LVwG-700058/2/MB

Linz, 14.04.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des P. F. E., xStraße x, x B. S., gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom
13. Mai 2014, GZ. Sich96-125-2012, mit dem ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde,

 

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 13. Mai 2014, GZ. Sich96-125-2012, wurde vom Bezirkshauptmann des Bezirks Perg (in der Folge: belangte Behörde) der Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 7. April 2014 (versendet: 9. April 2014) wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes des
Bezirks Perg vom 3. Mai 2012, GZ. Sich96-125-2012 gem. § 71 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (in der Folge: AVG) abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wort wie folgt aus:

 

„Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass Sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Er­eignis verhindert war, die Frist einzuhalten, oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Ver­schulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Mit o.a. Strafverfügung verhängte der Bezirkshauptmann von Perg über Sie eine Geldstrafe iHv 40.- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden), da Sie sich am 17.08.2010 beim Meldeamt der Marktgemeinde St. N./D. unter der Anschrift x St. N. Nr. x mit Hauptwohnsitz polizeilich angemeldet haben, obwohl Sie dort keine Unterkunft genommen haben (Scheinanmeldung).

Die Strafverfügung GZ 96-125-2012 wurde am 4.5.2012 mittels RSa an die Adresse: x S.-R., xgasse x verschickt. Anhand des Zustellnachweises scheiterte der erste Zustellversuch am 7.5.2012, es wurde die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches im Brief­kasten hinterlegt und als auch dieser scheiterte, eine Benachrichtigung der Hinterlegung im Brief­kasten hinterlassen. In letzterer wurde Ihnen bekannt gegeben, dass eine Hinterlegung beim Post­amt x erfolgt ist, der Beginn der Abholfrist wurde im 8.5.2012 vermerkt. Hinterlegte Dokumente gelten gem. § 17 ZustellG mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zuge­stellt. Mit Rücksendedatum 21.6.2012 wurde das Schriftstück als „nicht behoben" an die BH Perg retourniert.

Aufgrund der Tatsache, dass Sie trotz Mahnung den Strafbetrag nicht bezahlten, wurde vom BG Perg der Antrag der BH auf Fahrnisexekution bewilligt. Aufgrund Ihres Umzuges in den Bezirk Wels-Land wurde das Exekutionsverfahren im Juli 2013 an das BG Wels abgetreten. Von dort er­hielt die BH Perg die Mitteilung, dass ein Vollzug der Exekution nicht erfolgversprechend ist, weil in einem anderen gegen Sie geführten Fahrnisexekutionsverfahren 10E1015/13w die Exekution mangels pfändbarer Gegenstände nicht vollzogen werden konnte. Deshalb ersuchte die BH Perg mit Schreiben vom 5.8.2013 das BG Wels die Exekution einzustellen und trat den Akt an die
BH Wels-Land ab mit der Bitte um Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe.

Mit Schreiben vom 06.02.2014 teilten Sie der BH Perg mit, dass Sie anlässlich einer Akteneinsicht von der BH Wels-Land davon Kenntnis erlangten, dass Ihnen ein Schriftstück zur Aktenzahl Sich96-125-2012 - nämlich die „Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe" betreffend 40.- Euro - zugestellt werden sollte, Sie die Annahme bei der BH Wels-Land jedoch verweigerten, da Sie Schriftstücke nur an Ihre Postadresse annehmen. Zudem behaupten Sie, dass Ihnen die Strafverfügung nie rechtskonform zugestellt wurde und Ihnen kein Verfahren zu dieser Aktenzahl bekannt ist. Sie beantragten die Zustellung der Strafverfügung und die Aussetzung des Strafvoll­zuges.

Mit Schreiben vom 26.03.2014 übersandte die BH Perg Ihnen eine Kopie der Strafverfügung und einen Zahlschein. Im beigegebenen Schreiben wurden Sie ausführlich darüber informiert, dass dies keine neue Zustellung darstellt, weil die Strafverfügung bereits im Mai 2012 rechtswirksam iSd Zustellgesetzes zugestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 7.4.2014 (Poststempel 9.4.2014) erhoben Sie Einspruch und stellten den An­trag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist.

 

Die Behörde hat darüber folgendes erwogen:

 

Die Behörde geht davon aus, dass mit Ihrem „Antrag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist" die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des § 71 AVG gemeint ist.

Diese ist zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Sie müssten ein solches Er­eignis nachweislich glaubhaft machen, das Sie daran gehindert habe, rechtzeitig gegen die geset­zeskonform zugestellte Strafverfügung das Rechtsmittel des Einspruchs zu erheben, um innerhalb der 14-tägigen Frist des § 71 Abs. 2 AVG einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen zu können.

Sie begründen Ihren Antrag dahingehend, dass Ihnen die Strafverfügung im Jahr 2012 aufgrund einer unrichtigen Adressierung niemals zugestellt wurde und dies ein unabwendbares Ereignis iSd § 71 AVG darstellt.

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung und Zustellung dieser, waren der Behörde bzgl Ihrer Person nur 2 (Zustell-)Adressen bekannt:

 

1) Die Adresse laut ZMR in x St. N. Nr. x, an der Sie Ihren Hauptwohnsitz zwar ent­sprechend dem Meldegesetz angemeldet hatten, jedoch bei der Post eine Ortsabwesenheit für unbestimmte Zeit gemeldet hatten und bei der die Behörde von einem Scheinwohnsitz ausgeht. Zudem ergaben die Polizeiberichte, dass Sie in St. N. zum Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr aufhältig waren. Zum Beispiel gaben Sie am 2.2.2012 gegenüber Abtlnsp. L. von der PI Grein an (AV vom 2.2.2012,
GZ: Al/997/2012), im April 2012 einen Wohnsitzwechsel zu planen und bis dahin in St. N. nicht mehr aufhältig zu sein. Aus einem Aktenvermerk vom 17.02.2012 von Richter Mag. B. (BG Perg) geht hervor, dass Sie auch ihm gegenüber am 2.2.2012 im Zuge einer Verhandlung vor Gericht geäußert haben
„schon geraume Zeit nicht mehr an der Adresse in St. N. wohnhaft bzw. aufhältig zu sein".

 

2) Und die Adresse in x S./R., xgasse x, bei der von der PI Zwentendorf ermittelt wurde, dass sie sich dort regelmäßig und tatsächlich aufhielten. Ihrer Argumentation, dass Sie der Behörde in einem anderen Verfahren eine Postadresse mit x St. P.,
xstraße x (bei dem es sich um ein Einkaufszentrum handelt) genannt haben und die Behörde die Strafverfügung dorthin hätte schicken müssen, kann nicht gefolgt werden, da es nicht Aufgabe der Behörde ist, in all ihren Abteilungen zu recherchieren, ob es bzgl ihrer Person in der Vergangenheit Verfahren gab, wo Sie als Zustelladresse eine andere als Ihre Wohnadresse angegeben haben. Zudem wird eine Strafverfügung ohne Verständigung des Beschuldigten erlas­sen, weshalb Sie in diesem Verfahren der Behörde gegenüber keine Angabe über eine etwaige Postadresse machen konnten.

 

Da Sie an der Adresse in St. N. zwar Ihren Hauptwohnsitz angemeldet hatten, dort jedoch für unbestimmte Zeit ortsabwesend gemeldet waren und die Behörde von einem Scheinwohnsitz aus­gehen musste, wurde die Strafverfügung an die Adresse in S.-R. geschickt. Diese in der Strafverfügung angegebene Adresse ist eine gültige Abgabestelle, da es sich dabei um Ihre Büroräume handelte, somit um einen Arbeitsplatz, an dem Sie sich - gemäß den Polizei­berichten - im Zeitpunkt der Zustellung regelmäßig aufhielten. Entsprechend dem ZustellG ist der Arbeitsplatz eine zulässige Abgabestelle, zudem stehen die in § 2 Z 4 ZustellG genannten Abga­bestellen in keiner Rangordnung, weshalb die Zustellbehörde eine von ihnen auswählen kann. Die Hinterlegung nach erfolglosem Zustellversuch gilt als Zustellung nach dem ZustellG. Ihre Argumentation, dass Sie sich zum Zeitpunkt der Zustellung nicht dort aufhielten, geht ins Lee­re, da die Ermittlungen der Polizei Zwentendorf eindeutig ergaben, dass dem doch so war. Von der PI Zwentendorf wurde eine Vernehmung von Ihnen vom 13.10.2011 übermittelt, worin Sie angaben, an der Adresse xgasse x seit Mitte 2006 mehrere Räume gemietet zu haben, die Sie als Büro- und Lagerräume nutzen. Es besteht dort auch die Möglichkeit der Übernachtung, die Sie jedoch nur selten nutzen. Obwohl während der Dauer der Erhebungen Ihr Auto regelmäßig vor dieser Adresse geparkt war und Sie an dieser Adresse anwesend waren, gelang es den Beamten nicht, Sie zu "treffen" und Verständigungen, die die Beamten an der Tür oder im Briefkasten für Sie hinterließen, fanden sich in Postbriefkästen wieder und wurden über die Post an die
PI Zwentendorf retourniert. In einem Schreiben an die LPD NÖ vom 26.3.2012 beschwerten Sie sich, dass ständig Polizeibeamte von der PI Zwentendorf an der Adresse "auftauchen", also hatten Sie nachweislich Kenntnis - aufgrund Ihrer eigenen Wahrnehmungen und Ihrer regelmäßigen Anwesenheit vor Ort - dass Sie gesucht und "benötigt" wurden, es aber unterlassen, sich direkt bei der PI Zwentendorf zu melden bzw. mit den dortigen Beamten Kontakt aufzunehmen.

 

Zu Ihrem Argument, dass an dieser Adresse nichts hinterlegt werden konnte, weil dort kein Brief­kasten ist bzw. dass die Räumlichkeiten nicht Ihre Büroräume seien, sondern das Büro der Firma G. B. c., teilt Ihnen die Behörde mit, dass dies reine Schutzbehauptungen darstellen, da aus dem Zustellnachweis der Post hervorgeht, dass ein Briekasten existiert und aus den Berichten der PI Zwentendorf hervorgeht, dass es sich dabei um Ihre alleinigen Büroräumlichkeiten handelt, da die Polizisten niemals andere Personen in den Räumlichkeiten in S.-R. angetrof­fen haben.

 

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass entgegen Ihren Behauptungen, an der von Ihnen in anderen Verfahren angegebenen Postadresse in x St. P., xstraße x hätte zugestellt werden können, die Behörde in anderen Verfahren die Erfahrung machte, das dem nicht so war. Zustell­versuche (über die Post und auch unter Zuhilfenahme der Polizei) an diese Adresse - bei der es sich laut Polizeierhebungen um ein Einkaufszentrum! handelt - sind mehrmals im Zuge anderer Verfahren auch hier gescheitert.

 

Betreffend Ihrer Argumentation, dass die Behörde bei Gericht die Einstellung des Exekutionsverfahrens beantragt hat und dies als Verzicht auf die „40 Euro-Strafe" der Strafverfügung zu werten ist, hält die Behörde dagegen, dass das BG Wels die Rückmeldung gab, dass in einem anderen gegen Sie geführten Exekutionsverfahren keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Es ist gängiges behördlichen Prozedere, dass nach erfolglosem Exekutionsversuch und der Erkennt­nis, dass die Geldstrafe uneinbringlich ist, die Exekution eingestellt wird um nach § 54b Abs. 2 VStG die entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

 

Da aus den soeben ausgeführten Überlegungen hervorgeht, dass Ihnen die Strafverfügung im Mai 2012 rechtmäßig zugestellt wurde und Sie keine weiteren Verhinderungsgründe angeben, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würden, war spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 16. August 2014 fristgerecht Beschwerde und stellte den Antrag:

·         das Landesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid vom
13. Mai 2014 aufheben und das Verfahren einstellen.

 

Begründend führte der Bf dazu Folgendes aus:

„1. Rechtzeitigkeit

 

Der angefochtene Bescheid wurde anläßlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers am 28.07.2014 bei der BH Wels Land aufgefunden und vom zuständigen Organ dem Beschwerdeführer nachweislich ausgehändigt Eine formale Hinterlegung des Bescheides oder Benachrichtigung einer solchen hat nicht stattgefunden. Die mit vier Wochen gesetzte Rechtsmittelfrist begann daher am 29.07.2014, die Beschwerde ist somit rechtzeitig.

 

Beschwerdegründe:

 

2. Verjährung

 

Zunächst wird Verjährung eingewendet. Die Behörde führt selbst im angefochtenen Bescheid an, sie habe — als ersichtlich erste Verfolgungshandlung — am 03.05.2012 eine Strafverfügung gegen den Beschwerdeführer erlassen, da sich dieser am 17.08.2010 bei der zuständigen Meldebehörde (x St. N. a. d. D.) angemeldet habe, ohne dort Unterkunft zu nehmen.

 

Sowohl zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt des Erlasses der Strafverfügung war der § 31 VwStG alter Fassung in Kraft, nach welchem die Verjährungsfrist sechs Monate betrug, zit:

Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg eist später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Die Vornahme der Meldung nach dem MeldeG ist ein einmaliger Vorgang, der mit der Ausstellung der Meldebestätigung durch die Meldebehörde [Exhibit 1] abgeschlossen ist. Die belangte Behörde hätte eine erste Verfolgungshandlung daher bis spätestens 16.02.2011 zu setzen gehabt. Sie wurde allerdings erst aufgrund zu Unrecht erhobener Vorwürfe eineinhalb Jahre später erstmals tätig, so daß der angefochtene Bescheid und das gesamte Verfahren ohnedies der Verjährung verfallen.

 

Aus dieser Sicht nur ergänzend werden die übrigen Beschwerdegründe vorgebracht.

 

3. Zustellmängel

 

3.1 Die belangte Behörde behauptet des angefochtenen Bescheides die Strafverfügung hätte dem Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse nicht zugestellt werden können, weil er dort „bei der Post eine Ortsabwesenheit für unbestimmte Zeit gemeldet? gehabt hätte (was nicht einmal möglich gewesen wäre, da Ortsabwesenheiten zu befristen sind). Diese Behauptung ist unrichtig und führt Beweis, daß die Behörde eine Zustellung per Post an die Wohnadresse nicht einmal versucht hatte. Der Beschwerdeführer war an seiner Wohnadresse niemals „ortsabwesend", sondern hatte dort vielmehr einen permanenten Nachsendeauftrag an seine Post- und Zustellanschrift eingerichtet
[Exhibits 2 und 3]; konkret durchgehend vom 16.08.2010 bis zum 19.02.2013. Hätte die Behörde daher eine reale Postzustellung versucht, dann wäre die Postsendung entweder nachgeleitet worden und angekommen, oder mit dem Vermerk der Nachsendeadresse der Behörde zurückgestellt worden.

 

3.2 Der Behörde war die tatsächliche Zustellanschrift des Beschwerdeführers bekannt; zumal der Beschwerdeführer die Adresse (x St. P., xstraße x) u.a. in einem Schreiben vom 19.01.2012 selbst angegeben hatte [Exhibit 4]; bzw diese Zustellanschrift auch der Meldebehörde bekannt war [Exhibit 5], somit im Zweifelsfall unschwer erfragt hätte werden können.

Behauptungen wie, es habe sich um eine „Briefkastenadresse“ oder um ein „Einkaufszentrum“ gehandelt, sind als bloßer Vorwand zu werten. Bei der angegebenen Adresse handelte es sich um die Firma Mail B., bei der Bürogeschäfte und eben auch zustellfähige Postadressen angemietet werden können (was der Beschwerdeführer auch schon früher wiederholt in Anspruch genommen hatte); wobei diese konkrete Stelle auch selbst Postpartner war. Zustellungen waren damit gewährleistet und wurden dem Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum auch andere RS- und sonstige Postsendungen zugestellt; zB am 21.05.2012 eine Postsendung des BG Steyr zu dg 2 C 177/12k; am selben Tag eine Postsendung des BG Steyr zu dg 12 E 1015/12z; am selben Tag eine Postsendung des BG Steyr zu dg 5 U 44/12h; Hinterlegung einer Sendung der BH Tulln, am 29.06.2012 [Exhibit 6].

 

Der Beschwerdeführer war daher an seiner Zustellanschrift (= Abgabestelle) — welche er von Mai 2006 bis 05.08.2013 benutzte und überall anführte — nachweisbar erreichbar und hatte kein Grund bestanden, anderswo zuzustellen.

 

3.3 Die Behörde ist iSd Art 18 Abs i B-VG an ein Vorgehen auf gesetzlicher Grundlage gebunden. Nirgends ist gesetzlich vorgesehen, daß eine Behörde eigenmächtig eine Abgabestelle erfinden dürfte. Bekannt ist, auch aus anderem Zusammenhang, daß das Organ der belangten Behörde L. W. den (damaligen) Polizeiposten Zwentendorf angewiesen hatte, eine Abgabestelle für den Beschwerdeführer sozusagen zu konstruieren.

 

Dem Polizeiposten Zwentendorf (H. S.) war aus anderer Sache die richtige Postanschrift des Beschwerdeführers bekannt [Exhibit 7]. Daher ist nicht ersichtlich, weshalb derselbe Polizeibeamte am 03.04.2012 falsche Adressen weitergemeldet hatte [Exhibit 8]; nämlich eine nicht bestehende Adresse in x W. N. (als „Briefkastenadresse"), und eine Adresse in x S./R. (unrichtig als „Aufenthaltsort). Dies obwohl die richtige Zustellanschrift im EKIS eingespeichert war [Exhibit 9] — und im übrigen auch dem Polizeiposten Grein bekannt gewesen war [Exhibit 10]. Bei der wissentlich falschen Adreßangabe S. ist daher von einer klaren Auftragshandlung auszugehen.

 

Die Behauptung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich (an der Adresse in x S.-R.) „regelmäßig aufgehalten, ist eine bloße Annahme. Der Polizeibeamte S. hatte im Gegenteil nur angegeben, (innerhalb von drei Monaten) „10 bis 12 Mal bei der Adresse gewesen zu sein [Exhibit 8]; dabei sei der PKW einige Male dort abgestellt gewesen und einige Male nicht. Das bedeutet somit rein rechnerisch: S. hatte den Beschwerdeführer in drei Monaten ein einziges Mal persönlich dort angetroffen und im Schnitt alle zwei Wochen das Fahrzeug dort gesehen. Das ist kein tauglicher Beweis für eine regelmäßige Anwesenheit; insbesondere auch deshalb nicht, weil das Firmenfahrzeug auch von anderen Personen bewegt worden war. Selbstverständlich konnten Polizeibeamte auch niemals Personen in dem betr Büro angetroffen haben, da Polizeibeamte dort auch nie Zutritt hatten. Die Glaubwürdigkeit des H. S. ist auch daran zu messen, daß dieser den Beschwerdeführer am 14.03.2012 angezeigt hatte, das Fahrzeug behindernd vor S. Einfahrt abgestellt zu haben (die Adresse war und ist dem Beschwerdeführer nicht bekannt) und hätte das Fahrzeug keine gültige Prüfplakette aufgewiesen — wobei diese, mutmaßlich von S. selbst, halb abgerissen worden war.

 

Natürlich wurden allfällige herumliegende Kuverts mit einem entsprechenden Vermerk wieder retourniert, von wem auch immer, da jeder wußte, daß der Beschwerdeführer dort nur zeitweilig anwesend war und eine andere Postanschrift hatte. Der Beschwerdeführer hatte auch zu Recht die fmdl Aufforderung S. abgelehnt, sich beim Posten Zwentendorf ein Poststück abzuholen; da eine Polizeidienststelle ohnedies kein zulässiger Hinterlegungsort ist und der Beschwerdeführer nicht extra von St. N. nach Z.f anreisen wollte. (Besagtes Poststück war im übrigen daraufhin an die betr Behörde retourniert und von dieser danach ordnungsgemäß per Post zugestellt worden; siehe Exhibit 6].

 

3.4 Die Behauptung eines Zustellversuchs und einer Hinterlegung und deren Benachrichtigung, in x S.-R., ist frei erfunden. Eine Hinterlegung ist gemäß § 17 Abs 1 ZustG nur dann zulässig, wenn „der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Die für S.-R. zuständige Postzustellerin (Briefträgerin) wußte demgegenüber, unabhängig von der Polizei, daß der Beschwerdeführer dort nicht regelmäßig anzutreffen war, hätte daher auch weder einen Zustellversuch noch eine Hinterlegung vorgenommen.

 

§ 17 Abs 2 ZustG sieht hierzu vor, „von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen" Eine solche, an den Beschwerdeführer gerichtete Benachrichtigung der Österreichischen Post AG wurde demzufolge auch zu keinem Zeitpunkt jemals dort vorgefunden. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe dort einen Briefkasten gehabt, ist ebenfalls eine reine Erfindung; zumal der Beschwerdeführer dort auch keine Post erwartet hätte — eben da es sich um keine Abgabestelle handelte und nie als solche intendiert war. Dem Beschwerdeführer hätte daher weder am 07. noch am 08.05.2012, noch sonstwann, eine Benachrichtigung zugehen können.

 

Die Behauptung, aus dem „Zustellnachweis der Post sei hervorgegangen, daß ein Briefkasten existiert, habe ist durch nichts belegt; zumal einerseits aus einem Zustellnachweis nicht ersichtlich ist, ob ein Briefkasten existiere, und zum anderen die Behörde diesen Zustellnachweis — sofern er überhaupt existiert — dem Beschwerdeführer auch nicht zur Kenntnis gebracht hat.

 

Der Beschwerdeführer war im übrigen vom 07. bis 10.05.2012 in W. gewesen (ohne Fahrzeug), wo einige Termine wahrzunehmen wären; u.a. am 09.05.2012 eine Vorsprache beim Vorsteher des Bezirksgerichts M. (Exhibit 11); war am 11.05.2012 in P. gewesen (wie sich auch Beweisstück 3 ergibt) und hatte sich die ganze nachfolgende Woche in St. N. aufgehalten; mit Ausnahme eines Ausbildungstermins (BIT) am 14.05.2012 in L. Am 21.05.2012 war Post in St. P. behoben worden; aus dem Terminkalender geht nicht hervor, ob der Beschwerdeführer anschließend in S. war; allerdings wurden in jener Woche (dh ab dem 21.05.2012) in mehreren Bundesländern Mietobjekte angesehen, da der Beschwerdeführer ja auf Wohnungssuche war.

 

Es ist daher als erwiesen anzusehen, daß die belangte Behörde offenbar mit Absicht nicht an die ihr bekannte und bei ihr aktenkundige Zustellanschrift zustellte, sondern eine Zustellung an eine konstruierte Abgabestelle vortäuschte, offenbar um damit eine „Rechtskraft" gleich der Strafverfügung herzustellen. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

 

Die Abweisung des Antrages vom 07.04.1014; erfolgte daher zu Unrecht, da sie von der konstruierten Zustellung der Strafverfügung an einer unrichtigen Abgabestelle ausging, an die nach dem ZustG nicht zugestellt hätte werden dürfen.

 

3.5 Berücksichtigungswert ist in diesem Zusammenhang auch die Behauptung der belangten Behörde einerseits, es hätte am 08.05.2012 eine wirksame Hinterlegung der Strafverfügung stattgefunden; andererseits, das Exekutionsverfahren (1 E 2150/12d, Bezirksgericht Wels) sei wegen Uneinbringlichkeit eingestellt worden.

 

Die Behörde hatte laut Exekutionsakt die Vollstreckbarkeit mit 03.05.2012 angegeben [Exhibit 12]; dh fünf Tage vor der angeblichen Hinterlegung. Schon dadurch ist die Hinterlegungsgeschichte seht in Frage zu stellen. Anläßlich einer am 18.02.2014 vorgenommenen Einsicht in den betr Exekutionsakt konnte zwar die (nicht zugestellte) Exekutionsbewilligung aufgefunden werden, nicht aber ein Dokument, das die Behauptung der Behörde belegen würde, das Gericht hätte sie von der Uneinbringlichkeit in Kenntnis gesetzt. Aus dem Einstellungsantrag vom 05.08.2013 geht nur das Einstellungsbegehren per se hervor [Exhibit 13], nicht aber ein Grund dafür.

 

Der Einstellungsgrund laut rechtskräftigem Beschluß vom 08,08.2013 bezieht sich auf einen Verzicht des Gläubigers auf seinen Anspruch, gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO. Der Verzicht auf einen Anspruch ist irreversibel; die Behörde hatte damit unwiderruflich auf die Eintreibung der Strafe aus der Strafverfügung verzichtet, kann sich daher auch nicht auf die Forderung nach einer Ersatzfreiheitsstrafe berufen; noch ganz abgesehen von der Verjährung. Ob etwas „gängiges behördliches Prozedere“ ist, ist völlig unerheblich, da die Behörde nach dem Gesetz vorzugehen hat, und nicht nach eigener Gepflogenheit.

 

4. Unrichtiger Vorwurf der Nicht Wohnsitznahme

 

4.1 Der Tatvorwurf gründet auf Anzeigen einerseits des Mag. K. B., andererseits des M. B. Hervorgehoben wird, daß die Behörde beider Anzeigen dem Beschwerdeführer bis dato vorenthält. Die Anzeige des Mag. B., der Beschwerdeführer sei vom Gerichtsvollzieher für Zustellungen nicht an seinem Wohnsitz erreicht worden, ist unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer hatte gerade mit diesem Richter eine gesonderte Zustellanschrift vereinbart, an welcher er für Zustellungen des Bezirksgerichts Perg separat erreichbar war. Die Notwendigkeit dazu hatte sich daraus ergeben, da B. (gegen den in P. eine einstweilige Verfügung erwirkt worden war) sich gesetzwidrig die Wohnadresse des Beschwerdeführers verschafft und diesen wiederholt massiv bedroht hatte. Unter anderem hatte B. bereits 2011 im Internet geschrieben (welche Publikationen ausdrücklich auch der belangten Behörde bekannt waren):

„Was ist unser lieber P. E., der gerne Postfachadressen bei Zustellungen anführt.

„Neuer Schmäh bei der Firma M. etc. in der xstraße x in x St. P.!“

„Alle die P. E. sichen und sich gerne rächen wollen!“

„Alle die ihm eine reindrücken wollen sind herzlich dazu eingeladen.“

 

Aufgrund der mit dem betr Richter vereinbarten und funktionierenden Zustellanschrift war daher nicht die geringste Notwendigkeit gegeben, Zustellungen durch den Gerichtsvollzieher an der Wohnadresse vornehmen zu lassen. Was im übrigen auch deshalb unglaubwürdig sein muß, da zu keinem Zeitpunkt eine diesbezgl Benachrichtigung zurückgelassen wurde. Die angeblichen Zustellversuche durch einen Gerichtsvollzieher sind daher als Fiktion zu werten und wurde auch kein Beleg darüber vorgelegt.

 

Zu den offenbar zahlreichen Anzeigen des M. B. kann nichts gesagt werden, da diese dem Beschwerdeführer zur Gänze vorenthalten wurden/werden.

 

4.2 Die Behauptung, der Beschwerdeführer hätte angegeben, an seiner Wohnadresse nicht „aufhältig“ Zu sein, wird als unwahr zurückgewiesen. Vielmehr hatte der Beschwerdeführer dargelegt, auch gegenüber der Polizei, an seiner Wohnadresse nicht antreffbar zw sein und es auch in Zukunft nicht zu sein — was eindeutig einen anderen Sinn ergibt. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, daß eine Person an ihrer Wohnadresse antreffbar bzw erreichbar sein müsse. Der Beschwerdeführer nahm (und nimmt) sein Recht wahr (seit rund 20 Jahren), an einer gesonderten Postanschrift erreichbar zu sein. Dafür bestehen gute Gründe, die letztlich auch durch die seit mehreren Jahren bestehende, begründete Auskunftssperre nach § 18 Abs 2 MeldeG manifestiert werden. Hier verkannte die Behörde (wie auch schon im — eingestellten — Meldeverfahren), daß der Beschwerdeführer per definitionem keinen „Mittelpunkt der Lebensinteressen" mehr besitzt, da er alleinstehend und nicht mehr erwerbstätig ist, und seine nächsten Verwandten über mehrere Bundesländer verteilt sind, daher auch en „familiärer“ Mittelpunkt bei ihm begrifflich nicht in Betracht kommen kann. Der Beschwerdeführer hat deshalb auch keine Notwendigkeit, sich ständig an einem einzigen Orte aufzuhalten und nur dort einen Haushalt zu führen. Unter anderem hielt sich der Beschwerdeführer zeitweise, vor allem in der wärmeren Jahreszeit, in einem Garten von Verwandten bei K. auf (welcher Standort interessanterweise in keinem Polizeibericht aufscheint). Mit der, durch die gesonderte neutrale Zustellanschrift gewährleisteten Erreichbarkeit für Zustellungen steht das in keinem wie immer gearteten Zusammenhang.

 

5. Verfahrensmängel

 

Gemäß § 45 Abs 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Diese gesetzliche Vorschrift wurde von der belangten Behörde weitergehend ignoriert.

 

Dem Beschwerdeführer wurde ausschließlich das — sehr willkürlich abgefaßte — Schriftstück des Polizeibeamten L. vom 11.04.2012 übermittelt, und auch dieses erst nach wiederholter Aufforderung, am 12.08.2013 (im übrigen an die der Behörde bekannt gegebene Zustellanschrift), und auch da nur in  anderem Zusammenhang, dh mit einer anderen GZ (Sich20-44-2012). Die Berichte des Polizeibeamten S. konnten nur in anderen Akten aufgefunden werden; die belangte Behörde schwieg sich darüber aus. Weder L. noch sonstige Zeugen wurden vernommen. Desgleichen wurden die zugrunde liegenden Anzeigen (Mag. B., B.) bis dato nicht mitgeteilt, und auch keine sonstigen Unterlagen bzw Ermittlungsergebnisse, zB den „Aktenvermerk" vom 17.02.2012.

 

Mit Interesse wurde vermerkt, daß der Polizeibeamte S. gesetzwidrig Unterlagen aus einem von einem psychisch Kranken angezettelten Strafverfahren an die belangte Behörde weitergegeben hatte, in dem der Beschwerdeführer bereits am 08.02.2012
(7 U 200/llg des BG Tulln) rechtskräftig freigesprochen worden war. Auch diese Unterlagen wurden dem Beschwerdeführer gesetzwidrig vorenthalten.

 

Dem Beschwerdeführer wurde durch dieses insgesamt gesetzwidrige Verhalten der Behörde daher das Gesetzliche Recht vorbehalten, von Ermittlungsergebnissen und/oder Beweisuntelagen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äußern zu können. Da auch seither diverse dieser Unterlagen — zB die Anzeigen und die behaupteten Zustellnachweise — nicht zugänglich waren, kann auch im Rahmen der ggstdl Beschwerde nicht konkret darauf eingegangen werden. Tatsache ist, daß die Behörde offenbar nichts ermittelt hat, sondern sich auf willkürliche bzw subjektive Meinungen Dritter stützte, die (s.o.) zumindest teilweise sehr widersprüchlich und unglaubwürdig waren.“

 

3. Mit Schreiben vom 26. August 2014, legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakts dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

1. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig aus dem Akt und aus den unter Pkt I. angeführten Schriftsätzen ersichtlich ist.

 

2. Zudem liegt kein Antrag auf Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor. Der Bf regt die Abhaltung bloß an, da er ausdrücklich formuliert, das Landesverwaltungsgericht „wolle“ eine „mündliche Verhandlung ansetzen“. Im Hinblick darauf, dass der Bf im bezughabenden Schriftsatz mit Akribie den Begriff der Abgabestelle interpretiert, Judikatur analysiert, den Schriftsatz vorbildlich strukturiert und mit entsprechenden Überschriften versieht, ergibt sich, dass der Bf sich seiner Wortwahl bewusst ist, wenn er unter der Überschrift „Antrag“ die Aufhebung samt Einstellung beantragt und in einem nächsten Satz die „Ansetzung“ einer Verhandlung lediglich anregt.

 

3. Gem. §§ 2 und 3 VwGVG iVm dem MeldeG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen Einzelrichter.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.    die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss gemäß Abs 2 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei gemäß Abs 3 die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

 

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde gemäß Abs 4 berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

 

2. Voraussetzung für die Wiederaufnahme gemäß § 71 AVG ist eine mängelfreie Zustellung, da für den Fall einer mangelhaften Zustellung die Zustellung selbst unwirksam wäre und somit die gemäß § 71 Abs 1 AVG erforderliche Fristversäumung nicht eintreten könnte, da kein verfristbarer Rechtsakt existieren würde. Im Fall einer mangelhaften Zustellung wäre daher einem Wiedereinsetzungsantrag nicht Folge zu geben (vgl VwGH 21.7.2011, 2007/18/0827 mHa VwGH 3.4.2001, 95/08/0224 und VwGH 16.12.2009, 2009/12/0031).

 

3. In der konkreten Fallkonstellation ist nun gelegen, dass die Frage der Zustellung im Hinblick auf die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung der belangten Behörde im Wiedereinsetzungsverfahren im Ergebnis keinen Einfluss hat. Ergibt sich, dass die Zustellung nicht erfolgt war, so wäre dem Antrag auf Wiedereinsetzung des Bf nicht Folge zu geben gewesen und ihm aus der Abweisung durch die belangte Behörde kein Rechtsnachteil erwachsen. Ist die Zustellung als erfolgt anzusehen, so bleibt lediglich die Frage zu klären, ob ein gesetzlich vorgesehener Wiedereinsetzungsgrund gegeben war und die Entscheidung der belangten Behörde aus diesem Grund als rechtmäßig oder rechtswidrig zu werten ist.

 

4. Weder in der Beschwerde des Bf, noch im Bescheid der belangten Behörde finden sich dahingehend eindeutige Ausführungen. Lediglich aus dem Antrag des Bf auf Wiedereinsetzung ist ersichtlich, dass der Bf die Zustellung an die betreffende Adresse, xgasse x, x R., welche er nicht als Abgabestelle anerkennt, als unvorhersehbares, unabwendbares Ereignis wertet. Zudem habe sich an betreffender Adresse kein Briefkasten befunden, wo die Notiz des Zustellversuches bzw. Benachrichtigung der Hinterlegung eingeworfen werden konnte. Auch habe der Bf am 29. Februar 2012 seine Zustellanschrift in St. P. bestätigt und war diese Abgabestelle bereits aus anderen Verfahren als Abgabestelle bekannt. Auch eine Ladung habe der Bf im Jänner 2011 an dieser Adresse wirksam zugestellt bekommen und habe er dieser Ladung auch Folge geleistet. Die Glaubhaftmachung des Grundes der Wiedereinsetzung ergäbe sich daher zwingend daraus, dass der Bf an der in der Strafverfügung bezeichneten Adresse niemals eine Wohnsitz oder einen Arbeitsplatz hatte, an dem er sich regelmäßig aufhielt. Die gegenteiligen „Unterstellungen“ der Behörde seien reine Vermutungen, die als unhaltbar zu bewerten seien.

 

5. Zunächst ist zu erkennen, dass die Auswahl der geeigneten Abgabestelle der Behörde obliegt (s dazu Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2 § 2 Rz 7). Diese Auswahl hat nach dem Gesetz zu entnehmenden Überlegungen zu erfolgen. Aus ihnen erwächst dem Bf jedoch kein subjektives Recht. Dies ergibt sich auch daraus, als die belangte Behörde darzulegen hat, warum eine Abgabestelle ausgewählt wurde (s dazu VwGH vom 26. November 2008, Zl. 2005/08/0089).

 

6. Im Folgenden ist zu prüfen, ob ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis die Einhaltung der Einspruchsfrist gegen die durch Hinterlegung mit Zustellung am 8. Mai 2012 möglicherweise zugestellte Strafverfügung verhindert hat und in weiterer Folge den Bf daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Die bloße Unkenntnis von der Zustellung der Strafverfügung kann einen Wiedereinsetzungsgrund bilden, sofern die Unkenntnis nicht auf einem Verschulden beruht, das den minderen Grad eines Versehens übersteigt. Es obliegt dem Bf, jene Umstände aus seinem persönlichen Lebensbereich darzulegen, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür erkennen lassen, dass er von einem in seine Gewahrsame gelangten Poststück aus bestimmten, keine auffallende Sorglosigkeit begründenden Umstände keine Kenntnis erlangen konnte (vgl VwGH 21.7.2011, Zl. 2007/18/0827).

 

7. Diesbezüglich ist zu erkennen, dass der Bf mit Schreiben vom 26. März 2012 an das Landespolizeikommando Niederösterreich moniert, dass er von einem Kollegen und anderen Personen darauf hingewiesen wurde, dass in den letzten Wochen nahezu täglich an der Adresse in x S.-R. Polizeibeamte aufgetreten waren. Zudem gibt der Bf selbst an, dass er diesbezüglich rückgefragt habe und erfahren habe, dass eine „Zustellung“ an ihn versucht worden sei.

 

Auch haben Erhebungen der PI Zwentendorf ergeben, dass der Bf regelmäßig an diese Adresse zurückkehrt (s VwGH vom 25. März 2010, Zl. 2010/21/0007) – dass die belangte Behörde die Erhebungen durch die PI Zwentendorf beauftragte, lässt keine Rückschlüsse auf den Beweiswert der Erhebungen zu, sondern stellen diese Darlegungen lediglich Vermutungen des Bf dar, welche zu einer unzulässigen Erkundungsbeweisführung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führen würden.

 

Der Bf bezichtigt die belangte Behörde bzw. die handelnden Organe „nur“ Beweismittel zu manipulieren (die vom Bf erwähnten Anzeigen zeitigten soweit ersichtlich keinen Erfolg, Auskunft: BH-Perg, Frau L. W.).

 

7.1. Vielmehr ergibt sich aus den Schriftsätzen des Bf und seinen Ausführungen, dass dem Bf bekannt war, dass diese Adresse als Abgabestelle iSd ZustellG von Behörden geführt wird und auch an dieser Adresse Zustellungen (hier durch faktische Übergabe im Wege der Organe der Polizei) durchgeführt werden. Zudem ergibt sich, dass der Bf an betreffender Adresse Kollegen hat und insofern eine Eingliederung in eine berufliche Gemeinschaft vorhanden war
(Firma G. B. c.; der Bf gibt selbst an, dass er 3 Räume und Lagerräume an dieser Adresse gemietet habe s ON 28; zudem gibt der Bf selbst an, dass er freier Mitarbeiter für Unternehmensberatung sei; Bericht 13. Oktober 2011, Beschuldigtenvernehmung, ON 26). Hieraus ist zu schließen, dass der vom Bf monierte Umstand, dass er selbst keinen (persönlichen) Briefkasten hat, nicht schädlich ist, da der Zustellvorgang an der Adresse durch Hinterlegung der Zustellbenachrichtigung in einen Firmenbriefkasten dennoch zulässig erfolgte (s rsa, ON 20). Die Hinterlegung der Strafverfügung selbst erfolgte sodann beim Zustellpostamt.

 

7.2. Dem Bf war sohin bekannt, dass die verfahrensgegenständliche Adresse seit längerer Zeit für Zustellungen durch Behörden in Anspruch genommen und sohin von der Behörde als Abgabestelle gewertet wird. Diesbezüglich liegt die vom Bf vorgebrachten Unvorhersehbarkeit und Unabwendbarkeit dem Grunde nach nicht vor. Auf das weitere Tatbestandselement des minderen Grades des Versehens muss daher nicht eingegangen werden.

 

8. Da den Bf sohin das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes im Verständnis des § 71 Abs 1 AVG nicht dargetan hat, war die Beschwerde abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

VI.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Markus Brandstetter