LVwG-600838/3/Br

Linz, 27.04.2015

I M  N A M E N   D E R  R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Beschwerde des T.R., geb. x, x, vertreten durch die RAe Dr. R.M. und Dr. J.K., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 03.03.2015, GZ: VerkR96-6846-2014,   

 

zu Recht:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der gegen das Strafausmaß gerichteten  Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben als die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu leisten. Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ermäßigen sich die behördlichen Verfahrenskosten auf          30 Euro.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen Art. 7 EG-VO 561/2006 zur Last gelegt und nach § 134 Abs. 1 und 1b KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 350 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 70 Stunden ausgesprochen.

Konkret wurde ihm vorgeworfen nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine durchgehende Fahrunterbrechung von mindestens 45 Minuten

a)   am 23.4.2014 erst nach einer Lenkzeit von 7 Stunden und 29 Minuten und

b)   am 20.5.2014 erst nach einer Lenkzeit von 6 Stunden und 37 Minuten

eingelegt gehabt zu haben. Die jeweiligen Zeiten wurden konkret angeführt und die Tatbestände im Sinne des Gesetzes bzw. der VO ausformuliert. Dies sei als schwerer Verstoß zu qualifizieren gewesen.

 

I.1. In der Strafbegründung verwies die Behörde auf die Strafzumessungsgründe iSd § 19 VStG und insbesondere auf die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Betreffend die Übertretungen (Artikel 7 EG-VO 561/2006) wurde ausgeführt, dass es sich bei der Nichteinhaltung der gesetzlichen Lenkpause von mindestens 45 Minuten um zwei sehr schwere Verstöße handelte. Eine Gesamtstrafe von   350 Euro (basierend auf der gesetzlichen Mindeststrafe) erschiene daher angemessen.

Die Behörde ging mangels vorgelegter Einkommensnachweise von einem monatlichen Einkommen des Beschwerdeführers von 1.300 Euro aus. Als strafmildernd wurde die zum Tatzeitpunkt vorliegende Unbescholtenheit bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i. l. gewertet, wobei sonstige Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe nicht gesehen wurden.

 

 

II. Mit der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde wurde vorerst der Tatvorwurf dem Inhalt nach bestritten in eventu wurde eine Strafreduzierung beantragt.

 

 

III. Die Behörde hat den Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht mit Vorlageschreiben vom 9. April 2015 mit dem Hinweis auf eine Beschwerdevorentscheidung verzichtet zu haben vorgelegt. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

 

III.1. Nach Einschau in die vorgelegten Ausdrucke bzw. Auswertungen der Fahrerkarte wurde aus verfahrensökonomischen Erwägungen mit dem Rechtsvertreter ein Kontakt hergestellt und die Faktenlage unter Hinweis auf den mit einer neuerlichen sachverständigen Nachvollziehung der plausibel scheinenden Schlussfolgerungen aus den digitalen Aufzeichnungen erörtert. Der Beschwerdeführervertreter stellte in der Folge eine Einschränkung der Beschwerde in Aussicht, wobei er mit dem Mandanten Rücksprache halten wolle.

Mit Schriftsatz vom 22.4.2015 wurde schließlich die Beschwerde ausdrücklich auf das Strafausmaß eingeschränkt.

 

 

IV. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

Die gesetzliche Mindeststrafe ist daher bei den vom Beschwerdeführer übergangenen Übertretungen davon abhängig, in welche Kategorie laut Anhang III der angeführten Richtlinie diese fallen. Das Überschreiten der Lenkzeit ohne ausreichende Fahrtunterbrechung begründet gesetzlich definiert einen sehr schwerwiegenden Verstoß, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe der offenbar in einer auf einheitlichem Begehungsvorsatz qualifizierten Übertretung(en)          300 Euro beträgt (Anhang III C3, zu Art. 7 der zit. VO).

Bei zu langen Lenkzeiten bzw. zu kurzen Ruhezeiten lässt die Konzentration der Kraftfahrer nach, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen und auch zu Verkehrsunfällen kommt. Diese führen insbesondere wegen der Größe der beteiligten Fahrzeuge oft zu schweren Verletzungen und darüber hinaus zu  massiven Verkehrsbeeinträchtigungen auf Durchzugsstraßen. Es ist daher im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, die Einhaltung dieser Bestimmungen durch entsprechend strenge Strafen sicherzustellen.

Es wird jedoch nicht übersehen, dass Lenker in der alltäglichen Praxis oft Sachzwängen unterworfen sind, die der Normgeber wohl niemals voraussehen kann. Letztlich ist im Strafrecht auch die Wertung der subjektiven Tatseite vorzunehmen, sodass die vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgenommene objektive Wertung auf der subjektiv-tatseitig einer individuellen Beurteilung nicht entzogen sein darf. Dies würde gegen die im Strafrecht geltenden und den EMRK-Bereich berührenden Grundsatz „keine Strafe ohne Schuld“ widersprechen. Grundsätzlich wird wohl auch hier davon auszugehen sein, dass der Lenker primär nicht im Eigeninteresse, sondern im Interesse des Arbeitgebers handelte, woraus sich durchaus eine Pflichtenkollision ergeben kann bzw. gegeben gewesen sein mag, welche bei der Beurteilung der Schuldfrage nicht unberücksichtigt bleiben darf.

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass hier jeweils offenbar doch eine dem Regelungsziel der Fahrtunterbrechung nahekommende Pause eingehalten wurde, wobei in einem Fall eine andere Arbeitstätigkeit aufscheint.

Als strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit zu berücksichtigen und es liegen keine Straferschwerungsgründe vor. Als weiterer Milderungsgrund kann nunmehr auch die sichtbare Einsicht betreffend das Fehlverhalten berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund kann mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 20 VStG – mangels eines beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe – können jedoch nicht als erfüllt gelten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r