufrecht.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 09.08.2012 erteilte die Marktgemeinde Mauthausen der G, G, L, und der N H G, die Bauplatzbewilligung für die Grundstücke x, x und x, jeweils KG M. Am 25.02.2014 (eingelangt am 04.03.2014) beantragte die N H O, die Baubewilligung für die Errichtung von zwei Wohnanlagen mit insgesamt 28 Wohneinheiten auf dem Gst.Nr. x, EZ x, KG x M.

 

In der Folge wurde am 12.05.2014 eine mündliche Bauverhandlung unter Beiziehung eines bautechnischen Sachverständigen und eines Sachverständigen für Luftreinhaltetechnik durchgeführt. Bei dieser Verhandlung lag der rechtswirksame Flächenwidmungsplan vor, in welchem das ggst. Grundstück als Wohngebiet ausgewiesen und vom Bebauungsplan Nr. x erfasst war. Im Zuge der Verhandlung wurden seitens der Bf zahlreiche Einwendungen vorgebracht.

Dabei wurde bereits mit Schreiben des Ortsplaners „T M Architekten“, Arch. Dipl.-Ing. W S, vom 08.05.2014, zum vorliegenden Projekt festgestellt, dass aus Sicht der Ortsplanung gegen die übermittelten Einreichpläne der ggst. Bauvorhaben keine Einwände bestünden, da kein Widerspruch zum Bebauungsplan festgestellt würde.

 

I.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mauthausen vom 19.05.2014, Zl. 030/0/30/2014  wurde der N H , G die Baubewilligung für die Errichtung der zwei Wohnanlagen mit insgesamt 28 Wohneinheiten auf dem Gst.Nr. x, EZ x, KG M, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

In der Begründung führte die Erstbehörde neben zahlreichen Judikaturzitaten und der rechtlichen Grundlagen im Wesentlichen aus, dass dem Bescheid neben den Sachverständigengutachten bei der mündlichen Verhandlung auch ein schalltechnisches Projekt der Fa. T B GmbH vom 08.04.2014 zugrunde gelegen sei. Weiters seien von den Nachbarn im Ergebnis keine Gründe aufgezeigt worden, die die Versagung der beantragten Bewilligung rechtfertigen könnten.  In der Oö. Bauordnung sei die Rechtsstellung im Bauverfahren nur eine eingeschränkte und keine umfassende. Gemäß § 31 Abs.3 OÖ. BauO 1994 sei es den Nachbarn nur möglich Einwendungen zu erheben, insoweit sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzen würden, die entweder in der Privatrechtsordnung oder im öffentlichen Recht begründet seien. Öffentlich rechtliche Einwendungen seien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich auf Bestimmungen des Baurechtes, eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehörten insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzung des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie Bestimmungen, die den gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Im ggst. Fall sei relevant, dass der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen  nicht zu einer Versagung der Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach geltender Flächenwidmung zulässig sei, führen könne. Ein Mitspracherecht ergebe sich daraus, dass ein Nachbar nur dann durch die Erteilung der Baubewilligung verletzt sein könne, wenn baurechtliche Bestimmungen missachtet würden. Nach den öffentlich rechtlichen Planungsnormen (Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan) sei das Bauvorhaben zulässig. Das Projekt sei technisch einwandfrei und würde die in der vorliegenden Widmungskategorie zulässigen Immissionen keine negativen Auswirken auf die Umwelt entstehen.

Zu den Nachbareinwendungen wurde angeführt, dass die Behauptung der Lärm- und Abgasbelästigung von der Ausfahrt der Parkplätze und der von der geplanten Tiefgarage nicht ausreichen würden, um ein subjektives öffentliches Recht zu begründen und die Abweisung des Bauansuchens zu bewirken. Die lärm- und schadstoffmäßige Beurteilung des Bauvorhabens sei vom Sachverständigen beurteilt worden und ergebe sich keine in der Widmungskategorie nicht zu duldende Mehrbelastung. Der vorgebrachte mangelnde Wasserdruck des Ortswasserleitungsnetzes sei ebenso eine unzulässige Einwendung wie das Vorbringen einer zusätzlichen Verkehrsbelastung der Hinterberg- und der Kirchenbergstraße, die Befürchtung von Anrainerbeschwerden wegen des Betriebes der eigenen gewerblichen Betriebsanlage, Beeinträchtigung von Hausbrunnen, Auftreten von Rissen am eigenen Gebäude, Beeinträchtigung und Gefährdung der eigenen Liegenschaft durch die Bautätigkeit, der beengten Verkehrssituation, stärkerer Fußgeherfrequenz auf dem Kirchenweg, Beeinträchtigung der Aussicht, die Frage der angeblich ungeklärten Parkplatzsituation und der Ausfahrt auf die öffentliche Verkehrsfläche. Hinsichtlich der behaupteten Zusicherung einer bestimmten Geschoss- oder Gebäudehöhe handle es sich um Einwendungen des Zivilrechtes, wobei eine solche Zusicherung der Baubehörde rechtlich ohnehin nicht möglich sei. Beeinträchtigungen der eigenen Liegenschaft durch die Bautätigkeit seien nicht geeignet eine Abweisung des Bauvorhabens zu rechtfertigen. Derartige Ansprüche bestünden allenfalls gegenüber dem Liegenschaftseigentümer oder den bauausführenden Unternehmen, sofern durch fehlerhaftes Verhalten im Zuge der baulichen Umsetzung des Projektes Schäden an den Nachbarobjekten oder den Liegenschaften entstünden. Diese seien allerdings im Bauverfahren nicht relevant.

 

I.3. Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom 05.06.2014 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein.

Die Bf führte begründend aus, der angefochtene Bescheid sei mit Nichtigkeit belastet, da sie in mehreren subjektiven Rechten verletzt sei und ihre detaillierten Ausführungen erstinstanzlich unberücksichtigt geblieben seien. Die im bekämpften Bescheid zitierte VwGH-Judikatur sei im ggst Fall. nur bedingt anwendbar. Bemängelt werde, dass es im bekämpften Bescheid keinerlei Auflagen gebe, wonach durch die Absenkung des Grundstücks der Bf zum Vergleich zum Grundstück des Konsenswerbers von 298 auf 293 m, sohin um 5 m umfassende Sicherungsmaßnahmen vorzusehen seien. In keinem Wort sei im Bescheid erwähnt, dass es sich bei der Liegenschaft der Bf um ein gewerblich genutztes Grundstück handle. Da in der Halle der Bf auch schwere Gegenstände gelagert seien bzw. Maschinen aufgestellt seien, bestehe die berechtigte Befürchtung, dass bei fehlender Absicherung der Hallenboden reiße, weshalb ein Beweissicherungsgutachten gefordert werde. Es finde sich nichts Derartiges als Bescheidauflage, sodass der Bescheid schon deshalb mit Nichtigkeit behaftet sei. Darüber hinaus sei mit keinem Wort erwähnt, dass die Liegenschaft der Bf als Gewerbegebiet gewidmet sei und daher von der Konsenswerberin Vorsorge getroffen werden müsse, dass vom Grundstück der Bf ausgehende Emissionen keinen Einfluss auf das Grundstück der Konsenswerberin hätten. Es fehle im Bescheid ferner die ausdrückliche Bestimmung, dass allenfalls durch den Gewerbebetrieb der Bf erforderlicher Anrainerschutz von der Konsenswerberin zu treffen sei, nicht jedoch von der Bf. Weiters sei die berechtigte subjektive Einwendung, dass durch die offene Parkfläche mit enormen Lärm- und Abgasbelästigungen auf dem Grundstück der Bf sowie auch mit giftiger Abluft aus der Tiefgarage zu rechnen sei, unberücksichtigt geblieben. Weiters wäre der Lärm- und Emissionsschutz zum Grundstück der Bf hin vorgebracht worden. Auch sei keine Auflage hinsichtlich der Notwendigkeit einer entsprechenden Absturzsicherung zur offenen Parkfläche  vorgeschrieben worden. Subjektives Recht der Bf sei es weiters, dass Geschoßhöhen nicht höher werden dürften als beim Altbestand. Diesbezüglich werde darauf verwiesen, dass die Einhaltung dieser Nachbarsforderung mündlich ausdrücklich zugesagt worden sei. Laut vorgelegten Plänen sei „die zugesagte Höchstbeschränkungen“ in keinster Weise eingehalten. Gehe man vom Messpunkt 294.36 (1. Obergeschoß) aus, dann dürfte nicht mehr als 1 Obergeschoß gebaut werden, da ansonsten die Höhe des Altbestandes überschritten würde.  Die Bf habe ein Recht darauf, dass schädliche Umwelteinwirkungen, welche Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeiführen könnten, vermieden würden. Auch sei eine Gefährdung des Hausbrunnens gegeben und sei ein subjektives Recht der Bf ausreichend mit Wasser von der Ortswasserleitung versorgt zu werden. Vor Herstellung der entsprechenden Infrastruktur hätte keine Baubewilligung erteilt werden dürfen. Da der Kirchenweg die einzige sichere Fußgängerverbindung von Norden nach Süden sei, dürfe dieser nicht verbreitert werden. Es fehle auch die Bescheidauflage einer verkehrsberuhigten Zone in diesem Teilbereich. Das Heranrücken von massiven Bauten und damit die „Verstellung“ der Aussicht der Bf sei in keinster Weise als bedenklich angesehen und mit Auflagen darauf reagiert worden.

Eine Baubewilligung dürfe nur erteilt werden, wenn die infrastrukturellen Voraussetzungen gegeben seien. Im ggst Fall sei die Verkehrsbelastung auf der Hinterbergstraße  und der Kirchenbergstraße unzumutbar. Angekündigte Verbesserungsmaßnahmen seien vor Erteilung einer Baubewilligung zu realisieren. Es sei überhaupt nicht darauf eingegangen worden, dass vor der Baubewilligung ein durchgehender Gehsteig zu errichten sei, dass die Kirchenbergstraße als Schulweg diene und Kinder diese Straße zu Fuß benützten.

Die Abfuhr von Oberflächenwässern sei als Auflage zu berücksichtigen, da immer öfter mit Starkregenereignissen zu rechnen sei, sodass die Rückhaltebecken zu klein dimensioniert seien. Im Bescheid finde sich keine Verpflichtung der Konsenswerberin den Anweisungen der einzurichtenden unabhängigen Koordinationsstelle Folge zu leisten, insbesondere auf den Abbruch von Arbeiten bei extremer Windlage und Staubentwicklung, Lärm und Problemen mit dem LKW-Verkehr.

 

I.4. Mit Bescheid vom 30.06.2014, Zl. 030/0/30/2014, gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Mauthausen der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters vom 19.05.2014, Zl. 030/0/30/2014, vollinhaltlich. Begründend wurde im Wesentlichen dazu Folgendes ausgeführt:

 

Die Baubehörde I. Instanz habe nach umfassenden Ermittlungen unter Beiziehung von Sachverständigen bereits richtig festgestellt, dass das ggst. Bauprojekt in der eingereichten Form zu bewilligen sei.

Hinsichtlich der Nachbareinwendung werde auf die Ausführungen im erstbehördlichen Bescheid verwiesen und ergänzend Nachstehendes festgestellt:

 

Nach stRsp des VwGH seien im Bauverfahren nur Einwendungen zu berücksichtigen, die ihre Grundlage in einem subjektiven öffentlichen Recht hätten, was im ggst. Fall bei keiner Einwendung gegeben sei. Die behauptete Gefährdung des Grundstücks der Bf stelle eine Einwendung dar, die mangels subjektiven öffentlichen Rechtes im Baubewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen sei.  Im Zuge der Bauausführung werde es notwendig sein, soweit erforderlich, Sicherungsmaßnahmen zu setzen. Dazu seien die bauausführenden Firmen, unabhängig vom vorliegenden Bewilligungsbescheid bei sonstigem Schadenersatz ohnehin verpflichtet. Im Übrigen sei das ggst. Bauprojekt im Zuge des Ermittlungsverfahrens durch Sachverständige beurteilt worden.

Ein Anspruch auf Beweissicherung wegen der von der Bf genutzten Halle sei im Zivilrecht begründet. Eine gesonderte Auflage im Baubewilligungsbescheid sei weder vorgesehen, noch erforderlich gewesen. Auch die gewerbliche Nutzung der Halle begründe kein zu berücksichtigendes subjektiv-öffentliches Recht.

Richtigerweise sei die Erstbehörde mit keinem Wort darauf eingegangen, dass die Liegenschaft der Bf als Gewerbegebiet gewidmet sei. Tatsächlich liege nämlich eine derartige Widmung nicht vor und befände sich die Liegenschaft der Bf nach rechtskräftigem Flächenwidmungsplan in Wohngebiet.

Lärm- und Luftbeeinträchtigung seien durch beigezogene Sachverständigen entsprechend beurteilt worden und seien derartige Einwendung wie Immissionen aus Stellplätzen nicht zu berücksichtigen, wenn diese – wie hier gegeben - in der betreffenden Widmungskategorie zulässig seien.

Behauptete Zusagen einer bestimmten Geschoßhöhe würden kein subjektiv-öffentliches Recht eines Nachbarn begründen und sei nicht einmal dargestellt worden, wer diese Zusage gemacht hätte. Sollte damit eine Zusage seitens des Konsenswerbers gemeint gewesen sein, so sei diese im Zivilrechtsweg durchzusetzen. Sollte damit die Zusage der Baubehörde gemeint gewesen sein, so sei festzuhalten, dass eine solche weder gemacht worden noch möglich sei, weil die Baubehörde keine Dispositionsmöglichkeit dahingehend habe, ein Bauprojekt zu gestalten. Rein zivilrechtlicher Natur sei auch die Forderung der Beweissicherung generell, insbesondere auch hinsichtlich des Hausbrunnens.  Auch das behauptete Recht auf ausreichende Versorgung mit Wasser durch die Ortswasserleitung stelle kein zu berücksichtigendes Recht dar, ebenso die Behauptung der Notwendigkeit einer Bescheidauflage betreffend den Kirchenweg, die Beeinträchtigung der Aussicht der Bf, die Sanierung eines Zaunes an der Grundgrenze und die Einrichtung einer unabhängigen Koordinationsstelle mit Sanktionsmöglichkeiten.

Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die erhobenen Einwendungen und die Argumente im vorliegenden Rechtsmittel nicht geeignet seien, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen.

 

I.5. Gegen diese Berufungsentscheidung erhob die Bf mit Schriftsatz vom 29.07.2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Im Wesentlichen wurde darin begründend vorgebracht:

 

Jede Gemeinde habe einen Flächenwidmungsplan mit örtlichem Entwicklungskonzept zu erstellen, das ein Baulandkonzept, ein Verkehrskonzept und ein Grünlandkonzept zu enthalten habe. Wenn im örtlichen Entwicklungskonzept eines dieser drei vorgenannten Konzepte fehle oder nicht umgesetzt werde, dürfe keine Baubewilligung erteilt werden. Erst nach Einbringung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei der Bf bekannt geworden, dass es in Mauthausen bereits seit 1998 ein genehmigtes, von der Fa. T (DI H K) nicht umgesetztes Verkehrskonzept gebe, welches ausdrücklich auf den Kirchenberg, die Kirchenberg- und Hinterbergstraße eingehe. Bereits 1998 sei als Schwäche die fehlende Anbindung der Wohngebiete in Nord-Süd-Ausrichtung des Erschließungsstraßennetzes an die B3, die Belastung von Wohngebietsstraßen mit gebietsfremdem Durchgangsverkehr und Erschließung der Wohngebiete oberhalb der Donau mit teilweise unzureichenden Querschnitten und ohne Hierarchie des Straßennetzes genannt. Als Planungsziel sei festgelegt worden, dass „verkehrliche Maßnahmen in Mauthausen vorrangig der Lebens- und Umweltqualität dienen sollten“. Weiters sei empfohlen worden, die Widmung von Bauland nur noch im Einzugsbereich von öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen. Auch sei darauf hingewiesen worden, dass das Ortszentrum von Mauthausen in Nord-Süd-Richtung nur sehr schmale, durch bestehende Bebauung begrenzte Straßen aufweise. Diese seien nicht geeignet den Verkehr der Wohngebiete nördlich des Ortszentrums bzw. des nördlichen Teiles der Gemeinde Mauthausen in den Marktbereich bzw. zur B3 zu leiten. Entscheidend seien aber die Feststellungen auf Seite 80, Punkt 13.7.4: „ohne Lösung des Straßenproblems - keine weiteren Baulandausweisungen nördlich des Ortszentrums.“ Die Umsetzung dieser Empfehlung sei vom Gemeinderat der Marktgemeinde Mauthausen im Jahre 1998 beschlossen worden. Dieses Verkehrskonzept sei nicht umgesetzt worden.

Entsprechend § 18 Oö. ROG 1994 dürfe daher keine Verbauung des alten Seniorenheimgrundstückes erfolgen. Dieses Anliegen sei von der Bf in Ansehung der Umwelt- und Lebensqualität als subjektives Recht geltend gemacht worden, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass ihre Gesundheit und Sicherheit bei Nichtumsetzung des Verkehrskonzeptes vor Erteilung der Baubewilligung massiv gefährdet sei.

Weiters sei von der Erstbehörde auch der Einwand der konkreten Gefahr des Versiegens des Hausbrunnens ignoriert worden. Dies obwohl an der Grundgrenze das Niveau von 298 m auf 293 m abgesenkt werde und in 5 m Tiefe ein Parkplatz errichtet werden soll. Geologisch betrachtet sei bereits in einer Tiefe von 2 m der wasserundurchlässige Granit vorhanden, darüber liege Flins. Durch die geplanten Grabungsarbeiten bestehe hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Brunnen der Bf versiege. Zwar sei richtig, dass das Absenken des Grundwasserspiegels eine Emission im Sinne des § 364 Abs.2 ABGB darstelle und der geschädigte Grundeigentümerin ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch zustünde, allerdings könne es nicht Sinn und Zweck eines Bauverfahrens sein, sehenden Auges diese Gefahr unberücksichtigt zu lassen und der betroffenen Grundanrainerin dadurch den Weg zum Zivilgericht aufzuzwingen, obwohl mit entsprechenden Bescheidauflagen Sicherheit für die Bf hätte geschaffen werden können. Nicht zuletzt habe die Bf auch das subjektiv-öffentliche Recht auf eine ausreichende Wasserversorgung. Die Bf habe berechtigte Einwände erhoben, dass an ihrer Grundstücksgrenze das Gst.Nr. x, vorgetragen in der EZ x, KG M, von 298 auf 293 Meter, sohin um 5 Meter abgesenkt werden soll. Diesbezüglich seien keine Schutzvorkehrungen für die Liegenschaft der Bf, welche gewerblich benutzt werde, getroffen worden.

Es sei zwar der Standort des Betriebes von K x (nunmehr K x) nach H x in Mauthausen verlegt worden, die errichtete Halle sei aber noch immer betrieblich genutzt. Es sei keine Vorsorge getroffen worden, dass die gewerblich genutzte Halle der Bf durch Grabungsarbeiten an der Grundgrenze beschädigt wurde und der flüssigkeitsdichte Hallenboden Risse erhalten könnte. Somit fehle jedweder Anrainerschutz für den Gewerbebetrieb der Bf.

Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass durch die offene Parkfläche mit enormem Lärm und Abgasbelästigungen der Bf zur rechnen sei, wobei mit einer Gesundheitsgefährdung durch giftige Abluft aus der Tiefgarage zu rechnen sei. Weiters habe die Bf eingewandt, dass die Gesamtgeschoßhöhe nicht höher als der Altbestand sein dürfe. Diesbezüglich sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass man diese Zusage seitens der Bauwerberin einhalten werde. Nunmehr habe sich herausgestellt, dass von einem ganz anderen Punkt, als dem Messpunkt 294.36 gemessen werde. Die zugesagte Höchstbeschränkung werde somit in keinster Weise eingehalten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man vom genannten Messpunkt (erstes geplantes Obergeschoß) ausginge. Danach dürfte aber nicht mehr als 1 Obergeschoß gebaut werden, da ansonsten die Höhe des Altbestandes (Seniorenheim) im Bereich des Grundstückes der Bf überschritten würde. Nur bei Einhaltung der vorzitierten Höhe sei das geplante Heranrücken des Neubaus an die Liegenschaft der Bf zulässig.

In Bezug auf Lärm und Abgase nehme die belangte Behörde nur auf das Gutachten betreffend den neuen Parkplatz Bezug, verfüge aber über keine Messungen des Istzustandes und keine sonstigen Daten über die bereits bestehende Belastung der Bf durch den fließenden Verkehr auf der Hinterbergstraße und der Kirchenbergstraße. Die geplante Parkplatzausfahrt berge ein großes Gefahrenpotential, weil die Sichtverhältnisse im Ausfahrtsbereich einfach unbefriedigend seien. Bei 70 Stell- und 70 Garagenplätzen sei der erste Verkehrsunfall vorhersehbar.

Stand der Technik sei auch in Baubewilligungsbescheiden Auflagen für die zu erwartende Lärm- und Staubbelastung zu erteilen.

Weiters seien von der Bf die Funktion des Kanals und die Dimensionierung des geplanten Rückhaltebeckens vorgebracht und darauf hingewiesen worden, dass die Gemeinde vor Erteilung von Baubewilligungen die erforderliche Infrastruktur zu schaffen habe. In der Vergangenheit habe es am Heindlkai Vorfälle gegeben, als Wassermassen vom Kirchberg nicht abgepumpt werden konnten, weil Abläufe den Zulauf verstopft hätten, was im bekämpften Bescheid allerdings nicht bedacht worden sei.

Es sei keine Bauauflage vorgeschrieben worden, die für die Absicherung der Grundgrenze während des Baues und Wiedererrichtung des Zaunes Abhilfe schaffe. Der Bf sei nicht zumutbar zum Zivilgericht zu laufen, um ihr Eigentum von Nachteilen zu schützen. Hier verkenne die Behörde ihre Aufgabe, dass sie zum Schutz der Bürger da sei und im Zweifelsfalle Gesundheit und Lebensqualität vor die Errichtung von neuen Bauten zu stellen sei. Eine Besonderheit im ggst. Verfahren sei, dass seitens des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mauthausen eine unabhängige Koordinationsstelle zugesagt worden sei. Da weder dies, noch das Verkehrskonzept aus dem Jahr 1998 verwirklicht worden sei, wäre das Bauansuchen abzuweisen gewesen.

Bei extremer Windlage und Staubentwicklung sowie bei Lärm- und sonstigen Problemen müssten die geplanten Anrainer beispielsweise bei Abbruch des alten Seniorenheimes wiederum zum Zivilgericht laufen, um eine einstweilige Verfügung und damit einen Baustopp zu erwirken.

Bei Gesamtbetrachtung der Fakten und Einwendungen hätte keine Baubewilligung erteilt werden dürfen, weshalb der Berufung Folge zu geben gewesen wäre.

 

Da es sich bei der Bestimmung des § 35 Abs.1a Oö. BauO 1994, nach der „öffentlich-rechtliche Einwendungen nur zu berücksichtigen seien, wenn sie sachlich gerechtfertigt wären“, um eine (und zwar in der Beachtlichkeit der sachlichen Rechtfertigung gelegene) gleichheitwidrige Einengung der Nachbarschaftsrecht handle, würde darüber hinaus die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten  weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens keine weitere Klärung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der Sachverhalt steht, was seine entscheidungsrelevanten Aspekte anbelangt, fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1 In der Sache:

 

Gemäß § 18 Abs.1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) hat jede Gemeinde in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus

1. dem Flächenwidmungsteil und

2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).

Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Zeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.

Nach Abs.2 dieser Bestimmung hat das örtliche Entwicklungskonzept als Grundlage der übrigen Flächenwidmungsplanung die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.

Abs.3 legt fest, dass das örtliche Entwicklungskonzept aus einer zeichnerischen Darstellung (Funktionsplan) und ergänzenden textlichen Festlegungen besteht; es hat jedenfalls grundsätzliche Aussagen zu enthalten über:

[…]

2. das Verkehrskonzept mit den geplanten Infrastrukturmaßnahmen der Gemeinde im Bereich der örtlichen Verkehrserschließung;

[…]

 

§ 31 Oö. BauO 1994 normiert betreffend Einwendungen der Nachbarn Folgendes:

Abs.1: Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[...]

Abs.3: Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

Abs.4: Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

[...]

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z3) […] zu überprüfen.

 

Nach § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Bevor auf die einzelnen Aspekte des Beschwerdevorbringens einzugehen sein wird, ist grundsätzlich Folgendes festzuhalten:

 

IV.1.1. Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich – die Behörde hat das in ihrer Begründung sinngemäß bereits angeführt – um ein sog. Projektverfahren. Dies bedeutet, dass es der Behörde (und daher auch dem nachprüfenden Verwaltungsgericht) verwehrt ist, Beurteilungen über einen durch das vorgelegte Projekt dargestellten Umfang (Verfahrensgegenstand) hinaus anzustellen.

Dies deshalb, weil es sich bei einem Detailverfahren zur Erteilung einer Bau(platz)bewilligung – dem Wesenskern des Regelungsregimes „Baurecht“ entsprechend – nicht primär um ein Verfahren zur schonenden Bewirtschaftung von Ressourcen (wie dies etwa bei wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren anzunehmen wäre) handelt. Dieser „objektive“ Interessensschutz erfolgt durch die Typisierungen des allgemeinen Baurechts im weiteren Sinn, im Wesentlichen durch die Raumordnung. Subjektive Rechte bzw. Ansprüche sind dabei grundsätzlich weder in raumordnungsrechtlichen noch in darauf basierenden baurechtlichen (Individual-)Verfahren – dort in dem über die Bestimmung des obzitierten § 31 Abs.4 Oö BauO 1994 hinausgehenden Umfang – abzuleiten.

 

Dem „Kumulationsprinzip“ der österreichischen Rechtsordnung entsprechend bedeutet dies, dass der (subjektive) Interessensschutz im Verbund mit sämtlichen materiellrechtlich angeordneten Bewilligungs-, Genehmigungs-, Feststellungs- und (Nicht‑)Untersagungstatbeständen zu sehen ist. Es darf ein bestimmtes Vorhaben demnach nur umgesetzt werden, wenn alle dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Es kann demzufolge aber nicht Sinn und Zweck eines speziellen (hier eben des baurechtlichen) Verfahrens sein, sämtliche subjektiv-öffentlichen Interessen zu berücksichtigen.

 

Im Sinne dieser Ausführungen wird seitens der erkennenden Gerichts auch die Bestimmung des § 35 Abs.1a Oö BauO 1994 dahingehend verfassungskonform ausgelegt, als der Formulierung: „[Öffentlich-rechtliche Einwendungen] … die im Baubewilligungserfahren zu berücksichtigen sind, … wenn sie sachlich gerechtfertigt sind;“ so interpretiert wird, dass all jene subjektiv-öffentlichen Einwendungen Gegenstand des Verfahrens sind, die vom Katalog der Schutzinteressen des Materiengesetzes (Oö. BauO 1994) umfasst sind und sich auf der Grundlage des Ermittlungsverfahrens als potenziell berührt herausstellen. Dass der Umfang der Interessensprüfung dabei von der abstrakten Möglichkeit einer Beeinträchtigung eines Nachbarinteresses bestimmt wird, hat wesentliche Bedeutung. Im Ergebnis unterscheidet sich diese Bestimmung in der Oö. BauO 1994 materiell nicht von ident motivierten Regelungen in anderen Materiengesetzen.

Auf der Grundlage dieser Normauslegung war der Anregung einer amtswegigen Normprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht näherzutreten.

 

IV.1.2. Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Parteiinteressen bzw. der daraus abgeleiteten Rechts in einem Bewilligungs-, d.h. in einem Administrativverfahren die strenge Trennung von den Agenden der Verwaltungspolizei zu beachten.

 

Befürchtungen hinsichtlich nicht ordnungsgemäßer Errichtungsweisen oder mangelnder Instandhaltungsbemühungen können (als tendenzielle Unterstellungen eines zukünftigen Fehlverhaltens) in einem Verfahren, in dem eine diesbezügliche Berechtigung erteilt wird, nur insofern behandelt werden, als darin sicherzustellen ist, dass die Herstellung und Erhaltung projektgemäß und dem Stand der Technik entsprechend zu erfolgen hat. Konkrete Missstände (die vielleicht aber gar nicht eintreten) bzw. deren Beseitigung müssen im Einzelfall bekämpft bzw. erwirkt werden. Dass es nach Ansicht der Bf nicht einzusehen ist, dass zuerst Missstände festgestellt werden müssen, um die entsprechenden Anordnungen zu treffen, ist grundsätzlich und emotional nachvollziehbar, rechtlich aber so geregelt und demzufolge auch nicht auf andere Art und Weise umsetzbar.

 

IV.2. Zu den Beschwerdegründen im Einzelnen:

 

IV.2.1. Die Bf schließt aus dem Fehlen bzw. der mangelnden Umsetzung des Verkehrskonzeptes im örtlichen Entwicklungskonzept auf ein subjektives Rechts auf Umwelt- und Lebensqualität bzw. auf Gesundheit und Sicherheit. Bei den hier angeführten Themen- bzw. Sachbereichen handelt es sich zweifelsfrei um öffentliche Interessen. Ein dergestalt umfassendes subjektives Recht iSe einwendungstauglichen Interesses ist aber weder aus § 18 Oö. ROG 1994 (was die Bedeutung des Verkehrskonzeptes betrifft) noch aus den in § 31 Oö. BauO 1994 für beachtlich erklärten baurechtlichen Individualschutznormen abzuleiten.

 

Der hier thematisierte subjektive Interessensschutz beschränkt sich gemäß § 3 Abs.2 Z3 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (Oö. BauTG 2013) auf die „möglichste Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen“ durch den Bestand und die Benutzung von Bauwerken, die entsprechend geplant und ausgeführt werden müssen (vgl. VwGH vom 15.05.2012, 2009/05/0083 zur seinerzeitigen, materiell aber identen Rechtslage). Darunter sind – was in der Folge noch zu behandeln sein wird – Einwirkungen zu verstehen, die geeignet sind, erhebliche Belästigungen herbeizuführen. Die Behörde hat in diesem Zusammenhang mittels der erforderlichen Sachverständigengutachten die Immissionsbelastung – insbesondere in Bezug auf Lärm, Geruch und sonstige Luftverunreinigungen – abschließend festzustellen (vgl. VwGH vom 10.09.2008, 2007/05/0302 bzw. VwGH vom 18.11.2003, 2001/05/0339).

 

IV.2.2. Basierend auf den obigen allgemeinen Ausführungen ist im Zusammenhang mit der vorgebrachten Befürchtung des Versiegens eines Hausbrunnens festzuhalten, dass diesbezüglich anhand der in den jeweiligen Materiengesetzen geschützten Interessen klar zwischen jenen des wasserrechtlichen Regelungsregimes und jenen des Baurechts zu unterscheiden ist. Der wasserrechtliche Interessensschutz ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu behandeln, sondern einem allfällig erforderlichen gesonderten Verfahren vorbehalten (welches dann durchzuführen ist, wenn die projektierte Maßnahme per se auch wasserrechtliche Relevanz besitzt).

 

Aus baurechtlicher bzw. –technischer Sicht ist hingegen sicherzustellen, dass es durch die (dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend umzusetzenden) projektsgegenständlichen Baumaßnahmen zu keinen Beschädigungen kommt, die u.U. auch das Versiegen eines Brunnens verursachen können. Diesem Umstand wurde – nach Rücksprache mit einem Amtssachverständigen für Bautechnik – durch die ergänzende Vorschreibung einer Beweissicherung Rechnung getragen. Eben dies gilt auch für die ebenfalls in der Beschwerde vorgebrachten möglichen Schäden an angrenzenden Gebäuden und baulichen Anlagen (Stützmauer). Dass die Bauwerberin einer Beweissicherung im Zuge des Verfahrens ohnehin zugestimmt hat, machte die Vorschreibung derselben nicht obsolet, sehr wohl aber die gesonderte Wahrung des Parteiengehörs im Zuge des Ermittlungsverfahrens.

 

IV.2.3. Die Einwendungen im Zusammenhang mit einer Belästigung, Beeinträchtigung bzw. Gefährdung durch Lärm und Abgase (durch die Errichtung und den Betrieb der baulichen Anlage) sind solche des baurechtlichen „Kernbereiches“ (vgl. wie bereits oben VwGH vom 18.11.2003, 2001/05/0339). Das Vorbringen wurde durch Vorlage entsprechender Fachprojekte bzw. Atteste sowie die Befassung einschlägiger Sachverständiger (Bautechnik [einschließlich Lärmschutz], Luftreinhaltung) vollinhaltlich berücksichtigt. Die vorliegenden Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar und inhaltlich in die Bewilligung eingeflossen.

 

Materiell substanziierte Kritik am Inhalt dieser Gutachten – die nach den Regeln des Verwaltungs(gerichts)verfahrens zudem auf gleichem fachlichen Niveau zu erfolgen hätte – ist nicht vorgebracht worden.

 

IV.2.4. Die allfällige Zusage, von wem auch immer, die derzeit bestehenden Geschoß- bzw. Gebäudehöhen mit dem Neubau nicht zu überschreiten, kann keine die Behörde bindende Wirkung bei der Beurteilung eines eingereichten Bewilligungsantrages auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen entfalten. Eine derartige Annahme wäre im Hinblick auf das Legalitätsprinzip wohl auch verfassungsrechtlich bedenklich. Vereinbarungen dieser Art müssten in das Projekt einfließen oder aber auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden.

 

IV.2.5. Unter neuerlichem Hinweis auf die obigen Ausführungen ist festzuhalten, dass weder die Verkehrssituation bei der Parkplatzeinfahrt noch die Frage der anlagenbezogenen Oberflächenwasserbeseitigung Gegenstand dieses Bauverfahrens sind. Diese Bereiche sind gegebenenfalls in straßen- bzw. wasserrechtlichen Verfahren abzuhandeln.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde, den materiellen Anforderungen des Baurechts entsprechend und auch vor dem Hintergrund einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung, die ausreichende verkehrstechnische Aufschließung festgestellt.

Auch in der Vergangenheit bereits aufgetretene Probleme durch einen nicht ausreichenden Wasserabfluss machen diesen Themenbereich (unbeschadet allfälliger gesonderter Schadenersatzansprüche) nicht zum Gegenstand des Bauverfahrens. Eine diesbezügliche fachliche Beurteilung erfolgte daher konsequenter Weise nicht.

 

IV.2.6. Bedenken bzw. Forderungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Absicherung der Baustelle, der Wiederherstellung bestehender und durch die Baumaßnahmen in Anspruch genommener Anlagen (Zaun) sowie der Anordnung eines Baustopps bei witterungsbedingt unzumutbarer Staubbelästigung im Zuge des Abbruchs des Gebäudealtbestandes sind (soweit sie Teil des Projektverfahrens sind, was von den Abbrucharbeiten zudem gar nicht anzunehmen ist) Angelegenheiten der Bauausführungen, die in der Bauordnung in den Regelungen über die erforderliche Bestellung eines verantwortlichen Bauführers sowie in den Instrumenten der Baupolizei Berücksichtigung finden.

 

IV.2.7. Für die Vorschreibung einer „Unabhängigen Koordinierungsstelle“ zum Zweck der reibungsfreien Abwicklung des Vorhabens bietet das Baurecht mangels gesetzlicher Grundlage keine Möglichkeit. Freiwilligen und u.U. sinnvollen Vereinbarungen dieser Art tut dies aber keinen Abbruch.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass das gegenständliche Bauvorhaben auf der Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens und nach Maßgabe der obigen Ergänzung im Spruch zu bewilligen war. Durch das Beschwerdevorbringen konnten keine Verletzungen subjektiv-öffentlicher Parteiinteressen geltend gemacht werden, die eine im Spruch anders lautende Entscheidung hätten begründen können.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29. September 2015, Zl. Ra 2015/05/0055-3